Catholic hat geschrieben:Streng genommen kann man rein historisch lediglich an Hand zeitgenössischer Quellen oder an Hand von Quellen die historische Quellen nutzen/wiedergeben,herausfinden ob sich Jesus als Gott/göttlich sah oder nicht.
Das stimmt, ist aber eine Steilvorlage für ein ganz anderes Verständnis als Deines. - Denn man wird daraus schließen, dass nur eine methodisch versierte, aber interpretativ nicht inspirierte, Vorgehensweise wahrheits-führend ist. - Oder einfacher gesagt: Dein Satz wird sowohl von Ratzinger als von Bultmann freundlich abgenickt, obwohl sie fortan darunter etwas ganz anderes daraus interpretieren.
Thaddäus hat geschrieben:Genau so ist es, wobei es zu der rein historischen Herangehensweise wissenschaftlich keine Alternative gibt, weil wir über Jesus aus Nazareth ausschließlich über antike Texte Kenntnis haben.
Siehst Du: Da haben wir es schon.
Thaddäus hat geschrieben:Persönliche (christliche) Glaubenserfahrungen spielen subjektiv natürlich ebenfalls eine ganz erhebliche Rolle, können aber nicht wissenschaftlich verwertet werden
Richtig - und was sagt das darüber aus, wer Recht hat in Bezug auf das, was wirklich war?
Thaddäus hat geschrieben:Schließlich muss man auch dem radikalisierten Isis- oder Talibankämpfer einräumen, dass er ebenfalls persönliche Glaubenserfahrungen gemacht haben kann, die ihn in seinem Glauben bestärken und subjektiv rechtfertigen, was er tut.
Die Tatsache, dass der Mensch geistig verstehen kann, "was da abgeht", heißt doch nicht, dass jede subjektive Äußerung dem gerecht wird, "was da abgeht". - Subjektive Äußerungen reichen von Volltreffer bis total daneben.
Da sind HKM-Ergebnisse in der Tat homogener - aber was sind ordentliche HKM-Ergebnisse ohne Volltreffer wert? Ich habe den Eindruck, dass Du Deine Ordnung haben willst.
Thaddäus hat geschrieben:Ich meine das nicht ironisch, ich meine das todernst.
Pardon - ich war der Meinung, weil ich danach keine Folgen einer Einsicht erkennen konnte - aber das kann an mir liegen.
Thaddäus hat geschrieben:Mir hätte dein Gedankenfehler viel früher auffallen müssen.
Ähm - Du hast Dich dafür entschuldigt, dass Dir ein Fehler BEI MIR nicht früher aufgefallen ist?
Thaddäus hat geschrieben:Ich möchte nicht, dass sich meine Ausbilder und Lehrer meiner schämen müssen, denn ich habe sehr gute und bewundernswerte gehabt, deren Urteil mir sehr am Herzen liegt.
Das ist einer dieser Sätze, die mich in meiner unterschütterlichen Meinung bestärken, dass Du im Grunde ein geistiger Mensch bist - aber (füge ich hinzu): Ich glaube wirklich, dass Du intellektuell-formativ falsch begründet wurdest (damit meine ich ausdrücklich NICHT Deine Erziehung daheim, sondern den universitären Einfluss - und selbst das ist kein Vorwurf an Deine Lehrer: Sie leben halt in ihrer Zeit. - Wie wäre es mal mit Sich-Freimachen und richtig grundelgend denken wie Augustinus und Descartes?).
Thaddäus hat geschrieben:Aber er muss immerhin diejenigen haben, die ihn zu einem Gott machen. Unsterblichkeit scheint mir ein ziemlich wesentlicher Punkt für Göttlichkeit zu sein. I
Erneut: Mit "Unsterblichkeit Gottes" ist doch nicht der leibliche Tod im Dasein genannt. Da geht es um die Unsterblichkeit des Wesens Gottes. Natürlich ist Jesus als Gott immer unsterblich gewesen.
Thaddäus hat geschrieben:Insofern ist völlig unklar, was mit "Jesus als göttliche Offenbarungsgröße im Dasein erniedrigt sich nach christlichem Glauben ins Menschliche" gemeint sein könnte.
Ich kann es auf die Schnelle nur mit hinkenden Vergleichen verständlich zu machen versuchen:
Stelle Dir eine für Wasser transparente Kugel vor, die ins Meer halb eintaucht: Die Kugel wird halbvoll laufen. - Stelle Dir nun die Kugel (3D) als Gott und die Wasseroberfläche (2D) als Dasein vor - und stelle Dir weiterhin vor, dass Jesus das Göttliche (3D) auf dieser Oberfläche (2D) ist ("Sohn"). - Wenn Jesus diese Oberfläche wieder verlässt, "stirbt" er aus 2D-Sicht - dabei hat er sich nur aus 2D wieder in 3D zurückgezogen.
Bitte jetzt keine Diskussionen über H2O oder ob Gott 3D ist - dies ist ein Gleichnis. - Sondern: Bist Du nun "das Volk", das nicht verstand, oder bist Du "ein Jünger", bei dem zwar nicht alles, aber etwas im Hirn klickt?
Und wenn wir schon dabei sind: Es gibt intellektuell einfachste Menschen, die solche Gleichnisse sofort verstehen, weil sie (altsprech-"geistigen" Instinkt haben - die MERKEN es einfach - es ist auf ihrer Festplatte. - Solche Leute lesen die Bibel und stoßen nicht überall, aber immer wieder auf Stellen, die bei ihnen innere (altsprech-)"geistige" Lichter aufleuchten lassen - so etwas ist natürlich nicht in wissenschaftlichen Methodiken verwertbar. - Aber was heißt das schon?
Mein Weg war ein anderer: Ich kam über die Philosophie zur Bibel und habe festgestellt, dass darin (altsprech-)"geistige" Schätze liegen (übrigens auch im AT - "Hiob" ist ein Meisterwerk, das allerdings von der heutigen Art des Aufklärungs-Verständnisses schlichtweg nicht verstanden werden kann). - Dabei habe ich bemerkt, dass diese Schätze vielem im hegelschen Idealismus und der heideggersche Ontologie entsprochen haben - nur dass in der Bibel die horizontale Ausrichtung deren Philosophie vertikal ins Transzendente gekippt war. - Trotzdem: Hoher Verwandtschaftsgrad. - Und wenn man die Bibel dialektisch und ontologisch versteht ("hermeneutische Vorannahmen"), ist sie sehr folgerichtig von der Genesis bis zu Apokalypse - und man kommt zu anderen geistigen Schlussfolgerungen als gelegentlich die HKM - weil diese eben nicht geistig, sondern rezeptions-orientiert ist.
Ich weiß nicht, ob Du das verstehst. - Ich will Dir nur deutlich machen, dass die Frage "Verstehst Du eigentlich, was Du liest?" (Apg.8,30) nicht immer dadurch bejaht werden kann, dass man methodisch sauber vorgeht. - Beckmessertum der Pharisäer war auch in der Bibel nicht der Schlüssel zum Erfolg - und das bezieht sich eben nicht nur auf irgendwelche geistigen Gefilde, sondern auch auf die Historie, weil Gott, also Geist, Gegenstand der Historie war, wenn Jesus göttlich war (was man glauben oder nicht glauben kann - falsifizierbar ist es nicht).