”Roland” hat geschrieben:Übrigens gab es im 1. Jhrdt. bereits Bistümer in Toledo, Tarragona, Cartagena und Guadix, das Christentum hatte sich also innerhalb weniger Jahrzehnte bis nach Spanien ausgebreitet.
Du zeigst hier wieder nur ein Beispiel, wie du durch die Legende hindurch historische Szenen entwirfst.
Hier ein etwas neutraler Text.
Demnach gab es bereits
jüdische Ansiedlungen vor 70 n.Chr. in Spanien.
Durch die gescheiterten (zelotischen) Aufstände im nahen Osten (und die Vertreibungen) verstärkten sich die Ansiedlungen in Spanien, d.h. es kamen Leute mit
zelotischen Motiven hinzu.
Diese werden nun (z.B. von dir) unter der Alleinstehungsbehauptung als „Jesus“-Christen eingeordnet, wodurch es also bereits im 1. Jhd. „Jesus“-Christen geben haben soll.
Tatsächlich ist die Grundlage hierfür aber wieder nur eine Textstelle innerhalb der Legende („Ankündigung von Paulus nach Spanien reisen zu wollen“).
Man kann hieran die unbändige Verklärungsenergie erkennen: nur weil in der Legende zu einer Figur eine Absicht formuliert wird, sind sich (manche) „Forscher“ bereits sicher, dass sich damals in Spanien „Jesus“-Gemeinden („Bistümer“) befunden haben.
Ich habe kein Problem damit, dass all diesen Behauptungen tatsächlich Vorgänge rund um Messias-Anhänger zugrunde liegen (der „jüdische Krieg“ von „Flavius Jospehus“ könnte ja immerhin hierfür eine grundsätzlich neutrale Quelle sein).
Da mag es also derart motivierte Gruppen gegeben haben, da mag es Führer dieser Gruppen gegeben haben -> OK.
Ich habe aber ein Problem mit der nachträglichen Verklärung, dass alles, was messianisch ausgerichtet war, zu den „Jesus“-Christen gerechnet werden soll.
Wie gesagt ist die Grundlage für meine Haltung, dass die „Jesus“-Legende (also das „Neue Testament“) ganz eigenartig die Ähnlichkeit mit den Zeloten übergeht, eine Ähnlichkeit mit enormer Verwechslungsgefahr.
Die Zeloten sehen aus, wie eine Blaupause der „Jesus“-Christen – mit nur wenigen Unterschieden (eigentlich nur die Gewaltlosigkeit).
Ich nehme an, du hast keine wirklichen Informationen über die Zeloten, wie sie zu den jüdischen Regeln standen, wie sie zur Endzeit standen, wie sie zur Auferstehung standen, wie sie zur Messias-Idee standen, wie sie zum Märtyrertum standen, wie sie zu den (römischfreundlichen) Tempelpriestern standen und sogar das
Gründungsdatum passt in die „Geburtslegende“.
Da sind derartige Ähnlichkeiten zum „Jesus“-Christentum enthalten, dass man
unmöglich an einer vergleichenden Aussage vorbeikommt.
Tatsächlich aber hat dies das „Neue Testament“ geschafft, obwohl aber wiederum Kleinsthinweise auf Zeloten und vor allem die elementaren Auslöser zum Entstehen der Zeloten enthalten sind.
Auch bei „Flavius Josephus“ ist in seinem beschreibenden Text (zum jüdischen Krieg) von 76 n.Chr. keine Bemerkung auf das „Jesus“-Christentum enthalten. Nun ist dies aber nun mal keine christliche Propagandaschrift, sondern eher eine römische Propagandaschrift, die eindeutig mit „Jesus“ nichts zu tun hat, obwohl er aber thematisch auf neutrale Weise vorkommen müsste.
Auch die (nachträgliche) rückblickende Deutung, dass alles, was „nach Messias riecht“ die „Jesus“-Christen gewesen sein sollen, ist maximal auffällig (mit „Spaniens Bistümer im 1. Jhd“ konntest du mit Leichtigkeit ein „Juwel“ aus diesem Topf zaubern).
Der Römer „Tacitus“ zielt ganz klar auf eine
gefährliche „Christen“-Gruppe ab und es wäre geradezu verwunderlich, wenn er für das römische Publikum mit dem Wort „Christen“, was lediglich „Messias“-Anhänger bedeutet, eine abgrenzende Differenzierung zu den Zeloten liefern würde.
Tatsächlich wurden, laut „Flavius Josphus“, Messias-Anhänger verfolgt, hingerichtet (auch in „der Arena“) und wohl oft gekreuzigt.
Das Problem entsteht durch die Verklärung, dass dies „Jesus“-Christen sein sollen.
Die Bausteine der „Jesus“-Legende sind tatsächlich irgendwie vorgekommen, aber in einem zelotischen Kontext!
Das Verschweigen der Zeloten-Ähnlichkeit, stattdessen die Wundergeschichten, die „Gewaltlosigkeit“ (bei gleichzeitigen Gewaltaussagen), die Messiasthematik und alles in der Zelotenzeit angesiedelt, riecht auffällig nach einer Nacharbeitung, nach der Verklärung eines Unterganges.
”Roland” hat geschrieben:Wikipedia: "Das Bistum Rom wurde im 1. Jahrhundert gegründet".
Im Jahr 180 n. Chr. war bereits der 13. Bischof von Rom im Amt.
Ja, das ist eine der verklärenden Behauptungen.
Ich habe kein Problem damit, dass sich im 1.Jhd in Rom irgendwelche Messias-Gruppen geformt haben.
Das Problem beginnt, wenn man diese als „Jesus“-Gruppen einordnet.
In den Katakomben Roms, also dem Beerdigungsbereich, gibt es wohl erst ab 180 n.Chr. „Jesus-christliche“ Symbole („Fisch“ „Anker“ usw. – hoffentlich sind dies auch rein „Jesus-christliche“ Symbole).
Auch hier passen Behauptung und neutrale Quellen nicht ganz zusammen und es sieht wieder so aus, als sei die „Jesus“-Anhängerschaft später aktiv geworden.
”Roland” hat geschrieben:Sag ich ja. Unbekannte Sympathisanten der Zeloten sollen sich das Christentum deiner Meinung nach ausgedacht haben. Aber das existierte zu dem Zeitpunkt nachweislich schon jahrzehntelang, wie es die Paulsubriefe, selbst für historisch-kritische Exegeten, eindeutig belegen.
1.
Das waren keine „unbekannten Sympathisanten“ sondern es waren die Zeloten. Ein Zelot ist man, weil man die Einstellung teilt und damals gab es eine flächendeckende Begeisterung für diese Bewegung und die Ähnlichkeit zwischen „Jesus“-Bewegung und den Zeloten kann man nicht wirklich entsorgen.
Ich habe vor zwei Tagen etwas genauer recherchiert und bin auf diesen
Link gestossen. Du kannst dir hier ein PDF laden, das „Die Zeloten“ genauer beschreibt (im Link: Taste [Download-PDF] -> 30 Sekunden warten -> "Ich bin kein Roboter" -> [Download-PDF]).
Beim Stöbern habe ich in einigen Kapiteln erstaunliche Aussagen über Zeloten entdeckt, bei denen ich eine starke Ähnlichkeit zur „Jesus“-Bewegung feststellen kann.
Der Autor selbst baut die „Jesus“-Legende als historische Tatsachen ein, was dir gefallen dürfte, was aber natürlich nicht mein Hintergrund ist.
2.
Es geht hier nicht um ein Ausdenken, sondern um ein „Entwickeln des Messias-Konzeptes“ auf Basis des traumatischen Unterganges, also des definitiven Scheiterns des bisherigen Messias-Konzeptes.
Stell dir mal vor, dass es vor dem Krieg ein Messias-Bild gab, nach dem ein weltlicher Befreier auftreten, die Feinde besiegen und ein weltliches Reich der „reinen Gerechtigkeit“ errichten soll.
Nach dem Krieg (den Kriegen!? – Mitte 2.Jhd) wandelte sich wohl das Bild (siehe Link - Seite 304) und plötzlich wurde eine Zweiteilung angenommen:
Zuerst tritt ein weltlicher Messias (Abstammung von „Josef“) auf, wird aber „im Kampf“ vernichtet. Danach kommt ein zweiter Messias (Abstammung von „David“) und leitet die Endzeit ein und herrscht im „Reich der reinen Gerechtigkeit“.
Schau genau hin, wie bekannt kommt dir dieses Konzept vor (wie bekannt kommen dir die Namen vor)?
WICHTIG:
=> es hat also wohl tatsächlich die von mir erwartete Anpassungsreaktion gegeben
=> wir sind hier im 2. Jhd (also ca. 150 n.Chr.)
3.
„Historisch-kritische Exegeten“, also die „Fachleute“ mit denen du sonst nicht so ganz „grün“ sein möchtest, sind Theologen, die von Anfang, an im Sinne ihrer Anhängerschaft an der Verklärung mitwirken (den „Eusebius“ habe ich dir ja schon als „Uraltbeispiel“ genannt).
Ein interessantes (neuzeitliches) Beispiel ist selbst der Text „jüdischer Krieg“ von „Flavius Josephus“ – (ich habe nicht herausgefunden, in wie weit es sich hierbei um Theologen handelt).
Wie ich schon mehrfach angeführt habe, enthält dieser Text keine Aussage über „Jesus“ und/oder „das Jesus-Christentum“.
Als ich vor zwei Tagen etwas recherchiert habe, bin ich auf
einen Text gestossen, der genau dieses Fehlen (aber das Auftauchen des „Testimoniums“ in einem späteren, anderen „Jospehus“-Text) als grosses Problem in der „Forschung“ bezeichnet – es ist also schon anderen Leuten aufgefallen, nicht nur mir.
Nun gibt es wohl eine
slawische „Jüdischer Krieg“-Version. Und in dieser Version tauchen doch tatsächlich „Johannes der Täufer“- und „Jesus“-Passagen auf. Eine genaue Analyse (von deutschen Analysten) hat ergeben, dass die „Jesus“-Legenden-Einschübe nicht so ganz dazugehören können. Es liegt also eine „lustige Manipulation“ vor – bestimmt hat sich ein späterer Schreiberling gedacht „das gehört unbedingt auch da rein“.
Eigentlich wäre man an dieser Stelle mit dieser „Quelle“ fertig, denn der „Josephus“ war es ja nicht.
Doch halt, es gibt ja die „findigen Gläubigen“. Aus dieser Ecke kommt der Ansatz, dass es sich bei dem „zweiten Autor“ um einen jüdischen Schreiber gehandelt haben muss, der unmöglich derart über die „Jesus“-Legende schreiben würde, wenn ihm nicht „klare Quellen“ zur Verfügung gestanden haben – „vielleicht mündliches jüdisches Wissen über die alte Zeit“.
=> Sorry, das ist Kaffeesatzlesen in Höchstform und es zeigt den Vorgang, wie sich Legenden bilden und den Rückblick auf die Vergangenheit verklären.
”Roland” hat geschrieben:Und auch das gesamte NT kann durchweg vor dem jüdischen Krieg entstanden sein, es gibt keinen einzigen Beweis, dass dies nicht der Fall ist. Es sind meist weltanschaulich motivierte Vermutungen, die für verschiedene Spätdatierungen sprechen.
Es liegt ein klares Indiz vor:
die Verklärung der Ähnlichkeit zwischen Zeloten und „Jesus“-Bewegung.
Wie möchtest du das bestreiten?
”Roland” hat geschrieben:Aber nicht aufgrund einer nachträglichen Verklärung. Tod und Auferstehung Jesu zur Vergebung der Sünden, war vielmehr bereits um das Jahr 50, also zwanzig Jahre nach diesen Geschehnissen, nachweislich längst etabliertes Bekenntnisgut der ersten Christen.
Sorry, zu deiner Aussage über das Jahr 50 n.Chr. fehlen die „ersten Christen“.
Den Textanpassungen (wie beim „slawischen Josephus“) zu den "ersten Christen" liegt ja eine Motivation zugrunde: Alle Texte aus der alten Zeit werden vermutlich als „Ergänzung der Jesus-Legende“ verstanden und so sollte es wohl „kein Problem“ sein, den „richtigen“ Bezug aus der Legende hinzuzufügen – immerhin hat sich bestimmt niemand daran gestört.
Auf jeden Fall haben die Schreiberlinge aber erkannt, dass etwas
nicht drinsteht!
Es würde mich auch nicht wundern, wenn regelmässig aus dem Wort „Messias“ die Formulierung „Jesus Christus“ gemacht wurde. Auf Basis der Zeloten-Vergangenheit im nahen Osten ist dies aber eine enorme Verklärung.
Die „Paulus-Texte“ sind durchaus auch Kandidaten für diese Art der Motivation, denn sonderbarerweise haben die Autoren dieser Texte nicht viel Interesse an der „Jesus“-Legende.
Wie ist das, würde da nicht ab und zu die Formulierung „Jesus Christus“ auftauchen, dann könnten dies auch einfach nur zelotische Texte sein und die Wandlung „Saulus -> Paulus“ ist dann der Hinweis auf die „Nachkriegsentwicklung“ in der Messiaserwartung?
”Roland” hat geschrieben:Warum sollte man diese vergessenen Namen im NT erwähnen? Alles Leute, die vor allem politische Ziele verfolgten, Aufrührer, die gegen die verhassten Besatzer kämpfen wollten, um sich zum König aufzuschwingen…
Sie sind für die Botschaft des NT nicht von Relevanz. Jesus tat Zeichen und Wunder, er hielt die Bergpredigt und viele weitere Reden - und er ist auferstanden!
Es geht nicht um diese Namen, es geht nicht um diese Führerpersonen.
Es geht um die Anhängerschaft, es geht um das flächendeckende Einschwingen der Bevölkerung auf die Zeloten-Bewegung.
Es geht um das Messias-Konzept als solches.
Man glaubt es kaum aber im Judentum (ganz oder in Teilen?) wurde das Messias-Konzept wohl komplett fallen gelassen und zwar wegen der hässlichen Auswüchse, die es in den Kriegszeiten gebracht hat.
Im „Jesus“-Christentum gibt es jedoch keine Reaktion der Anpassung, keine Reaktion der Aufarbeitung – Null und Nichts, noch nicht einmal eine Beschreibung.
Es wurde/wird im Gegenteil sogar noch weiter ausgebaut und der Untergang im nahen Osten als „Strafe Gottes für die Juden“ gedeutet – das ist nichts weniger als die „Logik der Zeloten“ („menschliches Verhalten lenkt Gott“) – so ist der gesamte Krieg entstanden (wenn man von der römischen Ausbeutung absieht).
Die Ähnlichkeit zu den Zeloten wäre alleine (bereits vor dem Krieg) Grund genug für eine Klarstellung gewesen. Selbst wenn du die Autoren in den nahen Osten vor dem Krieg ansiedelst, so sassen sie dennoch mitten in der Zeloten-Begeisterung.
Die Auswüchse im Krieg hätten zu einem klaren Alarmhinweis führen müssen (du möchtest bestimmt nicht annehmen, dass es nur vor dem Krieg Autoren gab).
=> Nichts.
=> Sogar eher das Gegenteil, man hält „das Jesus-Christentum“ für die bessere, ja die einzig erwähnenswerte Bewegung – am besten niemandem fällt auf, dass es da eine Vorgeschichte gegeben hat.
Dieser Sachverhalt, diese Entwicklung, schreit geradezu nach einer Legendenbildung.
Ausgehend von denen, die untergegangen sind und vertrieben wurden, entwickelt sich eine traumagesteuerte Notwendigkeit, die fanatisch vertretenen Grundsätze anzupassen, so dass der eigentliche Fanatismus (der ja immer noch für richtig gehalten wird) weiter bestehen kann.
Das Offensichtliche war ja, dass die „Messias-Gewalt“ als Konzept gescheitert war, denn nach anfänglichen Erfolgen der Zeloten gegen Rom (immerhin war Jerusalem im Krieg in den Händen der Aufständischen!) kam es zu einem Kampf
zwischen den Aufständischen und so hatte Rom „leichtes Spiel“.
Versuch mal etwas über das „zelotische Märtyrertum“ herauszufinden (ist nicht „weit weg“ vom christlichen Stolz, für den Glauben alle Qualen zu ertragen).
Stell dir dieses Gedankentum in den Köpfen der Verlierer, also derjenigen, die trotz all dieser Ansichten und Bemühungen
nicht von Gott unterstützt wurden, vor.
Vollständig von der grundsätzlichen Korrektheit ihres Gottes-Konzeptes überzeugt, muss irgendwo ein Fehler enthalten sein, denn „er hat ja nicht eingegriffen“.
Das „Erlösungskonzept“ haben sie nicht aufgegeben, nur den Weg dorthin haben sie angepasst und so ist die Gewaltfrage der einzige klar ersichtliche Unterschied zwischen den Zeloten und der „Jesus“-Bewegung.
”Roland” hat geschrieben:Das NT ist kein allgemeines Geschichtsbuch, das im Detail widergibt, was es alles zur Zeit Jesu gegeben hat. Sondern es will auf den auferstandenen Sohn Gottes hinweisen. Die Gestalt Jesu sprengt alle verfügbaren Kategorien.
Ja, die tatsächliche Situation wird
nicht dargestellt, sondern die zelotischen Konzepte werden entlang einer neuen Messias-Idee (zweimaliges Auftreten – siehe oben) in die Zeit des Unterganges projiziert, so dass der „weltliche Messias“ vernichtet wird und „das Erwarten des zweiten Auftretens“ erhalten bleibt.