
Vor einigen Jahren wurde in unserem Ort im Zuge von Bauarbeiten von einer der öffentlichen Pflanzanlagen ein Teil der Bepflanzung ausgegraben, da an dieser Stelle unterirdisch irgendetwas gemacht werden mußte. Das war im Frühsommer, und weil die Straße komplett gesperrt war und man eine Umleitung fahren mußte, bemerkte ich nicht, dass nach dem Abschluß der Bauarbeiten die Pflanzen, Rosa rugosa.... einige Wochen später immer noch nicht wieder richtig eingesetzt waren. Vermutlich das Übliche: Ein Zeit- und ein Personalproblem; die Kommunen müssen sparen.
Tag für Tag waren die Rosen schutzlos der heißen Sonne ausgesetzt gewesen und ohne Wasser. Eine Pflanze, die mitten in der Wachstumszeit eine solch brutale Behandlung erfährt überlebt diese normalerweise nicht.
Als ich das, nachdem die Straße wieder für den Verkehr freigegeben worden war, bemerkte-- damals gehörte dieses Gebiet noch nicht zu meinem Aufgabenbereich-- tat es mir leid um die Pflanzen. Auf den ersten Blick hätte man meinen können, da sei alles tot. Ein wirrer Haufen braunen Gestrüpps, mehr sah man nicht.
(Ausschnitt, davon gab es noch mehr

Ich nahm eine scharfe Schere und fing von oben her an, den Haufen aus dornigen Ästen, verdorrten Blättern und Unrat abzutragen. Diese Rosen haben ziemlich gemeine Stacheln, für die auch Arbeitshandschuhe nicht unbedingt ein Problem darstellen.
Jede Pflanze schaute ich ganz genau an... ob denn da nicht noch ein ganz winziges grünes Signal zu finden wäre, eine Knospe, die noch ein wenig Grün enthielt, das mir sagte:
"Diese Rose ist noch nicht tot".
Und bei einigen fand ich das. Vorsichtig schnitt ich die ineinander verhakten Äste zurück, bis auf ca. 20cm Höhe, nahm alle schwachen, verdorrten und abgebrochenen Triebe weg und kürzte auch die Wurzeln ein. Das mußte sein; denn so schwach, wie die Rosen waren, hätten die demolierten Wurzeln nicht viel an Blattmasse versorgen können. Durch den Rückschnitt wird die Pflanze dazu angeregt, neu auszutreiben.
Dann bereitete ich die Erde vor, lockerte sie auf und setzte die Rosen wieder ein.
Den Sommer über bekamen sie extra Wasser, das ich in Kanistern vom Dorfbrunnen holte. (Normalerweise braucht man diese Rosenart auch bei anhaltender Trockenheit nicht zu gießen).
Fast alle kamen durch.
Diejenigen, die überlebten, wurden sogar noch kräftiger, voller und schöner, als ihre Kameraden, welche störungsfrei auf dem Beet gestanden hatten und nicht vom Bagger auf die Straße befördert worden waren.
Heute, vier Jahre später... sind die Rosen wieder zusammengewachsen, sodass ich kein "Füllmaterial" mehr dazwischen setzen muß. Man sieht ihnen nicht an, was sie mitgemacht haben.
Es ist eine Geschichte.
- Es gibt auch eine Stelle in der Schrift... Lk. 13, 6-9
Wer ist der Weingärtner?
LG