Alles Teufelszeug? IV

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1091 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Fr 25. Nov 2016, 19:13

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Menschen entwickeln bisweilen ausgeklügelte Selbstüberlistungsstrategien.
Das nennt man das Satanische. - Nebenbei: Ein brillantes Beispiel dafür ist für mich, wenn man eigene Setzungen als Setzungen nicht erkennt und deshalb meint, man sei ohne Setzung. - Funktioniert offensichtlich bestens.
Das Problem ist, dass du es nicht lassen kannst, immer Strohmänner zur bauen.
Egal ob Bultmann oder Theißen: die (Vorraus)-Setzungen der neutestamentlichen Forschung sind schon x-mal genannt worden.
Die wichtigste ist die Anwendung einer wissenschaftlichen Methode, nämlich der historisch-kritischen.

Und die historisch-kritische Methode hat nun mal einen prinzipiell anderen Zugang zu den Texten als die kanonische Exegese.

"Seit der Aufklärung hat sich die Auffassung herausgebildet, dass wir denjenigen Sinn eines Textes herausarbeiten müssen, den der/die Autor/in im historischen Ursprungs-Kontext zum Ausdruck gebracht hat, und nicht den, den spätere Leserschaften ihm zuerkannt haben oder zuerkennen. Diese Herangehensweise macht die historisch-kritische Methode aus."
Schart, Aaron
Einführung in die historisch-kritische Methode der Textinterpretation.

Im Gegensatz dazu interessiert die kanonische Exegese nicht der ursprüngliche Sinn eines Textes, sondern ausschließlich der, den ihm spätere Leserschaften zuerkannt haben. Das schließt auch spätere Veränderungen und Verfälschungen mit ein.
Somit wird verständlich, warum die neutestamentliche Forschung von der Naherwartung Jesu ausgeht.

„Als Jesus den gegenwärtigen Beginn der Gottesherrschaft verkündigte, rechnete er mit deren Kommen während seines Lebens.“
Gerd Theißen

„Es bedarf keines Wortes, daß sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat.“
Rudolf Bultmann

"...daß wir.....unbefangen, ehrlich, nüchtern und deutlich zugeben müssen, daß es bei Jesus wirklich eine zeitliche Naherwartung gegeben hat, die so....sich nicht erfüllt hat"
Karl Rahner
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1092 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Fr 25. Nov 2016, 19:29

closs hat geschrieben:Das IST ja das Problem. - Zur Ehrenrettung Bultmanns: Er war ganz sicherlich nicht der grobe Klotz, wie er hier dargestellt wird. - Ich vermute, dass er seine Aussage deskriptiv meint - also auf jene münzt, die das Christentum im Sinne einer primitiven Mythologie verkaufen. - Würde er es normativ meinen, hieße dies, dass das Christentum vom Wesen her eine primitive Mythologie "ist". - Das halte ich zu seinem Schutz für unwahrscheinlich.

Deine ewigen Versuche, Zitate von Persönlichkeiten in deinem Sinne umzudeuten, sind mittlerweile bekannt. Geh mal davon aus, dass du Bultmann nicht in Schutz nehmen musst und dass er seine Aussagen auch so gemeint hat, wie er sie verschriftlicht hat. Er benötigt keinen Relativierer closs.

„Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. Und wer meint, es für seine Person tun zu können, muß sich klar machen, daß er, wenn er das für die Haltung des christlichen Glaubens erklärt, damit die christliche Verkündigung in der Gegenwart unverständlich und unmöglich macht.“
– Rudolf Bultmann: Neues Testament und Mythologie. 1941, 18

„Wie kann meine Schuld durch den Tod eines Schuldlosen (wenn man von einem solchen überhaupt reden darf) gesühnt werden? Welche primitiven Begriffe von Schuld und Gerechtigkeit liegen solcher Vorstellung zugrunde? Welch primitiver Gottesbegriff? Soll die Anschauung vom sündentilgenden Tode Christi aus der Opfervorstellung verstanden werden: welch primitive Mythologie, daß ein Mensch gewordenes Gotteswesen durch sein Blut die Sünden der Menschen sühnt!“
(Neues Testament und Mythologie, 1941, 20)

"„Aus dem Verkündiger ist der Verkündigte geworden.“ Dieses Wort des Theologen Rudolf
Bultmann ist eines der am häufigsten zitierten Worte der theologischen Forschung
überhaupt. Es beschreibt den fundamentalen Unterschied zwischen dem, was Jesus
wollte, und dem, was die Kirche aus ihm gemacht hat. Die Ankündigung des Gottesreichs
spielte für die ersten Christen bald keine Rolle mehr. Für Christen, die aus dem
Heidentum kamen, war der Begriff ohnehin schwer verständlich. Den Christen insgesamt
aber ging es nicht mehr um das Gottesreich, sondern um Christus. Hatte Jesus noch an
Gott geglaubt, so glaubten die ersten Christen an Jesus, hatte Jesus noch den
kommenden Gott verkündet, so verkündigten die ersten Christen den gekreuzigten
Christus, und hatte Jesus noch auf Gottes Erscheinen gewartet, erwarteten die ersten
Christen das Wiedererscheinen Jesu."

Kubitza, Der Jesuswahn
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1093 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Fr 25. Nov 2016, 20:00

Rembremerding hat geschrieben: Nun begann D. F. Strauß damit Mythologie und Historie trennen zu wollen. Diese Entmythologisierung meinte jedoch zu Anfangs niemals das Verfahren einer Elimination, sondern das Verfahren einer Interpretation. Sie ist nicht von negativen, sondern positiven Interesse geleitet. Sie will den bleibenden sachlichen Kern, der im traditionellen Glaubensbekenntnis in mythologisch verschlüsselter Form vorliegt, retten und das bleibende Anliegen in einem dem neuzeitlichen Bewusstsein angemessenen Weise unverstellt zur Sprache bringen.

Das stimmt. Strauß war einer der ersten, der Mythologisches/Legendenhaftes und Historisches von einander zu trennen versuchte. Dabei stellte er bemerkenswerte Thesen auf:

"1. Die im Matthäus- und Lukasevangelium (Mt 1,1-17; Lk 3,23-38) überlieferten Stammbäume können nicht überzeugend miteinander harmonisiert werden. Unabhängig voneinander entstanden, haben sie beide die Funktion, die Anerkennung Jesu als Messias durch den genealogischen Nachweis der Davidssohnschaft zu rechtfertigen.

2. Im Gegensatz zu den Stammbäumen Jesu, die die natürliche Elternschaft Josephs und Marias voraussetzen, berichten die Geburtsgeschichten im Matthäus- und Lukasevangelium von einer übernatürlichen Erzeugung Jesu. Dabei haben mehrere Faktoren auf die Entstehung dieser mythischen Vorstellung eingewirkt: die Vergöttlichung großer Männer und Wohltäter in der griechisch-römischen Antike, der Gedanke der Mitwirkung Gottes bei der Erfüllung eines menschlich kaum realisierbaren Kinderwunschs im Judentum, das wörtlich Nehmen des ursprünglich bildlich gemeinten Messiastitels „Sohn Gottes“.

3. Jesus wurde in Nazareth geboren. Dagegen beruht die von Matthäus und Lukas auf unterschiedliche Weise vorgenommene Lokalisierung in → true auf Fiktion, um das prophetische Postulat von Mi 5,1 zu erfüllen: „Du aber, Bethlehem Ephrata, […] aus dir wird mir hervorgehen, der über Israel herrschen soll“, wonach also Jesus als Messias in Bethlehem geboren sein müsse.

4. Jesus wurde von der Bußpredigt des Täufers angesprochen und ließ sich von ihm taufen, sich offenbar selbst zu den Sündern rechnend. Er gehörte wohl einige Zeit dem Schülerkreis des Täufers an und wurde durch ihn mit der Botschaft vom sich nahenden Messiasreich vertraut gemacht.

5. Die Tendenz der Evangelienüberlieferung geht dahin, Johannes den Täufer Jesus unterzuordnen. Während der historische Täufer einen nach ihm Kommenden ankündigte, ohne diesen mit Jesus zu identifizieren, bildete sich die Geschichte von der Anfrage des Täufers aus dem Gefängnis (Mt 11,2-6) als „der erste, gleichsam noch schüchterne Versuch, den Täufer für Jesum zeugen zu lassen“ (I, 362).

6. Sämtliche in den Evangelien mitgeteilten Begleitumstände von Jesu Taufe sind unhistorisch. Die zugrunde liegende Erzählung von der Herabkunft des Geistes auf Jesus bei seiner Taufe entstand bei solchen Christen, die von einer Erzeugung Jesu durch den Geist nichts wussten.

7. Die Versuchungsgeschichte ist eine urchristliche Sage, die – unter Aufnahme alttestamentlich-jüdischer Vorstellungen und Motive – Jesus zum Eintritt in das Messiasamt die Versuchungen vonseiten des Satans als des Widersachers des Messias siegreich bestehen lässt.

8. Nach der Inhaftierung des Täufers trat Jesus als dessen Schüler zunächst in dessen Fußstapfen, indem er in seiner Umkehrpredigt das Nahen des Reiches Gottes ansagte. Sprach er anfangs vom Kommen des Messias bzw. des Menschensohns als einer von ihm unterschiedenen Person, so setzte sich bei ihm erst allmählich die Überzeugung durch, selbst der Messias zu sein – ein Gedanke, der von außen an ihn herangetragen wurde.

9. Damit ging bei Jesus die Erwartung einher, „den Thron Davids wiederherzustellen und mit seinen Jüngern ein befreites Volk zu beherrschen“ (I, 493). Dies sollte freilich nicht eine politische Umwälzung, sondern eine von Gott bewirkte Revolution ermöglichen.

10. Das mosaische Gesetz schätzte Jesus um dessen religiös-moralischen Kerns willen. Dennoch beabsichtigte er nicht, die rituellen Bestimmungen der Thora aufzuheben.

11. Jesus wandte sich mit seiner Verkündigung an die Angehörigen seines Volks. Heidenmission praktizierte er nicht; diese ist ein nachösterliches Phänomen.

12. Während die synoptischen Evangelien, also das Matthäus-, Markus- und Lukasevangelium, Worte des historischen Jesus am ehesten treu bewahrt haben, sind die „johanneischen Reden Jesu im Ganzen freie Compositionen des Evangelisten“ (I, 675).

13. Jesus wirkte als Exorzist. Dabei bediente er sich keiner äußeren Mittel und Beschwörungen bei einer anderen Macht, sondern er trieb nur durch sein Wort die Dämonen aus.

14. Was die sonstigen in den Evangelien überlieferten Wundertaten Jesu betrifft, können allenfalls solche dem historischen Jesus zugesprochen werden, in denen eine Heilung durch geistige Einwirkung geschieht.

15. Die Geschichte von der Verklärung Jesu ist ein Mythus, der die Verklärung des Mose überbietet, Jesus als den Messias mit seinen beiden Vorläufern Mose und Elia zusammenbringt und seine messianische Würde durch die Himmelsstimme bekräftigt.

16. Die Leidensankündigungen in den Evangelien wurden Jesus nachträglich in den Mund gelegt und haben die Funktion, den schmachvollen Kreuzestod Jesu als Bestandteil des göttlichen Heilsplans erscheinen zu lassen. Entsprechendes gilt für Jesu Voraussagen seiner Auferstehung. Schließlich handelt es sich auch bei den Ankündigungen des Verrats durch Judas, der Verleugnung durch Petrus und der Zerstreuung aller Jünger um im Nachhinein formulierte Weissagungen.

17. Während der endzeitliche Ausblick „Amen, ich sage euch: Ich werde von dem Gewächs des Weinsstocks nicht mehr trinken bis zu jenem Tage, wo ich es neu trinken werde im Reich Gottes“ (Mk 14,25 par Mt 26,29) auf Jesu letztes Mahl zurückgeht, wurden Jesus die Deuteworte beim Abendmahl von den ersten Christen in den Mund gelegt.

18. Die kurze Zeit nach der Kreuzigung Jesu einsetzenden Erscheinungen des auferstandenen Christus sind subjektive, d.h. psychologisch erklärbare Visionen. Nicht nur Jesu Tod, sondern auch seine Auferstehung fanden seine Anhänger im Alten Testament geweissagt. Als nämlich der erste Schrecken nach der Kreuzigung verflogen war, sei in den Jüngern psychologisch ein Bedürfnis entstanden, den Widerspruch zwischen Jesu Hinrichtung und „ihrer früheren Ansicht von ihm aufzulösen, in ihren Begriff vom Messias das Merkmal des Leidens und Todes mit aufzunehmen“ (II, 659). So hätten sie nicht nur den Tod des Messias, sondern auch seine Auferstehung in ihren heiligen Schriften geweissagt gefunden. "

Quelle: bibelwissenschaft.de

Das interessante ist, das viele seiner Thesen noch heute Gültigkeit in der Forschung haben.

"Strauß hat auch als erster erkannt, daß das Johannesevangelium von theologischen Prämissen aus gestaltet und historisch weniger vertrauenswürdiger als die Synoptiker ist"
Gerd Theißen
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1094 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Fr 25. Nov 2016, 20:21

Halman hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Das ist uneingeschränkt richtig.
Uneingeschränkt richtig ist auch, dass "kanonische Exegese" nicht um die neutestamentlichen Quellen herumkommt, will sie ernstgenommen werden. Wenn Jesu einigen seiner Jünger zusichert, dass sie die Ankunft des Menschensohnes und das Kommen des Gottesreiches selbst erleben werden, dies aber NICHT eintrifft, können kanonische Exegeten nicht argumentieren, Jesus könne sich als Sohn Gottes nicht geirrt haben.

Das wäre höchst albern.

Denn: Er hat sich ja geirrt. Und jetzt? :)
Das hatte ich doch gefühlte Tausend mal erklärt. Die Verklärung Jesu wird gründlich missverstanden.

Natürlich ist es ein gründliches Mißverständnis, die Verklärung als Erklärung für die Nahwerwartung zu interpretieren.
Deshalb macht die NT-Forschung dies auch nicht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1095 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Fr 25. Nov 2016, 21:41

sven23 hat geschrieben:Im Gegensatz dazu interessiert die kanonische Exegese nicht der ursprüngliche Sinn eines Textes, sondern ausschließlich der, den ihm spätere Leserschaften zuerkannt haben.
Ja - aber ganz anders, als Du meinst.

Damit ist der Unterschied gemeint, ob man (im konkreten Fall) Jesus ausschließlich aus den zeitnahen Rezeptionen zu verstehen versucht oder auch die Entwicklung des Verständnisses miteinbezieht. - Historisch-kritisch ist man also ausschließlich an den ursprünglichen Texten der Rezeptionen interessiert, während man kanonisch immer den Original-Jesus im Auge hat, der er ist, WENN es Gott gibt, er also göttlicher Natur ist.

Mit anderen Worten: Du zitierst richtig, interpretierst aber ganz anders, weil Du das kanonische (= geistig-kontextuale) Denken überhaupt nicht verstehst - bzw. weil dieses in der HKM aus methodischen Gründen überhaupt keine Rolle spielt.

sven23 hat geschrieben:Somit wird verständlich, warum die neutestamentliche Forschung von der Naherwartung Jesu ausgeht.
In DEINEM Verständnis kann das gut so sein - aber Dein Grundverständnis ist daneben. - Und damit repräsentierst Du möglicherweise einen Strickfehler der HKM in ihrer Hype-Zeit. - Da ist man längst viel weiter.

sven23 hat geschrieben:Geh mal davon aus, dass du Bultmann nicht in Schutz nehmen musst
Ich halte es nach wie vor für möglich, dass Bultmann von einer mythologischen Deutung in eine ontologische Deutung überleiten wollte - diese Möglichkeit soll man ihm nicht absprechen. - Falls er in aller Konsequenz so zu verstehen, wie Du ihn verstehst, würde er auch aus meiner Sicht einen falschen Verständnisweg gehen.

sven23 hat geschrieben: Stammbäume
Da hat Strauß wahrscheinlich recht.

sven23 hat geschrieben:Jesus wurde in Nazareth geboren.
Dito.

sven23 hat geschrieben:Jesus wurde von der Bußpredigt des Täufers angesprochen und ließ sich von ihm taufen, sich offenbar selbst zu den Sündern rechnend.
Das könnte auch anders sein - da müsste man unter Theologen rumhören - da musst Du nur mal nachgucken in wik - da steht ganz anderes.

sven23 hat geschrieben:Die Tendenz der Evangelienüberlieferung geht dahin, Johannes den Täufer Jesus unterzuordnen.
Logisch - Joh. ist Jesus untergeordnet.

sven23 hat geschrieben:Die Versuchungsgeschichte ist eine urchristliche Sage, die – unter Aufnahme alttestamentlich-jüdischer Vorstellungen und Motive – Jesus zum Eintritt in das Messiasamt die Versuchungen vonseiten des Satans als des Widersachers des Messias siegreich bestehen lässt.
Auch logisch - hier wird etwas eingelöst. - Im übrigen ist das eine der Geschichten, die historisch sein können, aber nicht falsifizierbar sind.

sven23 hat geschrieben:Dies sollte freilich nicht eine politische Umwälzung, sondern eine von Gott bewirkte Revolution ermöglichen.
Ja - natürlich. - Es geht um das Reich, das nicht von dieser Welt ist.

sven23 hat geschrieben:Dennoch beabsichtigte er nicht, die rituellen Bestimmungen der Thora aufzuheben.
Möglich - es ging um deren Umdeutung ("Ich aber sage Euch").

sven23 hat geschrieben:Heidenmission praktizierte er nicht; diese ist ein nachösterliches Phänomen.
Auch möglich - es ging erst mal um den Gewinn des "auserwählten Volks" - auf dieser Basis konnte es dann im Sinne von Gen. 18,18 weitergehen: "Abraham soll doch zu einem großen, mächtigen Volk werden, durch ihn sollen alle Völker der Erde Segen erlangen".

sven23 hat geschrieben:Dabei bediente er sich keiner äußeren Mittel und Beschwörungen bei einer anderen Macht, sondern er trieb nur durch sein Wort die Dämonen aus.
Logisch - ER war ja die Macht.

sven23 hat geschrieben:Die Geschichte von der Verklärung Jesu ist ein Mythus, der die Verklärung des Mose überbietet
Möglich. - Auch hier gilt: Historisch möglich, aber nicht falsifizerbar.

sven23 hat geschrieben: Die Leidensankündigungen in den Evangelien wurden Jesus nachträglich in den Mund gelegt
Auch hier müsste man rundum die Theologen befragen.

sven23 hat geschrieben:Die kurze Zeit nach der Kreuzigung Jesu einsetzenden Erscheinungen des auferstandenen Christus sind subjektive, d.h. psychologisch erklärbare Visionen.
ALLES in der Bibel ist säkular erklärbar - weil es unter säkularen Voraussetzungen gar nicht anders geht. - Und wieder gilt: Historisch möglich, aber nicht falsifizierbar.

sven23 hat geschrieben:"Strauß hat auch als erster erkannt, daß das Johannesevangelium von theologischen Prämissen aus gestaltet und historisch weniger vertrauenswürdiger als die Synoptiker ist"
Theißen meint hier sicherlich "historisch-kritisch weniger vertrauenswürdig". - Ob es substantiell vertrauenswürdig ist, kann die HKM nicht entscheiden.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1096 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 26. Nov 2016, 07:01

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Im Gegensatz dazu interessiert die kanonische Exegese nicht der ursprüngliche Sinn eines Textes, sondern ausschließlich der, den ihm spätere Leserschaften zuerkannt haben.
Ja - aber ganz anders, als Du meinst.
Nein, genau so ist sie definiert und das ist ihr Schwachpunkt, weshalb sie in der historischen Jesusforschung nicht zu gebrauchen ist.

closs hat geschrieben: Damit ist der Unterschied gemeint, ob man (im konkreten Fall) Jesus ausschließlich aus den zeitnahen Rezeptionen zu verstehen versucht oder auch die Entwicklung des Verständnisses miteinbezieht. - Historisch-kritisch ist man also ausschließlich an den ursprünglichen Texten der Rezeptionen interessiert, während man kanonisch immer den Original-Jesus im Auge hat, der er ist, WENN es Gott gibt, er also göttlicher Natur ist.
Aus das stimmt so nicht. Es könnte ja, wie manche Theologen annehmen, einen Gott geben, aber er hat halt keinen unehelichen Sohn. Und wie will Kanonik den "Original" Jesus ermitteln? Da bleibt eben nur Fiktion und Fantasy.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Somit wird verständlich, warum die neutestamentliche Forschung von der Naherwartung Jesu ausgeht.
In DEINEM Verständnis kann das gut so sein - aber Dein Grundverständnis ist daneben. - Und damit repräsentierst Du möglicherweise einen Strickfehler der HKM in ihrer Hype-Zeit. - Da ist man längst viel weiter.
Halte ich für ein Gerücht. Große Teile besonders der katholischen Kirche stecken noch in voraufklärerischer Zeit fest.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Geh mal davon aus, dass du Bultmann nicht in Schutz nehmen musst
Ich halte es nach wie vor für möglich, dass Bultmann von einer mythologischen Deutung in eine ontologische Deutung überleiten wollte - diese Möglichkeit soll man ihm nicht absprechen. - Falls er in aller Konsequenz so zu verstehen, wie Du ihn verstehst, würde er auch aus meiner Sicht einen falschen Verständnisweg gehen.
Bultmann sagt: Jesus ist nicht leiblich auferstanden, sondern in die Predigt der Kirche. Aus dem Verkünder wurde der Verkündete. Da hat er sicherlich Recht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Stammbäume
Da hat Strauß wahrscheinlich recht
Sicher hat er das. Die Geburtslegenden wurden benötigt, um den Wanderprediger den passenden Background zu verpassen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jesus wurde in Nazareth geboren.
Dito.
Dito.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Jesus wurde von der Bußpredigt des Täufers angesprochen und ließ sich von ihm taufen, sich offenbar selbst zu den Sündern rechnend.
Das könnte auch anders sein - da müsste man unter Theologen rumhören - da musst Du nur mal nachgucken in wik - da steht ganz anderes.
Gerade, weil sie Jesus als Sünder taufen ließ, sorgte das in der Urgemeinde für Verwirrung. Kritiker fragten berechtigterweise, warum sich der Sohn Gottes als Sünder sieht. Daraufhin sahen sich die Schreiber genötigt, die Legende vom sich öffnendem Himmel über der Taufszene zu erfinden. Die Legendenbildung war also noch im Fluss und ein wechselseitiger Prozess.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Tendenz der Evangelienüberlieferung geht dahin, Johannes den Täufer Jesus unterzuordnen.
Logisch - Joh. ist Jesus untergeordnet.
Logisch ist das überhaupt nicht, denn Jesus war sein "Schüler".

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Versuchungsgeschichte ist eine urchristliche Sage, die – unter Aufnahme alttestamentlich-jüdischer Vorstellungen und Motive – Jesus zum Eintritt in das Messiasamt die Versuchungen vonseiten des Satans als des Widersachers des Messias siegreich bestehen lässt.
Auch logisch - hier wird etwas eingelöst. - Im übrigen ist das eine der Geschichten, die historisch sein können, aber nicht falsifizierbar sind.
Eher unwahrscheinlich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dies sollte freilich nicht eine politische Umwälzung, sondern eine von Gott bewirkte Revolution ermöglichen.
Ja - natürlich. - Es geht um das Reich, das nicht von dieser Welt ist.
Nein, die Königsherrschaft sollte auf dieser Erde stattfinden.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dennoch beabsichtigte er nicht, die rituellen Bestimmungen der Thora aufzuheben.
Möglich - es ging um deren Umdeutung ("Ich aber sage Euch").
Nein, in vielen Punkten war er für eine Thoraverschärfung. Die Beschneidung hat er als Jude sicher nicht abschaffen wollen. Das war die Idee des Paulus, weil sie die Heidenmission erschwerte.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Heidenmission praktizierte er nicht; diese ist ein nachösterliches Phänomen.
Auch möglich - es ging erst mal um den Gewinn des "auserwählten Volks" -
"Ich bin zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt...." ist die Botschaft des Juden Jesus. Heidenmission und Weltmission hat er nie gewollt, das sind nachträgliche Zuschreibungen.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Geschichte von der Verklärung Jesu ist ein Mythus, der die Verklärung des Mose überbietet
Möglich. - Auch hier gilt: Historisch möglich, aber nicht falsifizerbar.
Eher unwahrscheinlich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Leidensankündigungen in den Evangelien wurden Jesus nachträglich in den Mund gelegt
Auch hier müsste man rundum die Theologen befragen.
Die Theologen der neutestamentlichen Forschung reichen mir da. Glaubensdogmatiker oder Wald- und Wiesentheologen sind da nicht die kompententen Ansprechpartner.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die kurze Zeit nach der Kreuzigung Jesu einsetzenden Erscheinungen des auferstandenen Christus sind subjektive, d.h. psychologisch erklärbare Visionen.
ALLES in der Bibel ist säkular erklärbar - weil es unter säkularen Voraussetzungen gar nicht anders geht. - Und wieder gilt: Historisch möglich, aber nicht falsifizierbar.
Ist das Spaghettimonster auch nicht oder der aztekische Gott, der Menschenopfer verlangt. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:"Strauß hat auch als erster erkannt, daß das Johannesevangelium von theologischen Prämissen aus gestaltet und historisch weniger vertrauenswürdiger als die Synoptiker ist"
Theißen meint hier sicherlich "historisch-kritisch weniger vertrauenswürdig". - Ob es substantiell vertrauenswürdig ist, kann die HKM nicht entscheiden.
Wenn Theißen historisch sagt, dann meint er auch historisch. Diese Einschätzung der Forschung hat sich bemerkenswerter Weise seit Strauß nicht geändert.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1097 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 26. Nov 2016, 09:44

sven23 hat geschrieben:Nein, genau so ist sie definiert
Es ist so definiert, wie Du es zitierst. - Aber wie Du siehst, kann man es unterschiedlich interpretieren.

sven23 hat geschrieben: wie will Kanonik den "Original" Jesus ermitteln?
Gar nicht - das ist IHRE Setzung. - Insofern hast Du Recht, dass die HKM die bessere Methodik ist, wenn Jesus NICHT göttlich ist - was aber eben nicht falsifizierbar ist. - Also setzt der eine dieses und der andere jenes.

sven23 hat geschrieben:Große Teile besonders der katholischen Kirche stecken noch in voraufklärerischer Zeit fest.
Erstens kann dies im Gegensatz zum heutigen Verständnis von "Aufklärung" fortgeschrittener sein. - Zweitens hast Du in Teilen wirklich recht: Es gibt innerhalb des Katholizismus Strömungen, die aus meiner Sicht nicht akzeptabel sind - dazu muss man sich nur KTV (oder so ähnlich) angucken.

sven23 hat geschrieben:Bultmann sagt: Jesus ist nicht leiblich auferstanden, sondern in die Predigt der Kirche.
Das kann niemand wissen, also auch nicht er.

sven23 hat geschrieben:Kritiker fragten berechtigterweise, warum sich der Sohn Gottes als Sünder sieht.
Auch hier: Auf Ebene 1 mag das stimmen, auf Ebene 2 ist es falsch.

sven23 hat geschrieben:Logisch ist das überhaupt nicht, denn Jesus war sein "Schüler".
Ja - er war ja älter. - Aber er hat nicht umsonst gecheckt, dass er es vom Rang her NICHT ist. - Joh. d.T. war "Coach".

sven23 hat geschrieben:Eher unwahrscheinlich.
Nach welchen Kriterien?

sven23 hat geschrieben:die Königsherrschaft sollte auf dieser Erde stattfinden.
Auf Ebene 1 mag das stimmen, auf Ebene 2 ist es falsch.

sven23 hat geschrieben:Heidenmission und Weltmission hat er nie gewollt
Woher willst Du das wissen? - Weltmission ist eine Einlösung des AT.

sven23 hat geschrieben:Die Theologen der neutestamentlichen Forschung reichen mir da.
Das heisst: Nur Ebene 1. - Wir haben die merkwürdige Situation, dass "Theologen 1" sich als ausreichend halten, während sie für "Theologen 2" nicht mehr als eine flankierende Funktion zur "richtigen" Bibel-Auslegung einnehmen. - Da gibt es einen inner-theologischen Konflikt.

sven23 hat geschrieben:Ist das Spaghettimonster auch nicht oder der aztekische Gott, der Menschenopfer verlangt.
Es gibt eine Teilmenge nicht-falsifizierbarer Motive, die problemlos historisch sein könnten. - Dazu gehört das Spaghettimonster mit Wahrscheinlichkeit nahe 1 NICHT. :lol:

sven23 hat geschrieben:Wenn Theißen historisch sagt, dann meint er auch historisch.
Er meint es aber im Sinne von historisch-kritisch. - Er meint: "Alles, was historisch-kritisch belegbar ist, ist historisch".

Dagegen ist im Grunde nichts einzuwenden - wenn man hinzufügt, dass nicht allles, was historisch ist, historisch-kritisch belegbar sein muss.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1098 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 26. Nov 2016, 11:16

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, genau so ist sie definiert
Es ist so definiert, wie Du es zitierst. - Aber wie Du siehst, kann man es unterschiedlich interpretieren.
Ich weiß, dass Uminterpretieren dein Lieblingshobby ist. Aber wenn eine Definition einigermaßen klar ist, dann sind auch der Interpretation Grenzen gesetzt. Deshalb kann die Forschung deinem Ansatz nicht folgen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: wie will Kanonik den "Original" Jesus ermitteln?
Gar nicht - das ist IHRE Setzung. - Insofern hast Du Recht, dass die HKM die bessere Methodik ist, wenn Jesus NICHT göttlich ist - was aber eben nicht falsifizierbar ist. - Also setzt der eine dieses und der andere jenes.
Welche Glaubenskonstrukte man auch immer untersucht; man muß nicht "setzen", dass die Glaubensinhalte wahr sind. Damit würde man nur zirkelschlüssig jedes Glaubenskonstrukt "beweisen". Was soll das bringen?
Auch das Christentum hat hier keine Extrawurst zu beanspruchen, nur weil closs in dieser Religion sozialisiert wurde. :roll:
So lange das nicht begriffen wird, greift jeder Ansatz ins Leere.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Große Teile besonders der katholischen Kirche stecken noch in voraufklärerischer Zeit fest.
Erstens kann dies im Gegensatz zum heutigen Verständnis von "Aufklärung" fortgeschrittener sein. - Zweitens hast Du in Teilen wirklich recht: Es gibt innerhalb des Katholizismus Strömungen, die aus meiner Sicht nicht akzeptabel sind - dazu muss man sich nur KTV (oder so ähnlich) angucken.
Ich meine aber auch die offizielle Amtskirche mit ihrem verknöcherten Dogmenapparat.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Bultmann sagt: Jesus ist nicht leiblich auferstanden, sondern in die Predigt der Kirche.
Das kann niemand wissen, also auch nicht er.
Es ist unwahrscheinlich. Hier eine Singularität zu postulieren, ist ja nur dem Umstand der eigenen Religionszugehörigkeit geschuldet. Würde man alles, was in Religionen mythisch und legendenhaft ist, als historische Tatsachen postulieren, wären wir im günstigen Fall im Phantasialand oder im schlimmsten Fall im Horrorkabinett.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Kritiker fragten berechtigterweise, warum sich der Sohn Gottes als Sünder sieht.
Auch hier: Auf Ebene 1 mag das stimmen, auf Ebene 2 ist es falsch.
Ebene 1 ist nun mal die wissenschaftliche und nur die interessiert in der historischen Forschung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Logisch ist das überhaupt nicht, denn Jesus war sein "Schüler".
Ja - er war ja älter. - Aber er hat nicht umsonst gecheckt, dass er es vom Rang her NICHT ist. - Joh. d.T. war "Coach".
Das Schüler-Lehrer Verhältnis wurde ja später umgedreht, nachdem man Jesus vergottet hat und die Taufe zum Problem wurde.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Eher unwahrscheinlich.
Nach welchen Kriterien?
Nach den Kriterien der Vernunft und der Forschungsergebnisse. Bei einem Mindestmass an intellektueller Redlichkeit kann man nicht alles ignorieren.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:die Königsherrschaft sollte auf dieser Erde stattfinden.
Auf Ebene 1 mag das stimmen, auf Ebene 2 ist es falsch.
Wie schon gesagt: in der historischen Jesusforschung interessiert nur die Ebene 1, also das, was der Fall war.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Heidenmission und Weltmission hat er nie gewollt
Woher willst Du das wissen? - Weltmission ist eine Einlösung des AT.
Da ist sich die neutestamentliche Forschung ziemlich einig. Seit Strauß hat sich da nichts geändert. Der Jude Jesus wollte seine jüdischen Glaubensbrüder wegen der unmittelbar bevorstehenden Gottesherrschaft zur Umkehr bewegen, ansonsten sah er sie als dem Gericht verfallen an.
"Ich bin gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel...."
"Ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen..."

Die Heidenmission und die Weltmission sind spätere Erfindungen, besonders von Paulus, als er erkennen mußte, dass das traditionelle Judentum der neuen Sekte nichts abgewinnen konnte und das Gottesreich zu Lebzeiten wohl nicht mehr kommen würde.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ist das Spaghettimonster auch nicht oder der aztekische Gott, der Menschenopfer verlangt.
Es gibt eine Teilmenge nicht-falsifizierbarer Motive, die problemlos historisch sein könnten. - Dazu gehört das Spaghettimonster mit Wahrscheinlichkeit nahe 1 NICHT. :lol:
Aber der aztekische Gott? Oder Tausende anderer Götter und ihre oft bizarren Eigenschaften und Forderungen?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn Theißen historisch sagt, dann meint er auch historisch.
Er meint es aber im Sinne von historisch-kritisch. - Er meint: "Alles, was historisch-kritisch belegbar ist, ist historisch".

Dagegen ist im Grunde nichts einzuwenden - wenn man hinzufügt, dass nicht allles, was historisch ist, historisch-kritisch belegbar sein muss.
Wenn etwas historisch-kritisch nicht nachweisbar ist, dann doch wohl nur auf Grund dünner oder nicht vorhandener Quellenlage und nicht wegen irgendwelcher obskurer Umstände, die sich einer Überprüfung angeblich prinzipiell entziehen.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

closs
Beiträge: 39690
Registriert: Fr 19. Apr 2013, 20:39

#1099 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » Sa 26. Nov 2016, 15:14

sven23 hat geschrieben:Deshalb kann die Forschung deinem Ansatz nicht folgen.
Dann hätte die HKM die Sicht verdrängt, die man hat, wenn man von außerhalb in anderen Disziplinen draufguckt.

sven23 hat geschrieben:Welche Glaubenskonstrukte man auch immer untersucht; man muß nicht "setzen", dass die Glaubensinhalte wahr sind.
Da es aber eine historisch relevante Möglichkeit ist, sollte man es einbeziehen - tut man es nicht, deckt man das Feld so ab, als seien die Glaubensinhalte falsch. - Das ist voll ok - aber man sollte sich dessen auch bewusst sein.

sven23 hat geschrieben:Ich meine aber auch die offizielle Amtskirche mit ihrem verknöcherten Dogmenapparat.
Wie willst Du das aus HKM-Sicht beurteilen können?

sven23 hat geschrieben:Es ist unwahrscheinlich.
Je nach (nicht-falsifizierbarer) Perspektive. - Wenn Du sagst "Unter säkularen HKM-Gesichtspunkten ist es unwahrscheinlich", macht es Sinn. - Ob es historisch Sinn macht, hängt davon ab, welche der Setzungen korrekt ist - genau das aber ist nicht falsifizierbar.

sven23 hat geschrieben:Ebene 1 ist nun mal die wissenschaftliche und nur die interessiert in der historischen Forschung.
Wenn man Wissenschaft so definiert, heisst dies, dass sie nur auf "Ebene 1" Aussagen treffen kann. - Das ist voll ok - aber man sollte sich dessen auch bewusst sein.

sven23 hat geschrieben:Nach den Kriterien der Vernunft und der Forschungsergebnisse. Bei einem Mindestmass an intellektueller Redlichkeit kann man nicht alles ignorieren.
Das ist wieder mal ein Setzungs-Koloss, der alles auf Anthropozentrismus konzentriert - UND: Man meint damit auch noch, man sei "redlich" und andere, die evt. viel weiter sind, nicht. - So lässt es sich gut einlullen.

sven23 hat geschrieben:Aber der aztekische Gott? Oder Tausende anderer Götter und ihre oft bizarren Eigenschaften und Forderungen?
Persönlich vermute ich schon, dass Jesus eine diesbezügliche Singularität ist - aber das ist natürlich nicht beweisbar. - Eine ganz andere Frage wäre: Was ist eigentlich "Realität"?

Wie würde man es nennen, wenn auch durch einen aztektischen Gott etwas offenbarungs-mäßig gezeigt wird, was auf das hin-weist, was "real" ist/sein kann ("Gott")? - Wäre eine solche Offenbarung dann "real" oder nicht? (Ich weiss es selbst nicht, weil es die Frage berührt, wie man das, was der Fall ist, benennen soll)

sven23 hat geschrieben:Wenn etwas historisch-kritisch nicht nachweisbar ist, dann doch wohl nur auf Grund dünner oder nicht vorhandener Quellenlage
Nee - vielmehr, weil es an sich nicht nachweisbar ist. - Beispiel:

Stelle Dir vor, ALLE NT-Quellen würden berichten, dass Jesus leiblich auferstanden sei. - Würde dann die HKM sagen "Jawoll - Jesus ist leiblich-historisch auferstanden?". - Ich glaube, nein.

Benutzeravatar
sven23
Beiträge: 23476
Registriert: Fr 10. Mai 2013, 15:55

#1100 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » Sa 26. Nov 2016, 15:47

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Deshalb kann die Forschung deinem Ansatz nicht folgen.
Dann hätte die HKM die Sicht verdrängt, die man hat, wenn man von außerhalb in anderen Disziplinen draufguckt.
Nein, auch andere Disziplinen wie die Archäologie finden in der Forschung selbstverständlich ihre Berücksichtigung.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Welche Glaubenskonstrukte man auch immer untersucht; man muß nicht "setzen", dass die Glaubensinhalte wahr sind.
Da es aber eine historisch relevante Möglichkeit ist, sollte man es einbeziehen - tut man es nicht, deckt man das Feld so ab, als seien die Glaubensinhalte falsch. - Das ist voll ok - aber man sollte sich dessen auch bewusst sein.
Was soll es bringen, jeden noch so großen Unsinn als "wahr" anzunehmen? So läßt sich auch der größte Unfug zirkelreferent "beweisen". Gewonnen ist damit überhaupt nichts.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich meine aber auch die offizielle Amtskirche mit ihrem verknöcherten Dogmenapparat.
Wie willst Du das aus HKM-Sicht beurteilen können?
Das sage ich nicht nur aus HKM Sicht, sondern als normaler Staatsbürger mit einem ansehnlichen Rest an gesundem Menschenverstand. :lol:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist unwahrscheinlich.
Je nach (nicht-falsifizierbarer) Perspektive. - Wenn Du sagst "Unter säkularen HKM-Gesichtspunkten ist es unwahrscheinlich", macht es Sinn. - Ob es historisch Sinn macht, hängt davon ab, welche der Setzungen korrekt ist - genau das aber ist nicht falsifizierbar.
Wie schon oft gesagt: Nicht Falsifizierbarkeit ist kein Qualitätskriterium, sondern im Gegenteil ein Hinweis, dass etwas oberfaul ist.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ebene 1 ist nun mal die wissenschaftliche und nur die interessiert in der historischen Forschung.
Wenn man Wissenschaft so definiert, heisst dies, dass sie nur auf "Ebene 1" Aussagen treffen kann. - Das ist voll ok - aber man sollte sich dessen auch bewusst sein.
Dessen ist man sich bewußt. Siehe Theißens Vorwort oder generell die Forschung. Es ist nicht Aufgabe der Forschung, Glaubensinhalte auf deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Das ist auf Grund ihrer irrationalen und "übernatürlichen" Inhalte auch gar nicht möglich. Trotzdem kann man die Entstehung dieser Konstrukte untersuchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nach den Kriterien der Vernunft und der Forschungsergebnisse. Bei einem Mindestmass an intellektueller Redlichkeit kann man nicht alles ignorieren.
Das ist wieder mal ein Setzungs-Koloss, der alles auf Anthropozentrismus konzentriert - UND: Man meint damit auch noch, man sei "redlich" und andere, die evt. viel weiter sind, nicht. - So lässt es sich gut einlullen.
Man darf sich seitens der Glaubensdogmatiker nicht wundern, wenn dieser Vorwurf erhoben wird. Alles einfach ignorieren ist keine Lösung.


closs hat geschrieben: Wie würde man es nennen, wenn auch durch einen aztektischen Gott etwas offenbarungs-mäßig gezeigt wird, was auf das hin-weist, was "real" ist/sein kann ("Gott")? - Wäre eine solche Offenbarung dann "real" oder nicht? (Ich weiss es selbst nicht, weil es die Frage berührt, wie man das, was der Fall ist, benennen soll)
Offenbarung ist im Zusammenhang mit Religionen wohl eines der am meisten mißbrauchten Worthülsen. Kant hatte Recht, wenn er davon nichts hielt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn etwas historisch-kritisch nicht nachweisbar ist, dann doch wohl nur auf Grund dünner oder nicht vorhandener Quellenlage
Nee - vielmehr, weil es an sich nicht nachweisbar ist. - Beispiel:

Stelle Dir vor, ALLE NT-Quellen würden berichten, dass Jesus leiblich auferstanden sei. - Würde dann die HKM sagen "Jawoll - Jesus ist leiblich-historisch auferstanden?". - Ich glaube, nein.
Es wäre in der Tat schwierig, genau so wie alle anderen schwer zu glaubenden Irrationalitäten der 56 anderen Evangelien.
Zur Auferstehung wäre ja noch kritisch anzumerken, dass es viel sinnvoller gewesen wäre, Jesus wäre seinen Widersachern erschienen. Das hätte doch deutlich mehr Gewicht gehabt und hätte mehr Eindruck gemacht. 3 mal darfst du raten, warum dies nicht geschah. ;)
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Gesperrt