Warum läßt Gott so viel Leid zu?

R.F.
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#131 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von R.F. » Do 13. Jun 2013, 21:22

closs hat geschrieben: - - -
So ist es: Deshalb ziehe ich vor, Sünde lakonisch als Abwendung von Gott zu bezeichnen - allein die Vektor-Richtung. - Das was daraus folgt, ist das, was üblicherweise wertend mit "Sünde" gemeint wird.
- - -
Jawoll. Und die Definition dieses Johannes interessiert uns überhaupt nicht... :shock:

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Naqual
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#132 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von Naqual » Do 13. Jun 2013, 22:37

R.F. hat geschrieben:
Naqual hat geschrieben: - - -
Das Interessante ist, dass es in der Christenheit keine umfassende Definition von Sünde gibt, die aus der Sache selbst heraus bestimmbar ist.
(Sünde als Ungehorsam gegenüber Gott ist keine Definition, sondern ein Weitergeben der Kernfrage: "Sag Du doch mal Gott, was Sünde ist")

Dass Johannes irgendetwas klar macht, was Sünde denn nun sei, wenn es die Übertretung von Gesetzen ist, glaube ich auch nicht. Welche Gesetze denn nun? Das mosaische? Das Gesetz Jesu?
- - -
Wenn auch viele Christen das Gegenteil glauben: Selbst Paulus hat kein gesetzesfreies Evangelium vertreten. Es führt kein Weg an der Einsicht vorbei, dass nahezu alle alttestamentlichen Ge- und Verbote nach wie vor verbindlich sind. Man muss die neutestamentlichen Texte arg verbiegen, um zur gegenteiligen Ansicht zu gelangen...

Die Urgemeinde (zumindest soweit vertreten von Aposteln und Paulus) standen auf dem Standpunkt, dass das Gesetz FÜR JUDEN weitergilt. Christen, die nicht von Abraham abstammen, brauchen sich dieses "Joch" nicht auferlegen.
Damit ist aber das mosaische Gesetz nicht weiter hilfreich für das, was Sünde nun im allgemeinen sein soll.
Es gibt ein paar Ausführungen zu dem was Sünde in kleineren Gruppen von typisierten Einzelfällen (!) für einen Juden oder Jüdin sein kann.
Und die Juden selbst kamen mit dem puren Gesetz auch nicht klar. Deswegen auch die mündliche Auslegungstradition, die schließlich fixiert wurde. Und die Betroffenen selbst konstatieren, dass man das pure Gesetz, wie es im Pentateuch steht, gar nicht verstehen könne, sondern dafür den Talmud bräuchte.
Klarheit, was Sünde ist, schaut anders aus.

Ich habe kein Problem damit Johannes sehr ernst zu nehmen. Du müsstest mir nur mitteilen, wie er bei der Fragestellung, was den nun Sünde allgemein sei, hilfreich ist. Das dürfte schwer sein, denn er verwendet den Begriff "Gesetz" abstrakt ohne nähere Präzisierung. - Auf Grund welcher Gesetze unterscheidest Du nun Sünde von Nichtsünde?
Wenn ich Dir typische Problemstellungen aus dem Alltagsleben von Christen nehme, kannst Du dann klar entscheiden aufgrund einer substanziell fassbaren Formulierung, ob etwas Sünde ist oder nicht?

Ich persönlich kann für mich nur feststellen, dass ich vom Baum der Erkenntnis zur Unterscheidung des Guten und Bösen im Gegensatz zu Adam und Eva noch nicht genascht habe. Ich halte es sogar für unmöglich hier präzise und immer differenzieren zu können.

Was ich unterscheiden kann, ist nur die Motivation von Gefühlen, Gedanken und Taten, nicht ihre Folgen, ob sie tatsächlich auch zum Guten führen. Denn Prophet bin ich nicht.
Ich kann z.B. sagen, der oberste Grundsatz ist die Nächstenliebe (die Gottesliebe lassen wir jetzt nur zur Vereinfachung außen vor). Solange man in der Nächstenliebe ist, würde man nicht sündigen. Nächstenliebe konkretisiert sich darin, dass ich dem anderen Gutes will, auch wenn es mir was kostet. Damit kann ich meine Motivation prüfen und sagen, sie ist von Nächstenliebe geprägt oder auch nicht. Ob sie aber zum Guten führt, vermag ich nicht zu sagen. Denn das Gute kann ich allgemeingültig ebenfalls nicht definieren. Ich kann mir nur was vorstellen, ob es so ist weiß ich nicht gewiss. Also wenn ich dem anderen etwas tue, dass er sich danach angenehm fühlt, dann hätte ich ein mögliches Kriterium. Das ist aber schnell weg, wenn ich bemerke, dass Angenehmes für eine Person auch von Übel sein kann und Unangenehmes sogar gut und förderlich.
Ist es nun beispielsweise Sünde, wenn die Motivation stimmt (von Nächstenliebe geprägt ist) und die Ergebnisse des Handelns dann zu massiven schlimmen Folgen für den Betroffenen führen?

closs
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#133 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » Do 13. Jun 2013, 22:47

R.F. hat geschrieben: Und die Definition dieses Johannes interessiert uns überhaupt nicht...
Selbige ist die Konsequenz aus dem Ursinn des Begriffs - wo ist da das Problem?

Naqual hat geschrieben:Ich persönlich kann für mich nur feststellen, dass ich vom Baum der Erkenntnis zur Unterscheidung des Guten und Bösen im Gegenatz zu Adam und Eva noch nicht genascht habe.
Natürlich hast Du das. - Jeder nach dem Sündenfall Geborene hat das. - Aber das ist eben keine bewusste Tat, sondern (siehe oben) ein Vektor.

Naqual hat geschrieben:Ist es nun beispielswise Sünde, wenn die Motivation stimmt (von Nächstenliebe geprägt ist) und die Ergebnisse des Handelns dann zu massiven schlimmen Folgen für den Betroffenen führen?
Wenn man "gut" und "böse" ausschließlich als moralische Größen versteht, kommt man grundsätzlich in die Bredouille.

Aber um Deine Frage zu beantworten:
Wenn Du Husten hast und ich Dir Hustensaft geben will, aber jemand die Flaschen falsch etikettiert habe und Dir Gift gegeben habe und Du stirbst, stehe ich (diesbezüglich) vor Gott als gut. - Wenn ich Dich erschießen will, die Pistole an Deine Schläfe setze und abdrücke, aber irgendwas klemmt, stehe ich vor Gott als Mörder.

Intention (Ausrichtung, Vektor!) und Tat sind spirituell gesehen gegenseitig vollkommen autonome Größen.

barbara
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#134 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von barbara » Fr 14. Jun 2013, 06:47

Naqual hat geschrieben: Dass Johannes irgendetwas klar macht, was Sünde denn nun sei, wenn es die Übertretung von Gesetzen ist, glaube ich auch nicht. Welche Gesetze denn nun? Das mosaische? Das Gesetz Jesu?


Das göttliche Gesetz. Das Jesus formuliert hat als: "Liebe Gott von ganzem Herzen, liebe deinen Nächsten wie dich selbst."

nun, die Gottesliebe ist abstrakt, aber sich selbst und den Nächsten zu lieben, das ist einfach zu erkennen, ob das gerade passiert oder nicht. Siehe das Beispiel mit dem Samariter. Wer ehrlich ist zu sich selbst und andern, wird ohne grössere Probleme beurteilen können, ob ein Verhalten gerade in Liebe geschieht, oder auf andere Weise (zB als Paragrafenreiterei aus Prinzip)



Und was bedeutet das dann konkret? Ist es z.B. Sünde am Sonntag verkaufsoffen zu haben? Ist es Sünde, ein Kind abzutreiben, das mit schwersten genetischen Defekten geboren würde, und nach für es sehr schmerzhaften Monaten schließlich qualvoll verenden würde?

Hier muss das Gewissen des Einzelnen im Einzelfall abwägen und eine Entscheidung treffen, nach bestem Wissen und Gewissen.

Wie heisst es so schön im Faust: "Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen" - wer immer tut, was im aktuellen Stand des Wissens das Richtige ist, wird meist gar nicht so falsch liegen.


Der Zustand von Zweifel, Angst, Unsicherheit und innere Zerissenheit als Indikator für Sünde ist allerdings auch zweifelhaft:
Das Kind in einem Stamm von Menschenfressern wird vielleicht weniger wegen der Fleischsorte unsicher werden, als wenn es seinen Teller nicht ganz aufgegessen hat, wo doch der Papa so lange gejagt hat dafür.
Das "Gewissen" ist ein rein gesellschaftlich anerzogenes Ding. Meist zum Guten, muss aber nicht sein.

Wo Kannibalismus tatsächlich praktiziert wird, geschieht dies in einem definierten rituelle Rahmen, und ja, dort erzeugt das Essen von Menschenfleisch kein schlechtes Gewissen. Es gibt auch keinen Grund dazu.

Es sind unterschiedliche Gesellschaftsordnungen nötig, aber auch unterschiedliche Gesellschaftsordungen sinnvoll, je nach Kontext der Gesellschaft - je nach Klima, Art der Ernährung, Stand der Technik, sozialer Organisation etc.

Gewissen zeigt sich allerdings immer dann am Klarsten, wenn es darum geht, die offizielle Gesellschaftsordnung aus einem guten Grund zu missachten - wo man die Liebe über die Gesellschaftsordnung stellt.

grüsse, barbara

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sven23
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#135 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Fr 14. Jun 2013, 19:28

Leider konnte ich der Diskussion aus zeitlichen Gründen nicht folgen, habe aber einen Teil überflogen. Bisher ist mir aber keine Annährerung an die eigentliche Fragestellung ersichtlich geworden.

"Wo war Gott in Auschwitz", ist nicht beantwortet. Warum nutzt ein allmächtiger Gott nicht seine Allmacht, um Leid zu verringern? Ja im Gegenteil, der Gott der Bibel vergrößert noch das Leid der Menschen.

Die führt zu einer weiteren Frage: Ist angesichts der Hilfeverweigerung Gottes beten um Verminderung von Leid eine sinnvolle Option?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#136 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von barbara » Fr 14. Jun 2013, 19:39

sven23 hat geschrieben: "Wo war Gott in Auschwitz", ist nicht beantwortet.

Da er allgegenwärtig ist: überall.


Warum nutzt ein allmächtiger Gott nicht seine Allmacht, um Leid zu verringern?

Tut er doch. Wenn das Leid zu gross wird, gibt es eine Tür nach draussen: den Tod. Oder, wenn der Tod nicht möglich ist: der Wahnsinn.

Tod ist nichts Schlimmes und nichts, das um jeden Preis vermieden werden muss. Tod ist auch keine Strafe. Es ist lediglich ein Übergang in eine andere Form von Existenz. Ein Ausweg aus dem Leid.



Ja im Gegenteil, der Gott der Bibel vergrößert noch das Leid der Menschen.

öh - wie denn? :shock:


grüsse, barbara

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sven23
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#137 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Fr 14. Jun 2013, 20:17

barbara hat geschrieben:
Da er allgegenwärtig ist: überall.

Wem nutzt es, wenn er nur als Zuschauer dabei ist?


barbara hat geschrieben: Tut er doch. Wenn das Leid zu gross wird, gibt es eine Tür nach draussen: den Tod. Oder, wenn der Tod nicht möglich ist: der Wahnsinn.

Ist das nicht sehr zynisch?


barbara hat geschrieben: öh - wie denn? :shock:

Die Sintflut ist das herausragende Beispiel, aber auch viele andere Aufrufe zu Grausamkeiten und Gewalttaten, Abrahams Mordopfer usw.
Die einschlägigen Bibelstellen sind wohl bekannt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#138 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von R.F. » Fr 14. Jun 2013, 20:24

sven23 hat geschrieben:Leider konnte ich der Diskussion aus zeitlichen Gründen nicht folgen, habe aber einen Teil überflogen. Bisher ist mir aber keine Annährerung an die eigentliche Fragestellung ersichtlich geworden.

"Wo war Gott in Auschwitz", ist nicht beantwortet. Warum nutzt ein allmächtiger Gott nicht seine Allmacht, um Leid zu verringern? Ja im Gegenteil, der Gott der Bibel vergrößert noch das Leid der Menschen.
Es wäre ehrlich, mein lieber Sven, wenn Du zugeben würdest, dass Du die richtige Antwort auf Deine Frage nichts wissen willst. Du bestehst nach wie vor auf dem Gottesbild des “offiziellen” Christentums - und das deckt sich mit dem biblischen nicht. Die wahrscheinlich zutreffende Antwort auf die Frage, warum der Souverän den Holocaust nicht verhindert hat, gebe ich hier allerdings nicht...

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sven23
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#139 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von sven23 » Fr 14. Jun 2013, 20:41

R.F. hat geschrieben: Es wäre ehrlich, mein lieber Sven, wenn Du zugeben würdest, dass Du die richtige Antwort auf Deine Frage nichts wissen willst. Du bestehst nach wie vor auf dem Gottesbild des “offiziellen” Christentums - und das deckt sich mit dem biblischen nicht. Die wahrscheinlich zutreffende Antwort auf die Frage, warum der Souverän den Holocaust nicht verhindert hat, gebe ich hier allerdings nicht...

Erstens: Was ist die richtige Antwort?
Zweitens: Warum willst du sie uns verschweigen, wenn du sie kennst?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#140 Re: Warum läßt Gott so viel Leid zu?

Beitrag von closs » Fr 14. Jun 2013, 20:54

sven23 hat geschrieben: Bisher ist mir aber keine Annährerung an die eigentliche Fragestellung ersichtlich geworden.
Da lies nochmal genau - Stichwort: "Gott als Beistand im Leiden" und "Dasein als Sekundärebene menschlicher Existenz"

sven23 hat geschrieben:Die Sintflut ist das herausragende Beispiel
Wurde schon besprochen (s.o.)

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