Alles Teufelszeug?

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Münek
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#1081 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Münek » Di 23. Feb 2016, 17:45

closs hat geschrieben:Was aber ist nun die Aufgabe der Philosophie? - Die (mögliche) Realität/Wirklichkeit oder deren Abbidlung durch Wissenschaft? - Weisheit über das Wirkliche oder Erkenntnis durch das Wahrnehmungs-System "Wissenschaft"?

Was hat denn der Glaube an numinose Geistwesen mit "Weisheit über das Wirkliche zu tun?

Von Weisheit und Wirklichkeit kann doch ernsthaft nicht die Rede sein. Mit bloßen
Wunschvorstellungen oder Setzungen erschafft man keine Realitäten.

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Thaddäus
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#1082 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Di 23. Feb 2016, 20:05

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Closs will aber seine Ansichten - z.B. die der doppelten Wahrheit - als wissenschaftlich und tatsächlich alternative Wissenschaft verstanden wissen, allein begründet durch den lapidaren Hinweis, von closs, es käme ja nur auf die Wahl der Weltanschauung an
Bzw. der Perspektive.

Aus Sicht der Evolutions-Theorie gibt es keine Teleologie des Menschen (laut Pluto - was ich ihm glaube) - aus Sicht Gottes (wenn es ihn gibt) gibt es selbstverständlich eine Teleologie, da ihm das Ende bereits bekannt ist, bevor es Zeit gibt. - Was nun ist "wahr?" - Aus meiner Sicht widerspricht sich beides UND ist beides wahr.
Da stecken gleich zwei Fehler drin, ein weniger schlimmer und ein gewaltiger:
1.
Teleologie bedeutet nicht, dass es einfach nur "ein Ende" gibt (der Welt, der Zeit, des Universums etc.), welches Gott bereits kennt. In Teleo-logie steckt das griechische Wort telos, welches Ziel bedeutet. Wenn du also behauptest, für Gott gäbe es eine Teleologie, dann behauptest du, Gott hat der Welt, der Geschichte, der Natur etc. bei der Schöpfung ein inhärentes Ziel mitgegeben, auf welches alle Entwicklungen und alle Geschichte hinauslaufen. Da du die Evolutionstheorie ansprichst, nehme ich an, du meinst, Gott habe der Natur bzw. der Entwicklung der Arten ein Ziel, ein Telos mit auf den Weg gegeben, woraufhin sie sich entwickeln (z.B. den Menschen). Das war die weniger schlimme Ungenauigkeit.

2.
Du behauptest, aus der Sicht der Evolutionstheorie gibt es keine Teleologie, aus der Sicht Gottes aber schon und beides seien gleichzeitig wahre Aussagen über die Welt.
Wenn du diese Aussage als deine persönliche Glaubensaussage formulierst, an die du eben glaubst, dann entsteht kein Problem. Denn du darfst glauben, woran du möchtest.

Behauptest du aber, das sei eine wissenschaftlich-theologisch-philosophisch korrekte Aussage über die Welt, dann ist sie in aller Form zurückzuweisen.
Ganz abgesehen davon, dass du Gott einmal mehr als fact in the world einfach setzt (und damit Ockhams ontologisches Sparsamkeitsprinzip verletzt), welcher als eben fact in the world auch von den Naturwissenschaften anerkannt werden muss, scheitert deine dann wissenschaftlich-ontologische Behauptung daran, dass du nicht einmal angeben kannst, für welchen Gott es selbstverständlich eine Teleologie gibt.
Gegen deine Behauptung, es gäbe für "Gott" selbstverständlich eine Teleologie können ich und jeder Andere jederzeit einwenden, dass es für den evangelischen Gott keine Teleologie gibt, dass es für Allah keine Teleologie gibt, dass es für Shiva keine Teleologie gibt und so fort. Diese Behauptungen sind epistemisch absolut genau so gültig setzbar wie deine, so dass sie deiner direkt widersprechen, aber ebenso gültig sind, nach deiner Logik.
Das bedeutet: Zu behaupten, für DEINEN Gott gäbe es selbstverständllich eine Teleologie, kann durch die gegensätzliche Behauptung, für einen anderen Gott gibt es aber keine Teleologie, direkt widerlegt werden. Die Behauptungen: für Gott gäbe es eine Teleologie, aber für einen anderen Gott gibt es keine Teleologie sind epistenisch nicht zu unterscheiden und damit also gleich-berechtigt bzw. gleich unberechtigt. Deine Setzung bringt also absolut nichts! Das ist der gewaltige Fehler deiner Behauptung.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Di 23. Feb 2016, 21:44, insgesamt 2-mal geändert.

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Savonlinna
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#1083 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Di 23. Feb 2016, 20:06

closs hat geschrieben:Hier in Kurzform meine längere Antwort, die irgendwie verloren ging:

Savonlinna hat geschrieben:Warum "darf" der Eindruck nicht entstehen?
Er "darf" dann nicht verloren gehen, wenn man nicht ins Messer der Feuerbach-Jünger laufen will. - Ist einem das wurscht, "darf" man natürlich.
Es ist zu empfehlen, Feuerbach zu lesen. Was hier über ihn kursiert, hat mit ihm nichts zu tun.

Ich verstehe immer Dein Argument nicht, dass man das oder das nicht denken darf, weil man dann so und so denkt.
Diese Denkverbote machen mir Dein Christentum unleidlich. Du vertrittst ein autoritäres und streng nach Deiner Facon gelenktes Christentum.

closs
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#1084 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Di 23. Feb 2016, 20:22

Savonlinna hat geschrieben:Ich verstehe immer Dein Argument nicht, dass man das oder das nicht denken darf, weil man dann so und so denkt.
Es ist nicht als Verbot gedacht, sondern konsekutiv: "Wenn man nicht y will, darf man nicht x denken, wenn y Folge von x ist".

Savonlinna hat geschrieben:Es ist zu empfehlen, Feuerbach zu lesen. Was hier über ihn kursiert, hat mit ihm nichts zu tun.
Deshalb sprach ich nicht von Feuerbach, sondern von Feuerbach-Jüngern. - Nicht nur bei der Bibel gibt es Fehl-Rezeptionen, die aber entscheidend für die Wirkung eines Fehl-Rezipierten sind.

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Savonlinna
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#1085 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Di 23. Feb 2016, 20:31

closs hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:[...]

Was aber ist nun die Aufgabe der Philosophie? - Die (mögliche) Realität/Wirklichkeit oder deren Abbidlung durch Wissenschaft? - Weisheit über das Wirkliche oder Erkenntnis durch das Wahrnehmungs-System "Wissenschaft"? - Du [Thaddäus]erweckst letzteren Eindruck - Missverständnis?
Das, was Du forderst, scheint eine weltanschauliche Philosophie zu sein. Eine, die Deine Weltanschauung transportiert.

Was die Aufgabe der Phiosophie ist, wurde viel diskutiert, es gibt mehrere Antworten.
Die meisten Phiosophen waren weltanschaulich orientiert, das heißt, sie haben ihre Sicht wissenschaftlich dargelegt.
Damit ist gemeint: systematisch dargelegt, ihre Sicht nach den Regeln der Wissenschaft offengelegt.

Die wenigsten Philosophen wollten die Wirklichkeit abbilden, sondern ihre Gedanken zu ihren Themen systematisch darlegen.
Mir scheint nicht der Fall zu sein, dass sie durch die Linse der Wissenschaft die Realität beschreiben, sondern, wie gesagt, schlicht und einfach ihre für sie zentralen Punkte nachvollziehbar darlegen.

Deine oben gestellte Alternative existiert meines Wissens nicht.

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Thaddäus
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#1086 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Thaddäus » Di 23. Feb 2016, 20:35

Münek hat geschrieben: Anstatt zu zitieren, lasse ich drei Theologen zu Wort kommen:
[...]
Vielen Dank Münek für dein Zitat aus Ratzingers Jesus-Buch und die Repliken der drei Theologen! Diese drei Theologen haben jedenfalls Ratzingers Bemerkungen über die HKM übereinstimmend als eine harsche Abwertung der HKM verstanden, was mir ein deutlicher indirekter Beleg dafür zu sein scheint, dass seine Bemerkung mehrheitlich zumindest genau so aufgefasst wird: nämlich als eine deutliche Abwertung der HKM durch Ratzinger.

Tatsächlich hat Ratzinger mit seiner sinngemäßen Bemerkung, die wissenschaftlichen Methoden in der Theologie hätten das Jesusbild der kath. Kirche nachhaltig beschädigt, ganz und gar recht! Er hat völlig recht, wenn er das feststellt.
Die Frage ist nun, wie diese Dekonstruktion des katholischen Jesusbildes durch die HKM zu bewerten ist?

Und an dieser Stelle spielen die eigenen weltanschaulichen Überzeugungen in der Tat eine Rolle.
Ist man Atheist, begrüßt man diese Entwicklung nach dem Motto: Weg mit dem ganzen religiösen Kram (weil man den eh nicht mag).
Ist man christlich gläubig, beklagt man die Ergebnisse der HKM, und man versucht sicherlich, sich gegen ihre Ergebnisse abzuschirmen.
Beide Haltungen sind durchaus verständlich. Aber beide Haltungen sind in jedem Falle auch ideologisch. Die ideologische Haltung zeigt sich jeweils darin, ob man sich freut oder ob man im Gegenteil erschüttert ist.

Gibt es hier irgendeinen Weg aus einer rein ideologischen Beurteilung der Sachlage?
Die kanonische Exegese stellt keinen intellektuell redlichen Weg dar, weil sie letztlich als ein Versuch gewertet werden muss, sich gegen die Kritik durch die HKM zu immunisieren, durch nicht-wissenschaftliche interpretatorische Konstruktionen.

Also entweder kann die Dekonstruktion des kirchlichen Jesusbildes durch die HKM auf ebenfalls wissenschaftlichem Wege zurückgewiesen werden (indem man ihre Ergebnisse wirklich wissenschaftlich relativieren kann); oder der Glaube muss sich auf der Grundlage der kritischen Ergebnisse der HKM neu orientieren und diese Ergebnisse sinnvoll integrieren können, - und einen Weg finden, dabei immer noch ein Glaube an Jesus, als dem Sohn Gottes und dem Retter zu bleiben.
Zuletzt geändert von Thaddäus am Di 23. Feb 2016, 21:45, insgesamt 2-mal geändert.

closs
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#1087 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von closs » Di 23. Feb 2016, 20:37

Münek hat geschrieben:on Weisheit und Wirklichkeit kann doch ernsthaft nicht die Rede sein.
Wenn es Gott gibt, wäre es sehr un-weise, ihn aus der Realität auszusperren. - In der Philosophie kann man jedoch schwerlich etwas ausschließen, was zwar nicht sicher der Fall sein muss, aber gut sein kann, par ordre du mufti ausschließen, sondern muss es als Möglichkeit erwägen.

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#1088 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Scrypt0n » Di 23. Feb 2016, 20:42

closs hat geschrieben:Wenn es Gott gibt, wäre es sehr un-weise, ihn aus der Realität auszusperren.
Wenn es Dämonen oder Engel gibt, dann wäre es ebenfalls sehr "un-weise", diese aus der Realität auszusperren. Gottheiten/Geisterwesen/... kann man sich beliebige ausdenken.

Un-Weise, gar dümmlich, wäre es demzufolge, aufgrund eigener Glaubenspostulate irgendeines dieser erträumten Wesen als Teil der Realität anzunehmen, nur weil die Überzeugung des eigenen Glaubens so groß ist.
Das ist nicht nur selbstsuggestiv, sondern auch naiv.

closs hat geschrieben:Aus meiner Sicht darf nicht der Eindruck entstehen, dass Gott pures "Hirn-Kino" ist
Dieser Eindruck würde wenigstens der realen Gegebenheit entsprechen; und nicht deines kurtischen Kopf-Kinos. :)

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#1089 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Savonlinna » Di 23. Feb 2016, 20:46

Thaddäus hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Anstatt zu zitieren, lasse ich drei Theologen zu Wort kommen:
[...]
Vielen Dank Münek für dein Zitat aus Ratzingers Jesus-Buch und die Repliken der drei Theologen! Diese drei Theologen haben jedenfalls Ratzingers Bemerkungen über die HKM übereinstimmend als eine harsche Abwertung der HKM verstanden, was mir ein deutlicher indirekter Beleg dafür zu sein scheint, dass seine Bemerkung mehrheitlich zumindest genau so aufgefasst wird: nämlich als eine deutliche Abwertung der HKM durch Ratzinger.
Ein Philosoph prüft selbst.
Er ist auch in der Lage, einen Text zu verstehen und den Kontext zu beachten.
Tendenziöse Zitate entlarvt er.
Meinungen anderer übernimmt er nicht, sondern untersucht minutiös und aufwendig, aus welcher Ansicht heraus die anderen geschrieben haben, falls er sie kommentieren möchte.

Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.

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#1090 Re: Alles Teufelszeug?

Beitrag von Scrypt0n » Di 23. Feb 2016, 20:54

Savonlinna hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:
Münek hat geschrieben: Anstatt zu zitieren, lasse ich drei Theologen zu Wort kommen:
[...]
Vielen Dank Münek für dein Zitat aus Ratzingers Jesus-Buch und die Repliken der drei Theologen! Diese drei Theologen haben jedenfalls Ratzingers Bemerkungen über die HKM übereinstimmend als eine harsche Abwertung der HKM verstanden, was mir ein deutlicher indirekter Beleg dafür zu sein scheint, dass seine Bemerkung mehrheitlich zumindest genau so aufgefasst wird: nämlich als eine deutliche Abwertung der HKM durch Ratzinger.
Ein Philosoph prüft selbst.
Er ist auch in der Lage, einen Text zu verstehen und den Kontext zu beachten.
Tendenziöse Zitate entlarvt er.
Meinungen anderer übernimmt er nicht, sondern untersucht minutiös und aufwendig, aus welcher Ansicht heraus die anderen geschrieben haben, falls er sie kommentieren möchte.
Niedliche Ausrede - mit der willkürlichen Implizierung, die genannten sowie der angesprochene hätten nicht selbst geprüft und gedacht...
:D

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