Schuld und Vergebung

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Naqual
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#1 Schuld und Vergebung

Beitrag von Naqual » So 25. Aug 2013, 08:23

abgetrennt aus: Bewusstheit?
Magdalena61 hat geschrieben: Diese falschen Lehren über "Vergebung"... "Christen müssen allen Leuten immer und überall und alles vergeben"... gehen mir absolut auf den Nerv. Letztlich verlangt man von den Geschädigten, das Recht (Gottes) sowie ihren berechtigten Anspruch auf Gerechtigkeit fahren zu lassen und ein künstliches Dauergrinsen aufzusetzen.
Denke man sollte hier differenzieren. Für mich geht das schon auf mit dem Vergeben.
Vergeben als "ich bin dem anderen nicht persönlich böse und wünsche ihm nicht Vergeltung".
Auf der anderen Seite gibt es jedoch berechtigte Interessen auf z. B. Wiedergutmachung.
Auch, dass man die anderen vor weiteren Untaten schützen muss. D. h. ich bin auf den Täter nicht böse, will aber, dass er für Jahre in eine geschlossene Anstalt wandert, damit er es nicht mehr tun kann und um eine erzieherische Warnung zu haben.
Das finde ich mit Liebe (Gottes) völlig kompatibel, es geht nicht darum zu vergelten, nicht darum, dass dem anderen Böses widerfährt, sondern dass ihm geholfen wird - und sei es mit erforderlichen härteren Maßnahmen. Und die können im Extremfall äußerst hart sein.

Vergebung im engeren und biblischen Sinn ist m. E. auch etwas anderes als z.B "jederzeitiges Dauergrinsen".
Vergebung heißt hier: es wird der Zustand vor der Tat hergestellt.
Das setzt aber voraus, dass der Täter reuig ist, seine Tat bereut. Entsprechend auch bereit ist, Wiedergutmachung zu leisten und willens ist in Zukunft nicht mehr so zu handeln.
Im NT gibt es in diesem Kontext einen interessanten Sachverhalt bei den Aussagen Jesu:
Er predigt nicht die grundsätzliche automatische Vergebung, sondern die Vergebung für jemanden, der hierum bittet!
Also hier ist ein aktives Verhalten des Täters Grundvoraussetzung um eine Tat ungeschehen machen zu können.

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Magdalena61
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#2 Re: Bewusstheit?

Beitrag von Magdalena61 » Di 27. Aug 2013, 17:02

Naqual hat geschrieben:Denke man sollte hier differenzieren. Für mich geht das schon auf mit dem Vergeben.
Vergeben als "ich bin dem anderen nicht persönlich böse und wünsche ihm nicht Vergeltung".
Wie ich reagiere, das hängt sehr davon ab, ob ein "Täter" sozusagen "schuldfähig" ist-- ob der überhaupt blickt, was Sache ist.

Was ich weiter schreibe bezieht sich auf Leute, die von mir verlangen, Unrecht/ Ungerechtigkeit hinzunehmen und (gefälligst) zu vergeben, was für mich mit der Akzeptanz bewußter, vorsätzlicher Sünde gleichzusetzen ist.

Doch, ich werde ärgerlich, stehe zu meinen Gefühlen und diskutiere/ gebe ein Feedback, suche den Austausch, die Verständigung.
Wenn der Täter verstockt ist und halsstarrig bleibt... nicht ansprechbar bzw. nicht einsichtig ist, übertrage ich die Wahrnehmung meiner Interessen auf Gott, überlasse aber Ihm die Entscheidung, wie Er mit der Situation verfahren wird und gehe auf Distanz.
Ja, wo kämen wir denn da hin, wenn man als Christ "in Sanftmut" alles hinnehmen würde an Sünde, was andere einem aufdrücken, und sich bereitwillig als Boxsack für die Aggression und die Bosheit der Verpeilten zur Verfügung stellt?
Damit vermittelt man doch auch ein falsches Bild von Gott und von der Gerechtigkeit Gottes.

Es ist nicht mehr "in", über den Zorn Gottes, über Sünde und Gericht zu predigen.
In der Vergangenheit haben so manche Vertreter von Gesetz und Ordnung es damit zwar gnadenlos übertrieben und außerdem die falschen Zielgruppen belästigt.
Aber deren einseitigen und verzerrten Drohbotschaften berechtigt noch lange niemanden dazu, nun eine allgemeine Amnestie auszurufen und einen "lieben" und erfreulich inkonsequenten "Gott" zu verkündigen, der sich an seine eigenen Gebote nicht mehr erinnern kann.
Naqual hat geschrieben:Das finde ich mit Liebe (Gottes) völlig kompatibel, es geht nicht darum zu vergelten, nicht darum, dass dem anderen Böses widerfährt, sondern dass ihm geholfen wird - und sei es mit erforderlichen härteren Maßnahmen. Und die können im Extremfall äußerst hart sein.
Sag das mal einer Mutter, deren Tochter vergewaltigt und fast ermordet wurde...
Oder den Kindern der Eltern, die bei den vielen Selbstmordattentaten um's Leben kamen.
Oder den Kindern der Familie Bögerl.
Oder den Einwohnern einiger Großstädte, die "nur" ihres, an der Straße abgestellten PKWs durch einen Brandanschlag verlustig gingen.
Oder den Mitbürgern, die aufgrund von erfolgreicher Verleumdung oder Ermittlungsfehler in die Mühlen der Justiz gerieten und z.B. in Strafanstalten einsitzen. Selbst, wenn sie irgendwann rehabilitiert werden sollten, was nicht in jedem Fall möglich ist--- ihr Leben ist gelaufen. Arbeit und Wohnung weg, Familie kaputt... die Persönlichkeit des Opfers oftmals restlos zerstört.

Ich würde denen etwas anderes erzählen und z.B. auf Mt. 16, 27 und Offb. 20,13 hinweisen, allerdings auch auf Röm. 12,19.
Naqual hat geschrieben:Vergebung heißt hier: es wird der Zustand vor der Tat hergestellt.
Das setzt aber voraus, dass der Täter reuig ist, seine Tat bereut. Entsprechend auch bereit ist, Wiedergutmachung zu leisten und willens ist in Zukunft nicht mehr so zu handeln.
Im NT gibt es in diesem Kontext einen interessanten Sachverhalt bei den Aussagen Jesu:
Er predigt nicht die grundsätzliche automatische Vergebung, sondern die Vergebung für jemanden, der hierum bittet!
Also hier ist ein aktives Verhalten des Täters Grundvoraussetzung um eine Tat ungeschehen machen zu können.
DAS kann ich voll unterschreiben, mit einer Änderung... anstatt "Vergebung" müßte man vielleicht besser "Versöhnung" sagen = eine Wiederherstellung der Beziehung, nach erfolgter Vergebung und Wiedergutmachung.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

closs
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#3 Re: Schuld und Vergebung

Beitrag von closs » Di 27. Aug 2013, 17:20

Magdalena61 hat geschrieben:Oder den Kindern der Familie Bögerl.
Opfer ist Opfer - egal ob wegen eines Blitzeinschlages oder wegen eines Mordes. - Der Opferstatus ist unabhängig vom Grund des Opferseins.

Gerade der Fall Bögerl zeigt, wie schwierig es ist, Leute für schuldig zu halten. - Randale in der U-Bahn - Provokation der Randalierenden und Gegen-Provokation durch Bögerl - Sache ist erledigt beim Aussteigen aus der U-Bahn - Bögerl krempelt die Ärmel hoch, um den Bubis auf dem Bahnsteig zu zeigen, wo's lang geht - Schlägerei - Bögerl tot (ob wegen Herzanfall oder aufgrund der Schlage-Verletzungen, war bis zuletzt unklar) - Verurteilung des Jugendlichen wegen Mordes (!) (motiviert durch den Gedanken der Generalprävention - ansonsten wäre es Körperverletzung mit Todesfolge gewesen).

Vergewaltiger sind krank, also dämonisiert, und müssen weggesperrt werden, weil sie gefährlich für die Gesellschaft sind - im schlimmsten Fall für immer. - Schuldig im staatlichen Sinne? - Ja - weil es gegen die Gesellschaftsordnung (massiv) verstößt. - Schuldig im subjektiven Sinne? Ich weiß es nicht und bin froh, dass das Gott entscheidet.

All das Böse, dass ich auch getan habe, war immer Folge von Unwissen oder Trieb oder Emotion - nie durch "Ich "ÃŒch-will-jetzt-aber-böse-sein". - WÄRE es Ausdruck des "freien Willens" :| , wäre dieser Wille dämonisiert: Wie KANN man jemanden vergewaltigen, wenn man nicht dämonisiert ist?

Salome23
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#4 Re: Schuld und Vergebung

Beitrag von Salome23 » Di 27. Aug 2013, 21:19

Vergewaltiger sind krank, also dämonisiert, und müssen weggesperrt werden
Wie bitte? Krank= dämonisiert? Und was bedeutet für dich dämonisiert denn genauer?

Schuldig im subjektiven Sinne? Ich weiß es nicht und bin froh, dass das Gott entscheidet.
Ach tut er das? Wann denn?
Und wofür wird ER sich dann entscheiden, falls er es überhaupt tut? Für Vergebung oder für.....?

WÄRE es Ausdruck des "freien Willens"
Einen freien Willen gibt es nicht-es gibt nur Entscheidungsfreiheit -und da auch nur ein für oder ein gegen etwas

closs
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#5 Re: Schuld und Vergebung

Beitrag von closs » Di 27. Aug 2013, 21:49

Salome23 hat geschrieben:Und was bedeutet für dich dämonisiert denn genauer?
Der Spur nach: Kräften ausgesetzt zu sein, die einen in der Hand haben. - Das gibt es öfter, als man denkt: Das fängt beim Karrieristen an, der sein Leben dem Ego-Erfolg widmet - und endet bei sehr schweren psychischen Symptomen.

Salome23 hat geschrieben:Und wofür wird ER sich dann entscheiden, falls er es überhaupt tut?
Frag ihn - ich habe dazu zwar klare Vorstellungen, aber diese sind (logischerweise) nicht verifizierbar.

Salome23 hat geschrieben:Einen freien Willen gibt es nicht-es gibt nur Entscheidungsfreiheit
Ich halte aus der Praxis heraus von beiden Begriffen nichts - aber wenn man sie schon benutzt: Welchen Sinn hätte Entscheidungsfreiheit ohne freien Willen?

Pluto
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#6 Re: Schuld und Vergebung

Beitrag von Pluto » Di 27. Aug 2013, 22:31

closs hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:Einen freien Willen gibt es nicht-es gibt nur Entscheidungsfreiheit
Ich halte aus der Praxis heraus von beiden Begriffen nichts - aber wenn man sie schon benutzt: Welchen Sinn hätte Entscheidungsfreiheit ohne freien Willen?
Ich vermute sie meint die Freiheit der Wahl.
Und wenn du dir das genau überlegst, ist das die einzige Art Freiheit die wir benötigen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#7 Re: Schuld und Vergebung

Beitrag von closs » Di 27. Aug 2013, 22:40

Pluto hat geschrieben:Ich vermute sie meint die Freiheit der Wahl.
Ja - keiner zwingt uns (zumindest in Europa). - Aber welchen spirituellen Sinn macht Freiheit, wenn sie inhaltlich nicht besetzt ist?

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#8 Re: Schuld und Vergebung

Beitrag von Salome23 » Di 27. Aug 2013, 22:41

closs hat geschrieben:
Salome23 hat geschrieben:Einen freien Willen gibt es nicht-es gibt nur Entscheidungsfreiheit
Ich halte aus der Praxis heraus von beiden Begriffen nichts - aber wenn man sie schon benutzt: Welchen Sinn hätte Entscheidungsfreiheit ohne freien Willen?
Freier Wille würde für mich in etwa bedeuten ,dass ich keinen Impuls(Reiz)folgen müsste-und sowas gibt es schlicht und einfach nicht,da wir ständig Solchen ausgesetzt sind, ausser eventuell im Schlaf, aber da sind wir ja ohnehin nicht bei Bewusst-sein und selbst da folgt der Körper irgendwelchen Impulsen.
Und genau so is tes beim Vergeben..irgend einem Impuls folgt man da, für]den man sich entscheidet und sich gegen andre Impulse entscheidet.
Aber ist jetzt OT geworden und sollte nicht Auslöser dafür sein, einen gesonderten Thread für " freier Wille" zu eröffnen... ;)
Zuletzt geändert von Salome23 am Di 27. Aug 2013, 22:42, insgesamt 1-mal geändert.

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#9 Re: Schuld und Vergebung

Beitrag von Pluto » Di 27. Aug 2013, 22:42

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich vermute sie meint die Freiheit der Wahl.
Ja - keiner zwingt uns (zumindest in Europa). - Aber welchen spirituellen Sinn macht Freiheit, wenn sie inhaltlich nicht besetzt ist?
Ich verstehe nicht was du meinst.
Die Freiheit der Wahl ist sehr wohl inhaltlich besetzt, nur eben nicht mit zufälligen Alternativen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
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#10 Re: Schuld und Vergebung

Beitrag von Pluto » Di 27. Aug 2013, 22:45

Salome23 hat geschrieben:Aber ist jetzt OT geworden und sollte nicht Auslöser dafür sein, einen gesonderten Thread für " freier Wille" zu eröffnen... ;)
Hi Salome,
Wir sind der Meinung etwas OT sollte durchaus erlaubt sein. Natürlich nicht querbeet und dauernd....
Wenn Leute dafür Interesse zeigen kann ein Mod das als Thema abtrennen. So entstehen oft interessante neue Threads. :D
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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