Alles Teufelszeug?

closs
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#1091 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Di 23. Feb 2016, 21:30

Thaddäus hat geschrieben:Da stecken gleich zwei Fehler drin, ein weniger schlimmer und ein gewaltiger
Das werden wir am Ende sehen.

Thaddäus hat geschrieben:Wenn du also behauptest, für Gott gäbe es eine Teleologie, dann behauptest du, Gott hat der Welt, der Geschichte, der Natur etc. bei der Schöpfung ein inhärentes Ziel mitgegeben, auf welches alle Entwicklungen und alle Geschichte hinauslaufen.
Leider etwas komplizierter.

Wenn die Wissenschaft mit ihren Mitteln nachweist, dass die ET kein vorherbestimmtes Ziel hat, sondern sich zufällig/chaotisch entwickelt (so verstand ich die Naturwissenschaftler an Bord), dann glaube ich dies - also keine Kontroverse hier. Man schließt daraus (auch hier eine Aussage unserer Naturwissenschaftler), die Teleologie sei falsifiziert.

Für die ET selbst mag dies zutreffen, sagt aber nichts darüber aus, ob bspw. das Schicksal des Menschen sich zufällig/chaotisch ergeben würde - so weit gehend, dass sogar einige Christen nickend zustimmen, Gott wisse selbst nicht, wie es weiter liefe, weshalb er immer abwarten müsse, wann er einzugreifen habe. - Dem gegenüber steht die Ansicht, dass Gott "in den Urtagen" (vgl. 2.Kön. 25,19) alles gefügt/geplant habe, was seit der Schöpfung nur noch abzulaufen hat (wie dies zu interpretieren wäre, wäre eine eigene Diskussion).

Es stehen sich also zwei "Wahrheiten" und somit eine "doppelte Wahrheit" gegenüber:
a) Der Mensch entwickelt sich, auch in Bezug auf sein Schicksal, zufällig/chaotisch und mit offenen Ende - sozusagen "ergebnisoffen".
b) Des Menschen Schicksal ist "seit den Urtagen" bekannt - Gott weiss also bereits "heute", dass Thaddäus am 27.2. 2079 um 3 Uhr 24 in der Speerstraße 15 in Hamburg versterben wird.

Beide Aussagen sind korrekt:
a) Es gibt keine Möglichkeit, eine Determinierung (wir können dieses Wort für Teleologie benutzen, wenn es aus Deiner Sicht besser passt) des Menschen zu erkennen - es gibt keine Anzeichen dafür, die irgendwie wissenschaftlich greifbar wären.
b) Gottes Wissen steht darüber.
Wir haben also eine "doppelte Wahrheit" auf Menschen-Ebene a) und auf Gottes-Ebene b) - zwei Ebenen, die nicht in Konkurrenz zueinander stehen.

Thaddäus hat geschrieben:Du behauptest, aus der Sicht der Evolutionstheorie gibt es keine Teleologie <oder Determinierung, wenn es besser so passt>, aus der Sicht Gottes aber schon und beides seien gleichzeitig wahre Aussagen über die Welt.
Ja - je nach Ebene/Dimension des Subjekts und Wissen des Beobachters.

Thaddäus hat geschrieben:Behauptest du aber, das sei eine wissenschaftlich-theologisch-philosophisch korrekte Aussage über die Welt, dann ist sie in aller Form zurückzuweisen.
Wenn Du mit "Welt" "Daseins-Welt" meinst, gebe ich Dir sogar recht - ob es inner-weltlich doch perspektiven-abhängige Wahrheiten geben kann, wäre zu testen - aber bei diesem Bsp. hast Du recht. - Aber was ändert dies an der Realität/Wirklichkeit, WENN es ist?

Eine Einschränkung noch:
Eine THEOLOGISCH mögliche korrekte Aussage über die Welt (im Sinne ihrer Stellung gegenüber Gott) ist meine Aussage natürlich schon - denn was wäre Theologie, wenn sie Gott nicht in ihren Aussagen miteinbezieht.

Wenn Dein Schwerpunkt lautet "theologisch-WISSENSCHAFTLICH", hast Du wiederum recht, weil sich Wissenschaft (in der von Dir vertretenen Definition) nur auf Falsifizierbares beziehen kann - dies würde jedoch nichts an "Realtät/Wirklichkeit" ändern, sondern einmal mehr am sehr begrenzten Mandat der Wissenschaft innerhalb der Theologie, WENN man "Theologie" nicht nur als "Wissenschaft bezüglich des Phänomens Religion und dem darin zwangsläufig erscheinenden Begriffs "Gott", sondern auch als "Lehre von Gott" versteht. - Alles eine reine Definitions-Frage mit entsprechenden Folgen, die aber - ich wiederhole - nichts an der Realität/Wirklichkeit (welche auch immer), die "ist", ändert.

Thaddäus hat geschrieben:Ganz abgesehen davon, dass du Gott einmal mehr als fact in the world einfach setzt (und damit Ockhams ontologisches Sparsamkeitsprinzip verletzt), welcher als eben fact in the world auch von den Naturwissenschaften anerkannt werden muss
Falls ich richtig verstehe, ist dies ein "gewaltiger Fehler" in DEINER Darstellung.

Was kann den Gott dafür, dass Ockham ihn nicht in seiner Methodik/seinem Lehrsatz berücksichtigen kann? - Wo steht geschrieben, dass Gott als fact in the world naturwissenschaftlich anerkannt sein muss? - Das ist Babel pur. - Das Brötchen entscheidet, ob es einen Bäcker gibt. - Das ist Ideologie.

Thaddäus hat geschrieben:ass du nicht einmal angeben kannst, für welchen Gott es selbstverständlich eine Teleologie gibt.
Wir beziehen uns hier auf den christlichen Gott des NT, soweit es nicht ausdrücklich anderslautend gekennzeichnet ist.

Thaddäus hat geschrieben:Gegen deine Behauptung, es gäbe für "Gott" selbstverständlich eine Teleologie können ich und jeder Andere jederzeit einwenden, dass es für den evangelischen Gott keine Teleologie gibt
Wäre dialektisch und logisch sehr schwer vertretbar - aber mit entsprechenden Prämissen/Definitionen, was "Gott" ist, könntest Du es selbstverständlich hinkriegen.

Was uns wieder zu dem Punkt führt, dass unsere Wahrnehmungs-Definitionen von "Gott" gesetzt werden müssen - also je nach eigener geistigen Konstitution nicht-falsifizierbar als Modell in den Raum gestellt werden müssen - bei Gott geht es nicht anders. - Wenn Du nun dagegen hältst, dass dann keine Wissenschaft möglich sei, wirst Du nach Deiner Definition recht haben - und gleichzeitig unterstreichen, dass dann Wissenschaft nur eine periphäre Rolle in der Theologie (als Lehre von Gott) bzw. als philosophische Spezial-Disziplin spielen kann - es kommt immer auf's selbe raus.

Thaddäus hat geschrieben:Deine Setzung birngt also absolut nichts!
Wenn die Begriffe, die im Rahmen dieser Setzung benutzt werden, definiert werden, bringt es alle nötigen Voraussetzungen, um weitere Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.

Thaddäus hat geschrieben:Die kanonische Exegese stellt keinen intellektuell redlichen Weg dar, weil sie letztlich als ein Versuch gewertet werden muss, sich gegen die Kritik durch die HKM zu immunisieren, durch nicht-wissenschaftliche interpretatorische Konstruktionen.
Nur wenn Du "intellektuell redlich" auf die Frage beziehst, ob kanonisches Exegese wissenschaftlich im von Dir vertretenen Sinne sein kann, hast Du recht. - Aber auch dann wäre dies insofern ein Bumerang, weil damit die periphäre Funktion von Wissenschaft (in Deinem Sinne) zementiert werden würde.

Also: "Wie hätten Sie's denn gerne?" - Duschen und nicht nass werden, geht nicht.

Thaddäus hat geschrieben:Also entweder kann die Dekonstruktion des kirchlichen Jesusbildes durch die HKM auf ebenfalls wissenschaftlichem Wege zurückgewiesen werden (indem man ihre Ergebnisse wirklich wissenschaftlich relativieren kann); oder der Glaube muss sich auf der Grundlage der kritischen Ergebnisse der HKM neu orientieren und diese Ergebnisse sinnvoll integrieren können.
Du überschätzt die HKM - und das ist wirklich nicht herabwürdigend gemeint.

Denn es ist überhaupt nicht die Frage, dass sich "der Glaube" an HKM-Ergebnissen zu orientieren habe. - Mir ist keine wissenschaftlich disziplinierte Aussage der HKM bekannt, die dies nahelegen könnte. - Vor allem: Wie sollte Geistiges (Spirituelles) als Nicht-Falsifizierbares überhaupt von Wissenschaft in Frage gestellt oder zur Korrektur gezwungen sein KÖNNEN? - Ist mir rein logisch nicht ergründbar.

Im übrigen verstehe ich Ratzi eh ganz anders:
Er versteht die (geistige) kanonische Exegese gar nicht als Konkurrenz zur ("technischen") HKM-Exegese, sondern versteht HKM als Grundlage, auf der die kanonische Exegese besonders gut gelingt. - Der Ansatz, von einem sachlichen Konkurrenz-Verhältnis zu sprechen, ist an sich völlig falsch, wird aber so kommuniziert - da ersetzt ein Kulturkampf die spirituell-intellektuelle Redlichkeit.

Wie auch immer:
Die entscheidende Fehl-Weichenstellung ist, wenn man setzt, dass Gott als fact in the world von den Naturwissenschaften anerkannt werden muss. - Dies ist der Schnitzer ganz am Anfang, der einen Rattenschwanz hanebüchener Fehleinschätzungen nach sich zieht.

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#1092 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Di 23. Feb 2016, 21:32

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:ch habe dir ausführlich argumentativ dargelegt, warum deine Ansichten nicht als korrekt angesehen werden können.[/url] Solange du gegen meine Argumente nichts Überzeugendes vorbringen kannst, sehe ich deine von mir zusammengefassten Behauptungen deshalb allesamt als inkorrekt und falsch an.
Deine Argumente habe ich allesamt entkräftet oder zumindest relativiert - daran liegt es nicht.
Ich befürchte, du glaubst wirklich, du hättest meine Argumente entkräftet oder relativiert.
--------------------

Dieses Forum und dieser Thread sind eine Art philosophischer Stammtisch. Jeder hat eine großes Bier (und manche noch einen Klaren) vor sich, jeder, ich eingeschlossen, plappert bzw. lallt munter vor sich hin und schreibt, was ihm gerade in den Sinn kommt, und so kommt man vom Holz auf den Stock, aber am Ende kommt nichts dabei heraus. Das ist auch in Ordnung so, wenn man nur ein philosophisches Stammtischgespräch führen will.

Richtige philosophische Diskussionen, die eine ungeheure Selbstdisziplin erfordern und die wirkliche Widerlegungen von philosophischen Positionen erbringen, verlaufen allerdings ganz anders. Viel langweiliger, weil akribisch und penibel, aber dafür zielführend.

Ich habe deine Thesen deshalb versucht zusammenzufassen, um etwas mehr Klarheit in die Diskussion zu bringen.

Um mich zu widerlegen, müsstest du nun folgendermaßen vorgehen ...

... nehmen wir meine Wiedergabe deiner These 1:
Thaddäus hat geschrieben:Closs' These 1:
Es existieren historisch real geschehene Ereignisse (das, was "wirklich" geschehen ist), die von der Wissenschaft bzw. der Historisch-kritischen Forschung nicht erfasst werden können, weil das nur Rezeptionen von Rezeptionen sind. Hieraus schließt du, dass es immer auch so sein könne, was du als real-historisches und wirklich Geschehenes annimmst (z.B. das Jesus am Ende doch keine Naherwartung hatte).
Du hast nun 3 Möglichkeiten:
a) Du verwirfst meine Wiedergabe deiner These als grundsätzlich falsch verstanden. In diesem Fall musst du erwidern, was daran falsch ist und eine neue These 1 (in gleicher Kürze) formulieren, die dem entspricht, was du behaupten willst. Auf die kann ich dann wieder mit einem neuen Widerlegungsversuch antworten.

b) Meine Wiedergabe deiner These ist nicht völlig falsch, sondern nur in Aspekten falsch. In diesem Falle korrigierst du meine Wiedergabe deiner These und formulierst sie so, wie du sie meinst. Dann musst du schauen, inwiefern meine Kritik an deiner These - nach deiner Neu-Formulierung - noch greift und ggfs. gegen meine Argumente deine eigenen setzen.

c) Meine Wiedergabe deiner These 1 ist korrekt. Dann musst du dir meine Kritik genau anschauen sowie die Conclusio, die ich gezogen habe und versuchen, meine Argumente durch entsprechende Gegenargumente ganz konkret als nicht stichhaltig zu widerlegen.

Meine Begründung und die Conclusio gegen deine These 1 lauteten so ...
Conclusio: Deine Behauptung gründet sich auf einen Kategorienfehler.
Argumentation gegen Closs' These 1.)
Fakt ist, dass die realen-historisch geschenenen Ereignisse insofern unbekannt sind, als man selbst nicht Zeuge des Geschehens ist. Fakt ist weiter, dass die HKM aufgrund ihrer wissenschaftlichen Methoden die einzige Möglichkeit darstellt, das, was "wirklich" geschehen ist, rekonstruieren zu können. Die bloße Möglichkeit, dass das historische Geschehen dennoch anders gewesen sein könnte, ist keine hinreichende Begründung dafür, plausibel anzunehmen, dass es anders geswesen IST. Potenzialität ist ontologisch und wissenschaftlich nicht gleichzusetzen mit Faktizität.
Um mich tatsächlich zu widerlegen, musst du diese Argumentation 1. verstehen, 2. Haupt- und Nebenargumente erkennen und 3. die Argumentation durch die Darlegung von Fehlern in meiner Argumentation und durch bessere Gegenargumente direkt widerlegen bei strenger Bezugnahme auf meine Einzelargumente.

Und zuletzt zeigst du dann, inwiefern meine Conclusio also falsch sein muss und formulierst die deinen Argumenten entsprechende alternative Conclusio.


Und das musst du für jede einzelne meiner 6 Wiedergaben deiner Thesen machen.

Ich weiß: das ist absolut mühsam und anstrengend und irgendwie auch langweilig, weil man gar nicht mehr dazu kommt, neben seinem Bierchen noch seinen Klaren zu trinken. Aber genau so sieht ernsthaft-argumentierendes Philosophieren aus. :wave:
Zuletzt geändert von Thaddäus am Di 23. Feb 2016, 22:15, insgesamt 3-mal geändert.

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#1093 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Di 23. Feb 2016, 21:39

Savonlinna hat geschrieben:Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.

Du hast recht. Wenn demnächst unsere Geschirrspülmaschine streikt, werde ich mittels meines Verstandes
versuchen, den Fehler selbst herauszufinden.


Überhaupt sollte man auf Fachliteratur - egal auf welchem Gebiet - verzichten, und sich seines
eigenen Verstandes bedienen, wenn sich Fragen auftun. Selbst ist der Mann! Jawoll! :thumbup:

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#1094 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Di 23. Feb 2016, 21:51

Savonlinna hat geschrieben: Ein Philosoph prüft selbst.
Er ist auch in der Lage, einen Text zu verstehen und den Kontext zu beachten.
Tendenziöse Zitate entlarvt er.
Meinungen anderer übernimmt er nicht, sondern untersucht minutiös und aufwendig, aus welcher Ansicht heraus die anderen geschrieben haben, falls er sie kommentieren möchte.

Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.
Es ist mir klar, liebe Savonlinna, dass du das anders siehst. Aber wenn drei von Münek zitierte Theologen als Reaktion auf Ratzingers Jesusbuch übereinstimmend eine deutliche Abwertung der HKM diagnostizieren (die Korrektheit der Zitate Müneks setze ich voraus), dann kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es vermutlich genau so verstanden werden muss.
Die eigentliche Frage ist ja aber, wie man die völlig korrekte Beurteilung der HKM-Ergebnisse durch Ratzinger als erheblichen "Schaden" für das kath. Jesusbild zu bewerten hat ... ?

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#1095 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Di 23. Feb 2016, 21:55

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:on Weisheit und Wirklichkeit kann doch ernsthaft nicht die Rede sein.
Wenn es Gott gibt, wäre es sehr un-weise, ihn aus der Realität auszusperren. - In der Philosophie kann man jedoch schwerlich etwas ausschließen, was zwar nicht sicher der Fall sein muss, aber gut sein kann, par ordre du mufti ausschließen, sondern muss es als Möglichkeit erwägen.

Mit Deinen Begriffen "Weisheit" und "Wirklichkeit" hast Du etwas arg hoch gegriffen. Und von Ausschluss
war nicht die Rede.
`

Man wünscht und erhofft sich, dass es übermächtige Geistwesen gibt, die einen z.B. zur ewigen
Seligkeit verhelfen. Ob das nun der Wirklichkeit entspricht oder von Weisheit zeugt, wage ich zu
bezweifeln.

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#1096 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Di 23. Feb 2016, 22:33

closs hat geschrieben: Es stehen sich also zwei "Wahrheiten" und somit eine "doppelte Wahrheit" gegenüber:

a) Der Mensch entwickelt sich, auch in Bezug auf sein Schicksal, zufällig/chaotisch und mit offenen Ende - sozusagen "ergebnisoffen".
b) Des Menschen Schicksal ist "seit den Urtagen" bekannt - Gott weiss also bereits "heute", dass Thaddäus am 27.2. 2079 um 3 Uhr 24 in der Speerstraße 15 in Hamburg versterben wird.

Beide Aussagen sind korrekt.

Es stehen sich weder zwei Wahrheiten gegenüber noch sind beide Aussagen korrekt.

So hättest Du es gern, aber so ist es nicht. Mit Wunschvorstellungen und
Setzungen (es gibt einen Gott und dieser hat vor Urtagen gefügt) schafft
man keine Realitäten.

Übrigens - in der germanischen Mythologie lenken die drei Nornen nicht
nur die Geschicke der Menschen, sondern auch das Schicksal der Götter.
Hier hat Jahwe schlechtere Karten. :)

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#1097 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Di 23. Feb 2016, 22:44

Thaddäus hat geschrieben: Es ist mir klar, liebe Savonlinna, dass du das anders siehst. Aber wenn drei von Münek zitierte Theologen als Reaktion auf Ratzingers Jesusbuch übereinstimmend eine deutliche Abwertung der HKM diagnostizieren (die Korrektheit der Zitate Müneks setze ich voraus), dann kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es vermutlich genau so verstanden werden muss.
Die eigentliche Frage ist ja aber, wie man die völlig korrekte Beurteilung der HKM-Ergebnisse durch Ratzinger als erheblichen "Schaden" für das kath. Jesusbild zu bewerten hat ... ?

Aus den Büchern

"Jesus von Nazareth kontrovers - Rückfragen an Joseph Ratzinger" und
"Das Jesus-Buch des Papstes - Die Antworten der Neutestamentler"

hätte ich noch weitere Theologen zitieren können. Drei sollten reichen.

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#1098 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Di 23. Feb 2016, 22:55

closs hat geschrieben: Im übrigen verstehe ich Ratzi eh ganz ...

... falsch. So ist es. Diesen Eindruck habe ich schon länger.

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#1099 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Di 23. Feb 2016, 23:19

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Behauptest du aber, das sei eine wissenschaftlich-theologisch-philosophisch korrekte Aussage über die Welt, dann ist sie in aller Form zurückzuweisen.
Wenn Du mit "Welt" "Daseins-Welt" meinst, gebe ich Dir sogar recht - ob es inner-weltlich doch perspektiven-abhängige Wahrheiten geben kann, wäre zu testen - aber bei diesem Bsp. hast Du recht. - Aber was ändert dies an der Realität/Wirklichkeit, WENN es ist?

Ja - wenn das böse Wort "WENN" nicht wäre, DANN wäre wirklich alles in Butter.

Wenn es Gott gibt, dann gibt es ihn. Wenn es ihn nicht gibt, dann gibt es ihn nicht.
Wenn es Pumuckl gibt, dann gibt....
Wenn es Xyoptl gibt,...

In sich schlüssige, logische, widerspruchsfreie, scharfsinnige Aussagen! :lol: :lol: :lol:

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#1100 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Di 23. Feb 2016, 23:50

Thaddäus hat geschrieben:a) Du verwirfst meine Wiedergabe deiner These als grundsätzlich falsch verstanden.
Verwerfe ich nicht.

Thaddäus hat geschrieben:b) Meine Wiedergabe deiner These ist nicht völlig falsch, sondern nur in Aspekten falsch.
Dazu müsste ich jede Definition Deiner verwendeten Begriffe durchgehen. - Wäre wirklich aufwendig - und ich sehe keinen Anlasse, da a) nicht verworfen ist.

Thaddäus hat geschrieben:c) Meine Wiedergabe deiner These 1 ist korrekt. Dann musst du dir meine Kritik genau anschauen sowie die Conclusio, die ich gezogen habe
Ist längst passiert - das Ergebnis: Im Rahmen Deines Wahrnehmungs-Systems kann ich keine Mängel erkennen, jedoch sind die Prämissen Deines Wahrnehmungs-Systems willkürlich.

Die Faktizität ist wissenschaftlich höher zu bewerten, aber ontologisch eben NICHT. - Deine Prämisse, "wissenschaftlich" und "ontologisch" seien hier als ein gleichgerichtetes "Gespann" zu sehen, ist gleichbedeutend mit der Prämisse, intersubjektive Wahrnehmung sei in Bezug auf Wirklichkeit authentischer als geistige (also nie intersubjektive) Wahrnehmung (wiewohl geistige Ansätze sehr wohl einvernehmlich und gegenseitig verstehend problemlos geteilt werden können).

Du definierst Ontologie/Sein/Realität/Wirklichkeit unter Wahrnehmungs-Systemen (hier konkret Wissenschaft), mithin wedelst Du mit dem Schwanz den Hund. - Insofern ist Deine Conclusio ontologisch verworfen.

Thaddäus hat geschrieben:Ich weiß: das ist absolut mühsam und anstrengend und irgendwie auch langweilig
Zur Philosophie sollte nicht nur Fleiß, sondern auch Tiefe zählen. :)
Zuletzt geändert von closs am Mi 24. Feb 2016, 00:45, insgesamt 1-mal geändert.

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