closs hat geschrieben:ALLES, was der Mensch als Wirklichkeit wahrnimmt, ist Vorstellung. - Die Frage ist, ob die Vorstellung etwas findet (das, was Du "Realität" nennst) oder er-findet ("Einbildung").
Ich vermute, du verwendest das Wort „Vorstellung“ auf eine sonderbare Weise.
Wenn du die Augen aufmachst und ein Sehbild, also eine „dreidimensionale Weltsicht zu erleben glaubst“, dann ist dies die Art, wie das Gehirn die „als Wirklichkeit identifizierten Sehzusammenhänge“ verarbeitet.
Wenn du dann die Augen zumachst und versuchst dich an das gerade eben Gesehene zu erinnern, dann ist dies eine „Vorstellung“. Du wirst einen erheblichen Inhalts- und Qualitätsunterschied feststellen.
Mir scheint, du meinst mit „Vorstellung“, was ich als „Überzeugung eines phänomenalen Erlebens“ bezeichnen würde (z.B. „Sehbild“).
Damit kommst du aber in einen Wortkonflikt, wenn es um das gehen soll, was man mit „geschlossenen Augen“ macht.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:In der menschlichen Wahrnehmung (dies ist bestimmt in viel kleineren Gehirnen auch der Fall) muss also entschieden werden, was für Wirklichkeit/Realität gehalten wird und was nicht.
Das würde ich unter Konditionierung buchen.
Das sehe ich kritisch, denn das jeweilige Lebewesen ist bereits wachstumsbedingt „konditioniert“ und muss diese Funktion/Mechanismus nur noch auf eine konkrete Interaktion anwenden können.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben: es handelt sich also nicht um eine „Meinungsbildung“.
"Vorstellung" ist nicht "Meinung". - "Vorstellung" ist das, was Wahrnehmung an sich ist.
Dein Begriff „Vorstellung“ ist verwirrend (siehe oben).
„Vorstellung“ zielt auf „Augen zu und denken“ ab – hier ist „Vorstellung“ in etwa gleichbedeutend zu „Meinung“.
Wenn du auf „Überzeugung eines phänomenalen Erlebens“ abzielst, dann stimmt es nicht, dass dies Wahrnehmung ist. Die „Überzeugung…“ ist ein spezieller Verstehablauf in Teilen der Verarbeitungsabläufe, aber nicht die gesamte Wahrnehmung. Man muss ja nur z.B. an die unbewussten Vorgänge denken.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Wenn man gegen ein Objekt stösst, verarbeitet das Gehirn sofort den Umstand, dass die Signale/Daten (-> „Schmerzen“) nicht gut sind, und „schlussfolgert“, dass dieser Vorgang (Interaktion) nichts mit den Gehirnvorgängen selbst zu tun haben kann -> Wahrnehmungsunabhängigkeit -> Wirklichkeit.
Du hast immer noch nicht gefressen, dass dasselbe passiert, wenn es sich "nur" um eine Vorstellung handelt. - Wäre die Welt nur Vorstellung, würden wir nichts merken - es wäre alles dasselbe.
Wieder: dein Einsatz von „Vorstellung“ ist problematisch.
Wenn ein Mensch eine „Vorstellung“ hat, dann ist er sich per Definition dieses Umstandes bewusst.
Wenn dieser Mensch also etwas „erlebt“ dessen Ursache er sich nicht bewusst ist, dann wird er erst einmal den Wirklichkeitsstatus vergeben.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Wahrnehmung kann sich nicht selbst analysieren
An sich richtig - aber hier sind Subjekt und Objekt identisch. - Das Ich kann sagen "Selbst wenn ich nur Vorstellung bin, bin ich - selbst wenn alles gefaked ist, bin ich".
Nun, wenn es richtig ist, warum verstösst du dann genau in deinem nächsten Satz dagegen?
Das „Ich“ kann erst einmal rein gar nichts sagen, denn „es“ weiss nicht, was „es“ sein soll und „es“ kann „sich“ nicht finden.
Tatsächlich ist dies das Kernstück der philosophischen Eigenartigkeit, wenn es um Wahrnehmung geht.
Diese Leute sind in ihrem Denk-Grössenwahn einfach hergegangen und haben Bedeutungszusammenhänge, die von der Wahrnehmung aus, für den gesamten Menschen gelten, kurzerhand einer „unsichtbaren Denk-Instanz“ im Hintergrund zugeordnet.
(der Grund dafür liegt im unsinnigen Bedürfnis die aktuelle Religion, philosophisch umzusetzen)
Wenn man dieses „Ich“ jedoch als „Gesamtmensch“ versteht, hat die Aussage eine gewisse Gültigkeit. Allerdings nur in Form von „es ist sicher, dass ein Vorgang abläuft“ – mehr nicht.
Von „Subjekt = Objekt“ kann keine Rede sein.
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Das mit dem „Nicht wissen können ob Vorstellung oder Entität“ ist nicht korrekt, denn man kann sehr wohl (in Form einer Mustererkennung) eine sinnvolle Wirklichkeitsidentifikation durchführen
Aber doch nur, wenn man von einem naturalistischen Weltbild ausgeht.
Wenn eine beliebige Wahrnehmung feststellt, dass ein Zusammenhang einwirkt, der nicht von dieser Wahrnehmung selbst stammen kann, und du ein „Meinungs“-Weltbild hast, das dies relativiert, dann würde ich dieses „Meinungs“-Weltbild aber schleunigst entsorgen oder du legst glasklare Beweise für diese Relativierung vor.
closs hat geschrieben:Genau das ist aber der Denkfehler: Wenn man hier nachdenkt, muss man sein eigenes Weltbild für einen Moment vergessen - also:
Wir sprechen NICHT von einer naturalistischen Welt aus, um diese dann zu beweisen - sondern wir sprechen vom Ich aus: "Was nimmt das Ich wahr und wie kann es es qualifizieren?" - Dann sehen die Ergebnisse plötzlich anders aus.
Was soll das „Ich“ sein und wie soll „es“ etwas wahrnehmen können?
(Wenn dir diese Art von Frage bekannt vorkommt, dann liegt dies daran, dass es bei dir schon wieder um eine „unsichtbare Person“ gehen soll, zu der es erst einmal nur ein Fragezeichen gibt)
closs hat geschrieben:Descartes geht vom "Cogito" aus und nicht von einer "Realität" außerhalb des Cogito. - Das ist ontologisch blitzsauber gedacht.
Descartes geht von seiner "Cogito"-Erfindung als „Realität“ aus, einer blitzsauberen Behauptung ohne Beweise, die nur vor dem Hintergrund einer Religion entstanden ist (er sagt es ja sogar selbst).
closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Kein neugeborener Mensch könnte heranwachsen, wenn man ihm zuerst beibringen müsste, wie er Wirklichkeit identifizieren soll. Er würde gar nicht auf einen anderen Menschen reagieren können (-> siehe Kätzchenexperiment)
Überprüfe die Grundlagen dieses Experiments. - Ich wette: naturalistisch.
Es gibt Kinder, die haben mit Einschränkungen zu kämpfen.
In einer aktuellen
Veröffentlichung der Neurowissenschaft kann man nachlesen, dass diese Kinder mit möglichst allen Hilfsmitteln an einer Interaktion mit ihrer Umwelt teilnehmen sollten.
Das Gehirn sollte möglichst viel Aktivität mit Interaktion verbringen, um einen reichhaltigen Erfahrungsschatz aufzubauen. Immobilen Kindern gibt man elektrische Fahrzeuge, mit denen sie sich bewegen können und eine „Rolle in ihrer Welt“ spielen können.
Würdest du ihnen „alternativ“ dein „Meinungs“-Weltbild suggerieren?
closs hat geschrieben:Wäre die Welt eine reine Vorstellungswelt des Ich, würde das Kätzchenexperiment genauso ausgehen.
OK, du möchtest einen Verdacht in Richtung einer „Denk-Instanz“ aufbauen, die sich irgendwie unbewusst eine Wirklichkeit ausdenken können soll.
Wie beim Schöpfungsverdacht, kann man hier die direkte Frage ableiten, „was soll diese Denk-Instanz sein?“.
Exakt hier endet dann aber auch schon die Nachforschung, denn es gibt kein Konzept, keine Idee für eine Antwort.
Das lustige Wort „Geist“, das man hierbei verwendet, steht (mangels Antwortinhalt) letztlich, wie „Gott“, nur für die Frage selbst.
Es scheint sich in deinem „Meinungs“-Weltbild immer um den gleichen Täuschungsablauf zu handeln.
(das kommt dabei heraus, wenn man nur durch die Brille einer Religion schaut)