Ja, ja, unser lieber Matthäus...

closs
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#11 Re: Ja, ja, unser lieber Matthäus...

Beitrag von closs » So 16. Mär 2014, 16:39

Naqual hat geschrieben:Matthäus baut (konstruiert) einen Beleg für eine erfüllte Prophezeiung. Er bedient sich dabei Methoden, die heute theologisch alles andere als anerkannt sind:
Theologisch-kritisch wird man sich daran stoßen können - für substantielle Glaubensfragen ist es aus meiner Sicht nicht wichtig.

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Naqual
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#12 Re: Ja, ja, unser lieber Matthäus...

Beitrag von Naqual » So 16. Mär 2014, 16:48

Zeus hat geschrieben:Alles , aber auch restlos ALLES im "Christentum" ist abgekupfert , übernommen , geklaut oder umgedeutelt.
Es wäre schön, wenn ALLES abgekupfert wäre. Also abgekupfert von der jüdischen Religion in GÄNZE. Dann wären die Dogmen in sich auch harmonischer. M.E. kann man viele Fehler einfach schon dadurch finden im NT, wenn man sich darum bemüht die jüdische Sicht einzunehmen und davon ausgeht, dass die ursprüngliche Lehre Jesu völlig kompatibel war mit der jüdischen Religion. Stattdessen fand ein Anpassungs- und Integrationsprozess zum Denken des griechisch-römischen Kulturkreises statt (schon zur Zeit und durch Paulus, also bereits lange vor Erstellung des neutestamentlichen Kanons). Und bei philosophischen "Flickerlteppichen" muss man ein wenig arg aufpassen, dass noch alles zusammenpasst.

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#13 Re: Ja, ja, unser lieber Matthäus...

Beitrag von Naqual » So 16. Mär 2014, 16:54

closs hat geschrieben:
Naqual hat geschrieben:Matthäus baut (konstruiert) einen Beleg für eine erfüllte Prophezeiung. Er bedient sich dabei Methoden, die heute theologisch alles andere als anerkannt sind:
Theologisch-kritisch wird man sich daran stoßen können - für substantielle Glaubensfragen ist es aus meiner Sicht nicht wichtig.
Ich möchte Dich nicht necken, aber ich empfinde es so: für SUBSTANTIELLE Glaubensfragen ist die Bibel überhaupt nicht erforderlich, gleichzeitig finde ich sie enorm wichtig als ANREGUNG für eigene Glaubensüberlegungen.
Die diskutierte Fragestellung taucht eigentlich erst auf durch eine überzogene Vergöttlichung der Bibel. Denn dann wird jeder Fehler in ihr zur Gefahr für den Glauben. Einfach weil der Glaube nicht auf ein Verhältnis Gott -Mensch aufbaut, sondern auf einem Buch. Ein stabiler Glaube erfordert aber das Erstere. Verbreitet ist es im Christentum, das Zweitere zu lehren. Das dient zwar größerer Einheit in dogmatischen Glaubensfragen (relativ wenig geglückt bei den vielen abweichenden Konfessionen), aber gleichzeitig verhindert es auch offene Diskussionen, weil sofort der bekannte "Du Ketzer-Druck" aufgebaut wird, wenn was "Kritisches" gesagt wird (wobei kritisch immer die Abweichung zum Mainstream ist).

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#14 Re: Ja, ja, unser lieber Matthäus...

Beitrag von closs » So 16. Mär 2014, 17:11

@naqual
Volle Zustimmung. :thumbup:

Allerdings gilt das umgekehrt auch: Hinweise auf etwaige Widersprüche in der Bibel sind gleichermaßen sekundär, wenn es um das Verhältnis zwischen Gott und Mensch bzw. um die Substanz des Christentums geht.

Nebenbei: Ich habe extrem viel aus der Bibel gelernt, weil da manches Universales viel besser formuliert ist, als man es selber tut, und zusätzlich Vertiefungen und Vernetzungen aufgezeigt werden, auf die man noch nicht gekommen ist. - Aber all das nützt nichts, wenn die eigene Substanz dazu nicht da ist. - Deshalb immer wieder: Solus Spiritus.

Rembremerding
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#15 Re: Ja, ja, unser lieber Matthäus...

Beitrag von Rembremerding » So 16. Mär 2014, 17:41

Für den, der es benötigt (aber letztendlich gar nicht wissen will) gibt es eine Erklärung für Immanuel - Jesus (Jehoschua).

Namen haben im Hebräischen eine weitaus größere Bedeutung, als etwa heute bei uns. Der Name konnte so eine Eigenschaft, eine Hoffnung, Verheißung oder Programm für den Namensträger bedeuten. Zudem ist zu unterscheiden von Namen, die einer Person gegeben sind, Namen, die ein Amt oder Titel bezeugen oder Namen, die ein besonderes Programm des Volkes Israel ausdrücken sollen, quasi ein Chiffre für eine Aufgabe oder Bedeutung, die eine Person, der diesen Namen verliehen bekam, auszufüllen hat.
So kann etwa der Name Marta, Maria, Josef sowohl ein Personenname, als auch ein Titel im Volk Israel bedeuten. Auch Satan war ursprünglich ein Titel des "Widersachers", der im Hohen Rat aus geistigen Gründen Gegenargumente wider dem Hohepriester vorbringen musste.

Matthäus schreibt an vorwiegend griechisch sprechende Judenchristen. Deshalb verwendet er oft Zitate des AT, die belegen sollen, dass Christus Jesus der Messias ist (ähnlich Paulus im Hebräerbrief).
Matthäus kennt das Denken seiner Leser und verwendete Immanuel in der Gewissheit, dass er verstanden wird und keinen Widerspruch hervorruft.
Matthäus selbst ist von der Erfüllung der Verheißung überzeugt, sonst hätte er das Zitat nicht gebracht.

Das Zitat aus Jes 7,14 befindet sich in einem Kontext, der einen Namen sowohl als Personennamen als auch als "Programm", als "Symbol" bezeichnet. Jesaja selbst nennt seine Kinder Schear-Jaschub ("der Rest kehrt um" Jes 7,3), gemünzt auf König Ahas und Maher-Schalal-Hasch-Bas („Raubebald-Eilebeute“, Jes 8,3), wieder ein Symbol dafür, dass die Beute nach der Niederlage nach Assur getragen wird. Hosea gab seinen Kindern ebenso symbolische Namen. So wird Immanuel ebenso zu einem symbolischen Chiffre für "Gott mit uns".

Matthäus ist das Zitat wichtig, um die Verheißung durch die Geburt Mariens erfüllt zu wissen. Zudem geht es ihm hier nicht um einen Personennamen, sondern um die Bedeutung von Immanuel. Deshalb übersetzt er ihn auch für seine Leser ins Griechische, was nicht nötig gewesen wäre, ginge es nur um den Namen einer Person.

So will Matthäus ausdrücken: Jesus ist der "Gott mit uns", dies ist seine Bedeutung. In unserem Menschsein ist er da, in unseren Ängsten, Nöten, Fragen, im Leid oder gar in unserer Schuld. Christus Jesus sagt dies später selbst von sich in Mt 28,20: "Siehe, ich bin mit euch alle Tage bis an der Ende der Welt".
Man kann noch weiter gehen: Jesus, Jehoschua, ist Immanuel, übersetzt: "Gott rettet (weil) Gott mit uns (ist)"

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2Lena
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#16 Re: Ja, ja, unser lieber Matthäus...

Beitrag von 2Lena » So 16. Mär 2014, 18:32

Rembremerding: Bibelkritik ist für jene, die verärgert sind noch keinen Liebesbrief erhalten zu haben. Derweil wurde er schön längst zugestellt, sie öffnen ihn nur nicht.
Deine Ungenauigkeit ist furchtbar, lieber Rembremerding!
Was ist wirklich klar und was nicht?
Hier wird mit einem unpassenden Gottesbild gearbeitet, das sich auf die Bibel bezieht und gleichzeitig nicht darin vorkommt. Das ist die ganz große Ungenauigkeit - auch in der Motivation. Viel Bibelkritik äußern die Menschen, weil der dir vorschwebende Gott sich in der Bibel als Monster outet. Deshalb muss die Genauigkeit beginnen und nicht das Verschleiern mit irgendwelchen vagen Vorstellungen. Ein "lieber Gott" nimmt das schon nicht übel, wenn untersucht wird.

Ich verstehe zwar auch dich closs, wenn du vom Gefühl schreibst, dass es eine Lösung gibt. Aber die Beschreibung des Gefühls ist keine Lösung. Sie führt lediglich zum: Der meint es so ... ohne Nachvollziehbarkeit, ohne Machbarkeit. Dann entsteht sinnlose Kritik, wie Zeus: " Alles , aber auch restlos ALLES im "Christentum" ist abgekupfert , übernommen , geklaut oder umgedeutelt." Das ist Schwachfug. Das könnte man in Deutschland sagen, alles abgekupfert, übernommen, geklaut. Wer das sagt, kriegt etwas auf die Rübe.

Naqual, mit deinen Ideen mehr ins Detail:
warum dann in den Zeilen selbst eine methodische fehlerhafte Beweisführung für eine erfüllte Prophezeiung aufgebaut wird.
Erstens, die "Prophezeiungen" werden nach mehr Seiten hin gelesen. Sie zeigen gleichzeitig Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft und Sollform in Hebräisch in einer Verbform im Erzähltext. Die Textauslegung wurde einfach vergessen. In der rabbinischen Tradition wird nicht der Erzähltext als "Beweisführung" herangezogen, sondern der philosophische Text. Der geht über Erlösungslehren, auch wenn er als Beispiel dazu die historischen Daten nimmt.

"Kraft gewinnen" [imanu el] mit uns ist "el" - ist das Führungsmacht, Verrücktheit (ul) . Mir zeigt der Aufschwung des Assyrischen Reiches und seine größer werdenden Landesgrenzen, dass so ein Reich erst ermöglicht wurde durch brauchbare Regeln. Das neuassyrische Reich (ca. 750–620 v. Chr.) - siehe Wikipedia, gilt als das erste Großreich der Weltgeschichte.

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Zeus
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#17 Re: Ja, ja, unser lieber Matthäus...

Beitrag von Zeus » So 16. Mär 2014, 19:36

Naqual hat geschrieben:
Zeus hat geschrieben:Alles , aber auch restlos ALLES im "Christentum" ist abgekupfert , übernommen , geklaut oder umgedeutelt.
Es wäre schön, wenn ALLES abgekupfert wäre. Also abgekupfert von der jüdischen Religion in GÄNZE.
OK. Aber dann wäre es nicht Christentum. Was die chr. Lehre nicht aus dem AT übernommen hat, stammt aus der Philosophie oder der Religion anderer Kulturen.
Seit der Aufklärung sehen viele Denker in Paulus den eigentlichen Gründer des Christentums. Seine neue Lehre enthält in wichtigen Teilen Aspekte der griechischen Philosophie (Logostheologie) und des persischen Dualismus (Zoroastrismus; vgl. Gal 5,19 f. EU: „sündiges Fleisch“, Ursünde), die er mit Eigeninterpretationen des Tanach zur so sprichwörtlich gewordenen paulinischen Theologie vermischt. Besonders wichtig für die Entwicklung des Christentums ist die paulinische Lehre von der Rechtfertigung des Menschen und seiner Versöhnung mit Gott (Röm 5,1 EU) sowie seine Sündentheologie, welche als Grundlage der späteren kirchlichen Erbsündenlehre gilt.
Die Idee des Opfertodes des Messias, also das Grundthema des Christentums, hat sich der Paulus aus den Fingern gesogen, um die absolute Katastrophe der Keuzigung des JC in etwas von Gott geplantes Positives zu verwandeln.
Das einzig Originale am "Christentum" ist die extrem blutige Geschichte seiner Verbreitung.
Keine "Religion" vor ihm hat sich derart zerstörerisch, mordend und metzelnd verbreitet , alles im Namen eines "liebenden" Einzel-"Gottes" .
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(Charles Baudelaire, frz. Schriftsteller, 1821-1867)

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#18 Re: Ja, ja, unser lieber Matthäus...

Beitrag von Zeus » So 16. Mär 2014, 20:12

closs hat geschrieben:[...]Allerdings ist das eine sehr vergeistigte Art des Christentums, die da bei mir gelandet ist. - Meine Frau ist das pure Gegenteil von mir, weil sie eine geistig-instinktiv erlebende Christin ist. - Interessant ist, dass wir in wichtigen Fragen aus unseren sehr unterschiedlichen Richtungen immer wieder auf das selbe Ergebnis kommen.
Mit diesem vergeiste[d]r[/d]ten Christentum wärst du vor 500 Jahren, als - deiner Meinung nach - die innere Freiheit der Menschen größer war als heute, nach hochnotpeinlicher Befragung höchstwahrscheinlich auf dem Scheiterhaufen gelandet, lieber Kurt. Dein Hab und Gut wäre konfiziert worden und deine Frau hätte bei deiner Verbrennung zusehen dürfen, falls die Inquisitoren nicht auch einen Grund gefunden hätten, ihr das Vergnügen zu gönnen, dir Gesellschaft leisten.
Von wegen mehr "innere Freiheit".
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#19 Re: Ja, ja, unser lieber Matthäus...

Beitrag von closs » So 16. Mär 2014, 20:32

Zeus hat geschrieben: Aber dann wäre es nicht Christentum.
NAtürlich hat das Christentum Bezüge zu bereits bestehenden Weltanschauungen - aber es ist etwas anderes als diese Weltanschauungen.

Zeus hat geschrieben:Die Idee des Opfertodes des Messias, also das Grundthema des Christentums, hat sich der Paulus aus den Fingern gesogen
Stammt die Pfingst-Geschichte von Paulus?

Zeus hat geschrieben:Mit diesem vergeisterten Christentum wärst du vor 500 Jahren ... nach hochnotpeinlicher Befragung höchstwahrscheinlich auf dem Scheiterhaufen gelandet
Das ist gut möglich - die über den Tellerrand hinaus Denkenden waren dem Mainstream immer ein Dorn im Auge.

Zeus hat geschrieben:als - deiner Meinung nach - die innere Freiheit der Menschen größer war als heute
Ich habe in der Tat in Frage gestellt, ob die innere Freiheit heute - wie aufklärerisch gemeint - größer ist als vor 500 Jahren.

Einen Vorteil gibt es heute auf jeden Fall: Die Sanktionen gegen innerlich freies Denken sind heute weit weniger rabiat als vor 500 Jahren. - Den Mainstream musste das aber damals nicht bekümmern: Ihn betraf es nicht. Er war dagegen sehr wohl von Verleumdung betroffen ("Sie ist eine Hexe") - aber das hat nichts mit dem Thema "innere Freiheit" zu tun.

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#20 Re: Ja, ja, unser lieber Matthäus...

Beitrag von Zeus » So 16. Mär 2014, 22:08

Zeus hat geschrieben:Die Idee des Opfertodes des Messias, also das Grundthema des Christentums, hat sich der Paulus aus den Fingern gesogen
closs hat geschrieben:Stammt die Pfingst-Geschichte von Paulus?
Wiso fragst du das?
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