So nah und doch so fern?

barbara
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#101 Re: So nah und doch so fern?

Beitrag von barbara » Mi 14. Aug 2013, 20:53

sven23 hat geschrieben: Ist aber nicht zu verwechseln mit der Parusie, also der Naherwartung des Kommens des Reich Gottes und der Vollendung der Heilsgeschichte.

Das Reich Gottes ist hier. Der Knackpunkt liegt darin, ob das Individuum dies erkennt oder nicht.

Alle anderen Deutungen halte ich für Unsinn, ganz egal, wie gelehrt jene sind, die sie vertreten.

grüsse, barbara

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Naqual
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#102 Re: So nah und doch so fern?

Beitrag von Naqual » Mi 14. Aug 2013, 23:38

Genau genommen hat das Reich Gottes mit diesem Thread überhaupt nichts zu tun, in dem es um die Naherwartung des Zweiten Kommens Jesu Christi geht bzw. des Weltendes.

Auch in den von Sven genannten Belegstellen kommt das Wort "Reich Gottes" nicht vor.
http://www.bibleserver.com/text/LUT/1.T ... nicher4,15
http://www.bibleserver.com/text/GNB/Markus13,30

Unabhängig von der falschen Endzeiterwartung zu Lebzeiten, ist das "Reich Gottes" natürlich zu allen Zeiten schon da gewesen. Reich Gottes heißt nichts anderes, als "dort, wo Gott wirkt". Für den einzelnen Gläubigen kann nun das Reich Gottes "kommen", in dem er aus dem Willen Gottes heraus lebt, Gott in ihm wirkt.
Man möge mir den Realismus nun verzeihen: aber tatsächlich kenne ich nur "Hin- und Herpendler", keine Dauergäste.

barbara
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#103 Re: So nah und doch so fern?

Beitrag von barbara » Do 15. Aug 2013, 06:23

Naqual hat geschrieben:Genau genommen hat das Reich Gottes mit diesem Thread überhaupt nichts zu tun, in dem es um die Naherwartung des Zweiten Kommens Jesu Christi geht bzw. des Weltendes.

Das ist doch dasselbe. Es geht um das Ende DIESER Welt, das heisst der Welt, in der sich ein Mensch in erster Linie als "ich, ein Körper" identifiziert; und wenn diese Welt vorbei ist, bzw ihre illusionäre Natur erkannt wurde, dann ist das Reich Gottes da.

grüsse, barbara

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sven23
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#104 Re: So nah und doch so fern?

Beitrag von sven23 » Do 15. Aug 2013, 07:40

Das Thema scheint schwieriger zu sein, als es den Anschein hat.
Selbst Gläubige sind sich nicht einig, was das Reich Gottes überhaupt ist, bzw. ob es schon da ist oder noch kommen soll usw.

Das müßte sicher erst einmal herausgearbeitet werden, sonst redet man immer aneinander vorbei.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Naqual
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#105 Re: So nah und doch so fern?

Beitrag von Naqual » Do 15. Aug 2013, 11:16

barbara hat geschrieben:
Naqual hat geschrieben:Genau genommen hat das Reich Gottes mit diesem Thread überhaupt nichts zu tun, in dem es um die Naherwartung des Zweiten Kommens Jesu Christi geht bzw. des Weltendes.

Das ist doch dasselbe. Es geht um das Ende DIESER Welt, das heisst der Welt, in der sich ein Mensch in erster Linie als "ich, ein Körper" identifiziert; und wenn diese Welt vorbei ist, bzw ihre illusionäre Natur erkannt wurde, dann ist das Reich Gottes da.

Hi Barbara,

in der Sache selbst gebe ich Dir recht, allerdings ist die Frage, ob der Autor Paulus im NT dies so gemeint hat.
1. Thess 4, 16 f. Denn er selbst, der Herr, wird, wenn der Befehl ertönt, wenn die Stimme des Erzengels und die Posaune Gottes erschallen, herabkommen vom Himmel, und zuerst werden die Toten, die in Christus gestorben sind, auferstehen. Danach werden wir, die wir leben und übrig bleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden auf den Wolken in die Luft, dem Herrn entgegen; und so werden wir bei dem Herrn sein allezeit.
Die Trennung zwischen Toten die Auferstehen und derjenigen, die lebend in das Reich Gottes eingehen, ergibt dann keinen Sinn mehr in unserem Verständnis. Paulus hätte es dann ganz anders formulieren müssen, m.E.

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#106 Re: So nah und doch so fern?

Beitrag von Naqual » Do 15. Aug 2013, 11:20

sven23 hat geschrieben:Selbst Gläubige sind sich nicht einig, was das Reich Gottes überhaupt ist, bzw. ob es schon da ist oder noch kommen soll usw.
Beides ist richtig ist wohl das häufigste Verständnis in der Christenheit. Das Reich Gottes ist ständig präsent. Aber der Einzelne muss es betreten. Im biblischen Jargon "kommt dann das Reich Gottes zu einem". Die zweite Formulierung ist treffender, weil es der einzelne nicht in der Hand hat, sondern es geht von Gott aus.

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#107 Re: So nah und doch so fern?

Beitrag von Münek » Do 15. Aug 2013, 23:31

Naqual hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Selbst Gläubige sind sich nicht einig, was das Reich Gottes überhaupt ist, bzw. ob es schon da ist oder noch kommen soll usw.
Beides ist richtig ist wohl das häufigste Verständnis in der Christenheit. Das Reich Gottes ist ständig präsent. Aber der Einzelne muss es betreten. Im biblischen Jargon "kommt dann das Reich Gottes zu einem". Die zweite Formulierung ist treffender, weil es der einzelne nicht in der Hand hat, sondern es geht von Gott aus.

Hallo zusammen,

Jesus verkündete den nahen Anbruch des "Reiches Gottes" hier auf Erden (nicht etwa im Himmel, denn
da existierte ja bereits das Reich, d.h. die Herrschaft Gottes!), nein er predigte das Erscheinen Gottes auf
seiner von ihm gegründete Erde
, Gottes persönliches, kurz bevorstehendes, unmittelbares Eingreifen in alle
irdischen Verhältnisse und Machtstrukturen. Er verkündete den machtvollen, für alle sichtbaren Herrschaftsan-
tritt Gottes über seine Welt mitsamt allen Kontinenten, Meeren, Bergen, Völkern, Königreichen und all seinen Ge-
schöpfen.

Diese Vision stand Jesus vor Augen: (nix Gottesreich unsichtbar, nix Gottesreich im "Kopf" , nix Gottes-
reich im "Herzen", nix Gottesreich im nirgendwo, aber doch irgendwo, nix Gottesreich in irgendeiner Kirche ) :D

Die alles umfassende, für jedermann sicht- und spürbare allmächtige Präsenz Gottes vor und über allen
Menschen und Kreaturen der gesamten Welt! Hier auf Erden! Das hatte Jesus vor Augen! Jesu war sich
sehr sicher: Der Schöpfer, der Vater, der Gott, schickt sich jetzt an, seine himmlische, überirdische
"Wohnstatt" zu verlassen und seine Herrschaft über sein irdisches Königreich auf der von ihm geschaffenen
Erde höchstpersönlich anzutreten.

Aus welchen Gründen auch immer!?!? Vielleicht war es ihm im Himmel zu langweilig?! Vielleicht wollte er seinen
Geschöpfen nahe, d.h. präsent sein wie damals im Garten Eden?! Wir wissen es nicht! Nur: Nach annähernd
2000 Jahren kann man bei allem Wohlwollen indes nur nüchtern konstatieren: Nee, war leider nix!. Und
ich denke, in 10.000 Jahren oder in 100.000 Jahren wird man auch sagen werden:

"NEE, WAR LEIDER NIX." :!:
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Ich denke, man sollte als Gläubiger (und damit spreche ich Kingdom u.a. an) die Ankündigun-
gen Jesu (Anbruch der Gottesherrschaft auf Erden) und auch die Aussagen der neutestamentlichen Autoren
(Parusie des richtenden Menschensohnens) in ihren klar dokumentierten Naherwartungen einfach
mal ernstnehmen. Das heißt z.B. zu fragen, wie haben sie es damals tatsächlich gemeint! Und nicht,
wie sind diese apokalyptischen Aussagen aus meiner heutigen Sicht zu sehen. Oder: Wie bekomme
ich es hin, die echatologischen Bibelstellen so "auszulegen", dass sie bloß in mein Glaubenskonzept passen!

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Besser Exegese als Eisegese! :) Der Wahrheit und Ehrlichkeit wegen! :thumbup: Ich weise auf meine Zitate
bekannter renommierter Theologieprofessoren (katholisch und evangelisch) hin, die einräumten oder schlicht
feststellten, dass sich Jesus mit seiner Naherwartung schlicht geirrt hat. Die damaligen Akteure haben
es sicher genauso gemeint, wie sie es verkündet (Jesus) oder geschrieben (Paulus, Johannes usw.) haben.

Für einen unvoreingenommenen Betrachter, also einen neugierigen, vielleicht suchenden und zumin-
dest einigermaßen Bibelkundigen (dazu zähle ich mich :thumbup: ), der die echatologischen Aussagen der neutes-
tamentlichen Schriften ohne Glaubensbrille, also sachlich ordnet, gewichtet, bewertet, analysiert, bleibt ei-
gentlich nur ein Schluss:

Es war alles ein Irrtum. Nicht eine der echatologischen Voraussagen hat sich erfüllt. Viele Gläubige tun sich
verständlicherweise unsagbar schwer, diesen Fakt zu akzeptieren. Viele versuchen, durch (für einen
Außenstehenden - im Ernst! - obskur anmutende, in keiner Weise nachvollziehbare) "Interpretationen" der Schriften
die "Kurve zu kriegen", um zu retten, was eigentlich nicht zu retten ist um "ihres" Glaubens willen. Andere fallen - mit
mehr oder weniger, meist mit gar keinen Schmerzen - von ihrem Glauben einfach ab!

So ist das Leben! So spielt die Realität!


Meine Meinung, machts jut ;)

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#108 Re: So nah und doch so fern?

Beitrag von Zeus » Fr 16. Aug 2013, 02:48

Münek hat geschrieben:[...]Was meint ein Glaubender damit gewonnen zu haben, wenn er die klaren Aussagen Jesu und der Apostel und sonstiger neutestamentlicher (vom "Heiligen Geist" inspirierter) Schriftsteller nicht wörtlich nehmen möchte und stattdessen seine eigenen Interpretationen "um des Heils und Glaubens willen" ;) an deren Stelle
setzt???

Die Gläubigen können es einfach nicht akzeptieren, dass der Sohn Gottes, der weise Paulus und Co. sich geirrt haben.

Gruß
Zeus
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Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen, noch nicht einmal existieren muss.
(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#109 Re: So nah und doch so fern?

Beitrag von Münek » Fr 16. Aug 2013, 05:59

Zeus hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:[...]Was meint ein Glaubender damit gewonnen zu haben, wenn er die klaren Aussagen Jesu und der Apostel und sonstiger neutestamentlicher (vom "Heiligen Geist" inspirierter) Schriftsteller nicht wörtlich nehmen möchte und stattdessen seine eigenen Interpretationen "um des Heils und Glaubens willen" ;) an deren Stelle
setzt???

Die Gläubigen können es einfach nicht akzeptieren, dass der Sohn Gottes, der weise Paulus und Co. sich geirrt haben.

Gruß
Zeus

Richtig, sehr richtig, mein lieber Zeus,

die Nichtakzeptanz (d.h. Ausblendung) äußerst unangenehmer Tatsachen, wie es Gläubige schon
mal oder häufig zu tun pflegen, ist aus meiner Sicht menschlich verständlich, überaus verständlich.

Denn würden Gläubige missliebige biblische Tatsachen, wie beispielsweise in den obigen Beiträgen beschrie-
ben, akzeptieren und damit einen "Riesenirrtum" (Nichteintritt naher endzeitlicher Voraussagen) ehr-
licherweise einräumen, dann wäre ihnen natürlich sofort bewusst, dass ihr Glaubensgebäude auf einem ei-
gentlich völlig zerbröselten Fundament (Bibel) beruht.

Das möchten sicherlich viele Gläubige nicht, weil dann gegebenenfalls ihre heile Glaubenswelt für sie zusam-
menbräche! Darum spielen sie nach meinem unmaßgeblichen Eindruck bei glas-klaren Auseinandersetzungen
u.a. den Vogel.

Häh! Welchen Vogel??? Na, den Vogel Strauß natürlich! :D :D :D

Gruß

Münek

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sven23
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#110 Re: So nah und doch so fern?

Beitrag von sven23 » Fr 16. Aug 2013, 07:54

Zeus hat geschrieben:
Die Gläubigen können es einfach nicht akzeptieren, dass der Sohn Gottes, der weise Paulus und Co. sich geirrt haben.

Gruß
Zeus

So ist es, wobei das Anerkennen dieses Irrtums natürlich dramtische Folgen für das ganze Glaubenskonstrukt hätte. Deshalb wird sich auch mit Händen und Füßen dagegen gewehrt.

Man kann sich auch fragen, warum die Bibelschreiber die Naherwartung überhaupt schriftlich festgehalten haben.
Die Antwort ist eigentlich einfach. Die Parusie war damals so fester Bestandteil des Glaubens, daß man sie ganz selbstverständlich beschrieben hat.
Als das älteste der Evangelien, das Markusevangelium, geschrieben wurde, war die Vollendung der Parusie ja theoretich noch möglich.
Erst als die Generation, von der Jesus behauptete, sie würde das alles noch erleben, nach und nach wegstarb, erkannte man, daß es hier wohl Erklärungsprobleme geben könnte.
Deshalb auch die Umdeutungsversuche von Paulus und anderen.

Die Konsequenz aus der ganzen Geschichte kann eigentlich nur sein:
Jesus war ein normaler Mensch und ist als Kind seiner Zeit den gleichen Irrtümern aufgesessen wie seine Glaubensbrüder.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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