Alles Teufelszeug? II

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1301 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Do 14. Apr 2016, 11:02

Josi hat geschrieben:Du übergehst hier den eigentlich relevanten Punkt, denn Descartes hat mit der "Rückwendung" auf das eigene Denken / dem "Ich", die objektive Gültigkeit der Naturwissenschaften und die damit nachgewiesene Erkenntnisfähigkeit als sichere Erkenntnis einer existierenden Wirklichkeit, festgestellt.
Nein - wie kommst Du denn darauf? - DAMIT nicht.

Er hat die Naturwissenschaft aus einem ganz anderen Grund gefördert: Nämlich weil er per Setzung ("wohlwollender Gott") die Natur als "echt" versteht und DESHALB objektive Untersuchung möglich ist.

Josi hat geschrieben:Das hat mit einem "wie auch immer gearteten Glauben" sowie einer vorausgesetzten Prämisse, null und nichts zu tun!
Doch - das ist gerade die Voraussetzung. - Mit dem "Cogito" allein wusste Descartes lediglich, dass das Ich ohne Zweifel ist.

Josi hat geschrieben:Erst auf weitere Erkundungsoptionen bezogen wusste Descartes zu bemerken, dass die Ergebnisse zu untersuchbaren Objekten immer nur als Zwischenergebnisse verstanden werden müssen
Dass ist dann irgendwann eine Folge der Setzung "Wohlwollender Gott" und klingt jetzt eher nach einer methodischen Aussage - viel später im Denkablauf.

Josi hat geschrieben:Und verbesserungsbedürftig werden auch zukünftige Mittel zum Zweck allgemeiner Wirklichkeitserkundungen unter Ausschluss einer Allwissenheits-Ebene bleiben
Klar - die SChere zwischen Sein und Wahrnehmung kriegt man nie ganz zu.

Josi hat geschrieben:zumal Allwissenheit gleich Stillstand bedeutet
So ist es - das gibt es nur bei Gott.

Josi hat geschrieben: bedarf es auf dem Weg dort hin keinerlei "Setzungen" irgendwelcher Prämissen, dadurch Wissenschaft erst objektiv - und somit objektbezogen / wirklichkeitsbezogen forschen kann.
Hier irrst Du Dich: Die Setzung am Anfang kriegst Du nicht weg.

Josi hat geschrieben:Der selbe Umstand ist der Wissenschaft auch naturbedingt (also nicht menschlich gesetzt!)
Du steigst zu spät ein und hat offenbar meine Ausführungen nicth verstanden. - "Gesetzt" ist, dass unsere Wahrnehmung der Natur authentisch ist (ganz platt gesagt: "Wenn Josi vor mir steht, nehme ich Josi wahr und nicht Aphrodite"). - Unsere Wahrnehmung/naturwissenschaftliche Messung ist also authentisch in Bezug auf das Objekt - DAS ist die Setzung (oder eine Schlussfolgerung aus der Setzung des "Wohlwollenden Gottes").

Josi hat geschrieben:dessen Knie - wie Deschner treffend formulierte - über den Verstand triumpfieren.
Das wäre ein eigenes Thema: Was meinen wir eigentlich mit "Verstand"/"Vernunft"/"Ratio". - Christlicher-seits gibt es eine Instanhz über UNSERER Vorstellung davon, die vernünftiger ist. - Insofern kann das "Knien und Wippen" auch eine Annäherung an diese höhere Vernunft sein. - Da ist unsere Zeit etwas voreilig dogmatisch ("Maßstab = MEINE Vorstellung von Vernunft").

Benutzeravatar
Josi
Beiträge: 666
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:13

#1302 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Josi » Do 14. Apr 2016, 11:19

closs hat geschrieben:Er hat die Naturwissenschaft aus einem ganz anderen Grund gefördert: Nämlich weil er per Setzung [...]
Nee, nicht per Setzung bzw. geistiger Setzung, wie Du im Eigentlichen behauptest, sondern per reaktive Folge - angestoßen von untersuchbaren Wirklichkeiten / Objekten / Realitäten.

Daraus folgt, ob es Dir gefällt, oder nicht: Nicht Ideen (Geist/Geister/Gespenster) erzeugen Wirklichkeiten (Substanz), sondern Wirklichkeiten (Substanzen) ermöglichen Ideen, dazu auch Gespenster gehören.

Und egal, welcher Rhetorik Du dich bedienst, bleibt Fakt, dass sogar für Affen Bananen existieren, und das völlig unabhängig von Affenhirnen erzeugten Setzungen.

Noch mehr Beispiele gefällig? :roll:
Zuletzt geändert von Josi am Do 14. Apr 2016, 12:18, insgesamt 1-mal geändert.
Wer propagiert, es sei nicht schlimm wenn Menschen - einschließlich Kinder - getötet werden, da sie bei Gott weiter leben würden, gehört selbst auf der Stelle mit der Begründung getötet: "DIES SEI AUCH DIR GEGÖNNT!!!"

Benutzeravatar
Josi
Beiträge: 666
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:13

#1303 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Josi » Do 14. Apr 2016, 12:11

Oh, und noch was:
closs hat geschrieben:
Josi hat geschrieben: zumal Allwissenheit gleich Stillstand bedeutet
So ist es - das gibt es nur bei Gott.
definiere erst mal Gott, bevor Du diesen Begriff verwendest.
closs hat geschrieben:Hier irrst Du Dich: Die Setzung am Anfang kriegst Du nicht weg.
Falsch! Du kriegst die von vorausgegangen menschlich vorgenommenen Setzungen nicht weg bzw. aus deinem Kopf, darum Du dich mit diesem Satz ständig als Opfer einer Ideolgie ausweist.
Und aus keinem anderen Grund schrieb ich: Schließe nicht von dir aus auf Andere!
Das ist unverschämt dreist!
closs hat geschrieben:[...] hat offenbar meine Ausführungen nicth verstanden.
Da gibt es auch nix zu verstehen.
Oder glaubst Du wirklich, Deine Worte könnten, gleich wie untersuchbare Objekte, gehandelt werden?

closs hat geschrieben:Mit dem "Cogito" allein wusste [...]

Nee, nee, nix "wusste"! Bleib mal bei Deinen Worten!
Ich berichtige Dich mal, weil Du deinen Ausführungen hättest formulieren müssen: Mit dem "Cogito" allein >GLAUBTE< ...!

closs hat geschrieben:(ganz platt gesagt: "Wenn Josi vor mir steht, nehme ich Josi wahr und nicht Aphrodite")
Eine lustige Zwischenanmerkung, obliegt es doch gemäß deiner Setzungs-These deiner Willkür, was ich bin.
Aber bedenke bitte, das die von dir gesetzten Setungen möglicherweise auch Setzungsbefähigt sind, was mitunter dramatisch ins Auge gehen könnte.
Oder darf ich etwa nicht setzen, dass ich eine Raubkatze, oder sonstwas sein kann?
Und wenn doch, was würde aus dir werden, wenn ich deine Nicht-Existenz setze? Bist Du dann einfach nicht mehr existent? Oder wie?

Erlär' uns das mal, bitte. :|
Zuletzt geändert von Josi am Do 14. Apr 2016, 12:14, insgesamt 1-mal geändert.
Wer propagiert, es sei nicht schlimm wenn Menschen - einschließlich Kinder - getötet werden, da sie bei Gott weiter leben würden, gehört selbst auf der Stelle mit der Begründung getötet: "DIES SEI AUCH DIR GEGÖNNT!!!"

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1304 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von sven23 » Do 14. Apr 2016, 12:14

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Allerdings betrifft die Offenheit nur die Auferstehung, die die Forschung inhaltlich gar nicht untersuchen kann
Warum wird dann im Namen der Forschung der Eindruck erweckt, das Brechen von Naturgesetzen in unserem Verständnis sei ein k.o.-Kriterium für eine leibliche Auferstehung?.
Das ist eine Position des methodischen Atheismus.

closs hat geschrieben:[
sven23 hat geschrieben:Da kann man auf Grund der Quellenlage (und des historischen Kontextes) sehr wohl sagen, dass Jesus an das zeitlich nahe Gottesreich glaubte. Die Forschung hat diesbezüglich keinen großen Dissens.
Aber doch nur, wenn man Forschung auf das reduziert, was aufgrund methodischer Setzungen zu keinem anderen Ergebnis kommen kann?.
Sagen wir mal so: eine Forschung, die sich eines wissenschaftlichen Methodenapparates bedient kommt zu diesen Ergebnissen. Will man das mit Glaubensprämissen übertünchen, verlässt man die wissenschaftliche Ebene.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

SilverBullet
Beiträge: 2414
Registriert: Mo 17. Aug 2015, 19:04

#1305 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von SilverBullet » Do 14. Apr 2016, 13:44

closs hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Nimm Anlauf und renne mit Volldampf durch einen Tisch.
Das ist der immer wieder zu hörende Irrtum - denn: Wenn die Welt eine Vorstellungs-Welt wäre, würdest Du Dir in Deiner Wahrnehmung genauso die Knochen anschlagen.
1.
Mit „Vorstellung“ hat es nichts zu tun, denn diese erreicht „per Definition“ keinen Wirklichkeitsstatus innerhalb der menschlichen Wahrnehmung (sonst würde man es ja nicht „Vorstellung“ nennen)
Es könnte sich um eine Weltsimulation handeln oder um Bedeutungszusammenhänge, die ohne „Ausseneinwirkung“ vom Gehirn erzeugt werden -> Halluzination.
2.
Du wirfst mir hier einen Inhalt als Irrtum vor, den ich nie behauptet habe.
Wahrnehmung kommt niemals 1:1 an die auslösenden Sachverhalte heran – Ich dachte, diesen Punkt hätten wir abgehakt.
Dennoch ist es ein gewaltiger Unterschied, ob es um „Vorstellungen/Meinungen“ im Denken geht, oder um einen automatisch verankerten Wahrnehmungsmechanismus, sozusagen einen nicht beeinflussbaren Kern der Wahrnehmung.

closs hat geschrieben:an Josi:
Die ganze Sache krankt daran, dass auch Du meinst, Vorstellung müsse notwendigerweise vom Wahrnehmenden unterscheidbar sein von "Realität". - Genau das ist falsch - daran scheitert auch SilverBullet.
Selbstverständlich muss ein Wahrnehmungssystem, das mit Planung, Vorstellung und Traum, also dem „Durchspielen von Möglichkeiten“ umgehen möchte, über einen zentralen Mechanismus zur Wirklichkeitsidentifikation verfügen.
Die Konsequenzen wäre verheerend, wenn wir bei allem, mit dem wir uns beschäftigen, von einer Wirklichkeit ausgehen und sofort körperliche Reaktionen zeigen würden.

In der menschlichen Wahrnehmung (dies ist bestimmt in viel kleineren Gehirnen auch der Fall) muss also entschieden werden, was für Wirklichkeit/Realität gehalten wird und was nicht.

Genau diese Entscheidung ist getroffen worden und zwar wachstumstechnisch – es handelt sich also nicht um eine „Meinungsbildung“.

Wenn du, über dein „Meinung“-Weltbild, auf eine „Erschaffung“ abzielen willst, dann musst du diesen wachstumsbedingten Umstand berücksichtigen.
Eigenartiger Weise möchtest du dir vormachen, dass genau das nicht notwendig sein soll.
Dadurch wird dein „Meinungs“-Weltbild als untauglich entlarvt.

closs hat geschrieben:Descartes sagt - aus meiner Sicht nach wie vor unwiderlegbar - in meinen schnoddrigen Worten folgendes:

1) Alles, was ich wahrnehme, ist anzweifelbar- denn woher soll ich wissen, ob meine Knieschmerzen, die kriege, wenn ich mich am Tisch anstoße, eine Vorstellungs-Größe sind oder der Tisch tatsächlich als Entität existiert.

2) …"Moment - wenn ich zweifle, bin ICH ja. Sogar wenn ich dfaran zweifle, dass ICH bin, bin ich, weil ich ja zweifle ….

3) Das "feste Ich" nennt Descartes die "Res cogitans". - Alles andere (das fängt beim eigenen Körper an) nennt er die "Res extensa". - "Res extensa" sind immer Wahrgenommenes von der "Res Cogitans". - Da aber die "Res cogitans"/"Das Ich" nicht wissen können, ob ihre Wahrnehmung der Res extensa eigene Vorstellung ist oder Entität (als "echt" sind, um es etwas unphilosophisch zu sagen), ….

4) Descartes löst dieses Problem per Setzung, da es nicht per Untersuchung gelöst werden KANN (siehe Begründung gerade eben), indem er einen "wohlwollenden Gott" annimmt….
zu 1)
Der Mechanismus zur Wirklichkeitsidentifikation ist fest im Gehirn verankert und beruht auf der Feststellung von Wahrnehmungsunabhängigkeit innerhalb einer Interaktion.
Wenn man gegen ein Objekt stösst, verarbeitet das Gehirn sofort den Umstand, dass die Signale/Daten (-> „Schmerzen“) nicht gut sind, und „schlussfolgert“, dass dieser Vorgang (Interaktion) nichts mit den Gehirnvorgängen selbst zu tun haben kann -> Wahrnehmungsunabhängigkeit -> Wirklichkeit.
Das Gehirn unterscheidet „phänomenal“ zwischen einer Aussen-/Körperwelt und einer „Denkwelt“. Niemand wird auf die Idee kommen, dass seine Emotionen oder Gedanken, Objekte der Aussenwelt sein könnten, weil das Gehirn diese Unterteilung bereits vorab bereitstellt.
Es ist ein Maximal-Fehler, wenn man diesen zentralen Mechanismus, philosophisch mit „Meinungsbildung“ gleichsetzt.

zu 2)
Das Wort „Ich“ ist hierbei der nächste Maximal-Fehler.
Das Einzige, was man sagen kann ist, dass ein Vorgang stattfindet, aber wie dieser Vorgang genau aussieht und arbeitet, kann nicht aus dem Vorgang heraus untersucht werden.
(Wahrnehmung kann sich nicht selbst analysieren)

zu 3)
Descartes verwendet das „feste Ich“, wie er selbst am Anfang sagt, nur, weil er davon ausgeht, ein von „Gott erschaffener Geist“ zu sein.
Er versucht lediglich seine eh schon vorhandenen „Glaubensinhalte“ philosophisch darzustellen und zu „begründen“.
Zusatz: Das mit dem „Nicht wissen können ob Vorstellung oder Entität“ ist nicht korrekt, denn man kann sehr wohl (in Form einer Mustererkennung) eine sinnvolle Wirklichkeitsidentifikation durchführen -> siehe „zu 1)“.

zu 4)
Descartes „löst“ kein Problem, sondern versucht sich seinen „Glauben“ philosophisch zurechtzuschwindeln.
Das „Problem der Wirklichkeitsbeurteilung“ ist für uns bereits wachstumstechnisch durch den zentralen Mechanismus im Gehirn gelöst.
Kein neugeborener Mensch könnte heranwachsen, wenn man ihm zuerst beibringen müsste, wie er Wirklichkeit identifizieren soll. Er würde gar nicht auf einen anderen Menschen reagieren können (-> siehe Kätzchenexperiment)

closs hat geschrieben:an Salome23:
Woher kommen andere Leute in Träume, die eigenständig agieren?
Im Traum spielt das Gehirn Bedeutungssituationen durch.
Wer davon ausgeht, dass das Gehirn die Situationen im Detail generiert und dann „präsentiert“, der liegt meiner Meinung nach einer Illusion auf.
Die „phänomenalen Bedeutungen“ funktionieren nicht dadurch, dass sie tatsächlich vorliegen, sondern dadurch, dass eine Reaktion abläuft, als lägen sie vor – das ist ein gewaltiger Unterschied.
Es gibt somit keine „eigenständig agierenden Personen“ im Traum, sondern nur die Zusammenhangsreaktion, als ob dieser Inhalt da wäre. Genau diese Reaktion wird im Traum „gestestet“ - mehr nicht.
Zudem verhindert das Gehirn, dass im Traum tatsächliche Körperreaktionen stattfinden. Also auch hier hat das Gehirn die volle Kontrolle und auch den „Überblick“.

closs hat geschrieben:Das heisst nicht, dass nicht-naturalistische Aussagen DESHALB richtig seien, weil sie nicht nachweisbar sind (das wäre wirklich albern) - aber sie können auf richtig Reales hinweisen, wenn sie authentisch sind.
Wem soll so eine Aussage etwas bringen?

Für jede Spinnerei gilt: wenn etwas Stimmiges enthalten ist, dann ist dieser Anteil vernünftig.

Zitat-closs: „Konkret: WENN es Gott gibt, ist er real

„Gott“ ist nur die Frage aus dem Schöpfungsverdacht – mehr nicht.
„Gott“ ist keine Hypothese, deren „reales Vorhandensein“ man einschätzen könnte – es fehlt komplett ein Inhalt.

closs hat geschrieben:Wären diese Grundlagen hier auf dem Forum verstanden, könnten wir ganz anders miteinander reden.
Ja, wir könnten dann eine persönliche Beziehung zu einem 2m grossen Kaninchen namens „Harvey“ aufbauen…

Anton B.
Beiträge: 2792
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 16:20

#1306 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Anton B. » Do 14. Apr 2016, 16:32

Josi hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Hier irrst Du Dich: Die Setzung am Anfang kriegst Du nicht weg.
Falsch! Du kriegst die von vorausgegangen menschlich vorgenommenen Setzungen nicht weg bzw. aus deinem Kopf, darum Du dich mit diesem Satz ständig als Opfer einer Ideolgie ausweist.
Und aus keinem anderen Grund schrieb ich: Schließe nicht von dir aus auf Andere!
Das ist unverschämt dreist!
Das ist zum einen dreist vom closs, zum anderen auch unzutreffend. Darauf haben Wissenschaftstheoretiker mit zig Beispielen, wo wir auch Wahrnehmungen nicht als "real" nehmen, längst hingewiesen. Gerade die moderne Physik liefert da wunderbare Beispiele.

Und "Wissen" hat ZWEI Grundlagen! Eine definitionsbedingte und eine pragmatische. Die definitionsbedingte rekurriert auf den Wissens-Begriff der Philosophie. Die andere Grundlage ist der offensichtliche Erfolg, der Nutzen im Gebrauch der dem Wissensbegriff genügenden Erkenntnisse.

Und nur dieser Erfolg ist hinreichend für unsere Akzeptanz von "Wissen" sensu philosophischer Wissensbegriff: Wäre diese Nutzbarkeit nicht da, existierte die Definition für Wissen noch immer, nur schert es dann niemanden. Dann würde sich ein closs heute über einen anderen Terminus mit einem anderen Inhalt echauffieren.

Vielleicht zum Beispiel über "Esoterik": Wenn die esoterischen Erkenntnisse so dolle wären, dann laufen zur Lagerstättensuche keine Geologen mehr durch die Gegend, werden keine teuren geologischen Prospektionen durchgeführt, sondern Pendler führen ihr Arbeitswerkzeug über topographische Karten. Und closs erschließt sich die epochale Erkenntnis: "Pendeln beruht auf der Setzung, dass dieses Pendeln authentisch ist!"

Kurzum: Der Erfolg der Wissenschaften beruht auf keiner willkürlichen Setzung, Das, was als "Setzungen" erscheint ist vor dem Hintergrund der Frucht- und Nutzbarkeit verhandelbar, sind sind somit keine Setzungen. Und dass der Mensch Nutzbares möchte, mit dem er seine Situation verbessern kann, lässt sich wiederum rechtfertigen.

Nur ist Wissen nicht darüber hinaus, mit Bezug auf eine hinter allem stehenden "wahren Wahrheit", "wahren Wirklichkeit" oder wie immer es zu nennen ist, begründbar.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1307 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Do 14. Apr 2016, 17:21

Josi hat geschrieben:angestoßen von untersuchbaren Wirklichkeiten / Objekten / Realitäten
Du Witzbold - wäre die Natur nur eine Vorstellung, wären die reaktiven Folgen dieselben. - Für Descartes war jedoch wichtig, dass er nicht seine Vorstellungen untersucht, sondern die Natur selbst - und das geht nur dann, wenn er einen "wohlwollenden Gott" annimmt (heute würde man es anders nennen).

Josi hat geschrieben:Nicht Ideen (Geist/Geister/Gespenster) erzeugen Wirklichkeiten (Substanz), sondern Wirklichkeiten (Substanzen) ermöglichen Ideen
Das ist eine ehrenhafte weltanschauliche Aussage - sonst nichts. - Aber darum geht es doch gerade: Kann Wahrnehmung entscheiden, ob es so rum oder anders rum ist? Kann sie prinzipiell NICHT - das ist doch gerade der Gag.

Josi hat geschrieben:Und egal, welcher Rhetorik Du dich bedienst, bleibt Fakt, dass sogar für Affen Bananen existieren, und das völlig unabhängig von Affenhirnen erzeugten Setzungen.
Sie existieren für den Affen in BEIDEN Fällen genauso - verstehst Du?

Josi hat geschrieben:definiere erst mal Gott
"Aufhebung der Dialektik" - das ist meine Lieblings-Definition. :lol:

Josi hat geschrieben:Und aus keinem anderen Grund schrieb ich: Schließe nicht von dir aus auf Andere!
Das hat weder etwas mit Dir noch mit mir zu tun.
Wir können schließen, was wir wollen - es ändert nichts. - Selbst wenn wir affenartig rumrennen würden, würde sich nichts ändern.

Josi hat geschrieben:Mit dem "Cogito" allein >GLAUBTE< ...!
Das "Cogito" ist das Einzige, was der Mensch wirklich "weiss", weil in ihm Subjekt und Objekt identisch sind - dies gilt für nichts anderes.

Josi hat geschrieben:Und wenn doch, was würde aus dir werden, wenn ich deine Nicht-Existenz setze?
Du missverstehst, dass es nicht die Setzungen sind, die etwas ändern - Setzungen ändern nichts. - Setzungen sind Folge von Erkenntnis - völlig unabhängig von dem, was ist.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#1308 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Pluto » Do 14. Apr 2016, 17:35

closs hat geschrieben:Für Descartes war jedoch wichtig, dass er nicht seine Vorstellungen untersucht, sondern die Natur selbst
Eben.
closs hat geschrieben:und das geht nur dann, wenn er einen "wohlwollenden Gott" annimmt (heute würde man es anders nennen).
Das war eine unnötige Prämisse. Wie die Wissenschaft spätestens seit Darwin weiß, kann man auch ganz ohne Gott die Natur untersuchen — es klappt sogar hervorragend. ;)

closs hat geschrieben:
Josi hat geschrieben:Nicht Ideen (Geist/Geister/Gespenster) erzeugen Wirklichkeiten (Substanz), sondern Wirklichkeiten (Substanzen) ermöglichen Ideen
Das ist eine ehrenhafte weltanschauliche Aussage - sonst nichts. - Aber darum geht es doch gerade: Kann Wahrnehmung entscheiden, ob es so rum oder anders rum ist? Kann sie prinzipiell NICHT - das ist doch gerade der Gag.
Wahrnehmung allein kann das nicht. Aber mit Hilfe der Erkenntnisse aus der modernen Informatik kann man zeigen, dass eine konstruierte Welt sehr schnell an der Vielfalt der Möglichkeiten scheitert (die Zahl der Möglichkeiten überschreitet die angenommene Zahl der Atome im Universum).
Und dann bleibt immer noch zwei Fragen unbeantwortet: Wer soll diese "Matrix Umgebung" geschaffen haben, und warum?

closs hat geschrieben:Sie existieren für den Affen in BEIDEN Fällen genauso - verstehst Du?
Nochmals... eine konstruierte Welt scheitert an der Vielfalt der Möglichkeiten.

closs hat geschrieben:
Josi hat geschrieben:definiere erst mal Gott
"Aufhebung der Dialektik" - das ist meine Lieblings-Definition. :lol:
Nur... was diese Definition bedeutet, konntest du bisher weder glaubhaft erklären noch begründen.

closs hat geschrieben:
Josi hat geschrieben:Mit dem "Cogito" allein >GLAUBTE< ...!
Das "Cogito" ist das Einzige, was der Mensch wirklich "weiss", weil in ihm Subjekt und Objekt identisch sind - dies gilt für nichts anderes.
Das hatten wir schon. Richtiger wäre: Ich bin, also denke ich.

closs hat geschrieben:Du missverstehst, dass es nicht die Setzungen sind, die etwas ändern - Setzungen ändern nichts. - Setzungen sind Folge von Erkenntnis - völlig unabhängig von dem, was ist.
Warum setzt du dann die ganze Zeit?
In der Wissenschaft wird modelliert und beobachtet, aber nicht gesetzt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1309 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von closs » Do 14. Apr 2016, 17:36

sven23 hat geschrieben:Das ist eine Position des methodischen Atheismus.
Der ja erst mal durchaus sinnvoll ist. - Aber er macht dann keinen Sinn mehr, wenn das Objekt Gott ist.

sven23 hat geschrieben:eine Forschung, die sich eines wissenschaftlichen Methodenapparates bedient kommt zu diesen Ergebnissen.
Durchaus folgerichtig gedacht. - Aber das hieße doch, dass man mit Wissenschaft nichts Substantielles zur Bibel aussagen kann.

Genau so haben wir es zu meiner Studienzeit gehandhabt:
HKM ist, wenn man Quellen, Rezeptionen, Sprache, Zeitgeschehen untersucht. - Was war diesbezüglich im Falle Goethe, Jesus, Mozart, etc. - Wir sind dabei zu wirklich guten Ergebnissen gekommen - ABER: Wir wären nie auf die Idee gekommen, DARAN ein Stück von Goethe, einen Gedanken von Jesus oder eine Oper von Mozart zu messen, weil das Geistige damit nicht messbar ist.

Mir fällt da gerade eine Sache ein, die wir in Musikwissenschaft gemacht haben: Schuberts "Schwanengesänge" - das sind seine letzten Gesänge, die er kurz vor seinem frühen Tod geschrieben hat (ich meine, wenige Wochen davor - jedenfalls im Bewusstsein, dass er sterben würde).

EIN Stück davon heisst "Abschied" und ist KEIN düsteres Werk, sondern beschreibt jemanden, der fröhlich zu Pferde seine Stadt verlässt:
"Ade! du muntre, du fröhliche Stadt, ade!
Schon scharret mein Rößlein mit lustigen Fuß;
Jetzt nimm noch den letzten, den scheidenden Gruß.
Du hast mich wohl niemals noch traurig gesehn,
So kann es auch jetzt nicht beim Abschied geschehn".


In diesem Stück wird eine schöne/fröhliche Situation nach der anderen beschrieben - ganz am Ende kommt von irgendwoher ein Wahnsinns-Wehmuts-Motiv, als würde er sich von seinen ungelebten Sehnsüchten verabschieden - und schon kommt wieder das lustige Pferde-Getrappel unten im Bass.

Diesen eben geschriebene Satz kann die HKM nicht erfassen - aber er ist die Hauptsache, die der geistige Mensch sofort merkt - trotzdem ist die HKM wichtig, weil man durch sie erfährt, dass dies kein Stück eines pubertierenden Ausreißers in die große weite Welt ist, sondern eines Abschieds in den Tod.

Insofern kann ich mit Deiner Definition von HKM leben - aber eben bitte ohne inhaltliche Kommentare zu der Hauptsache der Bibel, die nur geistig erfassbar ist. - Und dazu gehören auch Sätze wie "Jesus hatte SELBST eine Naherwartung" (stellt sich geistig ganz anders dar) und "Jesus ist nicht leiblich auferstanden" - denn "wir" wissen dies mit hoher wissenschaftlicher Wahrscheinlichkeit. - Nein - Schwachsinn - Grenzüberschreitung.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#1310 Re: Alles Teufelszeug? II

Beitrag von Pluto » Do 14. Apr 2016, 17:42

closs hat geschrieben:EIN Stück davon heisst "Abschied" und ist KEIN düsteres Werk, sondern beschreibt jemanden, der fröhlich zu Pferde seine Stadt verlässt:
"Ade! du muntre, du fröhliche Stadt, ade!
Schon scharret mein Rößlein mit lustigen Fuß;
Jetzt nimm noch den letzten, den scheidenden Gruß.
Du hast mich wohl niemals noch traurig gesehn,
So kann es auch jetzt nicht beim Abschied geschehn".


In diesem Stück wird eine schöne/fröhliche Situation nach der anderen beschrieben - ganz am Ende kommt von irgendwoher ein Wahnsinns-Wehmuts-Motiv, als würde er sich von seinen ungelebten Sehnsüchten verabschieden - und schon kommt wieder das lustige Pferde-Getrappel unten im Bass.

Diesen eben geschriebene Satz kann die HKM nicht erfassen - aber er ist die Hauptsache, die der geistige Mensch sofort merkt
Ich verstehe nicht was das mit Geist zu zu tun hat. Warum sollte nicht ein in der Musik versierter Wissenschaftler so was nicht merken oder verstehen können?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Antworten