Alles Teufelszeug? IV

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sven23
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#1071 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » So 20. Nov 2016, 13:46

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sagen wir besser als Alibifunktion, um dem Anspruch auf Wissenschaftlichkeit gerecht zu werden.
Das sagst Du immer wieder und verkennst, dass die Theologie keinerlei Notwendigkeit sieht, sich diesbezüglich anzulehnen. - Deine unterstellten Motive gibt es in der Praxis nicht.
Das ist ja gerade das Spannungsfeld, in dem die Kirche sich befindet. Die Ergebnisse der Forschung muss man zähneknirschend zur Kenntnis nehmen, läßt aber das meiste bei der Ausformulierung der Glaubensdogmatiken stillschweigend unter den Tisch fallen. Diesen Eiertanz vollführt die Kirche seit der Aufklärung.
Conzelmanns Vorwürfe sind ja nicht aus der Luft gegriffen. Allerdings muss man dazu sagen, dass die evangelische Theologie viel offener und fortschrittlicher mit den Ergebnissen der neutestamentlichen Forschung umgeht.
Zuletzt geändert von sven23 am So 20. Nov 2016, 13:56, insgesamt 1-mal geändert.
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closs
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#1072 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 13:50

Münek hat geschrieben:Welche methodischen Setzungen? Du siehst Gespenster.
Ganz sicher nicht. - Aber Du machst deutlich, dass Du diese Setzungen nicht erkennst.

Münek hat geschrieben:Ich rede nicht von Schlussfolgerungen, sondern von der Plausibilität der Setzung.
"Plausibel" nach welchem Maßstab? Nach geistigem oder materialistischem Maßstab?

Münek hat geschrieben:"Kirchliche Theologien" sind hier nicht das Thema.
Doch - denn es war Deine Aussage, dass es keinen Widerspruch zu HKM-Hypothesen gäbe. - Da diese Hypothesen in den kirchlichen Theologien offenbar keine Rolle spielen, gibt es sicherlich dafür einen Grund.

Münek hat geschrieben:es herrscht Schweigen im kirchlichen Walde.
Möglich - weil es schon seit Jahrzehnten gegessen ist. - Man hat Verständnis, wenn die HKM in ihrer methodischen Logik zu solchen Ergebnissen kommt - und das war's dann auch schon.

closs
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#1073 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 13:57

sven23 hat geschrieben:Das ist ja gerade das Spannungsfeld, in dem dir Kirche sich befindet.
Meinst Du, dass sie sich selber so empfindet?

sven23 hat geschrieben: Die Ergebnisse der Forschung muss man zähneknirschend zur Kenntnis nehmen
Nicht mal "zähneknirschend". - Man nimmt zur Kenntnis und überprüft, ob diese Erkenntnisse für den Gesamt-Kontext relevant sind, aber man versteht sie nicht maßstäblich, weil man weiss, unter welchen Voraussetzungen die HKM funktioniert.

Dankbar ist man allerdings immer für rein sachliche Erkenntnisse, die auch für die theologische Forschung wichtig sind. - Wenn sich bspw. herausstellt, dass die Quelle x nun doch nicht aus dem Jahr 180 n.Chr., sondern aus dem Jahr 90 n.Chr. ist, kann dies von Bedeutung sein. - Aber in der geistigen Interpretation des wirklichen Jesus lässt man sich nicht hineinreden - allerdings bei eigener Setzung, dass es Gott als Entität gibt. Mit anderen Worten: Die HKM wird über rein sachliche Erkenntnisse hinaus erst dann bedeutend, wenn es Gott NICHT gibt.

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sven23
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#1074 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » So 20. Nov 2016, 14:16

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist ja gerade das Spannungsfeld, in dem dir Kirche sich befindet.
Meinst Du, dass sie sich selber so empfindet?
Wenn man ehrlich und redlich ist, müßte man es so empfinden, eben weil es ja so ist. Es gibt ja den Graben zwischen Forchung und Glaubensdogmatik. Das läßt sich ja nicht leugnen. Einen möglichen Grund habe ich ja hier angedeutet:
http://www.4religion.de/viewtopic.php?f ... start=1060


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Die Ergebnisse der Forschung muss man zähneknirschend zur Kenntnis nehmen
Nicht mal "zähneknirschend". - Man nimmt zur Kenntnis und überprüft, ob diese Erkenntnisse für den Gesamt-Kontext relevant sind, aber man versteht sie nicht maßstäblich, weil man weiss, unter welchen Voraussetzungen die HKM funktioniert.

Dankbar ist man allerdings immer für rein sachliche Erkenntnisse, die auch für die theologische Forschung wichtig sind. - Wenn sich bspw. herausstellt, dass die Quelle x nun doch nicht aus dem Jahr 180 n.Chr., sondern aus dem Jahr 90 n.Chr. ist, kann dies von Bedeutung sein. - Aber in der geistigen Interpretation des wirklichen Jesus lässt man sich nicht hineinreden - allerdings bei eigener Setzung, dass es Gott als Entität gibt. Mit anderen Worten: Die HKM wird über rein sachliche Erkenntnisse hinaus erst dann bedeutend, wenn es Gott NICHT gibt.
Mit anderen Worten: so lange die Forschung den glaubensogmatischen Winterschlaf nicht stört, ist alles in Ordnung. Aber so simpel ist es ja nicht.
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#1075 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 14:40

sven23 hat geschrieben:Wenn man ehrlich und redlich ist, müßte man es so empfinden
Jetzt geht Dein Dogmatismus wieder mit Dir durch. - Geh mal davon aus, dass die Theologie redliche Gründe hat, wenn sie das meint, was sie meint.

sven23 hat geschrieben:Mit anderen Worten: so lange die Forschung den glaubensogmatischen Winterschlaf nicht stört, ist alles in Ordnung.
All diesen Deinen Bemerkungen liegt die dogmatische Überzeugung zugrunde, dass das, was Du selektiv als "Forschung" bezeichnest, qualitativ über dem ist, was die systematische Theologie macht.

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sven23
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#1076 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von sven23 » So 20. Nov 2016, 16:56

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn man ehrlich und redlich ist, müßte man es so empfinden
Jetzt geht Dein Dogmatismus wieder mit Dir durch. - Geh mal davon aus, dass die Theologie redliche Gründe hat, wenn sie das meint, was sie meint.
Menschen entwickeln bisweilen ausgeklügelte Selbstüberlistungsstrategien. Ich erinnere da nur an das Beispiel mit den beiden SS-Leuten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Mit anderen Worten: so lange die Forschung den glaubensogmatischen Winterschlaf nicht stört, ist alles in Ordnung.
All diesen Deinen Bemerkungen liegt die dogmatische Überzeugung zugrunde, dass das, was Du selektiv als "Forschung" bezeichnest, qualitativ über dem ist, was die systematische Theologie macht.
Was die historischen Jesusforschung betrifft, ist das auch so, denn es geht ja bekannterweise um den historischen Jesus, nicht um den mythologisch verklärten.

"Auch wenn "ein Überblick über die christlichen Quellen zu Jesus (...) in mehrfacher Hinsicht einen ernüchternden Effekt" hat, nämlich die Einsicht, dass "wir auch in den ältesten verfügbaren Quellen nicht dem historischen Jesus begegnen, sondern Jesusbildern, gestalteten Erinnerungen, die durch theologische und soziale Interessen und Überzeugungen sowie die Geschichte ihrer Trägergruppe mitgeformt wurden" (S. 70), so nehmen die Autoren doch an, dass sich auch in diesen "gestalteten" Texten eine hinreichende Menge an Erinnerungen an den historischen Jesus auffinden lässt."
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#1077 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 19:43

sven23 hat geschrieben:Menschen entwickeln bisweilen ausgeklügelte Selbstüberlistungsstrategien.
Das nennt man das Satanische. - Nebenbei: Ein brillantes Beispiel dafür ist für mich, wenn man eigene Setzungen als Setzungen nicht erkennt und deshalb meint, man sei ohne Setzung. - Funktioniert offensichtlich bestens.

sven23 hat geschrieben:Was die historischen Jesusforschung betrifft, ist das auch so
Im eigenen Terrain sollte man der jeweilige Platzhirsch sein - wir haben hier das Problem, dass sich Terrains überschneiden.

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#1078 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » So 20. Nov 2016, 21:35

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Welche methodischen Setzungen? Du siehst Gespenster.
Ganz sicher nicht. - Aber Du machst deutlich, dass Du diese Setzungen nicht erkennst.
Ja - weil es Gespenster sind. Ich vermute, Dein Motiv für Deine immer wieder vorgebrachte Setzungs-Unterstellung ist, die Wissenschaft von ihrer höheren Ebene auf die Ebene des Glaubens herunterzuziehen. Du willst Augenhöhe, was nicht möglich ist.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ich rede nicht von Schlussfolgerungen, sondern von der Plausibilität der Setzung.
"Plausibel" nach welchem Maßstab? Nach geistigem oder materialistischem Maßstab?
Nach dem Maßstab der einleuchtenden Vernunft. Natürlich wird jeder Gläubige seinen speziellen Glauben für plausibel halten. Frag mal Esoteriker, Spiritisten, Astrologiegläubige oder Menschen die an Gott, Teufel, Engel, Dämonen und Wunder glauben.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:"Kirchliche Theologien" sind hier nicht das Thema.
Doch - denn es war Deine Aussage, dass es keinen Widerspruch zu HKM-Hypothesen gäbe.
Es ging immer nur um ein Thema - nämlich um die in den Evangelien dokumentierte Naherwartung Jesu und dessen offenkundigen Irrtum.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:es herrscht Schweigen im kirchlichen Walde.
Möglich - weil es schon seit Jahrzehnten gegessen ist. - Man hat Verständnis, wenn die HKM in ihrer methodischen Logik zu solchen Ergebnissen kommt - und das war's dann auch schon.
Das bildest Du Dir ein. Der Kirche fehlen schlicht Argumente, dem einvernehmlichen Ergebnis der Bibelwissenschaft sachlich Substan-
zielles entgegenzusetzen. Sie scheut die Sachauseinandersetzung, weil sie exegetisch den Kürzeren ziehen würde. Deshalb herrscht verständlicherweise Schweigen im dogmatischen Walde.

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#1079 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von closs » So 20. Nov 2016, 22:36

Münek hat geschrieben:Ja - weil es Gespenster sind.
Also erkenntst Du sie nicht.

Münek hat geschrieben:Nach dem Maßstab der einleuchtenden Vernunft.
WEM einleuchtend? Einem materialistisch-vernüftig Denkenden? Einem spirituell-vernünftig Denkenden?

Münek hat geschrieben:Der Kirche fehlen schlicht Argumente, dem einvernehmlichen Ergebnis der Bibelwissenschaft sachlich Substanzielles entgegenzusetzen.
Die Argumente, die es hier gibt, scheinen schlicht nicht der säkularen Bibelwissenschaft zugänglich zu sein.

Du kannst wirklich davon ausgehen, dass die kirchliche Theologie in den wichtigen Fragen (dazu gehört auch die Naherwartung) sehr wohl weiß, was sie meint und warum sie es so meint. Was nicht heißt, dass sie sich nicht auch irren kann. Aber unterm Strich sind ihre Aussagen sehr umfassend durchdacht. Passen aber möglicherweise nicht ins Strickmuster säkularer Denkweise.

Unter "interdisziplinär" würde ich nun verstehen, dass sowohl seitens der Theologie als auch der säkularen Bibelwissenschaft Leute zur Verfügung stehen, die die jeweils andere Seite WIRKLICH begreifen und auf dieser Basis sprechen können.

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#1080 Re: Alles Teufelszeug? IV

Beitrag von Münek » Mo 21. Nov 2016, 00:43

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ja - weil es Gespenster sind.
Also erkenntst Du sie nicht.
Hast Du schon mal ein Gespenst gesehen? Ich nicht.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Nach dem Maßstab der einleuchtenden Vernunft.
WEM einleuchtend? Einem materialistisch-vernüftig Denkenden? Einem spirituell-vernünftig Denkenden?
Spirituelle Vernunft? Fromme, nicht-kognitive, nicht-diskursive Vernunft? Was soll das sein? :o

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Der Kirche fehlen schlicht Argumente, dem einvernehmlichen Ergebnis der Bibelwissenschaft sachlich Substanzielles entgegenzusetzen.
Die Argumente, die es hier gibt, scheinen schlicht nicht der säkularen Bibelwissenschaft zugänglich zu sein.
Welche Argumente? Mir sind keine bekannt. Die Kirche scheut die Sachauseinandersetzung in dieser wissenschaftlich längst entschiedenen Frage, weil sie nur verlieren kann - und schweigt. So wird ein Schuh draus. :thumbup:

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