Savonlinna hat geschrieben:
Jeder Mensch dieser Erde hat das Recht, zu philosophieren.
Egal, wie er es tut - er hat ein verbürgtes Recht dazu.
Das ist keineswegs übergriffig - auch die Philosophie ist keine mentale Diktatur, aus der man unbötige Mitglieder rausschmeißen kann.
Kommt mal bitte auf den Teppich zurück.
Natürlich darf jeder Mensch Philosophieren, dies fällt schon unter die freie Meinungsäußerung.
Die akademischen Philosophen entscheiden aber durch ihre kritischen Reaktionen auf bestimmte als philosophisch vorgetragene Behauptungen, Hypothesen, Modelle und Theorien, ob diese überhaupt philosophischen Ansprüchen genügen. Manche betrachten Rudolf Steiner als Philosophen. Die akademische Philosophie tut das mit guten Gründen nicht. Manche glauben auch, Esoterik sei Philosophie. Die akademische Philosophie grenzt sich aber mit guten Gründen gegenüber der esoterischen Übergriffigkeit auf ihren Bereich scharf ab. Der katholische Philosoph Robert Spaemann gilt auch in der akademischen Philosophie als Philosoph, weil seine Philosophie den philosophischen Qualitätsstandards grundsätzlich entspricht. Gleichwohl nimmt er innerhalb der neueren Philosophie wegen seiner Glaubensgebundenheit als Philosoph einen Exotenstandpunkt ein. Als ebenso exotisch wird andererseits aber auch der eliminative Materialismus von Paul und Patricia Churchland angesehen, die nun gewiss nicht in Verdacht stehen, ihre Philosophie irgendwelchen religiösen Überzeugungen zu unterwerfen. Sie sind Exoten mit ihrer Theorie, weil die so radikal ist, dass sich zahllose sehr gute Einwände gegen sie erheben lassen und sie darum keine große Überzeugungskraft entwickelt.
Innerhalb der deutschen Philosophie spielt eine
christliche Philosophie praktisch keine Rolle mehr, weil glaubensgebundene Philosopheme, die auf religiöse wahrheitsgarantierende Instanzen rekurrieren, heute von praktisch keinem Philosophen, außer vielleicht den katholischen, mehr akzeptiert werden.
Übergriffig sind closs' Ansichten gegenüber der Philosophie, weil er Philosophie als etwas bestimmen und neu definieren will, was sich der Kritik an diesen seinen Ansichten gefälligst enthalten solle. Im Gegenteil soll Philosophie dazu dienen, seinen völlig unbegründeten ontologischen Setzungen eine Art philosophisch-wissenschaftlichen Segen zu erteilen. Den bekommt er aber nicht.
Um es nochmals in aller Deutlichkeit zu sagen: Ob ihm das bewusst ist oder nicht, will closs die Philosophie letztlich für seine Zwecke missbrauchen, denn sie soll einerseits seine privaten Glaubensansichten bestätigen und andererseits diese nicht kritisieren dürfen!
Genau von solcher religiös-ideologischer Übergriffigkeit mussten sich die Philosophen erst langwierig wieder emanzipieren, nachdem das Christentum die hohe Qualität und das hohe Niveau der hellenistischen Philosophie nachhaltig für über 1000 Jahre zerstört hatte und die Philosophie buchstäblich zur dienstbaren Magd der Theologie gemacht hatte.
Savonlinna hat geschrieben:
Ihm das zu untersagen, halte ich für hochbedenklich und zeigt mir den Fanatismus, der offenbar überall lauert, wo der Neu-Atheismus im Spiel ist.
Ich untersage closs doch nicht, seine Meinungen zu äußern und das selbst als Philosophie anzusehen. Ich zeige ihm lediglich auf, warum seine unbegründeten Ansichten eben keine Philosophie sind, denn sie genügen offensichtlich nicht einmal den philosophischen Mindestansprüchen (plausibel seine ontologischen Annahmen zu begründen und sich nicht auf höhere Weisheit und Einsicht zu berufen). Abgesehen davon bin ich keine Neu-Atheistin!
Savonlinna hat geschrieben:
Wenn closs fordert, dass man sich auch philosophische Gedanken darüber machen darf über Gott und seine Präsenz beim Philosophieren, dann kann er damit entweder durchdringen oder nicht. (...)
Damit wäre dann sein philosophischer Entwurf der Gemeinschaft zur Diskussion gestellt und wäre ein Teil des philosophischen Diskurses.
Wenn das Ganze undurchdacht ist - was ich persönlich so sehe -, dann wird das auch keinen Platz im philosophischen Diskurs bekommen..
Wir führen bereits hier an dieser Stelle einen philosophischen Diskurs.
Savonlinna hat geschrieben:
Ein Philosoph wird das ja wohl noch gelassen abwarten können, statt dass er einem Menschen das Menschenrecht rauben will, frei Gedanken zu äußern.
Komm' mal wieder auf den Boden zurück, liebe Savonlinna. Menschrechte kann man nicht absprechen, sonst wären es ja keine Menschenrechte. Die hat man, wenn man ein Mensch ist.
Closs' Ansichten zu kritisieren und deutlich zu machen, worin die Übergriffigkeit seines Ansinnens besteht, heißt ja wohl nicht, ihm seine Menschenrechte abzusprechen. Wenn er diese Kritik zurückweisen möchte, dann sollte er vielleicht einfach 'mal damit anfangen, plausibel zu begründen und nicht einfach seine Standpunkte zu wiederholen. Ich warte noch immer auf eine Begründung, inwiefern seine Behauptung doppelter Wahrheiten nicht offensichtlich dazu führt, dass man damit
beliebige Behauptungen zu Wahrheiten erklären kann, womit Wissenschaft unmöglich wird. Ich warte noch immer auf eine Begründung dafür, weshalb ausgerechnet der christliche Gott und der christliche hl. Geist in der Geschichte und der katholischen Tradition teleologisch wirken sollen und nicht der muslimische Gott, hinduistische Götter oder der Gott der Nordmänner? Kein Wort von ihm zu meinem
Argument, dass ich mich als Basis unserer Diskussion lediglich auf die Grundlagen vernünftigen und plausiblen Argumentierens stütze, aber keine Weltanschauung damit wähle (schon gar keinen Materialismus), sondern lediglich Rationalität einfordere.
Savonlinna hat geschrieben:
Die immer wiederholte Unterstellung, closs wolle die Wissenschaft dazu kriegen, seine Gedanken zu integrieren, macht mir besonders Sorge.
Weil du offenbar hier nur an die Naturwissenschaften denkst und nicht auch an die Geisteswissenschaften!
Savonlinna hat geschrieben:closs schreibt das nirgends, und er dementiert das regelmäßig, wenn dieser Vorwurf erneut erhoben wird.
Warum also wird dieser Vorwurf immer wieder erhoben?
Meine Vermutung: nur mit dieser Unredlichkeit meint man closs zum Schweigen kriegen zu können.
Vielleicht solltest du closs' Antworten in diesem Thread noch einmal nachlesen. Da scheinst du nämlich etwas überlesen zu haben.
Ansonsten ist es mir sehr recht, wenn closs explizit nicht von den Naturwissenschaften und den Geisteswissenschaften verlangt, Gott als ontologische Möglichkeit zu berücksichtigen und es ihnen überlässt, welche Forschungsgegenstände sie untersuchen.
Also an dieser Stelle sei hervorgehoben: Nach closs Ansicht, müssen oder sollen weder Natur- noch Geisteswissenschaften die Möglichkeit der Existenz Gottes berücksichtigen und sie dürfen explizit auch inhaltliche Aussagen über Glaubensinhalte machen!
Sehr gut, dann sind wir schon ein großes Stück weiter ... (wenn das alles ein Missverständnis war).
Ich bin gespannt, wie Closs hierauf reagiert.
Savonlinna hat geschrieben:[
ich sehe den Fanatismus, den der Neue Atheismus in sich birgt, ziemlich deutlich.
Im Namen der "Philosophie" will man das Philosophieren zensieren.
Das ist - mit Verlaub - ziemlicher Unsinn.