Die Frage, ob Jesus tatsächlich leiblich auferstanden ist, ist weniger eine Frage der historisch-kritischen Forschung, die zwar die Auferstehungserzählungen der Evv. mit äußerst interessanten Ergebnissen analysiert, die aber die Frage nach einer leiblichen Auferstehung nicht letztgültig beantworten kann, genau so wenig, wie sie letztlich mit Sicherheit ausschließen kann, ob Jesus Wasser in Wein verwandeln konnte, Tote auferwecken oder Stürme beruhigen.lovetrail hat geschrieben: @Thaddäus: Bekomme ich noch eine Antwort auf meine an dich gerichtete Frage, wie der "historisch-kritisch" geläuterte Jesus aussieht? Ist der überhaupt leiblich auferstanden?
Was die HKM feststellen kann ist, dass in der Antike zur Zeit Jesu solche Wunderberichte weitaus häufiger in Umlauf waren (von diversen Wundertätern), als es heutztage der Fall ist. Außergewöhnlich waren sie aber schon damals und Jesu vermeintliche Auferstehung wurde ja auch schon direkt nach seinem Tod beweifelt, worüber uns Paulus Auskunft gibt, der auf genau diese Kritik reagiert.
Ob man eine leibliche Auferstehung Jesu für möglich hält (und ob man Wunder für möglich hält), hängt vielmehr damit zusammen, ob man Naturgesetz brechende Ereignisse grundsätzlich für möglich hält. Das moderne, wissenschaftlich geprägte Verständnis der Naturzusammenhänge und unseres Universums geht mit guten Gründen dezidiert nicht davon aus, dass dies möglich ist. Das antike, noch stark mythisch geprägte Weltbild, zumindest der normalen Bevölkerung (mit Ausnahme sehr vieler antiker Philosophen), hatte mit der Vorstellung, Naturgesetze könnten auch gebrochen werden, wesentlich weniger Probleme, was aber vor allem daran lag, dass es den Begriff des "Naturgesetzes", als eines allgemeingültigen und überall gleich wirkenden Gesetzes in der Natur, so noch gar nicht gab.
Die Überzeugung, dass die physikalischen Naturgesetze, nachdem sie mit dem so genannten Big Bang entstanden waren, grundsätzlich nicht gebrochen werden können, stellt den Grundpfeiler eines homogenen und in sich geschlossenen Naturverständnisses dar, welches moderne Naturwissenschaft überhaupt erst möglich macht. Es hätte gar keinen Sinn, Naturgesetze formulieren zu wollen, wenn man gleizeitig davon ausginge, dass sie nicht überall im Universum gleich und zu jeder Zeit gültig sind. Einmal entstanden, können die Naturgesetze nicht gebrochen oder außer Kraft gesetzt werden. Es gehört zur Definition des Natugesetzes, das dies gerade nicht möglich ist. Die Naturgesetze garantieren die physikalische Geschlossenheit der Welt. Glaubt man dennoch daran, die Naturgesetze könnten durch Gott oder Götter außer Kraft gesetzt werden, wann immer es ihnen beliebt, gibt man die Überzeugung an eine geordnete, nach Gesetzmäßigkeiten funktionierende Natur auf. Alle Beobachtungen bestätigen diese physikalische Geschlossenheit der Natur, und es wäre schon nicht möglich, einen Menschen sicher zum Mond und wieder zurück zu befördern, wenn es irgendeinen Zweifel daran gäbe, dass die Naturgesetze überall gleich und immer gelten.
Doch zurück zur Auferstehung.
Es gab und es gibt immer noch einen heftigen Streit darüber, ob und inwiefern die leibliche Auferstehung Jesu den Kern und die Substanz des christlichen Glaubensbekenntnisses ausmacht. Es gibt Theologen, die auf der leiblichen Auferstehung Jesu beharren zu müssen glauben, und es gibt Theologen, die genau dem widersprechen.
Der berühmte evangelische Theologe Rudolf Bultmann war z.B. der Auffassung, der Glaube an eine leibliche Auferstehung Jesu (und an Wunder) sei das Relikt eines mythischen Weltbildes. Er sprach sich deshalb für eine Entmythologisierung der biblischen Schriften aus, denn er glaubte nicht, dass man in der modernen Welt zu einem Arzt gehen und sich mit modernsten medizinischen Mitteln untersuchen lassen kann, um wieder gesund zu werden - und gleichzeitig einem mythischen Weltbild mit Wundern, Wunderheilungen und Auferstehung anhängen, ohne damit zutiefst schizophren zu handeln. Wahrer Glaube bestünde dann nämlich darin, sich gesund zu beten oder beten zu lassen im völligen Vertrauen auf Gottes Wunderfähigkeit. Die Konsultation eines Arztes wäre für einen wahrhaft gläubigen Menschen nicht nur überflüssig, sondern sogar ein Zeichen seines schwachen Glaubens, dem offensichtlich das tiefe Vertrauen fehlt.
Bultmann ging aber nicht davon aus, dass die Wundergeschichten im NT und Jesu Auferstehung nur einfach erlogene und sinnlose Geschichten sind, die man theologisch über Bord werfen müsse. Er ging vielmehr davon aus, dass diese Geschichten Ausdruck ernsthaften und tiefen Glaubens christlich-gläubiger Menschen sind, die nun aber nicht mehr buchstäblich verstanden werden dürfen (was mythologisch wäre), sondern dass ihr existenzialer und bildhafter Gehalt herausgearbeitet werden muss. Er sprach sich für eine existenziale Interpretation dieser biblischen Erzählungen aus, die allein den christlichen Glaubenskern der Botschaften dieserWundererzählungen offenzulegen vermag.
Was ist also der existenziale Sinn der Auferstehungsgeschichte? Der besteht darin, dass hier erzählt wird, dass der Glaube an Jesus Christus den Tod zu überwinden vermag. Der Glaube an den auferstandenen Christus, den Erlöser und Retter, bedeutet also gerade nicht, die buchstäblich-leibliche Auferstehung des Körpers Jesu und im Weiteren die eigene ewige Fortexistenz, sondern er bedeutet in seiner existenziellen Botschaft, keine Angst mehr vor dem Tod haben zu müssen und überall auf der Welt, wo der Tod allgegenwärtig ist und übermächtig zu sein scheint, die frohe Botschaft vom Leben in Jesus Christus zu verkünden, indem man den vom Tode bedrohten, verzweifelten und verzagten Mitmenschen hilft und beisteht und ihnen so Hoffnung, Mut und Zuversicht und also lebendiges Leben spendet.