Roland hat geschrieben:
Und diesem Glauben steht der Glaube gegenüber, die Welt sei ein sinnloser Zufall, mehr nicht! Und der Glauben, dass die biblischen Berichte über Jesus erfunden seien. Mehr nicht.
Und dass es weder für das eine noch das andere eine "Beweisführung" geben kann, wie es das Zitat von Thomas v. Aquin besagt, das wissen wir heute. Es stehen sich zwei unbeweisbare und unwiderlegbare Weltanschauungen gegenüber und wir haben die Wahl: Völlige Sinnlosigkeit oder Jenseitsperspektive .
Das wäre dann der Versuch, der angeblichen Sinnlosigkeit deiner Existenz durch Götter oder vergottete Menschen einen Sinn zu geben. Du wirst aber Verständnis dafür haben, dass sich die Forschung durch solche persönlichen Befindlichkeiten nicht beeinflussen lassen kann. Sie muss sich an die Textüberlieferungen halten.
Roland hat geschrieben:
Die Worte "Erkenntnisse", "Forschen" und "Ergebnisse" sind fehl am Platz und müssen ausschließlich durch "methodisch-atheistische Vermutungen" ersetzt werden. Dass es solche Hypothesen schon vor Bultmann gab ist bekannt.
Nein, es sind exakt die korrekten Termini, die für Wissenschaft zutreffen. Präjudizierende Glaubensbekenntnisse haben hier nichts verloren. Aber das hat auch closs noch nie verstanden, oder wollte es nicht verstehen.
Roland hat geschrieben:
Entscheidend ist wie gesagt, was mit dem "Reich Gottes" jeweils gemeint ist.
Die Aussage Jesu in Mk. 9,1, (die werden den Tod nicht schmecken, bis sie sehen das Reich Gottes kommen mit Kraft) steht unmittelbar vor dem Bericht von der Verklärung Jesu. Der Neutestamentler Klaus Berger hierzu:
"Für den Evangelisten Markus verwirklicht sich das Kommen des Reiches mit Macht grundsätzlich und zumindest anfanghaft in der Verklärung Jesu (d.h. seinem Erweis als Sohn Gottes)."
("Die Bibelfälscher", S. 22)
Damit steht er ziemlich alleine da, ebenso wie Ratzinger. Deshalb haben sie auf wissenschaftlich-sachlicher Ebene nicht entgegen zu setzen und ihnen bleibt nur der Glaubensentscheid.
Roland hat geschrieben:
Welche Kirche behauptet denn, sie sei im Besitz "nicht anfechtbarer Wahrheiten"?
Der Dogmenapparat der RKK diente dazu, die kirchlich verkündeten Wahrheiten gegen alle Anfechtungen abzusichern. Wer dagegen verstieß, spielte mit seinem Leben. Die "Kriminalgeschichte des Christentums" legt dafür ein beredtes Zeugnis ab.
Roland hat geschrieben:
Behauptungen, die nur machen kann, wer einige Aussagen Jesu isoliert betrachtet und alle die dagegen sprechen, im Sinne einer Verschwörungstheorie zur Fälschung erklärt. Eine äußerst unseriöse Praxis. Zumal es für eine so umfangreiche Fälschung der biblischen Texte keinerlei Hinweise gibt.
Unsinn, das Gegenteil ist der Fall. Gäubige betrachten nur die Aussagen, die für eine Fernerwartung sprechen und erklären diese als authentisch. Frühere Aussagen zur eindeutigen Naherwartung werden ignoriert oder weggeglaubt. Allein die Forschung bringt
alle Aussagen in einem schlüssigen Konzept zusammen.
Roland hat geschrieben:
Was geschehen wäre, wenn die jüdische Geistlichkeit in ihm den Messias erkannt hätte, bleibt Spekulation.
Wenn sie ihn als Messias erkannt hätten, dann wäre er diesen Tod ja nicht gestorben. Es war ja letztlich die Geistlichkeit, die ihn ans Kreuz gebracht hat. Aber das ist, wie gesagt, Spekulation.
Das ist christliche Schuldzuweisung an die Juden und hat letztlich den christlichen Antijudaismus begründet, der ein wichtiger Baustein in der christlichen Unheilsgeschichte bildete. Fakt ist, dass die Kreuzigung eine römische Hinrichtungsart war und keine jüdische. Der genaue Anklagepunkt aber ist unklar. Vermutlich Anstiftung zur Aufruhr, worauf die Römer sehr empfindlich reagierten.
Roland hat geschrieben:
Und was das "jüdische Verständnis" angeht, so ist das stellvertretende Leiden Jesu im Alten Testament, der Bibel der Juden, in Jesaja 53, übrigens deutlich vorgezeichnet:
"…er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt."(V.5) Der schändliche Tod eines gewöhnlichen Verbrechers, wird geschildert: "… dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten."(V.12)
Das Dumme ist nur, dass die Juden diese Stelle nie mit dem Messias in Verbindung brachten, weil die Stelle kein zukünftiges Geschehen beschreibt, sondern vergangenes.
Aber auch schon damals klammerte man sich an jeden Strohhalm, um den Wanderprediger als den verheißenen Messias darstellen zu können. Auch zu diesem Zweck wurden die widersprüchlichen Geburtslegenden erfunden.
"Doch das frühe Christentum brauchte Beweise aus dem Alten Testament, dass das Leiden Jesu doch irgendwie geweissagt war. Vordergründig wurde man fündig. Und so ist die Passionsgeschichte die vorgebliche Erfüllung alter Weissagungen. Naive Gläubigkeit liest bis heute die Passionslegenden nach dem Schema Verheißung – Erfüllung. Dabei, so die fast einhellige Meinung der Forscher, wurde das Alte Testament in guter alter Steinbruch-Manier dazu verwendet, mit alttestamentlichen Versatzstücken die Passion bis in die Details zu konstruieren. Das Gebet Jesu am Kreuz Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen (Mk 15,34) zitiert Psalm 22,2, die Worte Mich dürstet (Joh 19,28) rekapitulieren Ps 22,16, die Verteilung der Kleider Jesu erfolgt in Analogie zu Vers 19: Sie verteilen unter sich meine Kleider und werfen das Los um mein Gewand. Während bei Markus Jesus Myrrhe in Wein zu trinken bekommt, erhält er bei Matthäus Wein vermischt mit Galle, in Anlehnung an Psalm 69,22. Auf der Suche nach Belegen wurden auch die leisesten Andeutungen christologisch ausgeschlachtet. So sah man in Psalm 3,6 – Ich lege mich nieder und schlafe ein, ich wache wieder auf, denn der Herr beschützt mich – einen Hinweis auf den Tod und die Auferstehung Jesu. Ebenso fanden die Kirchenväter später u. a. seinen Tod prophezeit „in der von Mose fabrizierten heilbringenden Schlange, in einem Geißbock, den das 3. Buch Mose nennt, in einer roten
Kuh, die im 4. Buch Mose der Priester Eleazar auf göttlichen Befehl schlachten und ins Feuer werfen muss“. (vgl. Deschner, Abermals krähte der Hahn, S.133f.) Für viele antike Kritiker waren solche Sachen auch schon damals an den Haaren herbeigezogen. Die Christen schien dies jedoch meist nicht zu stören. Wenn man erst einmal an Gespenster glaubt, ist die Welt voll davon.
Weitaus besser und wirkungskräftiger als solche Abstrusitäten wurden die Gottesknechtlieder Jesajas, vor allem Jes 53, für die Deutung des Geschehens herangezogen.
Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. […] Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt. […] Er wurde misshandelt und niedergedrückt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf angesichts seiner Scherer, so tat er seinen Mund nicht auf. (Jes 53,3–5;7) Die Stelle, zumindest in den hier zitierten Teilen, wirkt fast wie ein Kurzauszug der
Rechtfertigungslehre und könnte so bei Paulus stehen (und steht dort auch mit anderen Worten). Die Christen sehen hier eine klare Weissagung der Leiden Jesu. Nur: Die Verse sind ja gar nicht als Weissagung formuliert, sondern blicken auf ein Geschehen zurück. Der Gottesknecht ist eine Gestalt der Vergangenheit, ein künftiger Gerechter kann damit nicht gemeint sein. Die frommen Juden haben deshalb diese Stelle auch nie auf den
Messias bezogen. Die Frage, wer der leidende Gottesknecht ist oder war, wird in der alttestamentlichen Forschung eifrig diskutiert. „Man denkt an Moses, an eine Gestalt aus der Zeit der alttestamentlichen Propheten, an Josia, Jojachin, auch an den sterbenden und auferstehenden Gott Tammuz oder an eine Personifikation der Prophetie. Vielleicht am häufigsten aber bezieht man das Leiden des Gottesknechts kollektiv auf Israel, das bei
Deuterojesaja auch öfter Gottesknecht genannt wird und ebenso bei anderen Propheten.“
(Deschner, Abermals krähte der Hahn, S. 136) Dass damit irgendwie Jesus gemeint sein könnte, wird heute von keinem ernstzunehmenden Forscher mehr behauptet."
Kubitza, Der Jesuswahn