Das werden wir am Ende sehen.Thaddäus hat geschrieben:Da stecken gleich zwei Fehler drin, ein weniger schlimmer und ein gewaltiger
Leider etwas komplizierter.Thaddäus hat geschrieben:Wenn du also behauptest, für Gott gäbe es eine Teleologie, dann behauptest du, Gott hat der Welt, der Geschichte, der Natur etc. bei der Schöpfung ein inhärentes Ziel mitgegeben, auf welches alle Entwicklungen und alle Geschichte hinauslaufen.
Wenn die Wissenschaft mit ihren Mitteln nachweist, dass die ET kein vorherbestimmtes Ziel hat, sondern sich zufällig/chaotisch entwickelt (so verstand ich die Naturwissenschaftler an Bord), dann glaube ich dies - also keine Kontroverse hier. Man schließt daraus (auch hier eine Aussage unserer Naturwissenschaftler), die Teleologie sei falsifiziert.
Für die ET selbst mag dies zutreffen, sagt aber nichts darüber aus, ob bspw. das Schicksal des Menschen sich zufällig/chaotisch ergeben würde - so weit gehend, dass sogar einige Christen nickend zustimmen, Gott wisse selbst nicht, wie es weiter liefe, weshalb er immer abwarten müsse, wann er einzugreifen habe. - Dem gegenüber steht die Ansicht, dass Gott "in den Urtagen" (vgl. 2.Kön. 25,19) alles gefügt/geplant habe, was seit der Schöpfung nur noch abzulaufen hat (wie dies zu interpretieren wäre, wäre eine eigene Diskussion).
Es stehen sich also zwei "Wahrheiten" und somit eine "doppelte Wahrheit" gegenüber:
a) Der Mensch entwickelt sich, auch in Bezug auf sein Schicksal, zufällig/chaotisch und mit offenen Ende - sozusagen "ergebnisoffen".
b) Des Menschen Schicksal ist "seit den Urtagen" bekannt - Gott weiss also bereits "heute", dass Thaddäus am 27.2. 2079 um 3 Uhr 24 in der Speerstraße 15 in Hamburg versterben wird.
Beide Aussagen sind korrekt:
a) Es gibt keine Möglichkeit, eine Determinierung (wir können dieses Wort für Teleologie benutzen, wenn es aus Deiner Sicht besser passt) des Menschen zu erkennen - es gibt keine Anzeichen dafür, die irgendwie wissenschaftlich greifbar wären.
b) Gottes Wissen steht darüber.
Wir haben also eine "doppelte Wahrheit" auf Menschen-Ebene a) und auf Gottes-Ebene b) - zwei Ebenen, die nicht in Konkurrenz zueinander stehen.
Ja - je nach Ebene/Dimension des Subjekts und Wissen des Beobachters.Thaddäus hat geschrieben:Du behauptest, aus der Sicht der Evolutionstheorie gibt es keine Teleologie <oder Determinierung, wenn es besser so passt>, aus der Sicht Gottes aber schon und beides seien gleichzeitig wahre Aussagen über die Welt.
Wenn Du mit "Welt" "Daseins-Welt" meinst, gebe ich Dir sogar recht - ob es inner-weltlich doch perspektiven-abhängige Wahrheiten geben kann, wäre zu testen - aber bei diesem Bsp. hast Du recht. - Aber was ändert dies an der Realität/Wirklichkeit, WENN es ist?Thaddäus hat geschrieben:Behauptest du aber, das sei eine wissenschaftlich-theologisch-philosophisch korrekte Aussage über die Welt, dann ist sie in aller Form zurückzuweisen.
Eine Einschränkung noch:
Eine THEOLOGISCH mögliche korrekte Aussage über die Welt (im Sinne ihrer Stellung gegenüber Gott) ist meine Aussage natürlich schon - denn was wäre Theologie, wenn sie Gott nicht in ihren Aussagen miteinbezieht.
Wenn Dein Schwerpunkt lautet "theologisch-WISSENSCHAFTLICH", hast Du wiederum recht, weil sich Wissenschaft (in der von Dir vertretenen Definition) nur auf Falsifizierbares beziehen kann - dies würde jedoch nichts an "Realtät/Wirklichkeit" ändern, sondern einmal mehr am sehr begrenzten Mandat der Wissenschaft innerhalb der Theologie, WENN man "Theologie" nicht nur als "Wissenschaft bezüglich des Phänomens Religion und dem darin zwangsläufig erscheinenden Begriffs "Gott", sondern auch als "Lehre von Gott" versteht. - Alles eine reine Definitions-Frage mit entsprechenden Folgen, die aber - ich wiederhole - nichts an der Realität/Wirklichkeit (welche auch immer), die "ist", ändert.
Falls ich richtig verstehe, ist dies ein "gewaltiger Fehler" in DEINER Darstellung.Thaddäus hat geschrieben:Ganz abgesehen davon, dass du Gott einmal mehr als fact in the world einfach setzt (und damit Ockhams ontologisches Sparsamkeitsprinzip verletzt), welcher als eben fact in the world auch von den Naturwissenschaften anerkannt werden muss
Was kann den Gott dafür, dass Ockham ihn nicht in seiner Methodik/seinem Lehrsatz berücksichtigen kann? - Wo steht geschrieben, dass Gott als fact in the world naturwissenschaftlich anerkannt sein muss? - Das ist Babel pur. - Das Brötchen entscheidet, ob es einen Bäcker gibt. - Das ist Ideologie.
Wir beziehen uns hier auf den christlichen Gott des NT, soweit es nicht ausdrücklich anderslautend gekennzeichnet ist.Thaddäus hat geschrieben:ass du nicht einmal angeben kannst, für welchen Gott es selbstverständlich eine Teleologie gibt.
Wäre dialektisch und logisch sehr schwer vertretbar - aber mit entsprechenden Prämissen/Definitionen, was "Gott" ist, könntest Du es selbstverständlich hinkriegen.Thaddäus hat geschrieben:Gegen deine Behauptung, es gäbe für "Gott" selbstverständlich eine Teleologie können ich und jeder Andere jederzeit einwenden, dass es für den evangelischen Gott keine Teleologie gibt
Was uns wieder zu dem Punkt führt, dass unsere Wahrnehmungs-Definitionen von "Gott" gesetzt werden müssen - also je nach eigener geistigen Konstitution nicht-falsifizierbar als Modell in den Raum gestellt werden müssen - bei Gott geht es nicht anders. - Wenn Du nun dagegen hältst, dass dann keine Wissenschaft möglich sei, wirst Du nach Deiner Definition recht haben - und gleichzeitig unterstreichen, dass dann Wissenschaft nur eine periphäre Rolle in der Theologie (als Lehre von Gott) bzw. als philosophische Spezial-Disziplin spielen kann - es kommt immer auf's selbe raus.
Wenn die Begriffe, die im Rahmen dieser Setzung benutzt werden, definiert werden, bringt es alle nötigen Voraussetzungen, um weitere Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.Thaddäus hat geschrieben:Deine Setzung birngt also absolut nichts!
Nur wenn Du "intellektuell redlich" auf die Frage beziehst, ob kanonisches Exegese wissenschaftlich im von Dir vertretenen Sinne sein kann, hast Du recht. - Aber auch dann wäre dies insofern ein Bumerang, weil damit die periphäre Funktion von Wissenschaft (in Deinem Sinne) zementiert werden würde.Thaddäus hat geschrieben:Die kanonische Exegese stellt keinen intellektuell redlichen Weg dar, weil sie letztlich als ein Versuch gewertet werden muss, sich gegen die Kritik durch die HKM zu immunisieren, durch nicht-wissenschaftliche interpretatorische Konstruktionen.
Also: "Wie hätten Sie's denn gerne?" - Duschen und nicht nass werden, geht nicht.
Du überschätzt die HKM - und das ist wirklich nicht herabwürdigend gemeint.Thaddäus hat geschrieben:Also entweder kann die Dekonstruktion des kirchlichen Jesusbildes durch die HKM auf ebenfalls wissenschaftlichem Wege zurückgewiesen werden (indem man ihre Ergebnisse wirklich wissenschaftlich relativieren kann); oder der Glaube muss sich auf der Grundlage der kritischen Ergebnisse der HKM neu orientieren und diese Ergebnisse sinnvoll integrieren können.
Denn es ist überhaupt nicht die Frage, dass sich "der Glaube" an HKM-Ergebnissen zu orientieren habe. - Mir ist keine wissenschaftlich disziplinierte Aussage der HKM bekannt, die dies nahelegen könnte. - Vor allem: Wie sollte Geistiges (Spirituelles) als Nicht-Falsifizierbares überhaupt von Wissenschaft in Frage gestellt oder zur Korrektur gezwungen sein KÖNNEN? - Ist mir rein logisch nicht ergründbar.
Im übrigen verstehe ich Ratzi eh ganz anders:
Er versteht die (geistige) kanonische Exegese gar nicht als Konkurrenz zur ("technischen") HKM-Exegese, sondern versteht HKM als Grundlage, auf der die kanonische Exegese besonders gut gelingt. - Der Ansatz, von einem sachlichen Konkurrenz-Verhältnis zu sprechen, ist an sich völlig falsch, wird aber so kommuniziert - da ersetzt ein Kulturkampf die spirituell-intellektuelle Redlichkeit.
Wie auch immer:
Die entscheidende Fehl-Weichenstellung ist, wenn man setzt, dass Gott als fact in the world von den Naturwissenschaften anerkannt werden muss. - Dies ist der Schnitzer ganz am Anfang, der einen Rattenschwanz hanebüchener Fehleinschätzungen nach sich zieht.