Savonlinna hat geschrieben:"Ist" und "Soll" klingt mir zu moralisch, mal wieder zu diktatorisch.
Für mich ist es ein Phänomen ohne Wertung.
Savonlinna hat geschrieben:Und die Schwierigkeiten des Wachstums - man hängt noch an der Vorstufe und muss gleichzeitig die nächste Stufe bewältigen - verursachen oft die Reaktionen, die Unverständige als "böse" bezeichnen.
Moment: Aber warum IST es so, dass es überhaupt Leid gibt? - Das ist für mich die Frage dahinter. - Der Mensch könnte auch so geschaffen sein, dass er wächst und nie leiden muss.
Savonlinna hat geschrieben:"Ich-Orientierung" gibt es gar nicht. Das ist meines Erachtens ein Fehl-Urteil. Der Mensch lebt nie, keine Sekunde, nur im Ich.
Das behaupte ich auch nicht - ganz im Gegenteil.
Auch hier sehe ich das Phänomen und nicht die Gewichtung:
Es gibt "Gott" (setzen wir es einmal), aus dem der Mensch kommt (und nicht nur aus sich selbst/der Evolution heraus) - und es gibt das "Ich". - Der Mensch hat also zwei Möglichkeiten der Orientierung: Zu Gott hin (zum Ursprung) und zum Ich hin (dem Hier). - Wenn ich von "Ich-Orientierung" schreibe, dann von dem Anteil, der zum "Hier" hin orientiert ist. - Das hat nichts mit Ausschließlichkeit zu tun - das wäre schon wieder Bewertung.
Ich frage mich manchmal, was an meiner Sprache zu unklar ist - vielleicht bin ich da zu Buber-verseucht, von dem ich gelernt habe, dass Feststellungen keine Wertungen sind, sondern ganz einfach die Bezeichnung von Phänomenen.
Ein Beispiel, das so gar ins Umfeld des Threads hier passt:
Wenn "Gott" sagt "Es gibt zwei Möglichkeiten - zum Guten und zum Bösen - wenn Ihr dahin geht, passiert dieses, und wenn ihr dorthin geht, passiert jenes", dann ist dies aus dem Gesamt-Duktus der Buber-Übersetzung ein nüchternes Phänomen ("Wenn's regnet, wird's nass"). - In heutiger Sprache kommen jedoch zuvörderst gleich wieder Wertungen rein: "Ihr seid aber selber verantwortlich und seid deshalb schuldig .... , wenn ....".
FALLS Buber mit seinem Übersetzungs-Duktus repräsentativ für den Charakter der hebräischen Sprache ist, ist hebräisch keine "aufgeklärt"-wertende Sprache ("Ich, schlauer Mensch, kann alles beurteilen"), sondern eine phänomenologisch-lakonische Sprache ("Ich, Mensch, sehe etwas, was ist - Punkt").
Insofern fühle ich mich (in Anlehnung an diesem buberschen Verständnis) ziemlich missverstanden, wenn man mir "Dikatatur" oder Wertung unterstellt - genau das möchte ich vermeiden. - Mir geht es um das Phänomen ("Sein"/"Entität") - dann kommt lange nichts - und dann kann man selber unmaßgeblich bewerten (man kann ja trotzdem auf der richtigen Spur sein).