In diesem Zusammenhang fasziniert mich eine umgekehrte Fragestellung. Also man geht davon aus (ohne noch Beweise zu fordern), dass man Gott der Natur ersehen kann. Also aufgrund der inneren Logik und Zielrichtung der Abläufe und Gesetzmäßigkeiten in der Natur. Paulus z.B. hat ja mal was in die Richtung geschrieben, dass auch die Heiden (die nie etwas von der jüdischen Religion oder vom Evangelium gehört haben) Gott in der Natur sehen können, damit sie auch ja keine Ausrede haben.Pluto hat geschrieben:Und was sagen die Indizien (Fossilbericht, usw.) aus der Vorzeit? Wenn du Recht hättest, sollten diese nicht Spuren vom Eingreifen des Allmächtigen aufweisen? Wenn nicht, woran erkennt man dann sein Eingreifen?Rembremerding hat geschrieben:Die Materie ist schöpfungsschwanger! Gott legte Evolution in seine Schöpfung, weil er stets in überbordender Fülle schöpft.
Die "Logik der Natur" ist aber eine, die zumindest auf dem ersten Blick der Beschreibung des "Reiches Gottes" diametral entgegensteht. Und die Autoren des NT bemühten sich ja auch die Unterschiede zu betonen: auf der einen Seite die Welt des Vergänglichen, in der man sich verfangen kann und mit ihr zugrunde geht. Auf der anderen Seite die Orientierung am Ewigen, Unvergänglichen.
Es ist aber auch kein Zufall, dass die Leute in der Antike bis weit in das Mittelalter und teils in die Neuzeit hinein, "naturrechtlich" gedacht haben: Auch Angriffskriege waren nicht (wie heute so selbstverständlich) geächtet, sondern das Recht des Stärkeren. Der Stärkere hatte Gott auf seiner Seite, sonst wäre er ja nicht der Stärkere. Sklaverei war nicht geächtet, sondern ganz "natür-lich". (In der ganzen Bibel wird die Sklaverei nicht als solches in Frage gestellt, sondern allenfalls unverantwortliche Exzesse des "Eigentümers" einschränkend geregelt).
Ein wenig sprunghaft jetzt das nächste Beispiel, aber es geht in dieselbe Richtung: die Nazis denken teils auch schlüssig naturrechtlich: die Vernichtung lebensunwerten Lebens (Behinderte, Schwule, minderwertige Rassen, etc.) damit das Ganze sich sinnvoll fortentwickeln könne. Einseitig naturrechtlich gedacht entsteht hier die makabere Situation, dass mit einer gewissen Schlüssigkeit gemeine Grausamkeiten "Sinn" ergeben: ein Volk (als größere Einheit der Natur gesehen im Überlebenskampf auf der Weltbühne) wird geschwächt gegenüber der Konkurrenz, wenn es seine schwachen "Subjekte" sich auch noch fleißig vermehren lässt und diese mit durchzieht. Bei der Natur geht es um Kraft und Überleben, nicht um Hilfestellungen für Schwache.
Andererseits sehe ich ein "Aufbröseln des 'natür-lichen Gruselzeugs' genau in einem Produkt der Natur: dem Menschen. Mit der Fähigkeit des abstrakten und komplexen Denkens entstanden Gegenmodelle wie Religionen oder Humanismus. Aber auch der Kommunismus (methodisch zwar ein Auslaufmodell aufgrund innerer Schwierigkeiten und Ungereimtheiten), der der Ausbeutung von Menschen durch Menschen entgegentrat (als natürliches Recht des Stärkeren).