Von einer Jungfrau geboren?

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Janina
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#111 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Janina » Di 12. Jan 2016, 09:27

Thaddäus hat geschrieben:
Janina hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Wenn dir das Adjektiv "ungebumst" in diesem Zusammenhang gefällt, kannst du es gerne als sparsame Minimal-Def. für eine Jungfrau verwenden. Damit kann ich leben. ;)
Alternative Definitionen:
- Junge Frau
- Unerfahrene junge Frau
- Unverheiratete junge Frau
Der "Junggeselle" als männliches Gegenstück würde letzterem entsprechen.
Alles ist besser als der Zustand des Ungebumstseins, weil letzterer überhaupt nicht feststellbar ist.
bei deinen Alternativdefinitionen gäbe es ja keine Probleme mit der angeblichen Jungfrauengeburt von Maria.
Eben. Ich sag doch, es gibt keinen Grund, uns Christen als Idioten hinzustellen, indem man einen Strohmann aufbaut, der sich quasi selbst abfackelt.

Thaddäus hat geschrieben:Jungfrauen sind ohnehin vor allem in der Phantasie von Männern etwas Außerordentliches.
Nicht pauschalisieren, nur von Bübchen, die einen Vergleich zu scheuen haben. :devil:

Thaddäus hat geschrieben:Fände man ein von einer Frau geschriebenes Evangelium, gäbe es sicher keine Jungfrauengeburt darin...
Ich würde genau diese Geschichte genau so da reinschreiben. Als Absage an den Keuschheitswahn, der in Ehrenmordkulturen grassiert.

Abgesehen davon gibt es ein "Evangelium der Maria Magdalena", wo genauso nichts zur einer "jungfräulichen" Zeugung steht, wie in den vier offiziellen Evangelien. (Bei Matthäus war sie von jemand anderem schwanger, und bei Lukas war sie schon mit Josef verheiratet aber nicht aufgeklärt.)

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Queequeg
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#112 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Queequeg » Di 12. Jan 2016, 10:48

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Also Menschen besitzen diese "andere Sicht nicht" - aber es gibt sie.
Nimm "Sicht" nicht unbedingt wörtlich und ersetze es durch "Perspektive". - Die Welt sieht aus der Perspektive eines beliebigen Photons ganz anders aus als aus der menschlichen Perspektive.

Da dir die Sicht eines Photons auf diese Welt sicherlich ein Rätsel sein dürfte, so bleibt dann nur die Sicht des Menschen. Ich denke, das endlich einmal zu verinnerlichen sollte dir eigentlich keine Schwierigkeiten bereiten.

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#113 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Di 12. Jan 2016, 11:15

Queequeg hat geschrieben:Eine logische Begründung des Glaubens, daraus folgend eine logische Begründung einer Jungfrauengeburt, oder das ein Mensch über das Wasser laufet, oder Tote wieder lebendig macht, oder...
Logik ist immer Folge der Voraussetzungen, auf der sie fußt. - Insofern ist all dies in der Tat logisch begründbar, wenn man Materie als Folge von Geist versteht (was unabdinglich ist, wenn man vom monotheistischen Gott spricht). -

"Logisch möglich" heisst natürlich NICHT "logisch zwingend". - Mir geht es ausschließlich um die Erkenntnis, dass UNSER anthropozentrischer Erkenntnis-Bereich nicht darüber entscheiden kann. - ICH brauche eine Jungfrauengeburt bei Maria nicht - aber ich muss sie für möglich halten, weil alles andere vordergründiger Vernunft-Narzissmus wäre.

Queequeg hat geschrieben:Da dir die Sicht eines Photons auf diese Welt sicherlich ein Rätsel sein dürfte, so bleibt dann nur die Sicht des Menschen.
Für uns als Menschen ist das so - das wurde nie in Zweifel gestellt. - Es geht darum, dass wir UNSERE Sicht nicht zum ontologischen Maßstab nehmen dürfen, was "sein" kann und was nicht ("kenn ich nicht, essen wir nicht").

Pluto
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#114 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Pluto » Di 12. Jan 2016, 11:58

closs hat geschrieben:Mir geht es ausschließlich um die Erkenntnis, dass UNSER anthropozentrischer Erkenntnis-Bereich nicht darüber entscheiden kann.
Unsere Erkenntnis ist IMMER Vermutung (das meinte übrigens Sokrates mit seinem, "Ich weiß, dass ich nichts weiß").
Aufklärung und Wissenschaft haben uns gelehrt, unseren Verstand und die Wahrscheinlichkeit anzuwenden, und wo wir dies begründen können, uns über alte Dogmen hinweg zu setzen.

closs hat geschrieben:ICH brauche eine Jungfrauengeburt bei Maria nicht - aber ich muss sie für möglich halten, weil alles andere vordergründiger Vernunft-Narzissmus wäre.
Unsinn. Hat mit Narzissmus nichts zu tun, sondern mit Logik und Wahrscheinlichkeit.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

ThomasM
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#115 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von ThomasM » Di 12. Jan 2016, 12:18

Pluto hat geschrieben: Unsinn. Hat mit Narzissmus nichts zu tun, sondern mit Logik und Wahrscheinlichkeit.
Missbrauche nicht die Worte Logik und Wahrscheinlichkeit.
Noch vor ein paar hundert Jahren war es vollkommen unlogisch, nicht an Gott zu glauben.
Und die Sache mit der Wahrscheinlichkeit habe ich schon öfter auseinandergenommen.

Der Punkt ist folgender:
1. Wenn es Gott gibt
2. Wenn er die Abläufe der Natur in seiner Hand hat
3. Wenn man glaubt, dass Gott in besonderen Umständen besondere Dinge geschehen lässt (innerhalb noch so kleiner Wahrscheinlichkeiten, berechnet auf der Basis eines biologischen Modells)

dann ist die Sache mit der Jungfrauengeburt eine Kleinigkeit und grundsätzlich unwichtig (viel wichtiger sind die Heilungen und die Auferstehung der Toten).

Theologisch (nicht biologisch) ist es wichtig, dass Jesus aus dem Geist Gottes entstanden ist, was nach manchen theologischen Überlegungen (die ich nicht teile) bei einem normalen Menschen nicht möglich ist.

Kulturell ist die Jungfrauengeburt vollkommen überzogen worden, weil sich eine Marienverehrung entwickelt hat, basierend auf den alten Göttinnen Vorstellungen, die nichts mit biblischer Überlieferung zu tun hat, zumal die ganze Sache auch noch mit Sexualität zu tun hat, wo es bei zu vielen Menschen sowieso klemmt. Aus demselben Grund stürzen sich die Gegner des Christentums wie geifernde Hunde auf das Thema.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#116 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Pluto » Di 12. Jan 2016, 12:41

ThomasM hat geschrieben:dann ist die Sache mit der Jungfrauengeburt eine Kleinigkeit und grundsätzlich unwichtig (viel wichtiger sind die Heilungen und die Auferstehung der Toten).
Ich erinnere nur an die Worte David Humes:
Wenn wir Wunder beobachten, dann sollten wir uns immer fragen ob es wahrscheinlicher ist, dass die Naturgesetze gerade ausgesetzt wurden, oder dass wir Opfer einer Täuschung oder Illusion geworden sind.

ThomasM hat geschrieben:Kulturell ist die Jungfrauengeburt vollkommen überzogen worden, weil sich eine Marienverehrung entwickelt hat, basierend auf den alten Göttinnen Vorstellungen, die nichts mit biblischer Überlieferung zu tun hat, zumal die ganze Sache auch noch mit Sexualität zu tun hat, wo es bei zu vielen Menschen sowieso klemmt.
Da gebe ich dir vollkommen Recht! :thumbup:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#117 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von closs » Di 12. Jan 2016, 13:02

Pluto hat geschrieben:Unsere Erkenntnis ist IMMER Vermutung (das meinte übrigens Sokrates mit seinem, "Ich weiß, dass ich nichts weiß").
Bravo - so sehe ich das auch. - Und "vermuten" ist eben nicht (absolut) "wissen". - Dass wir alle im Alltag Erfahrenswerte und in der Wissenschaft gut belegte Erkennisse zum Maßstab nehmen, ist unbenommen (mache ich auch, wenn mir einer sagt, dass mein Auto 100 PS hat - man kann es so behandeln, als sei es "Wissen").

Pluto hat geschrieben:Aufklärung und Wissenschaft haben uns gelehrt, unseren Verstand und die Wahrscheinlichkeit anzuwenden
Was ist "Wahrscheinlichkeit"? - "Wahrscheinlichkeit" ist doch nichts anderes als eine Berechnung auf Grund eines Modells - wenn das Modell ungeeignet ist, ist eine "Wahrscheinlichkeit" nichts-sagend. - Konkret:

In Sachen "Jungfrauengeburt" nimmt man als Modell-Grundlage, dass es biologisch unmöglich ist, dass eine Frau ohne körperliches Sperma schwanger wird - insofern ist die Aussage "Wahrscheinlichkeit 0" zutreffend. - Wenn man die Modell-Grundlage nimmt, dass der Ursprung der Materie (Geist) ganz andere Wege finden kann, ist die Wahrscheinlichkeit eher 1.

Nun kann man argumentieren, dass Geist Folge von Materie sei, weil dies die Naturwissenschaft auf ihrem Weg nachweisen kann. Dann wäre die These "Materie ist Folge von Geist" irrelevant/falsch. - Die andere Seite würde darauf hinweisen, dass dies aus naturalistischer Sicht korrekt sei, aber nicht das letzte Wort sein müsse, weil es auch andere, begründbare Sichten gebe. - Dann ist das vorherige Argument wieder neutralisiert. - Und so geht es hin und her.

Mit anderen Worten: Es gibt keinen Monopol-Anspruch auf Vernunft in Bezug auf eigene Denkmodelle - beide Modelle können hoch-vernünftig vertreten werden. - Das Problem: Nachdem die frühe Aufklärung im 19. Jh. zum Materialismus wurde, meint die heutige Aufklärung, sie könne alle Errungenschaften der frühen Aufklärung für sich beanspruchen - dass die heutige Aufklärung diejenige ist, die aus der ursprünglichen Aufklärung desertiert ist, nimmt sie nicht wahr.
Zuletzt geändert von closs am Di 12. Jan 2016, 13:19, insgesamt 1-mal geändert.

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Andreas
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#118 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Andreas » Di 12. Jan 2016, 13:15

Janina hat geschrieben:(Bei Matthäus war sie von jemand anderem schwanger, und bei Lukas war sie schon mit Josef verheiratet aber nicht aufgeklärt.)
Mt 1,18 hat geschrieben:Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete - durch das Wirken des Heiligen Geistes.
Lk 1,34-35 hat geschrieben:Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?
Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.

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#119 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von ThomasM » Di 12. Jan 2016, 13:36

closs hat geschrieben: In Sachen "Jungfrauengeburt" nimmt man als Modell-Grundlage, dass es biologisch unmöglich ist, dass eine Frau ohne körperliches Sperma schwanger wird - insofern ist die Aussage "Wahrscheinlichkeit 0" zutreffend. - Wenn man die Modell-Grundlage nimmt, dass der Ursprung der Materie (Geist) ganz andere Wege finden kann, ist die Wahrscheinlichkeit eher 1.
Beide Argumentationen sind fehlerhaft.

Die erste, weil es die biologischen Möglichkeiten vernachlässigt.
Man kann vermutlich, wenn man den biologischen Mechanismen von Entstehung von Nachwuchs erst einmal biochemisch verstanden hat, einen möglichen Weg zur Entstehung eines Klon anderen Geschlechts konstruieren. Vermutlich mit einer Wahrscheinlichkeit, die kleiner ist als das reziproke Alter des Universums (was dann erklärt, warum man das noch nicht beobachtet hat).
Aber mit einer Wahrscheinlichkeit größer 0.

Die zweite, weil es den Begriff der Modellierung mit Wahrscheinlichkeiten verhöhnt.
Bringst du deinen Geist ins Spiel, dann kannst du schlicht keine Wahrscheinlichkeiten mehr berechnen. Das ist derselbe Grund, warum man Gott nicht in ein echtes Modell einbauen kann.
Da, wo es keine Gesetze gibt, gibt es keine Grenzen und damit keine Wahrscheinlichkeiten.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#120 Re: Von einer Jungfrau geboren?

Beitrag von Pluto » Di 12. Jan 2016, 13:43

closs hat geschrieben:Was ist "Wahrscheinlichkeit"? - "Wahrscheinlichkeit" ist doch nichts anderes als eine Berechnung auf Grund eines Modells - wenn das Modell ungeeignet ist, ist eine "Wahrscheinlichkeit" nichts-sagend. - Konkret:

In Sachen "Jungfrauengeburt" nimmt man als Modell-Grundlage, dass es biologisch unmöglich ist, dass eine Frau ohne körperliches Sperma schwanger wird
Nein. Unmöglich ist es nicht. Es ist bloß sehr unwahrscheinlich, ja sogar "astronomisch" unwahrscheinlich.

closs hat geschrieben:insofern ist die Aussage "Wahrscheinlichkeit 0" zutreffend.
Nee. Du hast Wahrscheinlichkeit nicht verstanden. "Astronomisch unwahrscheinlich" bedeutet nur sehr, sehr, sehr unwahrscheinlich.

closs hat geschrieben:Wenn man die Modell-Grundlage nimmt, dass der Ursprung der Materie (Geist) ganz andere Wege finden kann, ist die Wahrscheinlichkeit eher 1.
Die biologische Wahrscheinlichkeit ist nicht null, sondern sehr NAHE bei Null.
Die Wahrscheinlichkeit, dass du mit deiner Aussage, Geist sei Ursprung von Materie ist sehr unwahrscheinlich.

Verstehst du jetzt besser?

closs hat geschrieben:Das Problem: Nachdem die frühe Aufklärung im 19. Jh. zum Materialismus wurde, meint die heutige Aufklärung, sie könne alle Errungenschaften der frühen Aufklärung für sich beanspruchen - dass die heutige Aufklärung diejenige ist, die aus der ursprünglichen Aufklärung desertiert ist, nimmt sie nicht wahr.
Das Problem ist, du hast Wahrscheinlichkeiten immer noch nicht verstanden. Das ist merkwürdig, denn schon einer deiner geistigen Helden, Aristoteles hat sie verstanden.


PS:
Es gibt ein tolles Büchlein mit dem Tiltel Gegen Null von Mathematiker Lars Gustafsson, was dir Wahrscheinlichkeiten philosophisch erklärt.
Sehr empfehlenswert!
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