Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

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Magdalena61
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#1 Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

Beitrag von Magdalena61 » Mo 9. Sep 2013, 09:28

Hi,

Auf der Facebookseite von 4religion posteten wir gestern Ps. 67, 2-8. Daraufhin fragte ein User:
Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen? Außer angeblich Jakob?
Ich gebe die Frage mal weiter...
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Pflanzenfreak
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#2 Re: Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

Beitrag von Pflanzenfreak » Mo 9. Sep 2013, 10:05

Jakob? Bist Du sicher, der hat doch die Himmelsleiter mit den Heerscharen von Engeln gesehen.
Einer war´s aber ich weiss es auch nicht mehr. Kann es sein, dass es die Geschichte vom brennenden Dornbusch ist, oder war das nur die Stimme von Gott?

closs
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#3 Re: Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

Beitrag von closs » Mo 9. Sep 2013, 12:09

Pflanzenfreak hat geschrieben:Jakob? Bist Du sicher
Jein - Jakob sagt zwar „Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin doch mit dem Leben davon gekommen“ (Gen. 32,31), aber er meint damit den Mann, gegen den er kämpft - wobei dieser Mann durchaus verstehbar ist als Selbst-Offenbarung Gottes im Fleisch - aber eben nicht als Yahwe.

Ansonsten gilt: „Du kannst mein Angesicht nicht sehen; denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben“ (Ex. 33,22) - Allerdings heißt es auch: (Ex.33,11) "Der Herr und Mose redeten miteinander Auge in Auge, wie Menschen miteinander reden" wie auch „die Edlen der Israeliten … Gott sehen“ (Ex. 24,11) durften. - Häufig erscheint ein ähnliches Motiv wie hier: (Num.7,89) "Wenn Mose das Offenbarungszelt betrat, … hörte er die Stimme <Jahwes> … von der Deckplatte her".

Aus meiner Sicht ist „Du kannst mein Angesicht nicht sehen; denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben“ (Ex. 33,22) verbindlich, weil es dafür harte geistige Gründe gibt. - Die Aussagen, die für ein Sehen Gottes sprechen, scheinen mir eher rhetorischer Natur zu sein - wäre es nicht so, gäbe es einen objektiven Widerspruch.

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Magdalena61
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#4 Re: Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

Beitrag von Magdalena61 » Mo 9. Sep 2013, 12:27

@Pflanzenfreak: Jakob sagte wörtlich:
1. Mose 32,31(Schlachter 2000): Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden!
Hm, closs... meiner Meinung nach war der Mann, mit dem Jakob rang--- Jesus.

Nachdem ich "Angesicht" in der Suchfunktion des Bibelservers eingegeben und die Ergebnisse durchgesehen hatte-- 488 Treffer bei der Schlachter 2000-- antwortete ich dem User: "Adam, Abraham, Hagar, Mose, 70 Älteste, Gideon, Manoach mit Ehefrau, Amos..." (hin und wieder fasse ich mich kurz :) ).

Da wird direkt oder indirekt vermittelt, sie hätten "Gott" (den Herrn) gesehen. Bei Kain bin ich mir nicht sicher- von ihm liest man, als er sich verabschiedet, er "ging weg von dem Angesicht des Herrn".

Die eigentliche Frage lautet aber: WEN oder WAS haben sie- die oben Genannten- gesehen, denn, wie du schreibst, closs... heißt es im 2. Buch Mose unmißverständlich:
2. Mose 33,20(Schlachter 2000): Mein Angesicht kannst du nicht sehen, denn kein Mensch wird leben, der mich sieht!
Wie kann man diese, auf den ersten Blick konträren Bibelstellen miteinander harmonisieren?
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closs
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#5 Re: Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

Beitrag von closs » Mo 9. Sep 2013, 12:38

Magdalena61 hat geschrieben:Wie kann man diese, auf den ersten Blick konträren Bibelstellen miteinander harmonisieren?
Entweder indem man (wie Du) fleischliche Selbst-Offenbarung Gottes als Jesus bezeichnet - das geht, weil man zwischen Gott (Jahwe= "Ich bin") und Selbst-Offenbarungen Gottes (Gottvater, Sohn und HG= Wahrnehmungsgrößen für den Menschen) unterscheidet. Dann wäre zu fragen, wer der "Engel des Herrn" ist - auch Jesus? - Allerdings treten göttliche Boten manchmal zu Dritt auf - was die Sache nicht einfacher macht.

Oder man unterscheidet (was schnell willkürlich wird) zwischen rhetorischen Ausrutschern der Bibel-Verfasser und tatsächlichen Vorkommnissen - gemessen an vielen Bibelstellen, bei denen der Textverfasser sich sehr in den Vordergrund stellt (vgl. Nehemia - u.a.) halte ich das sehr wohl für wahrscheinlich. - Das allerdings würde den Satz "Die Bibel = Gottes Wort" relativieren - was für mich kein Problem wäre, weil ich den Bibeltext insofern als Wort Gottes verstehe, dass es gottgewollt ist und den Menschen zur Unterscheidung von gut und böse auffordert. - Dann wird es allerdings kompliziert - was nicht heißt, dass es falsch ist.

Pflanzenfreak
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#6 Re: Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

Beitrag von Pflanzenfreak » Mo 9. Sep 2013, 16:59

Magdalena61 hat geschrieben:@Pflanzenfreak: Jakob sagte wörtlich:
...stimmt ja, die Geschichte gibt es auch noch. Die hatte ich grad nicht auf dem Schieber.

Abischai
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#7 Re: Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

Beitrag von Abischai » Mo 9. Sep 2013, 23:52

Die Alten wußten oft nicht, wen sie denn nun wirklich gesehen hatten.
Aber die Gegenwart Jahwehs war vielen irgendwie bewußt. Maonach und sein Weib sahen IHN, überlebten aber.
Adam saht IHN, Mose, Abraham, Elia, alle haben sie IHN gesehen. Aber wer ist ER denn? Nebukadnezar sah im Ofen einen "der aussieht wie ein Sohn der Götter", Daniel sieht in der Vision einen, der aus sieht wie "ein Sohn der Menschen".


Zum einen sagt die Schrift, daß man Gott nicht sehen könne, andererseits haben ihn viele gesehen.
???

Die Antwort ist einfach.
Die Schechina Gottes in Menschengestalt ("...und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater voller Gnade und Wahrheit..." vgl. Joh.1)
Diese greifbare Herrlichkeit Gottes (aram.: memra, griech: ""logos"") "...wurde Fleisch und wohnte unter uns..."

ER ist es, der Sohn, Gott der Sohn, der Sohn Gottes. Wir haben ihn unter dem Namen Jeshua kennengelernt, die meisten zunächst die griechische Form "Jesus". ER ist der Autorisierte (der "Gesalbte") Gottes (hebr. maschiach, hellenisierte Form: "Messias", griechisch: "christos").

Man kann Gott sehen, klar. Aber den Vater kann man nur stellvertretend durch den Sohn sehen, sonst ist es aus mit dem Erdenleben!
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

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Magdalena61
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#8 Re: Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

Beitrag von Magdalena61 » Di 10. Sep 2013, 01:17

closs hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Wie kann man diese, auf den ersten Blick konträren Bibelstellen miteinander harmonisieren?
Entweder indem man (wie Du) fleischliche Selbst-Offenbarung Gottes als Jesus bezeichnet - das geht, weil man zwischen Gott (Jahwe= "Ich bin") und Selbst-Offenbarungen Gottes (Gottvater, Sohn und HG= Wahrnehmungsgrößen für den Menschen) unterscheidet.
Eine Unterscheidung der verschiedenen Erscheinungsformen Elohims muß man nicht erfinden, wenn man die Bibel so liest, wie sie geschrieben ist und die grammatikalischen Auffälligkeiten nicht wegerklären will.... also nicht versucht, Gott auf menschliches Verständnis zu reduzieren.
Dann wäre zu fragen, wer der "Engel des Herrn" ist - auch Jesus?
Ja, wenn der bestimmte Artikel vorangeht: Der Engel des HERRN.
- Allerdings treten göttliche Boten manchmal zu Dritt auf - was die Sache nicht einfacher macht.
Bei Abraham in Mamre, meinst du 1. Mose 18 ? Das ist interessant, ähnlich wie hier: "Und Gott sprach: Laßt uns Menschen machen nach unserem Bild"-- "Und als er (Abraham) sie sah, eilte er ihnen entgegen"- Mehrzahl- "und sprach: Mein Herr, habe ich Gnade vor deinen Augen gefunden- Einzahl- Verse 2 und 3.
Das Problem ist nur: In 1. Mose 19 sind's nur noch zwei, und die werden als "Engel" bezeichnet.
Oder man unterscheidet (was schnell willkürlich wird) zwischen rhetorischen Ausrutschern der Bibel-Verfasser und tatsächlichen Vorkommnissen - gemessen an vielen Bibelstellen, bei denen der Textverfasser sich sehr in den Vordergrund stellt (vgl. Nehemia - u.a.) halte ich das sehr wohl für wahrscheinlich.
Falsch dokumentiert?
In diesem Fall... wenn mit wichtigen Inhalten so fahrlässig umgegangen worden wäre, dann wäre die Bibel insgesamt- auch für mich- unglaubwürdig.

Wenn man die Stellen "Adam, Abraham, Hagar, Mose, 70 Älteste, Gideon, Manoach mit Ehefrau, Amos..." nachschaut, und es gibt noch andere Verse, die eine Gottesbegegnung beschreiben, ohne den Begriff "Angesicht" zu verwenden... dann könnte man schon meinen, die Texte sind mit größter Sorgfalt aufgezeichnet worden.

Abischai liegt m.E. richtig. Wenn Gott einem Menschen erschien, dann KANN es nur Jesus gewesen sein. Jesus selbst sagte ja, und das war lange nach Abraham, Jakob, Amos etc., "niemand kennt den Vater als nur der Sohn" (Mt. 11,27). Folglich können die Gläubigen des AT, die vor der Zeit Jesu gelebt hatten, nicht den Vater gesehen haben.

Auch der erste Brief an die Korinther bezeugt die Gegenwart Christi zur Zeit der Wüstenwanderung: 1. Kor. 10,4-- der Sohn Gottes war bereits im AT "aktiv".
LG
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closs
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#9 Re: Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

Beitrag von closs » Di 10. Sep 2013, 02:43

Magdalena61 hat geschrieben:Folglich können die Gläubigen des AT, die vor der Zeit Jesu gelebt hatten, nicht den Vater gesehen haben.
Zustimmung - weil es nicht sein kann.

Magdalena61 hat geschrieben:Wenn Gott einem Menschen erschien, dann KANN es nur Jesus gewesen sein.
Sehe ich auch so - aber ich bin nicht sicher, ob wir es genauso begründen.

Denn hier wäre zu fragen, wer eigentlich Jesus "ist" (er sei "der Sohn", hilft hier nicht weiter, weil das eine Chiffre ist). - Aus meiner Sicht "ist" Jesus die Verkörperung/Inkarnation Gottes, also eine Selbstoffenbarung Gottes.

Insofern wäre ich einverstanden (im Sinne des Verständnisses der Menschen), wenn man die im Dasein wahrnehmbare Selbstoffenbarung Gottes "Jesus" nennt. - Dann nämlich wäre der als historisch wahrgenommene Jesus (geboren von Maria/gestorben am Kreuz) lediglich der (vorläufige) Schlusspunkt einer Serie, die schon früh im AT begonnen hat. - Aus Sicht der Überzeitlichkeit Gottes ist dies sehr naheliegend.

Den Menschen würde man dann sagen: "Gott hat sich zu allen Zeiten für die Menschen sichtbar selbst-offenbart - zuletzt in dem, den wir Jesus nennen" (oder so ähnlich).

Magdalena61 hat geschrieben:wenn mit wichtigen Inhalten so fahrlässig umgegangen worden wäre, dann wäre die Bibel insgesamt- auch für mich- unglaubwürdig.
Es gibt in der Bibel allerhand an dem, was Du hier als "Fahrlässigkeit" bezeichnest. Das wäre aber ein eigenes Thema. Unglaubwürdig wird sie deshalb für mich nicht.

Ich lasse mich aber auch nicht an Dingen festbinden, die nicht göttlicher Natur sind, nur weil man den Satz "Die Bibel ist das Wort Gottes" möglicherweise falsch interpretiert.

Aus meiner Sicht sind Ungereimtheiten (und auch Eitelkeiten mancher Akteure im Namen Gottes - seien es Akteure oder Textverfasser) gottgewollt, weil wir durch den HG herausfinden sollen, das Gute vom Bösen zu unterscheiden. - Persönlich bin ich sicher, dass auch Bibeltexte (deren Übersetzungen ohnehin) satanisch unterwandert sein können.

Ich weiß: Das hört man nicht gerne, weil es verunsichert - dieser Kelch wird aber an niemandem vorübergehen, der sich bedingungslos dem HG anvertraut. - Schwieriges Thema, das mich ständig unruhig hält, weil in dieser Liga (also außerhalb des Schutzes durch menschliche Setzungen) die Unterscheidung der Geister sehr schwer werden kann.

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Demian
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#10 Re: Und wer hat denn nun sein Angesicht gesehen?

Beitrag von Demian » Di 10. Sep 2013, 04:20

Nicht die Bibel ist absolut, sondern die Bibel spricht vom Absoluten. Eben wie Lessing sagte: die Buchstaben sind nicht der Geist … und nicht die Bibel ist die Religion. Wenn man die Bibel – eine Schrift in menschlicher und insofern unvollkommener Sprache – mit dem GEIST verwechselt, hat man natürlich ein kategorisches Problem. Als Gebrauchsanleitung wäre die Bibel nicht besonders ... sie ist besonders, insofern sie etwas über das WESEN des Menschen aussagt. Das Gleiche gilt für die Upanishaden, Laotses Tao te King und die Bhagavad Gita.

closs hat geschrieben: Aus meiner Sicht sind Ungereimtheiten (und auch Eitelkeiten mancher Akteure im Namen Gottes - seien es Akteure oder Textverfasser) gottgewollt, weil wir durch den HG herausfinden sollen, das Gute vom Bösen zu unterscheiden. - Persönlich bin ich sicher, dass auch Bibeltexte (deren Übersetzungen ohnehin) satanisch unterwandert sein können.
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