Alles Teufelszeug? V

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sven23
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#1011 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 11. Mär 2017, 06:19

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die kirchliche Glaubensdogmatik hat mit Wissenschaft soviel zu tun wie die Kuh mit Sonntag.
Das stimmt nur unter einer weltanschaulich geprägten Definition von "Wissenschaft". - Natürlich ist Theologie keine Wissenschaft, wenn man nur Naturwissenschaft als Wissenschaft bezeichnet - aber das ist nicht üblich.
Sie ist als Ganzes keine Wissenschaft, höchstens in Teilbereichen wie den historischen Disziplinen.

"Und doch tritt die Theologie immer konfessionell als evangelische oder katholische Theologie auf.
Theologie ist nicht nur „Wissenschaft“ einer bestimmten Religion, sondern immer auch einer
bestimmten Konfession. „Dogmatiker sind ohne einen konfessionellen Charakter nicht denkbar“, so
Trillhaas. Theologie ist also auch deshalb unwissenschaftlich, weil sie konfessionell ist. Dass
Ergebnisse vor allem in den historischen Disziplinen durchaus wissenschaftlichen Standards
entsprechen können, ändert an diesem Gesamtbefund nichts."

Kubitza, Der Dogmenwahn
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sven23
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#1012 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 11. Mär 2017, 07:22

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie könnte man sich darüber uneins sein?
Eben - deshalb ist es auch nicht das Thema.
Du hast im Zusammenhang mit dem Holocaust den jüdischen Rabbi ins Spiel gebracht. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Der christliche Antijudaismus ist eine genuin christliche Erfindung
Logisch - wer anders sollte den CHRISTLICHEN Antijudaismus geprägt haben als Christen. :D
Wenigstens siehst du das mal ein.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Der Unterschied ist: ein Historiker muss die Verbrechen nicht relativieren oder verharmlosen.
"Relativierung oder Nicht-Relativierung" ist kein Merkmal - wenn es geschieht, dann überall.
Das geschieht aber besonders seitens der Holocaustleugner, deren Leitmotiv wiederum der Antisemitismus ist.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und da würde der Rabbi feststellen, dass ausgerechnet die Religion, die einen Juden als Gottessohn auserkoren hat, das Volk dieses Juden von Anfang an stigmatisiert hat und es vom Erdboden zu vertilgen suchte.
Möglich - aber er wird auch aus SEINER eigenen Theologie Interpretationen finden. - Das muss man ihnen schon selbst überlassen.
Unabhängig von jeder Religion oder Ideologie bleibt der Holocaust objektiv betrachtet ein monströses Verbrechen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann kennst du wie so oft die Basics nicht.
Das ist nicht das Problem - Du verwechselst immer wieder "differenzierten Umgang mit Quellen" mit "Ignoranz".
Als ignorant könnte man die Haltung mancher Gläubigen betrachten, die Bibel nur selektiv zu lesen. Der biblische Antijudaismus wird nur allzu gerne überlesen.

http://www.bibelkritik.ch/kirchenkritik/e13.htm


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn du die Naherwartung als substantiell bezeichnen willst, meinetwegen. Aber es ändert nichts an der enttäuschten Naherwartung.
Es gab die Naherwartung im Volk (wenn Du das als "substantiell" bezeichnen möchtest) - und das Volk wurde darin getäuscht. - Darauf kann man sich einigen.
Die Naherwartung auf Jesus hin war eine spätere christliche Umdeutung der enttäuschten Naherwartung Jesu auf das nahe Gottesreich. Darauf hat sich die Forschung schon längst geeinigt.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Und genau deshalb untersucht man in der historischen Jesusforschung die Texte historisch kritisch. Alles andere ist Unfug.
Das ist ideologisches Gerede. - Die HKM ist EINE Perspektive zum Verständnis der Bibel, aber nicht die einzige - es muss neben dem "was sagt (wahrscheinlich) der Verfasser" auch eine Disziplin geben, die fragt "was ist damit (wahrscheinlich) von Jesus gemeint".
Genau das tut die Forschung, indem sie authentisches von nicht authentischem zu trennen versucht. Das ist schwierig genug, weil die Schreiber ziemlich hemmungslos historisches mit frei Erfundenem vermischt haben.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Logisch, wenn der Sinn in der Belohnung für den Glauben besteht.
Das ist nicht der Sinn. - Der Sinn ist die De-Anthropozentrierung des Menschen vom "Ich will" in das "Ich unterwerfe mich einem größeren Willen". - Wer so weit ist, ERWARTET keine Belohnung, selbst wenn er dann belohnt wird.
Das ist doch gerade die Wahnvorstellung. Man erschafft sich Götter, um dann deren vermeintlichen Willen zu erfüllen. Die 10 Gebote sind letztlich auch menschlichem Willen geschuldet, der nur vorgibt, göttlichen Ursprungs zu sein.
Zum Belohnungsprinzip: Dann hätten auch die Bibelschreiber nichts verstanden, denn das Belohnungsprinzip zieht sich wie ein roter Faden durch die Bibel, ebenso die Bestrafung. Die Kirche kultivierte das Zuckerbrot und Peitsche-Prinzip bis zum Exzess.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1013 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 11. Mär 2017, 10:53

Münek hat geschrieben:Die Flucht in die Hermeneutik hilft Dir aber auch nicht weiter
Das ist keine Flucht, sondern der notwendige nächste Schritt nach der Basis-Arbeit der HKM.

Münek hat geschrieben:Was Jesus (wahrscheinlich) gemeint hat, ergibt sich klar aus seiner landesweit gepredigten Botschaft und aus seinen Gottesreich-Gleichnissen.
Das meint die Theologie auch, kommt aber zu einem anderen Ergebnis als eine säkulare Betrachtungsweise.

sven23 hat geschrieben:Das geschieht aber besonders seitens der Holocaustleugner, deren Leitmotiv wiederum der Antisemitismus ist.
Solche Idioten gibt es auch in Deutschland - aber warum verschwendest Du die Zeit mit irgendwelchen Randgruppen?

sven23 hat geschrieben:Unabhängig von jeder Religion oder Ideologie bleibt der Holocaust objektiv betrachtet ein monströses Verbrechen.
Du fängst wieder mit was an, was bereits VOR diesem Thread klar war und gehst überhaupt nicht auf das ein, worum es hier geht.

sven23 hat geschrieben:Als ignorant könnte man die Haltung mancher Gläubigen betrachten, die Bibel nur selektiv zu lesen.
Auch das gibt es - es gibt immer ganz Unterschiedliches. - Aber "selektiv" und "differenziert" sind zwei Paar Stiefel.

sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung auf Jesus hin war eine spätere christliche Umdeutung der enttäuschten Naherwartung Jesu auf das nahe Gottesreich. Darauf hat sich die Forschung schon längst geeinigt.
Das wäre schlimm. - Denn dann würde sie nicht erkennen, dass Jesus (wie so oft) diesbezüglich nicht verstanden worden war - so wenig geistige Kompetenz möchte ich der historisch-kritischen Wissenschaft nicht unterstellen.

sven23 hat geschrieben:Genau das tut die Forschung, indem sie authentisches von nicht authentischem zu trennen versucht.
Das kann sie doch nur technisch (QUellenfolge, etc.). - Wie soll sie es inhaltlich können, wenn sie gleichzeitig einen geistigen Ansatz ("Was ist damit gemeint, wenn Jesus göttliche Person ist?") aus methodischen Gründen ablehnen muss?

sven23 hat geschrieben:Das ist doch gerade die Wahnvorstellung. Man erschafft sich Götter, um dann deren vermeintlichen Willen zu erfüllen.
DAS wäre wirklich Wahnsinn. - Und schon stellt man sich vor: Was wäre, wenn die HKM in Sachen Naherwartung genauso irrsinnig vorgeht, wie Du eben in Deinem Satz andeutest.

sven23 hat geschrieben: das Belohnungsprinzip zieht sich wie ein roter Faden durch die Bibel, ebenso die Bestrafung.
Aber anders, als Du es offensichtlich verstehst. - Letztlich geht es in der Bibel um die Frage: "Was ist GUT für Dich, Mensch?" ("Belohnung") - "Was ist schlecht für Dich. Mensch?" ("Bestrafung").

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sven23
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#1014 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 11. Mär 2017, 12:19

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das geschieht aber besonders seitens der Holocaustleugner, deren Leitmotiv wiederum der Antisemitismus ist.
Solche Idioten gibt es auch in Deutschland - aber warum verschwendest Du die Zeit mit irgendwelchen Randgruppen?
Bedenke: auch das Christentum war eine kleine, unbedeutende Randgruppe, und wäre es wahrscheinlich auch geblieben, wenn man es nicht zur Staatsreligion erhoben hätte, mit allen fatalen Folgen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Unabhängig von jeder Religion oder Ideologie bleibt der Holocaust objektiv betrachtet ein monströses Verbrechen.
Du fängst wieder mit was an, was bereits VOR diesem Thread klar war und gehst überhaupt nicht auf das ein, worum es hier geht.
Erstens ist das noch längst nicht allen klar, auch hier im Forum nicht, und zweitens kannst du uns ja darüber aufklären, worum es hier geht.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Als ignorant könnte man die Haltung mancher Gläubigen betrachten, die Bibel nur selektiv zu lesen.
Auch das gibt es - es gibt immer ganz Unterschiedliches. - Aber "selektiv" und "differenziert" sind zwei Paar Stiefel.
Eben, die Abscheulichkeiten und Widerlichkeiten gehören nun mal auch dazu.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die Naherwartung auf Jesus hin war eine spätere christliche Umdeutung der enttäuschten Naherwartung Jesu auf das nahe Gottesreich. Darauf hat sich die Forschung schon längst geeinigt.
Das wäre schlimm. - Denn dann würde sie nicht erkennen, dass Jesus (wie so oft) diesbezüglich nicht verstanden worden war - so wenig geistige Kompetenz möchte ich der historisch-kritischen Wissenschaft nicht unterstellen.
Dann bist du immer noch auf dem voraufklärerischen Stand eines gläubigen Laien.

"Königsherrschaft Gottes
Auch die Qumran-Schriften zeigen, wie sehr Jesus einen neuen Akzent setzte, als er die hereinbrechende Königsherrschaft Gottes in das Zentrum seiner Botschaft stellte. Der Begriff ist in ihnen nämlich genauso selten wie in der übrigen frühjüdischen Literatur. Wenn er verwendet wird, ist nie davon die Rede, dass Gottes Königsherrschaft jetzt irdisch Gestalt gewinnen würde. Gerade das aber macht das Wesen der Botschaft Jesu aus."

Quelle: bibelwissenschaft.de

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Genau das tut die Forschung, indem sie authentisches von nicht authentischem zu trennen versucht.
Das kann sie doch nur technisch (QUellenfolge, etc.). - Wie soll sie es inhaltlich können, wenn sie gleichzeitig einen geistigen Ansatz ("Was ist damit gemeint, wenn Jesus göttliche Person ist?") aus methodischen Gründen ablehnen muss?
Sieh es doch mal ganz pragmatisch. Wenn Jesus wirklich göttlich wäre, warum sollte er dann zur Verbreitung seiner Botschaft auf stümperhafte Schreiber angewiesen sein, die dazu noch seine Lehre verfälschten?

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist doch gerade die Wahnvorstellung. Man erschafft sich Götter, um dann deren vermeintlichen Willen zu erfüllen.
DAS wäre wirklich Wahnsinn. -
Es ist aber genau die Situationsbeschreibung jeder Religion. Das Christentum kann da keine Ausnahmeregelung beanspruchen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: das Belohnungsprinzip zieht sich wie ein roter Faden durch die Bibel, ebenso die Bestrafung.
Aber anders, als Du es offensichtlich verstehst. - Letztlich geht es in der Bibel um die Frage: "Was ist GUT für Dich, Mensch?" ("Belohnung") - "Was ist schlecht für Dich. Mensch?" ("Bestrafung").
Man kann es auf die einfache Formel eindampfen: Glaube wird belohnt, Unglaube wird bestraft.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Münek
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#1015 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » Sa 11. Mär 2017, 15:31

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Die Flucht in die Hermeneutik hilft Dir aber auch nicht weiter
Das ist keine Flucht, sondern der notwendige nächste Schritt nach der Basis-Arbeit der HKM.
Nein. Bekanntlich geht der Hermeneutik die Setzung (Glaubensentscheid) voraus. Als die christliche Hermeneutik von den Kirchenvätern praktiziert wurde und schließlich zur Bildung von Glaubensdogmen führte, war von einer historisch-kritischen Bibelauslegung weit und breit nichts zu sehen.

So sieht es aus.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Was Jesus (wahrscheinlich) gemeint hat, ergibt sich klar aus seiner landesweit gepredigten Botschaft und aus seinen Gottesreich-Gleichnissen.
Das meint die Theologie auch, kommt aber zu einem anderen Ergebnis als eine säkulare Betrachtungsweise.
So hättest Du es gerne, so ist es aber nicht. Dass Jesus sich in seiner Naherwartung geirrt hat, ist in der Theologie so gut wie unbestritten. Das Gegenteil konntest Du bisher nicht belegen. Im katholisch-dogmatischen Lager herrscht zu dieser Frage be-
redtes Schweigen im Walde.


Das ist der Stand der Dinge.

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#1016 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 11. Mär 2017, 17:48

sven23 hat geschrieben:zweitens kannst du uns ja darüber aufklären, worum es hier geht.
Es ging um gleiches Verhalten des Menschen, egal ob er säkular oder religiös gepolt ist.

sven23 hat geschrieben:Dann bist du immer noch auf dem voraufklärerischen Stand eines gläubigen Laien.
Das meinst Du, weil Du schein-aufklärerischen Schriften folgst. - Der Satz "dass Gottes Königsherrschaft jetzt irdisch Gestalt gewinnen würde. Gerade das aber macht das Wesen der Botschaft Jesu aus" ist im Sinne Deines Gottesreich-Nähe-Verständnisses falsch.

sven23 hat geschrieben:Wenn Jesus wirklich göttlich wäre, warum sollte er dann zur Verbreitung seiner Botschaft auf stümperhafte Schreiber angewiesen sein, die dazu noch seine Lehre verfälschten?
Weil das, was er sagt, sozusagen durch die Rezeptions-Geschichte der Menschheit durch muss. - Wäre er Deinem Vorschlag gefolgt, wäre es dieselbe Basta-Politik des AT gewesen: "Ich bin der Herr, Dein Gott - friss oder stirb". - Hier geht es aber um die Erkenntnis-Entwicklung des Menschen ("Heilsgeschichte") - also über Trial and Error - bist der Mensch sagen kann: "Ach so, jetzt habe ich es WIRKLICH verstanden".

sven23 hat geschrieben:Es ist aber genau die Situationsbeschreibung jeder Religion.
Wie immer in diesem Punkt: falsch. - Du verwechselst nach wie vor "Gott" und "Gottes-Vorstellungen".

sven23 hat geschrieben:Man kann es auf die einfache Formel eindampfen: Glaube wird belohnt, Unglaube wird bestraft.
Das ist irreführend. - Besser wäre: Erkenntnis führt zum Segen - der falsche Weg führt zu Unheil. - Wie im richtigen Leben. - Mehr ist es eigentlich nicht. - Dieses alberne Bild, wonach Gott für besonders willfährige Anhänger Bonbons bereit hält, ist spätestens seit dem NT widerlegt.

Münek hat geschrieben:Bekanntlich geht der Hermeneutik die Setzung (Glaubensentscheid) voraus.
Korrekt - so wie bei säkularer Auslegung die Auffassung vorausgeht, dass Jesus nur Mensch ist. - Der eine macht's so, der andere anders.

Münek hat geschrieben:Dass Jesus sich in seiner Naherwartung geirrt hat, ist in der Theologie so gut wie unbestritten.
Nein - da spricht seit Jahrzehnten kein (kirchlicher) Theologe mehr ernsthaft drüber - nicht, um etwas zu verdrängen, sondern aus guten Gründen. - Ich werde Dir nicht nochmal das Zitat aus kathpedia rauslassen, wonach man im Großen und Ganzen NICHT einer Naherwartungs-Version anhängt.

Nichtsdestoweniger: Aus säkular-mechanistischer Sicht der HKM kann man sehr wohl zum Ergebnis kommen, dass Jesus eine Naherwartung hatte - unbestritten.

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sven23
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#1017 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » Sa 11. Mär 2017, 18:50

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Dann bist du immer noch auf dem voraufklärerischen Stand eines gläubigen Laien.
Das meinst Du, weil Du schein-aufklärerischen Schriften folgst. - Der Satz "dass Gottes Königsherrschaft jetzt irdisch Gestalt gewinnen würde. Gerade das aber macht das Wesen der Botschaft Jesu aus" ist im Sinne Deines Gottesreich-Nähe-Verständnisses falsch.
Was du persönlich für falsch hälst, ist irrelevant. Ausschlaggebend ist allein die neutestamentliche Forschung, die nicht auf Glaubensentscheide angewiesen ist und die Texte ergebnisoffen und wertneutral begutachtet. Alles andere ist Spielerei im glaubensdogmatischen Sandkasten.

"Der Blick auf den wirklichen Jesus ist ernüchternd und nur teilweise erbaulich. Die
historische Untersuchung ist zudem schwierig und von „normalen“ Gläubigen eigentlich
kaum zu leisten. Was aber einfach ist, ist die Person Jesus so vorzustellen, wie sie uns die
Evangelisten präsentieren. Dies tun heute wie ehedem weitgehend die Kirchen und fast
alle kirchlichen Gruppen. Man glaubt an einen Jesus, der so nie existiert hat, den man
aber so vermittelt bekam und den man im Grunde auch nicht anders haben möchte. Und
war es früher tatsächlich eine Glaubensentscheidung, weil man die historische Frage so
noch nicht stellen konnte, so glauben viele Christen heute wider besseres Wissen oder im
Nichtwahrhabenwollen wissenschaftlicher Ergebnisse. Ein selbst gemachter Gott ist
jedoch auch nach christlichem Verständnis ein Götze, ein selbst gemachter Christus wäre
dann eine Anbetung des goldenen Kalbs."

Kubitza, Der Jesuswahn

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn Jesus wirklich göttlich wäre, warum sollte er dann zur Verbreitung seiner Botschaft auf stümperhafte Schreiber angewiesen sein, die dazu noch seine Lehre verfälschten?
Weil das, was er sagt, sozusagen durch die Rezeptions-Geschichte der Menschheit durch muss. - Wäre er Deinem Vorschlag gefolgt, wäre es dieselbe Basta-Politik des AT gewesen: "Ich bin der Herr, Dein Gott - friss oder stirb". - Hier geht es aber um die Erkenntnis-Entwicklung des Menschen ("Heilsgeschichte") - also über Trial and Error - bist der Mensch sagen kann: "Ach so, jetzt habe ich es WIRKLICH verstanden".
Die wahrscheinlichste Antwort ist, dass der arbeitslose Bauhandwerker weder lesen noch schreiben konnte. Was nicht weiter schlimm war, denn das nahe Ende stand ja sowieso bevor. Er konnte nicht wissen, dass er sich irrte und ein gewisser Paulus ihm Jahrzehnte später in die Suppe spucken würde.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es ist aber genau die Situationsbeschreibung jeder Religion.
Wie immer in diesem Punkt: falsch. - Du verwechselst nach wie vor "Gott" und "Gottes-Vorstellungen".
Es gibt halt tausende verschiedene Gottes- und Göttervorstellungen. Trotzdem schweigt der große Himmelsmagier. Kannst du dir denken warum? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Man kann es auf die einfache Formel eindampfen: Glaube wird belohnt, Unglaube wird bestraft.
Das ist irreführend. - Besser wäre: Erkenntnis führt zum Segen - der falsche Weg führt zu Unheil. - Wie im richtigen Leben. - Mehr ist es eigentlich nicht. - Dieses alberne Bild, wonach Gott für besonders willfährige Anhänger Bonbons bereit hält, ist spätestens seit dem NT widerlegt.
Im Gegenteil wird das alberne Bild durch das NT noch bekräftigt. Zuckerbrot und Peitsche finden sich auch bei Paulus.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Bekanntlich geht der Hermeneutik die Setzung (Glaubensentscheid) voraus.
Korrekt - so wie bei säkularer Auslegung die Auffassung vorausgeht, dass Jesus nur Mensch ist. - Der eine macht's so, der andere anders.
Die einen gehen wissenschaftlich vor, die Glaubensdogmatiker und Hermeneutiker benötigen den Glaubensentscheid. Mit letzerem Prinzip lassen sich alle Götter zirkelreferent bestätigen. Also ein völlig nutzloses Unterfangen ohne jeden Nährwert.


closs hat geschrieben: Nichtsdestoweniger: Aus säkular-mechanistischer Sicht der HKM kann man sehr wohl zum Ergebnis kommen, dass Jesus eine Naherwartung hatte - unbestritten.
Vor allem aus wissenschaftlicher und historischer Sicht. Dass man den guten Jesus posthum für eigene theologische Zwecke vergewaltigt hat, ändert nichts an seiner Naherwartung.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#1018 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von closs » Sa 11. Mär 2017, 20:18

sven23 hat geschrieben: Ausschlaggebend ist allein die neutestamentliche Forschung
Die historisch-kritische Forschung ist NICHT ausschlaggebend in der Theologie, sondern EINE gewichtige Stimme.

sven23 hat geschrieben:Die wahrscheinlichste Antwort ist, dass der arbeitslose Bauhandwerker weder lesen noch schreiben konnte. Was nicht weiter schlimm war, denn das nahe Ende stand ja sowieso bevor. Er konnte nicht wissen, dass er sich irrte und ein gewisser Paulus ihm Jahrzehnte später in die Suppe spucken würde.
Ich habe versucht, Dir eine theologische Erklärung zu geben - und Du kommst mit sowas.

sven23 hat geschrieben:Die einen gehen wissenschaftlich vor, die Glaubensdogmatiker und Hermeneutiker benötigen den Glaubensentscheid.
Imme wieder: Die Voraus-Setzungen der von Dir bevorzugten Methodik entsprechen in der Wirklung vollumfänglich einem "Glaubensentscheid" - damit kannst Du Dich nicht absetzen.

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#1019 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von Münek » So 12. Mär 2017, 01:39

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Bekanntlich geht der Hermeneutik die Setzung (Glaubensentscheid) voraus.
Korrekt - so wie bei säkularer Auslegung die Auffassung vorausgeht, dass Jesus nur Mensch ist. - Der eine macht's so, der andere anders.
Die historisch-kritische Bibelwissenschaft trifft KEINE Glaubensentscheidung. Sobald sie das täte, wäre sie keine Wissenschaft mehr.

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Dass Jesus sich in seiner Naherwartung geirrt hat, ist in der Theologie so gut wie unbestritten.
Nein - da spricht seit Jahrzehnten kein (kirchlicher) Theologe mehr ernsthaft drüber - nicht, um etwas zu verdrängen, sondern aus guten Gründen.
Du irrst Dich. Renommierte Dogmatiker wie Rahner, Kasper und Küng haben diesbezüglich Tacheles geredet. Sie wurden hier mehr als einmal zitiert. Ansonsten herrscht im dogmatischen Lager beredtes Schweigen im Walde.

closs hat geschrieben:Ich werde Dir nicht nochmal das Zitat aus kathpedia rauslassen, wonach man im Großen und Ganzen NICHT einer Naherwartungs-Version anhängt.
Brauchst Du auch nicht: Auf kathpedia schreiben katholische Laien. Entsprechend laienhaft ist auch die Begründung des Schreibers.

closs hat geschrieben:Nichtsdestoweniger: Aus säkular-mechanistischer Sicht der HKM kann man sehr wohl zum Ergebnis kommen, dass Jesus eine Naherwartung hatte - unbestritten.
Nicht "kann", sondern "muss" man zu diesem Ergebnis kommen. Die Quellen sprechen schließlich eine mehr als deutliche Sprache.

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#1020 Re: Alles Teufelszeug? V

Beitrag von sven23 » So 12. Mär 2017, 06:39

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Ausschlaggebend ist allein die neutestamentliche Forschung
Die historisch-kritische Forschung ist NICHT ausschlaggebend in der Theologie, sondern EINE gewichtige Stimme.
In der historischen Jesusforschung ist sie die einzige Stimme, die was zu sagen hat. Wenn man wissen will, was historisch der Fall war. Wer auf Märchen aus 1001 Nacht nicht verzichten will, ist hier natürlich fehl am Platz.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die wahrscheinlichste Antwort ist, dass der arbeitslose Bauhandwerker weder lesen noch schreiben konnte. Was nicht weiter schlimm war, denn das nahe Ende stand ja sowieso bevor. Er konnte nicht wissen, dass er sich irrte und ein gewisser Paulus ihm Jahrzehnte später in die Suppe spucken würde.
Ich habe versucht, Dir eine theologische Erklärung zu geben - und Du kommst mit sowas.
Theologie ist irrelevant, weil wir doch wissen wollen, was der Fall war. :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Die einen gehen wissenschaftlich vor, die Glaubensdogmatiker und Hermeneutiker benötigen den Glaubensentscheid.
Imme wieder: Die Voraus-Setzungen der von Dir bevorzugten Methodik entsprechen in der Wirklung vollumfänglich einem "Glaubensentscheid" - damit kannst Du Dich nicht absetzen.
Doch, kann ich, denn es ist ein gravierender Unterschied, ob man den Heiligen Geist und Wunder benötigt, oder ob der "Gaubensentscheid" darin besteht, eine wissenschaftliche Methode anzuwenden.
Wer das nicht begreift, hat noch überhaupt nichts begriffen. :roll:
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