closs hat geschrieben:SilverBullet hat geschrieben:Nimm Anlauf und renne mit Volldampf durch einen Tisch.
Das ist der immer wieder zu hörende Irrtum - denn: Wenn die Welt eine Vorstellungs-Welt wäre, würdest Du Dir in Deiner Wahrnehmung genauso die Knochen anschlagen.
1.
Mit „Vorstellung“ hat es nichts zu tun, denn diese erreicht „per Definition“ keinen Wirklichkeitsstatus innerhalb der menschlichen Wahrnehmung (sonst würde man es ja nicht „Vorstellung“ nennen)
Es könnte sich um eine Weltsimulation handeln oder um Bedeutungszusammenhänge, die ohne „Ausseneinwirkung“ vom Gehirn erzeugt werden -> Halluzination.
2.
Du wirfst mir hier einen Inhalt als Irrtum vor, den ich nie behauptet habe.
Wahrnehmung kommt niemals 1:1 an die auslösenden Sachverhalte heran – Ich dachte, diesen Punkt hätten wir abgehakt.
Dennoch ist es ein gewaltiger Unterschied, ob es um „Vorstellungen/Meinungen“ im Denken geht, oder um einen automatisch verankerten Wahrnehmungsmechanismus, sozusagen einen nicht beeinflussbaren Kern der Wahrnehmung.
closs hat geschrieben:an Josi:
Die ganze Sache krankt daran, dass auch Du meinst, Vorstellung müsse notwendigerweise vom Wahrnehmenden unterscheidbar sein von "Realität". - Genau das ist falsch - daran scheitert auch SilverBullet.
Selbstverständlich muss ein Wahrnehmungssystem, das mit Planung, Vorstellung und Traum, also dem „Durchspielen von Möglichkeiten“ umgehen möchte, über einen zentralen Mechanismus zur Wirklichkeitsidentifikation verfügen.
Die Konsequenzen wäre verheerend, wenn wir bei allem, mit dem wir uns beschäftigen, von einer Wirklichkeit ausgehen und sofort körperliche Reaktionen zeigen würden.
In der menschlichen Wahrnehmung (dies ist bestimmt in viel kleineren Gehirnen auch der Fall) muss also entschieden werden, was für Wirklichkeit/Realität gehalten wird und was nicht.
Genau diese Entscheidung
ist getroffen worden und zwar wachstumstechnisch – es handelt sich also nicht um eine „Meinungsbildung“.
Wenn du, über dein „Meinung“-Weltbild, auf eine „Erschaffung“ abzielen willst, dann musst du diesen wachstumsbedingten Umstand berücksichtigen.
Eigenartiger Weise möchtest du dir vormachen, dass genau das nicht notwendig sein soll.
Dadurch wird dein „Meinungs“-Weltbild als untauglich entlarvt.
closs hat geschrieben:Descartes sagt - aus meiner Sicht nach wie vor unwiderlegbar - in meinen schnoddrigen Worten folgendes:
1) Alles, was ich wahrnehme, ist anzweifelbar- denn woher soll ich wissen, ob meine Knieschmerzen, die kriege, wenn ich mich am Tisch anstoße, eine Vorstellungs-Größe sind oder der Tisch tatsächlich als Entität existiert.
2) …"Moment - wenn ich zweifle, bin ICH ja. Sogar wenn ich dfaran zweifle, dass ICH bin, bin ich, weil ich ja zweifle ….
3) Das "feste Ich" nennt Descartes die "Res cogitans". - Alles andere (das fängt beim eigenen Körper an) nennt er die "Res extensa". - "Res extensa" sind immer Wahrgenommenes von der "Res Cogitans". - Da aber die "Res cogitans"/"Das Ich" nicht wissen können, ob ihre Wahrnehmung der Res extensa eigene Vorstellung ist oder Entität (als "echt" sind, um es etwas unphilosophisch zu sagen), ….
4) Descartes löst dieses Problem per Setzung, da es nicht per Untersuchung gelöst werden KANN (siehe Begründung gerade eben), indem er einen "wohlwollenden Gott" annimmt….
zu 1)
Der Mechanismus zur Wirklichkeitsidentifikation ist fest im Gehirn verankert und beruht auf der Feststellung von Wahrnehmungsunabhängigkeit innerhalb einer Interaktion.
Wenn man gegen ein Objekt stösst, verarbeitet das Gehirn sofort den Umstand, dass die Signale/Daten (-> „Schmerzen“) nicht gut sind, und „schlussfolgert“, dass dieser Vorgang (Interaktion) nichts mit den Gehirnvorgängen selbst zu tun haben kann -> Wahrnehmungsunabhängigkeit -> Wirklichkeit.
Das Gehirn unterscheidet „phänomenal“ zwischen einer Aussen-/Körperwelt und einer „Denkwelt“. Niemand wird auf die Idee kommen, dass seine Emotionen oder Gedanken, Objekte der Aussenwelt sein könnten, weil das Gehirn diese Unterteilung bereits vorab bereitstellt.
Es ist ein Maximal-Fehler, wenn man diesen zentralen Mechanismus, philosophisch mit „Meinungsbildung“ gleichsetzt.
zu 2)
Das Wort „Ich“ ist hierbei der nächste Maximal-Fehler.
Das Einzige, was man sagen kann ist, dass ein Vorgang stattfindet, aber
wie dieser Vorgang genau aussieht und arbeitet, kann nicht aus dem Vorgang heraus untersucht werden.
(Wahrnehmung kann sich nicht selbst analysieren)
zu 3)
Descartes verwendet das „feste Ich“, wie er selbst am Anfang sagt, nur, weil er davon ausgeht, ein von „Gott erschaffener Geist“ zu sein.
Er versucht lediglich seine eh schon vorhandenen „Glaubensinhalte“ philosophisch darzustellen und zu „begründen“.
Zusatz: Das mit dem „Nicht wissen können ob Vorstellung oder Entität“ ist nicht korrekt, denn man kann sehr wohl (in Form einer Mustererkennung) eine sinnvolle Wirklichkeitsidentifikation durchführen -> siehe „zu 1)“.
zu 4)
Descartes „löst“ kein Problem, sondern versucht sich seinen „Glauben“ philosophisch zurechtzuschwindeln.
Das „Problem der Wirklichkeitsbeurteilung“ ist für uns bereits wachstumstechnisch durch den zentralen Mechanismus im Gehirn gelöst.
Kein neugeborener Mensch könnte heranwachsen, wenn man ihm zuerst beibringen müsste, wie er Wirklichkeit identifizieren soll. Er würde gar nicht auf einen anderen Menschen reagieren können (-> siehe Kätzchenexperiment)
closs hat geschrieben:an Salome23:
Woher kommen andere Leute in Träume, die eigenständig agieren?
Im Traum spielt das Gehirn Bedeutungssituationen durch.
Wer davon ausgeht, dass das Gehirn die Situationen im Detail generiert und dann „präsentiert“, der liegt meiner Meinung nach einer Illusion auf.
Die „phänomenalen Bedeutungen“ funktionieren nicht dadurch, dass sie tatsächlich vorliegen, sondern dadurch, dass eine Reaktion abläuft, als lägen sie vor – das ist ein gewaltiger Unterschied.
Es gibt somit keine „eigenständig agierenden Personen“ im Traum, sondern nur die Zusammenhangsreaktion, als ob dieser Inhalt da wäre. Genau diese Reaktion wird im Traum „gestestet“ - mehr nicht.
Zudem verhindert das Gehirn, dass im Traum tatsächliche Körperreaktionen stattfinden. Also auch hier hat das Gehirn die volle Kontrolle und auch den „Überblick“.
closs hat geschrieben:Das heisst nicht, dass nicht-naturalistische Aussagen DESHALB richtig seien, weil sie nicht nachweisbar sind (das wäre wirklich albern) - aber sie können auf richtig Reales hinweisen, wenn sie authentisch sind.
Wem soll so eine Aussage etwas bringen?
Für jede Spinnerei gilt: wenn etwas Stimmiges enthalten ist, dann ist dieser Anteil vernünftig.
Zitat-closs: „
Konkret: WENN es Gott gibt, ist er real“
„Gott“ ist nur die Frage aus dem Schöpfungsverdacht – mehr nicht.
„Gott“ ist keine Hypothese, deren „reales Vorhandensein“ man einschätzen könnte – es fehlt komplett ein Inhalt.
closs hat geschrieben:Wären diese Grundlagen hier auf dem Forum verstanden, könnten wir ganz anders miteinander reden.
Ja, wir könnten dann eine persönliche Beziehung zu einem 2m grossen Kaninchen namens „Harvey“ aufbauen…