zu 1.) nun gut, aber dann ist ja auch jedes Reden von Gott ein Zeichen freiwilliger Unterordnung (dieser Ausdruck gefällt mir komischerweise besser als "Unterwürfigkeit"), wenn man sich nicht gerade selbst für Gott hält.Pluto hat geschrieben:Ich wil dir meine Haltung gerne begründen, Daniel.1Johannes4 hat geschrieben:Hallo Pluto,
keine Ahnung warum Du das als "äußerst entwürdigend" empfindest.
Der Begriff der Sünde bedeutet zunächst mal nur, dass das Ziel verfehlt wird. Bei Atheisten, die logischerweise die Bestimmung eines Zieles für den Menschen durch Gott ablehnen, erscheint mir dieser Begriff ohnehin als bedeutungslos. Andersgläubige werden das vielleicht auch so sehen, oder eben anders. Aber inwiefern sollte es jemandem etwas von der Würde nehmen?
1.) Sünde ist ein Zeichen der Unterwürfigkeit.
2.) Sünde ist Selbstmitleid.
3.) Sünde ist ein Konstrukt der Priester und Pfarrer, um die Schäfchen an die Kirche/Gemeinde zu binden.
zu 2.) zwar verstehe ich nicht wirklich, wieso Du Sünde als "Selbstmitleid" bezeichnest - aber vielleicht meinst Du ja eigentlich das Bereuen der begangenen Sünden. Letzten Endes bedarf es für ein Bereuen aber der Erkenntnis, dass man etwas falsch gemacht hat. Mit einer solchen Erkenntnis verhält es sich aber wie mit jeder anderen Erkenntnis auch - sie stellt immer das zuvor Gewesene in Frage. Die Alternative wäre natürlich, dass man sich für einen Menschen oder Gott hält, dem keine Fehler passieren können, weswegen man auch seine Haltung nie zu ändern bräuchte. Ansonsten bleibt einem wohl nichts anderes übrig als sich selbst zu bemitleiden, dass man nicht perfekt ist.
zu 3.) Den Gedanken finde ich schon interessanter, allerdings basiert die Kontrolle der Pfarrer und Priester nicht wirklich auf dem "Konstrukt" der Sünde. Da muss ich aber mal weiter ausholen, damit der Gedankengang verständlich wird. Bei den meisten Leuten entsteht aus der Beobachtung eines Unterschiedes zwischen ihrem jeweiligen Istzustand und der Vorstellung von einem Sollzustand ein Unglücklichsein. Die Abhängigkeit von beispielsweise Katholiken basiert dann aber darauf, dass die RKK einerseits zwar ihre Definition eines guten Menschen lehrt, allerdings auch äußerst tolerant mit Sündern umgeht - zumindest solange diejenigen regelmäßig sich bei der RKK ihre Sünden vergeben lassen. Der Glaube an das Monopol der RKK auf die Sündenvergebung bindet die Mitglieder an diese Kirche - quasi wie ein Junkie den Entzug erlebt wird ein Katholik sein schlechtes Gewissen erleben, wenn er sich nicht seine Ration an Sündenvergebung abholt. Da die Katholiken sich also regelmäßig in einem Zustand wiederfinden werden, wo ihr Sein nicht dem vorgehaltenen Bild entsprechen wird, werden sie auch immer wieder zu dem einzigen Mittel greifen, das scheinbar diesen Unterschied beseitigt: die Absolution durch einen Priester. Ein solches Schema findet man bei vielen Religionen.
Das schlechte Gewissen habe ich ja als Produkt des Unterschiedes aus Ist- und Sollzustand erklärt. Die Aufhebung dieses Unterschiedes funktioniert natürlich auch noch anders als mittels eines mystischen Geheimnisses seitens von Priestern. Eine Möglichkeit bestände zum Beispiel darin, dass man nicht anderen Menschen erlaubt völlige überhöhte Vorstellungen als Sollzustand zu definieren. Dass der Sollzustand der Religionen vielen Menschen als unmöglich erscheint könnte den Grund haben, dass er unmöglich ist. Sich schlecht zu fühlen, weil man nicht einer unmöglichen Vorstellung entspricht, macht natürlich keinen Sinn. Und aus christlicher Sicht möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Bibel Jesus Christus als einzigen Mittler zwischen Gott und den Menschen und Fürsprecher der Gläubigen bei Gott beschreibt.
Auch in anderen Lebensbereichen führt ein Unterschied aus dem Istzustand und einer Vorstellung von einem Sollzustand dazu, dass man sich (mehr als eigentlich nötig) schlecht fühlt bzw. sich so in seinem Verhalten bestimmen lässt.
Die Vergebung der Sünden bedeutet ja nicht, dass man einen Freischein zum Sündigen hätte oder dass man deswegen in dieser Welt nicht für seine Verbrechen bestraft werden sollte. Dergleichen richtet sich schlicht nach dem bestehenden Strafgesetz.Pluto hat geschrieben: Warum ich die Sünde ablehne?
Sünde ist eine Erfindung des Christentums (Paulus?). Ohne Sünde gäbe nichts wovon man uns erlösen könnte, also war der Opfertod Jesus' nicht notwendig. Was ich an ihrer Stelle sehen möchte...? VERANTWORTUNG für unsere Taten tragen.
... und führen wir das Gedankenexperiment mal ein wenig weiter. Was ist, wenn man betrunken Auto fahren würde - wäre das auch Sünde selbst wenn man kein Kind zum Krüppel fährt? Und was ist, wenn man stattdessen übermüdet ist oder einfach nur zu schnell fährt, weil man es eilig hat? Was macht Sünde aus? Oder, da Du lieber von VERANTWORTUNG sprichst - fährst Du auch weiter, wenn Du merkst, dass Du müde wirst, oder so schnell, dass Du nicht mehr angemessen reagieren könntest, wenn ein Kind auf die Straße springen würde?Pluto hat geschrieben: Machen wir ein Gedankenexperiment...
Nehmen wir an, ich überfahre im betrunkenen Zustand ein Kind und mache es zum Krüppel. Das ist zweifelsfrei in den Augen von Christen eine Sünde, die nur Gott (oder Jesus) vergeben kann.
Bei solchen "Gedankenexperimenten" neigen viele Leute dazu sich mit einer der Rollen zu identifizieren - konkret dann z.B. als Eltern oder Vielfahrer. Oft beschreiben "Gedankenexperimente" aber Situationen, wo das Kind im sprichwörtlichen Sinn bereits in den Brunnen gefallen ist - das eigentliche Problem also nicht wieder rückgängig gemacht werden kann und somit keine Lösung jemals wirklich befriedigend sein kann. Das in den Brunnen gefallene Kind erschwert aber eine sachliche Diskussion, weil dergleichen all zu leicht Emotionen weckt.Pluto hat geschrieben: Doch bedenke... Das Kind wird davon nicht wieder gesund, denn "ich" trage weiterhin die Verantwortung für meine Tat. Diese Verantwortung kann mir niemand nehmen, und der EINZIGE der sie mir vergeben kann, ist das Kind.
Wir denken viel zu viel an die Erlösung und Vergebung des Täters.
Doch wer denkt an die Opfer?
Grüße,
Daniel.