sven23 hat geschrieben: Nein, man kann die Evangelien nicht unkritisch als Tatsachenberichte lesen. Das gibt selbst die Kirche inzwischen (gezwungenermaßen) zu.
Zur Frage nach dem »historischen Jesus« gehört grundlegend die Wahrnehmung einer Differenz […]Dies geschah erstmals im Zeitalter der Aufklärung im 18. Jahrhundert.
Ja, im 18. Jahrhundert und die Überschrift über diesem Text lautet: "Das Problem und seine Geschichte". Und diese Geschichte führt dann, beginnend mit dem 18. Jahrhundert über Reimarus, Schweitzer, Käsemann, der "dritten Runde" also "Third Quest", bis zum "erinnerten Jesus", der neuesten Entwicklung in der Jesusforschung, die die Evangelien wieder als Geschichtserzählungen ernst nimmt. Es gibt nix, was da "gezwungenermaßen zugegeben werden muss". Jesusforschung war über die Jahrhunderte immer von verschiedenen Geistesströmungen beeinflusst und
heute kann man sagen: Die Hauptquellen können ernst genommen werden. Und das haben Christen sowieso seit 2000 Jahren getan.
sven23 hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Es ging aber um die Frage, ob die rekonstruierten Urtexte der Evangelien über den Prozess Jesu, bereits wie du schreibst als "christliches Nachtreten für die Verweigerung der meisten Juden, der neuen Sekte beizutreten" zu werten sind. Zu behaupten das Händewaschen des Pilatus sei von den jüdischen Schreibern des NT erfunden worden, um einen Antijudaismus zu begründen, halte ich für absurd.
Absurd ist wohl eher die Vorstellung, dass der römische Präfekt, der als grausam galt und in seiner Amtszeit Tausende hat kreuzigen lassen, sich mit einem kleinen Aufrührer persönlich abgibt…
Nein, Rechtssprechung gehörte vielmehr zu den Aufgaben des römischen Statthalters. Daran ist nichts absurd.
sven23 hat geschrieben: …und dann noch sein Urteil rechtfertigt,…
Was ist absurd daran, wenn ein Richter sein Urteil rechtfertigt?
sven23 hat geschrieben: …bzw. sogar die Verantwortung dafür ablehnt.
Das wiederum gehört zum Besonderen am Prozess gegen den Gottessohn. Pilatus hält Jesus für unschuldig, gibt aber dem Getümmel unter den Juden nach. Will sich nicht zum Richter über die religiösen Angelegenheiten der Juden machen. Das Händewaschen bedeutet also: Ich war's nicht… Vielleicht ahnte er auch, wer da vor ihm steht!
sven23 hat geschrieben: "In den ersten Jahrhunderten gab es sechzig Evangelien, die fast alle gleich unverdaulich waren. Man verwarf sechsundfünfzig wegen ihrer Kindlichkeit und Albernheit. Gäbe es hierfür keinerlei Anhaltspunkte bei denjenigen, die man behalten hat?"
(Denis Diderot, franz. Schriftsteller, Aufklärer u. Philosoph, 1713-1784).
Und wieder taucht Sven ins positivistische 18. Jahrhundert ab.
Kindlich und albern ist das, was Denis Diderot schreibt, denn erstens sind viele apokryphe Schriften noch heute wertvoll, auch wenn sie nicht auf Apostel zurückgingen und deshalb nicht in den Kanon aufgenommen wurden.
Und zweitens ist doch völlig klar: große Ereignisse, Zeitenwenden gar wie die Menschwerdung Gottes, produzieren viele Schriften und nicht alle haben die gleiche Autorität und Qualität.
sven23 hat geschrieben: Ein "wahrer" Gläubiger stirbt als Märtyerer, so die Botschaft der christlichen Schreiber.
Nein, das Wort Märtyrer gibt’s gar nicht im NT.
Ziel des christlichen Glaubens ist es nicht, sich umbringen zu lassen. Trotzdem wurden und werden sie bis heute umgebracht für ihren Glauben und ihr Handeln. Martin Luther King, 24 Stunden vor seinem gewaltsamen Tod im Alter von 39 Jahren:
"… wie jedermann wünsche ich mir ein langes Leben. Ein langes Leben ist etwas Gutes. Aber es kümmert mich im Augenblick nicht. Ich will nur eins: dem Willen Gottes genügen. Denn er hat mir die Gnade gewährt, den Berg zu erklimmen, und ich habe über den Gipfel geschaut und das Land der Verheißung gesehen. Mag sein, dass ich euch nicht dorthin folgen kann. Aber eines sollt ihr heute Abend wissen: Wir werden als ein Volk in das Land der Verheißung gelangen. Deshalb bin ich heute glücklich. Ich fürchte mich nicht. Ich habe keine Angst, vor niemanden. Denn meine Augen haben die Gnade des Herrn gesehen."
Das nur im Entferntesten zu vergleichen mit islamistischen Selbstmordattentätern ist kaum zu überbietende Niedertracht.
sven23 hat geschrieben: Historisch gesichert ist seine Hinrichtung nicht, es könnte wie auch in vielen anderen Fällen christliche Legende sein.
Das ist so euer Hauptargument: Es könnte vielleicht gar nicht stimmen…
sven23 hat geschrieben: Roland hat geschrieben: sven23 hat geschrieben: Wo sind denn die Belege zur Auferstehung?
Immer wieder zur geneigten Lektüre:
Das Professorenforum. Eine gute Kurzzusammenfassung über die Historizität der Auferstehung.
Und das willst du uns allen Ernstes als "Belege" für die Auferstehung verkaufen?
Genau, haufenweise gut belegter Daten, Fakten und Argumente für die Historizität der Auferstehung. Milliarden Menschen haben erfahren, dass Jesus lebt.
Aber wer lieber an den Sieg des Todes glaubt, der kann das alles wegwischen und drüber lachen. Frage mich nur, was es dann noch zu lachen gibt?
sven23 hat geschrieben: Roland hat geschrieben: sven23 hat geschrieben: Und ich stimme Albert Schweitzer zu:
Der Jesus der Evangelien hat nie existiert.
Ein Mann der dem Positivismus des 19. Jahrhundert entstammt.
Immerhin hat er die Jesusbilder der liberalen Jesusforschung als Projektionen der Ethik- und Wertvorstellungen ihrer jeweiligen Verfasser entlarvt.
Diese Fehler versuchte man ab diesem Zeitpunkt zu vermeiden.
Mit dem Ergebnis, dass man sich heute immerhin wieder dunkel an die eigentlichen Quellen dessen erinnert, was wir über Jesus wissen: Die Evangelien! Jeder Versuch, diesen Quellen irgendwelche anderen Vermutungen über Jesus überzuordnen, führt zwangsläufig wieder zu subjektiven Projektionen derer, die dies tun.
sven23 hat geschrieben: Roland hat geschrieben: Längst nicht mehr. Kein Faktum der historischen Forschung kann widerlegen, dass der Jesus der Evangelien der wirkliche, also der "historischen Jesus" im eigentlichen Sinne ist. Und der neueste Trend der Forschung nimmt die Evangelien als Geschichtsschreibung wieder ernst. Nur durch die Evangelien, also nur durch die Quellen, gelangt man zum historischen Jesus.
Nein, siehe oben.
Die kläglichen Versuche von Ratzinger, Berger und Co sind allesamt gescheitert und ich prophezeie, sie werden auch in Zukunft scheitern, wenn die Forschung ihren wissenschaftlichen Anspruch nicht aufgeben sollte.
Die Exegesen, die die eigentlichen Quellen über Jesus ernst nehmen, stehen kerzengerade neben der von liberaler Bibelkritk dominierten Exegese. Nichts davon ist gescheitert, im Gegenteil: Kirchen, indenen nichts als das trockene Stroh der liberale Bibelkritik gelehrt wird bleiben mehr und mehr leer. Gemeinschaften, die den lebendigen Jesus des NT verkündigen, haben Zulauf.
Kläglich muss man den Versuch beschreiben das NT zu zerfleddern, zu fälschen, zu verweltlichen und seiner eigentlichen Botschaft zu berauben. Und das hat Null komma Null mit wissenschaftlichem Anspruch zu tun, denn Wissenschaft kann gar keine Aussagen über Gott machen. Vor Wissenschaft muss der christliche Glaube keine Angst haben. Es ist die tendenziell atheistische Auslegung der Ergebnisse von Wissenschaft, die zu leeren Kirchenbänken führt. Die allein kritisiere ich.