Alles Teufelszeug? II

closs
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#1381 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 16. Apr 2016, 20:13

sven23 hat geschrieben: passt - wie Theissen richtig bemerkt - hervorragend in den historischen Kontext.
DAS tut es.- Es gab ja die Essener und die Zeit war reif für eine Naherwartung. - Das ist natürlich richtig. - Aber dass Jesus eine historisch typisches Zeiterscheinung zum Anlass genommen hat, an deren Umwertung einen Paradigmenwechsel darzustellen, ist eben AUCH möglich - und im übrigen das Verständnis des allgemeinen theologischen Verständnisses.

sven23 hat geschrieben: "Paradise Now" ist angesagt und dieses verspricht ihnen Jesus noch zu ihren Lebzeiten.
Ja - aber nicht durch eine rasche äußere Widerkunft, sondern durch seine Auferstehung und die Verinnerlichung dieses Gedankens: "Träume nicht von einer Jacxht in Monte Carlo, sondern fühle Dich zuhause besser als jemand, der in Monte Carlo eine Jacht hat".

sven23 hat geschrieben:Hier läßt sich die Naherwartung ziemlich eindeutig auf Jesus zurückführen, sozusagen als Kernbotschaft seiner Verkündigung, egal ob er ein normaler Wanderprediger oder der Messias war.
Das ist eben unrichtig. - "Das Reich ist nah" bedeutet für einen "Essener-Jesus" etwas ganz anderes als für einen "NT-Jesus".

sven23 hat geschrieben:Bei Annahme des Messias kommt man natürlich in Erklärungsnöte, aber das ist ein nachgelagertes Problem.
Aber nur dann, wenn man auf eine säkulare Interpretation beharrt - für einen Christen ist es folgerichtig. - Ehrlich: Bevor ich überhaupt das theologische Problem "Naherwartung" kannte, bin ich bei der Lektüre der entsprechenden Texte nie auf diese Idee gekommen - ich habe es automatisch spirituell verstanden.

sven23 hat geschrieben:Auch unter Annahme des Messias lassen sich die Textquellen nicht wegwischen.
Das verlangt doch keiner - es geht darum, dass es neben einer säkularen Interpretation dazu auch eine christliche gibt, die DIE SELBEN Quellen ganz anders deutet.

closs
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#1382 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 16. Apr 2016, 20:28

SilverBullet hat geschrieben:Niemand legt es fest, sondern es ist festgelegt.
Von wem? Von der Wahrnehmung, gell? - Und schon sind wir am entscheidenden Punkt.

SilverBullet hat geschrieben:steh auf und laufe durch ihn hindurch
Da passiert dasselbe als wenn der Tisch nur Vorstellung wäre - Du haust Dir was an. - Und Du wirst einen Bluterguss sehen, von dem Du ebenfalls nicht wissen kannst, ob er nur Vorstellung ist oder "wirklich" in Deinem Sinne.

SilverBullet hat geschrieben:also du kannst keinen stichhaltigen Anlass nennen.
Konnte Descartes auch nicht, weil er geglaubt hat, dass der Mensch nicht seine Wahrnehmung bekommen hat, um sich damit zu verarschen. - Somit konnte er seinen Glauben zur Grundlage machen, dass es "Wirklichkeit" in Deinem Sinne gibt.

SilverBullet hat geschrieben:Dies ist nicht korrekt, denn niemand muss es „setzen“.
Das IST korrekt, weil Deine Wahrnehmung prinzipiell das eine nicht vom anderen unterscheiden kann - genau das ist das Thema.

SilverBullet hat geschrieben:Das Wort „Gott“ wird über die Bibel suggeriert, und anschliessend stellt man „vollkommen überraschend“ fest, dass ja die Bibel das Wort „Gott“ eigentlich fast genauso suggeriert, wie man es suggeriert bekommen hat
Es KANN den Weg gehen, dass man erst die Bibel liest und danach versucht, analytisch zu erschließen, ob das stimmen kann. - Bei mir es anders: Ich war schon philosophisch durch, bevor ich die Bibel gelesen habe. - Wenn man es sorgfältig macht, ist es egal, wie rum es läuft.

SilverBullet hat geschrieben:Wenn du wüsstest, was das „Ich-Bewusstsein“ ist
Ich weiss das schon im Wesentlichen - aber es entspricht halt nicht dem Verständnis aus Deinem Weltbild.

SilverBullet hat geschrieben:Ich habe es beschrieben - du nicht – ist das nicht etwas auffallend?
Schau Dir an, was "Res cogitans" bedeutet (wurde mehrfach erklärt) - schau Dir an, was "con-scientia" im Sinne von Boethius bedeutet (wurde mehrfach erklärt). - Verstehe, was Ebenbildlichkeit bedeutet (wurde mehrfach erklärt).

Es hat schon etwas von Chuzpe, wenn Du den Umstand, dass jemand nicht in Deinem Verständnishorizont beschreibt, als Nicht-Beschreibung bezeichnest.

SilverBullet hat geschrieben:Prima, da ein Mensch zur Verarbeitung nur die Wahrnehmungsfähigkeit hat
Ja, die "Res cogitans" - dazu braucht's aber keinen "aktiven Körper".

SilverBullet hat geschrieben:Descartes zielt nicht auf das Gesamtlebewesen ab
Wörtlich verstanden schon: Das lebendige Wesen - und das ist nun mal der Geist und der Rest ist im Dasein Hülle davon. - Das passt schon.

SilverBullet hat geschrieben:er interpretiert die Bedeutungszusammenhänge aus der menschlichen Wahrnehmung (absichtlich) falsch
Von Deinem weltanschaulichen Maßstab her gesehen ist das korrekt.

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#1383 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 16. Apr 2016, 20:41

Anton B. hat geschrieben:die Philosophie analysiert da einfach nur knallhart
Das war eigentlich immer so - nur kam halt Unterschiedliches je nach eigener weltanschaulicher Basis raus.

Anton B. hat geschrieben: Oder gibt es vielleicht gute Gründe und die Philosophie hat sich einfach weiter entwickelt?
"Gute" Gründe eher nicht - aber natürlich hat sich die Philosophie weiter entwickelt. - Sie hat sich von einem "Mit-Wissen" ("con-scientia") in eine eigene Maßstäblichkeit entwickelt ("menschliche Wahrnehmung ist DER Maßstab der Philosophie"). - Das hat mit der Entwicklung von Existenzialismus/Materialismus/Naturalismus zu tun, die das Zentrum weg von Gott in die eigene Wahrnehmung vorgenommen hat ("Erfinde Dich selbst"/Sartre).

Anton B. hat geschrieben:Um genau zu verstehen, was da passiert ist, deshalb bitte ich Dich doch die ganze Zeit, mit philosophischer Lektüre den möglichen Argumentationspfad nachzuvollziehen.
Moment mal: Philosophisch bin ich (war ich zumindest) recht gut belesen - Du hast bisher immer von Erkenntnis-Theorie gesprochen.

Philosophisch ist der Weg vom Mittelalter über Frühaufklärung, Idealismus, Ernüchterung, Existenzialismus, Materialismus und dessen verschiedenen Nebenerscheinungen gut nachvollziehbar. - Der Knackpunkt des Paradigmenwechsels wird man über den Daumen ums Jahr 1800 annehmen dürfen (zumindest in Deutschland).

Oder um es anders zu sagen:
Die x-te Variierung einer Philosophie, die davon ausgeht, dass Geist die primäre Folge der Natur ist, kann nur tema con variazione sein. - Wenn Du mir eine heutige Philosophie empfehlen kannst, die materialistische und spirituelle Philosophie gegenüberstellt, macht es für mich Sinn, sie zu lesen. - Wenn es DA etwas Neues gäbe, wäre es interessant.

Anton B. hat geschrieben:Lese doch bitte die empfohlene Literatur!
Versuche nicht, Grundsatzfragen auf Literatur abzuwälzen. - Ich kenne zu diesem Thema christliche Literatur (google machmal welche) - und da steht drin, was mir auch klar ist. - Und in andersrum gepolter Literatur steht das Gegenteil drin. - Nenne mir Literatur, die die ontologischen Fragen zwischen beiden Systemen behandelt.

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#1384 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Hemul » Sa 16. Apr 2016, 20:50

Münek hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:Deshalb sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die rechten Früchte hervorbringt.
Bei dieser Bibelstelle fallen mir spontan Ratzinger und Kurt mit ihren obskuren Gottesreich-Hypothesen ein.
Kurt würde sagen, das Reich Gottes ist nicht wegzunehmen, weil es sich "im Inneren" des Menschen befindet. Ratzinger, der die Idee eines "inneren Gottesreiches" ausdrücklich ablehnt, schwadroniert, dass das von Jesus verkündigte Reich Gottes Jesus selbst in Person gewesen sei. Na - dann hätte Jesus ja verkünden müssen: Das Reich Gottes ist da - und nicht nur nahe.
Nun weilte dieser Mann aus Nazareth bekanntlich nicht lange auf diesem Planeten und mit seiner Himmelfahrt wäre auch das Reich Gottes von hinnen gegangen. Und jetzt lässt der Evangelist Jesus sagen, das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem anderen Volk gegeben werden. :o
Ja watt denn jetzt?
Ja watt jetzt? Jetzt biste wohl ganz baff? :lol: Passt wohl nicht in Deine Naherwartung-gelle? 8-)
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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#1385 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von SilverBullet » Sa 16. Apr 2016, 22:40

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Niemand legt es fest, sondern es ist festgelegt.
Von wem? Von der Wahrnehmung, gell? - Und schon sind wir am entscheidenden Punkt.
Das ist eine interessante Frage, die du aus deinem „Meinungs“-Weltbild heraus wohl mit dem Schöpfungsverdacht und somit mit dem Hersteller beantworten musst.
Wie das allerdings dann mit den anderen Unsichtbar-Zusammenhängen vereinbart werden kann, ist ein Problem, das dir wohl noch gar nicht bewusst ist.

Aus meiner Sicht ist die Funktion evolutionär entstanden, d.h. nachdem sie sich entwickelt hat, wurde sie optimiert weitergegeben. Von Generation zu Generation legen somit die Gene fest, wie wir Wirklichkeit identifizieren.

Dennoch bleibt die Frage „wer hat es verursacht?“.
Nun, die Wahrnehmung ist ein Reaktionsvorgang, der sich ständig über Mustererkennung zu optimieren versucht.
D.h. das, worauf reagiert wurde, hat letztlich die Festlegung verursacht.
Es muss sich um einen grundsätzlichen Zusammenhang handeln, der über alle Sinne hinweg vorliegt.

Die einfachste Lösung ist:
die „andere Seite“ hat es durch ihr „so sein“ verursacht, also die wahrnehmungsauslösenden Sachverhalte gehören tatsächlich zu einer „wirklichen Welt“, die sich zumindest in der Auflösung unseres Lebensraumes genau so verhält, wie wir sie verstehen.

Fazit:
Wer hat die menschliche Wahrnehmung auf eine spezielle „Identifikation von Wirklichkeit“ festgelegt?
=> höchstwahrscheinlich eine „tatsächliche Wirklichkeit“
=> bis zur Widerlegung, ist es vernünftig, genau hiervon auszugehen

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:steh auf und laufe durch ihn hindurch
Da passiert dasselbe als wenn der Tisch nur Vorstellung wäre - Du haust Dir was an. - Und Du wirst einen Bluterguss sehen, von dem Du ebenfalls nicht wissen kannst, ob er nur Vorstellung ist oder "wirklich" in Deinem Sinne.
Klar, wissen wirst du es deshalb nicht, aber du wirst unzweifelhaft feststellen, dass du dich nicht gegen das „Erleben von Wirklichkeit“ stellen kannst
=> du bist festgelegt.

Dieser „knallharte“ Sachverhalt spielt eigenartigerweise in deinem „Meinungs“-Weltbild keine Rolle
=> sehr verdächtig (ich würde sogar sagen, dass dadurch die Untauglichkeit offengelegt wird)

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:also du kannst keinen stichhaltigen Anlass nennen.
Konnte Descartes auch nicht, weil er geglaubt hat, dass der Mensch nicht seine Wahrnehmung bekommen hat, um sich damit zu verarschen.
Wieso soll „der Mensch“ etwas bekommen haben?
Wahrnehmung ist Teil des aktiven Körpers.
=> der Mensch ist Wahrnehmung.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Ich habe es beschrieben - du nicht – ist das nicht etwas auffallend?
Schau Dir an, was "Res cogitans" bedeutet (wurde mehrfach erklärt) - schau Dir an, was "con-scientia" im Sinne von Boethius bedeutet (wurde mehrfach erklärt). - Verstehe, was Ebenbildlichkeit bedeutet (wurde mehrfach erklärt).
„Res cogitans“ bedeutet „denkende Substanz“
=> wenn ein Mensch durch Krankheit oder Verletzung das „Ich“-Bewusstsein verliert, soll er dann keine „denkende Substanz“ mehr haben –> dumme Sache
=> wenn bei einem Menschen die zentrale Verbindung zwischen den Gehirnhälften zertrennt wird, verhält er sich wie zwei „getrennte Ich“, hat er dann eine neue „denkende Sache“ dazu bekommen? -> eine echte Bereicherung
=> man kann Äffchen durch Training ein „Ich“-Bewusstsein anlernen, verbindet man sie also mit einer „denkenden Sache“? -> Toll
=> in der Neurowissenschaft verdichten sich die Hinweise, dass das Bewusstsein nicht kontinuierlich sondern diskret, also schrittweise mit Zwischenpausen, stattfindet, ist die „denkende Sache“ dann nicht „permanent vorhanden“?.

Irgendwie ist die „denkende Sache“ nicht ganz so durchdacht, wie es sein sollte.

Zu „Boethius“ und „conscientia" habe ich nur eine Esoterikseite zu „Ganzheitlichem Bewusstsein“ gefunden, was du vermutlich nicht meinen möchtest – hier müsstest du also ausführlich erklären, worum es gehen soll.

Das Verstehen mit der „Ebenbildlichkeit“ ist ein bisschen schwierig, weil „Gott“ ja nur die Frage aus dem Schöpfungsverdacht ist.

Zitat-closs: „Es hat schon etwas von Chuzpe, wenn Du den Umstand, dass jemand nicht in Deinem Verständnishorizont beschreibt, als Nicht-Beschreibung bezeichnest.

Aber nein, das ist ganz einfach:
kein Inhalt => keine Beschreibung.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Prima, da ein Mensch zur Verarbeitung nur die Wahrnehmungsfähigkeit hat
Ja, die "Res cogitans" - dazu braucht's aber keinen "aktiven Körper".
Nein, es gibt keine Hinweise auf eine „denkende Substanz“, die Erklärungsschwierigkeiten zu einer Interaktiven-Verbindung zum Körper sind zu gross und eine Idee, was dies sein soll, hat man auch nicht.
Es gibt keinen Anlass sich auf so eine Inhaltsleere einzulassen, denn da ist ja ein aktiver Körper – das passt.

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Descartes zielt nicht auf das Gesamtlebewesen ab
Wörtlich verstanden schon: Das lebendige Wesen - und das ist nun mal der Geist und der Rest ist im Dasein Hülle davon
Ach und wenn man die Hülle dazuzählt, wird daraus das "Gesamt-Gesamtlebewesen"?
Wenn du schon Wortverdrehungen einbringst, dann sollten sie halbwegs sinnvoll sein.

closs
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#1386 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Sa 16. Apr 2016, 23:13

SilverBullet hat geschrieben:Das ist eine interessante Frage, die du aus deinem „Meinungs“-Weltbild heraus wohl mit dem Schöpfungsverdacht und somit mit dem Hersteller beantworten musst.
Ich muss gar nichts - hier geht es nicht um die Frage, ob das naturalistische oder das christliche Weltbild wahr ist, sondern dass die Wahrnehmung (und sonst haben wir nichts) dies nicht entscheiden kann. - Nur darum geht es.

SilverBullet hat geschrieben:Aus meiner Sicht ist die Funktion evolutionär entstanden
Durchaus eine schlüssige Darstellung, die wahr sein könnte (und übrigens auf naturalistischer Ebene auch etwa von der RKK genauso gesehen wird).

SilverBullet hat geschrieben:höchstwahrscheinlich eine „tatsächliche Wirklichkeit“
Sehe ich genauso - und Descartes auch. - Wichtig ist zu erkennen, dass wir diese Wirklichkeit als "tatsächlich" nicht von einer "virtuellen" Wirklichkeit unterscheiden können, sondern es so unterscheiden müssen, wie Du es gerade getan hast: Nämlich per Res cogitans.

Du hast nachgedacht, kommst zu einem Ergebnis und begründest es. - Also indirekt über den Geist. - Und eigentlich bist Du hierin nah an (nicht nur) Descartes.

SilverBullet hat geschrieben: du bist festgelegt.
DU bist festgelegt - ich lasse doch gerade offen, was ich nicht wissen kann.

SilverBullet hat geschrieben:Wahrnehmung ist Teil des aktiven Körpers.
Primär ist Wahrnehmung eine Sache der Res cogitans und bezieht sich im zweiten Schritt auf das Materielle ("Körper").

SilverBullet hat geschrieben: wenn ein Mensch durch Krankheit oder Verletzung das „Ich“-Bewusstsein verliert, soll er dann keine „denkende Substanz“ mehr haben
Dann ist er trotzdem noch Ich-Identität. - Sicherlich kann der Mensch etwa bei Hirntod diese Ich-Identität nicht mehr körperlich per Gehirn in den materiellen Raum vermitteln. - "Verlieren" tut der Mensch seine Ich-Identität NICHT dadurch.

SilverBullet hat geschrieben: wenn bei einem Menschen die zentrale Verbindung zwischen den Gehirnhälften zertrennt wird, verhält er sich wie zwei „getrennte Ich“
Oder wie zwei Aspekte desselben Ich. - Da wäre ich vorsichtig. - Denn es kann auch ohne getrennte Hirnhälften zu multiplen Persönlichkeiten kommen - dass sich zwei "Res cogitantes" EINEN Körper teilen.

SilverBullet hat geschrieben: man kann Äffchen durch Training ein „Ich“-Bewusstsein anlernen, verbindet man sie also mit einer „denkenden Sache“?
Nur dann, wenn Affen transzendent orientierung-fähig sind, also nach Gott fragen können (das gilt übrigens auch für Computer). - Und "fragen danach" hat nichts mit Fragen-Können-Einprogrammierung oder Konditionierung zu tun, sondern mit dem Wesen. - Also NEIN.

SilverBullet hat geschrieben:> in der Neurowissenschaft verdichten sich die Hinweise, dass das Bewusstsein nicht kontinuierlich sondern diskret, also schrittweise mit Zwischenpausen, stattfindet
Das kommt darauf an, was man unter "Bewusstsein" versteht. - Im naturalistischen Verständnis kann alles Mögliche möglich sein - unter spirituellen Gesichtspunkten ist es wurscht. - Da nennt man Entwicklung des Bewusstseins das, was zur transzendenten Erkenntnis führt - ob das kontinuierlich oder in Quanten geht, ist eine rein technische Frage der naturalistischen Abbildung. - Irrelevant.

SilverBullet hat geschrieben:Irgendwie ist die „denkende Sache“ nicht ganz so durchdacht, wie es sein sollte.
Wie Du siehst, doch.

SilverBullet hat geschrieben:kein Inhalt => keine Beschreibung.
Stimmt. :lol:

SilverBullet hat geschrieben:es gibt keine Hinweise auf eine „denkende Substanz“
Im naturalistischen Weltbild gibt es das nicht. - In der Naturwissenschaft auch nicht, weil sie das gar nicht untersuchen kann. - Du würdest ja auch nicht auf die Idee kommen, Deinen Fernseher auseinanderzunehmen, um herauszufinden, was Böhmermann wieder mal so von sich gibt. ;)

SilverBullet hat geschrieben:Ach und wenn man die Hülle dazuzählt, wird daraus das "Gesamt-Gesamtlebewesen"?
Im Daseins-Sinne würde das passen.

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#1387 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » So 17. Apr 2016, 01:07

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: "Paradise Now" ist angesagt und dieses verspricht ihnen Jesus noch zu ihren Lebzeiten.
Ja - aber nicht durch eine rasche äußere Widerkunft, sondern durch seine Auferstehung und die Verinnerlichung dieses Gedankens: "Träume nicht von einer Jacxht in Monte Carlo, sondern fühle Dich zuhause besser als jemand, der in Monte Carlo eine Jacht hat".
Jesus hat ganz gewiss seinen Landsleuten nicht seinen Tod UND seine Auferstehung als "nahes Gottesreich" verkündet. Also wie gehabt: Eisegese pur.

="closs"
sven23 hat geschrieben:Hier läßt sich die Naherwartung ziemlich eindeutig auf Jesus zurückführen, sozusagen als Kernbotschaft seiner Verkündigung, egal ob er ein normaler Wanderprediger oder der Messias war.
Das ist eben unrichtig. - "Das Reich ist nah" bedeutet für einen "Essener-Jesus" etwas ganz anderes als für einen "NT-Jesus".
Jesus war weder ein "Essener-Jesus" noch ein "NT-Jesus". Was Du hier präsentierst, ist laienhaftes Herumgeschwurbele. Du hast schlicht keine Ahnung. Solange Du nicht mindestens "Theißen/Merz" oder "Conzelmann/Lindemann" o.a. gelesen hast, kannst Du kompetent zur historisch-kritischen Bibelforschung nicht mitreden. Deine Vorstellungen über die HKM sind - sorry - schlicht naiv.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch unter Annahme des Messias lassen sich die Textquellen nicht wegwischen.
Das verlangt doch keiner - es geht darum, dass es neben einer säkularen Interpretation dazu auch eine christliche gibt, die DIE SELBEN Quellen ganz anders deutet.
Na - dann langsam mal ab ins "Reich der kirchlichen Dogmen". Da werden Sie geholfen. Was hindert Dich eigentlich daran, Dich dort wohnlich einzurichten, anstatt Dir als blutiger Laie an der wissenschaftlichen Bibelexegese vergeblich die Zähne auszubeißen?

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#1388 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Münek » So 17. Apr 2016, 01:18

Hemul hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Hemul hat geschrieben:Deshalb sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die rechten Früchte hervorbringt.
Bei dieser Bibelstelle fallen mir spontan Ratzinger und Kurt mit ihren obskuren Gottesreich-Hypothesen ein.
Kurt würde sagen, das Reich Gottes ist nicht wegzunehmen, weil es sich "im Inneren" des Menschen befindet. Ratzinger, der die Idee eines "inneren Gottesreiches" ausdrücklich ablehnt, schwadroniert, dass das von Jesus verkündigte Reich Gottes Jesus selbst in Person gewesen sei. Na - dann hätte Jesus ja verkünden müssen: Das Reich Gottes ist da - und nicht nur nahe.
Nun weilte dieser Mann aus Nazareth bekanntlich nicht lange auf diesem Planeten und mit seiner Himmelfahrt wäre auch das Reich Gottes von hinnen gegangen. Und jetzt lässt der Evangelist Jesus sagen, das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem anderen Volk gegeben werden. :o
Ja watt denn jetzt?
Ja watt jetzt? Jetzt biste wohl ganz baff? :lol: Passt wohl nicht in Deine Naherwartung-gelle? 8-)
Wieso bist Du nicht in der Lage, vernünftige Antworten zu geben? Woran hapert es? Wachtturm-Doktrin?

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#1389 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » So 17. Apr 2016, 01:39

Münek hat geschrieben:Jesus hat ganz gewiss seinen Landsleuten nicht seinen Tod UND seine Auferstehung als "nahes Gottesreich" verkündet. Also wie gehabt: Eisegese pur.
So gesehen ist der Katholizismus "Eisegese pur". - Wahrscheinlich ist das ganze Christentum "Eisegese pur". :devil:

Münek hat geschrieben:Jesus war weder ein "Essener-Jesus" noch ein "NT-Jesus".
Deshalb in Anführungszeichen - und jeder, der will, weiss, was damit gemeint war.

Münek hat geschrieben:Solange Du nicht mindestens "Theißen/Merz" oder "Conzelmann/Lindemann" o.a. gelesen hast, kannst Du kompetent zur historisch-kritischen Bibelforschung nicht mitreden.
Diese Flucht in Literatur hält auch nicht ewig - sieh Dir mal die Sache selbst an.

Münek hat geschrieben: dann langsam mal ab ins "Reich der kirchlichen Dogmen"
Letztlich läuft Dein System hinaus auf:
* Christliche Bibeldeutung ist Eisegese.
* Nur ein atheistisches Verständnis der Bibel ist wissenschaftsfähig.

Das ist übertrieben dargestellt, trifft aber den Kern. - Und da soll man sich wundern, wenn Ratzinger und Berger Alarm schlagen?

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#1390 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » So 17. Apr 2016, 07:44

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: passt - wie Theissen richtig bemerkt - hervorragend in den historischen Kontext.
DAS tut es.- Es gab ja die Essener und die Zeit war reif für eine Naherwartung. - Das ist natürlich richtig. - Aber dass Jesus eine historisch typisches Zeiterscheinung zum Anlass genommen hat, an deren Umwertung einen Paradigmenwechsel darzustellen, ist eben AUCH möglich - und im übrigen das Verständnis des allgemeinen theologischen Verständnisses.
Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Der Paradigmenwechsel bezieht sich nicht auf die Naherwartung, sondern auf Thoraverschärfung usw.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: "Paradise Now" ist angesagt und dieses verspricht ihnen Jesus noch zu ihren Lebzeiten.
Ja - aber nicht durch eine rasche äußere Widerkunft, sondern durch seine Auferstehung und die Verinnerlichung dieses Gedankens: "Träume nicht von einer Jacxht in Monte Carlo, sondern fühle Dich zuhause besser als jemand, der in Monte Carlo eine Jacht hat"..
Jesus hat nicht seine eigene Auferstehung verkündet, das ist ganz klar nachträgliche christliche Interpretation/Kontamination. Jesus hat das nahe Gottesreich verkündet. Seine Botschaft ist klar: die Ersten werden die Letzten sein. (Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in das Reich Gottes). Seine Zielgruppe sind die Unterpriviligierten und Benachteiligten der Gesellschaft, denen er Hoffnung macht. Dass dies ein gefährliches Spiel im besetzten Land sein kann, zeigt die spätere Hinrichtung nach römischem Recht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Hier läßt sich die Naherwartung ziemlich eindeutig auf Jesus zurückführen, sozusagen als Kernbotschaft seiner Verkündigung, egal ob er ein normaler Wanderprediger oder der Messias war.
Das ist eben unrichtig. - "Das Reich ist nah" bedeutet für einen "Essener-Jesus" etwas ganz anderes als für einen "NT-Jesus".
"Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..." ist so eindeutig auf ein zeitlich nahes Ende angelegt, dass es hier keinen Interprationsspielraum gibt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bei Annahme des Messias kommt man natürlich in Erklärungsnöte, aber das ist ein nachgelagertes Problem.
Aber nur dann, wenn man auf eine säkulare Interpretation beharrt - für einen Christen ist es folgerichtig. - Ehrlich: Bevor ich überhaupt das theologische Problem "Naherwartung" kannte, bin ich bei der Lektüre der entsprechenden Texte nie auf diese Idee gekommen - ich habe es automatisch spirituell verstanden.
Das spricht wiederum für Conzelmann. Diese Problematik wird gegenüber den Gläubigen gar nicht thematisiert oder kommuniziert.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch unter Annahme des Messias lassen sich die Textquellen nicht wegwischen.
Das verlangt doch keiner - es geht darum, dass es neben einer säkularen Interpretation dazu auch eine christliche gibt, die DIE SELBEN Quellen ganz anders deutet.
"Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..." läßt keinen Interprationsspielraum zu. Die Botschaft ist eindeutig, egal ob er der Messias, ein normaler Wanderprediger oder eine rein literarische Figur ist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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