closs hat geschrieben:Es hat primär nichts mit MEINEN Dingen zu tun, sondern mit gut 1500 Jahren europäischer Kultur-Geschichte, der ich inhaltlich nah genug bin, um sie verteidigen zu können.
Es ist bezeichnend, wenn du nur 1500 Jahre europäischer Kultur-Geschichte anführst, denn du meinst offenbar
christliche Kulturgeschichte. Deine Rückrechnung beginnt also im Jahre 516 nach unserer Zeitrechnung. Die tausend Jahre griechische Philosophie davor, die bereits wesentlich weiter war, als die dann folgende christliche Philosophie, bleibt außen vor. Deine Rechnung geht aber auch zu weit, denn ab der Neuzeit, die man mit Descartes beginnen lassen kann, löst sich die Philosophie zusehends von ihrer christlichen Gängeleung, was dann in der Aufklärung ihren Abschluss findet im
"etsi deus non daretur" (
"auch, wenn es Gott nicht geben sollte").
Closs, du bist in deinen Ansichten Scholastiker, aber die Scholastik wurde philosophiehistorisch überwunden, - und das war gut so!
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben: Aber auch der stützt sich niemals auf höhere geistliche subjekte Einsichten, wie du das tust, sondern auf die Überzeugungskraft dessen, was er schreibt.
Dann ist es halt so -
heute kann Spirituell-Geistiges nur über die Hintertür kommen, weil das Hauptportal verschlossen ist.
Und es ist deinem glaubensgebundenen Ansinnen philosophisch zumindest völlig zu recht heute verschlossen. Die religiösen Glaubensgrundlagen der Philosophie in der Scholastik sind heute nicht mehr möglich, weil sie sich als größtes Hemnis unabhängiger wissenschaftlicher Philosophie erwiesen haben.
closs hat geschrieben:
Das gilt auch für die Qualia - ein verzagter und gleichzeitig guter Versuch zu erkennen, dass der Mensch nicht nur die Summe seiner neuronalen Aktivitäten ist - bravo (dafür bist ja auch Du ein erfreulicher Beleg). - Nur: Die nächste Frage wäre die erste Frage: Wie kann man das begründen? - Nicht "begründen" im Sinne von "Wir beobachten, dass ...", sondern philosophisch-ontologisch im Sinne von "Wenn nicht durch Materie, wodurch denn dann?"
Die gesamte hoch-komplizierte Körper-Geist-Diskussion kreist gerade um die Frage, ob es eine Erklärungslücke gibt zwischen mentalen und intentionalen Zuständen einerseits und ihren physikalischen und neuronalen Grundlagen andererseits. Alle Modelle, die in der body-mind-Diskussion entwickelt worden sind und werden, versuchen genau diese Frage philosophisch plausibel zu erklären.
Dein "Geist" meint aber gar nicht geistige (also mentale) Zustände des Gehirns. Dein "Geist", den du postulierst ist ein objektiv-metaphysischer Geist, ein Gott und/oder hl. Geist. Das ist wiederum etwas ganz anderes. Dieser Geist, den du meinst, der ist mit der Aufklärung bereits verschwunden.
closs hat geschrieben:Bekennen würde ich mich zu "Ancilla ontologiae" - im WÖRTLICHEN Sinn in der gar nicht schlechten Definition von wik:
"Die Ontologie befasst sich mit einer Einteilung des Seienden und den Grundstrukturen der Wirklichkeit und der Möglichkeit. Dieser Gegenstandsbereich ist weitgehend deckungsgleich mit dem, was nach traditioneller Terminologie „allgemeine Metaphysik“ genannt wird".
Du scheinst die Ontologie für ein Spielfeld zu halten, in dem du behaupten kannst, was du willst und es wäre zu akzeptieren allein dadurch, dass du etwas behauptest. Dem ist natürlich nicht so! Jeder, der Entitäten behauptet, muss natürlich
vernünftig-plausibel belegen können, warum es gerechtfertigt ist, genau diese ontologischen Annahmen zu machen.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:Gerade aufgrund ihres Selbstverständnisses, können die Natur- und Geisteswissenschaften prinzipiell ALLES untersuchen.
Aber doch nur soweit substantiell, soweit es mit den EIGENEN Prämissen kompatibel ist. -
Was? Eine Wissenschaft kann alles das erforschen, wozu sie wissenschaftliche Methoden bereitstellt, um es erforschen zu
können. Die Philosophie kann jederzeit die Berechtigung ontologischer Annahmen erforschen, nämlich mit den Mitteln vernünftig begründender Argumentation. Wenn jemand nicht vernünftig begründen kann, warum er diese und jene ontologsichen Annahmen macht, dann ist er raus aus dem philosophischen Spiel. So, wie du eben, weil du deine Annahmen nicht begründen kannst.
closs hat geschrieben:
Ein persönliches Wort:
Sobald Du den Käfig Deines Philosophie-Verständnisses verlässt, wirkst Du extrem geistig und authentisch (menschliche Aussagen - Aussagen über Musik - ect.). - Sobald Du Deinen Heimat-Urlaub beendest, bist Du wieder in der "Firma" und vertrittst deren Corporate Identity.
Was du als "Käfig meines Philosophieverständnisses" bezeichnest, sind nichts anderes als die Minimalstandards von Philosophie hinsichtlich der Begründungspflicht ontologischer Annahmen und einer rationalen Argumentation.
closs hat geschrieben:Thaddäus hat geschrieben:DU musst nachweisen, warum dein chrislticher Gottesbegriff ontologisch relevanter sein soll als Odin oder der Oberschlumpf.
Siehe oben - ich fühle mich, wenn überhaupt, nur unter höchsten Anstrengungen in der Lage, mein Erkenntnis-Sediment noch mal so aufzudröseln, dass daraus 1500 Jahre Geistesgeschichte erblühen - ich finde, es ist auch etwas viel verlangt.
Es ist eine zentrale Anforderung an eine sich selbst als christlich verstehende Philosophie, überzeugend darlegen zu können,
warum ausgerechnet der christliche Gott der wahre Gott sein soll und nicht z.B. der muslimische oder die Götter des Hinduismus, die altägyptische Götterlehre oder die skandinavische Götterlehre mit ihrem Obergott Odin. Wenn du das nicht plausibel und überzeugend darlegen kannst, dann kannst du sowieso einpacken ...