Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Rund um Bibel und Glaube
Ruth
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#1 Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Beitrag von Ruth » Do 9. Sep 2021, 12:46

... ich glaube, diesen Slogan muss ich nicht ergänzen. Wer sich ein wenig mit der christlichen Kirchengeschichte auskennt, der weiß, worum es hier geht.

Damals haben sich die Kirchenobersten an dem Druck der Sündenschulden bereichert. Dann kam die Reformation.
Was hat sich eigentlich seitdem verändert?

Man verkündigt jetzt den Schuldenerlass durch den gekreuzigten Jesus. Wobei (angeblich) Jesus vollkommen alles dafür getan hat, dass die Schuld erlassen wird.

Und trotzdem wird dieses Opfer von Jesus grundsätzlich von seinen Anhängern wieder eingeschränkt.
Man muss eben erstmal alles richtig machen, damit man die Pforte des Himmels geöffnet findet. Wobei die Bedingungen sich im Laufe der Zeit immer mehr aufgesplittet haben, und die unterschiedlichsten Konfessionen mal mehr, mal weniger Bedingungen anmelden.

War das Opfer von Jesus dann doch nicht so vollkommen? Oder was treibt seine (angeblichen) Nachfolger dazu, das eigene Verständnis von dem Schuldenerlass Gottes als einzig maßgebend zu betrachten?

Hat nicht Jesus selbst gesagt, dass der Maßstab, den man an anderen anwendet, auf einen selbst zurück fällt (?) nach Matthäus 7,2

Geht es hier nach dem Prinzip: "was du glaubst, das bekommst du auch?"
Und was für einen "Gewinn" hat derjenige, der missioniert (für das, was er selbst glaubt) ?

Munro
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#2 Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Beitrag von Munro » Fr 10. Sep 2021, 12:13

Was für ein uralter Twatsch.
Jean Paul Getty:
Die Sanftmütigen werden die Erde besitzen, aber nicht die Schürfrechte.

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Naqual
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#3 Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Beitrag von Naqual » Fr 10. Sep 2021, 12:33

Ruth hat geschrieben:
Do 9. Sep 2021, 12:46
Man verkündigt jetzt den Schuldenerlass durch den gekreuzigten Jesus. Wobei (angeblich) Jesus vollkommen alles dafür getan hat, dass die Schuld erlassen wird.

Und trotzdem wird dieses Opfer von Jesus grundsätzlich von seinen Anhängern wieder eingeschränkt.
Man muss eben erstmal alles richtig machen, damit man die Pforte des Himmels geöffnet findet. Wobei die Bedingungen sich im Laufe der Zeit immer mehr aufgesplittet haben, und die unterschiedlichsten Konfessionen mal mehr, mal weniger Bedingungen anmelden.

War das Opfer von Jesus dann doch nicht so vollkommen? Oder was treibt seine (angeblichen) Nachfolger dazu, das eigene Verständnis von dem Schuldenerlass Gottes als einzig maßgebend zu betrachten?

Was wir mit dem Christentum (leider) meist haben ist ein Glauben für Weicheier, mit der Neigung sich etwas vorzumachen.
Jesus hat gesagt "Wer nicht absagt allem was er hat, kann nicht mein Jünger sein"(Lk 14,33). Das ist eine klare Vorgabe, viel klarer als z.B. die Bestimmungen gegen eine Abtreibung in der Bibel.
Von dem Absagen merkt man nur nicht viel, da fährt vor mir ein 200PS-SUV mit zweiachsigem Wohnwagen hintendran, darauf das christliche Fischsymbol. Wenn derselbe einen Normalkombi mit kleinerem Wohnwagen im Schlepptau hätte: Er könnte mit dem gesparten Geld wahrscheinlich 100 hungerleidende Katastrophen-Opfer für Jahre durchfüttern.
Aber um die Nächsten (Mitmenschen) geht es nicht. Es geht um die Schuldenvergebung. Also nur um das Verhältnis von Gott und dem Gläubigen. Dieser Jesus hat jetzt alles gemacht und man selbst hat die Verzeihung. Also aus Mangel an Liebe sündigt man, und Jesus vergibts, in dem er sich quasi selbst eine reinhaut - so zum Ausgleich. Das muss man jetzt dem Katastrophen-Opfer erklären, dass der Typ mit dem dicken Schlitten und mangelnder Spendenbereitschaft kraft Glaubens in den Himmel kommt, aber nicht Kraft tätiger Liebe. Der Gott aber alles was nicht Liebe ist als Sünde betrachtet (Jakobus: Wer nun weiß, Gutes zu tun und tut es nicht, dem ist es Sünde).

Anbetracht der Gesundheitskrise und dem intelligenten Umgang damit nannten sich etliche Leute "Querdenker". Das Niveau kennen wir. Da ist der BMI oft höher wie der IQ.
Die Kirche(n) sind organisierte Querdenker vor Gott. Oder?

Die Logik ist anders ausgedrückt ja schlicht so: kein Mensch (von Gott so geschaffen) ist vollkommen. Dieser Mangel an Vollkommenheit führt in die Hölle. Denn mit einer einzigen zeitlich begrenzten Sünde hat man ja die unendliche Strafe verdient ohne Rehabilitationsmöglichkeit. Dann glaubt man (an was eigentlich genau, die Bibel gibt keine Vorgaben über die Mindesinhalte korrekten Glaubens?) und alles ist in Ordnung. Man ist nach wie vor nicht vollkommen, aber nun ist es Gott eigentlich egal, was so ist wie vorher verdammenswert war.

Spekulieren kann ich mit guter Wahrscheinlichkeit nur, was diese Leute nicht antreibt. Einfache Logik.

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sven23
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#4 Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Beitrag von sven23 » Fr 10. Sep 2021, 15:16

Ruth hat geschrieben:
Do 9. Sep 2021, 12:46
War das Opfer von Jesus dann doch nicht so vollkommen?
Die Forschung kommt zu dem Ergebnis, dass Jesus sich nicht opfern wollte, sondern dass ihm die Opferrolle erst nach seinem Tod übergestülpt wurde.
Hauptverantwortlicher ist vor allem Paulus, der aus der schändlichen Niederlage einen strahlenden Sieg machen wollte. Dazu war es aber notwendig, Jesus aus seinem jüdischen Glauben herauszulösen, den religiösen Partikularismus durch einen Unversalismus zu ersetzen.
Christentum ist vor allem Paulinismus, den die Evanglisten dann weiter gesponnen haben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#5 Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Beitrag von Ruth » Fr 10. Sep 2021, 16:29

Naqual hat geschrieben:
Fr 10. Sep 2021, 12:33
Jesus hat gesagt "Wer nicht absagt allem was er hat, kann nicht mein Jünger sein"(Lk 14,33). Das ist eine klare Vorgabe, viel klarer als z.B. die Bestimmungen gegen eine Abtreibung in der Bibel.
Das ist dann natürlich wieder das andere Extrem. Wenn man das als Bedingung darstellt, um "richtig" zu glauben, dann glaubt keiner richtig... wie du ja auch schon nachstehend deutlich machst.

Mir ging es bei meinen Fragen speziell um den Unterschied zu der Absage des Nachlassglaubens vor der Reformation, zu dem, was nach der Reformation daraus gemacht wurde (?)

Nach meinem Verständnis hat da einfach nur ein Wechsel derjenigen stattgefunden, welche nun die Macht übernehmen, zu bestimmen, wie man denn richtig glauben soll. Dazu gehört dann, genau wie damals, die Drohung, dass man in die Hölle (Fegefeuer) kommt, wenn man nicht richtig glaubt, wie damals. Damals hat man das mit Geld geregelt, heute hat fast jeder Geld, also muss man andere Mittel anwenden, um Macht zu erzwingen.

Was soll Glaube denn eigentlich bewirken ... oder: warum glaubt man an Gott, und was hat Jesus damit zu tun ?

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sven23
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#6 Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Beitrag von sven23 » Fr 10. Sep 2021, 17:08

Naqual hat geschrieben:
Fr 10. Sep 2021, 12:33
Was wir mit dem Christentum (leider) meist haben ist ein Glauben für Weicheier, mit der Neigung sich etwas vorzumachen.
Jesus hat gesagt "Wer nicht absagt allem was er hat, kann nicht mein Jünger sein"(Lk 14,33). Das ist eine klare Vorgabe, viel klarer als z.B. die Bestimmungen gegen eine Abtreibung in der Bibel.
Genau, und diese Absage an materiellen Reichtum hält die Forschung für authentisch. Jesus lehnte die römische Besatzungsmacht ab und alle, die mit ihr kolaborierten, wie etwa die Sadduzäer.

Bibelzitat aus Evangelium nach Matthäus, Kapitel 19, Vers 20-21 - Luther (1912):20 Da sprach der Jüngling zu ihm: Das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf; was fehlt mir noch? 21 Jesus sprach zu ihm: Willst du vollkommen sein, so gehe hin, verkaufe, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und komm und folge mir nach!

Auch Daseinsvorsorge hielt er für unnötig. (Die Vögel des Himmels säen nicht, aber ernten trotzdem...)
Es ist aber auch klar, dass das kein funktionierendes Gesellschaftsmodell sein kann. Man muß dies wie so vieles vor dem Hintergrund einer brennenden Naherwartung sehen.
Wenn die Gottesherrschaft unmittelbar bevorsteht, wird persönliche Daseinsvorsorge obsolet.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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Naqual
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#7 Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Beitrag von Naqual » Fr 10. Sep 2021, 19:58

Ruth hat geschrieben:
Fr 10. Sep 2021, 16:29
Mir ging es bei meinen Fragen speziell um den Unterschied zu der Absage des Nachlassglaubens vor der Reformation, zu dem, was nach der Reformation daraus gemacht wurde (?)
Nach meinem Verständnis hat da einfach nur ein Wechsel derjenigen stattgefunden, welche nun die Macht übernehmen, zu bestimmen, wie man denn richtig glauben soll.
Die erinnerten Stichworte die in meinen Kopf springen (lange ist es her...): Zu Luthers Zeit (eigentlich bereits seit mindestens etwa 1300) war die Kirche eine ganz weltliche Machtorganisation geworden, die es verstand, ihr Interesse über bestimmte Rituale umzusetzen. Solche eine Perversion war der Ablasshandel. Den aber auch die kath. Kirche heute nicht mehr praktiziert. Also der eigentliche Grund dafür einen Ableger zu schaffen (die Protestanten) ist mittlerweile entfallen. Und wenn man heute schöne sakrale Bauten in Europa bewundert... man weiß natürlich nicht, wieviel davon tatsächlich vom Ablasshandel finanziert wurde.
Wenn Luther falsch im NT übersetzte "selig...allein aus Glauben", dann war das der Kampfslogan gegen den Ablasshandel. Und gleichzeitig das andere Extrem. Also man schon gar nichts mehr machen, da man sich den Himmel nicht "verdienen" könne. Die Evangelikalen setzten dann als eifrige Theoretiker noch eine Übertreibung oben drauf: Glaube wird verstanden als ein bloßes Für-fahr-halten von nicht Erfahrbaren. (Alternative und näher am jüdischen Sprachverständnis der ersten Christenheit: Glaube beinhaltet das Tun).

Was soll Glaube denn eigentlich bewirken ... oder: warum glaubt man an Gott, und was hat Jesus damit zu tun ?
Persönlich sehe ich den Glauben als EINE mögliche Hlfestellung, sich zum Guten zu verändern. Also das Fürwahrhalten der Äußerungen des Handwerksmeisters machen noch keinen Handwerker. Aber der angehende Geselle lernt schneller mit der Annahme der Meister kann ihm was sagen, als wenn er alles erst selbst mit "Versuch und Irrtum" herausfinden müsste. Also muss der angehende Geselle schon selbst was mit seinen Händen machen. Die Perversion wäre nun zu sagen, der angehende Geselle glaubt an seinen Meister, also müsse er gar nichts mehr mit seinen Händen tun um seinem Meister zu gefallen.

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#8 Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Beitrag von JackSparrow » Fr 10. Sep 2021, 22:57

Naqual hat geschrieben:
Fr 10. Sep 2021, 19:58
Persönlich sehe ich den Glauben als EINE mögliche Hlfestellung, sich zum Guten zu verändern.
Beziehungsweise auf Mitmenschen zu Eindruck zu erwecken, man hätte sich zum Guten verändert.

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sven23
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#9 Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Beitrag von sven23 » Sa 11. Sep 2021, 06:30

Ruth hat geschrieben:
Fr 10. Sep 2021, 16:29
Was soll Glaube denn eigentlich bewirken ... oder: warum glaubt man an Gott, und was hat Jesus damit zu tun ?
Glaube war schon den Schreibern des AT sehr wichtig. In der Hiobgeschichte wird der gepeinigte Hiob für seinen standhaften Glauben fürstlich entlohnt, und zwar im Diesseits, nicht erst im Jenseits. Daraus beziehen übrigens die Anhänger des Wohlstandsevangeliums ihre Legitimation.
Das steht natürlich im krassen Gegensatz zum Armuts- und Besitzlosigkeitsgebot Jesu. Aber außer den mittelalterlichen Bettelmönchen ist ihm wohl hierin keiner gefolgt. Selbst Paulus war kein Fan von dieser Idee, erst recht nicht die spätere Kirche.
Für die meisten Menschen ist Armut kein erstrebenswertes Ziel. Im Gegenteil wollen sie diesen Zustand zum Besseren verändern.
Jesus versprach ja auch seinen Anhängern eine besondere Rolle in der neuen Ordnung. (die letzten werden die ersten sein....)
Für Juden (und die Forschung übrigens auch) war Jesus ein Endzeitprophet, wie es damals viele gab. Allen gemeinsam war der Irrtum der nahen Gottesherrschaft mit endzeitlichem Gericht.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#10 Sobald das Geld im Kasten klingt ...

Beitrag von sven23 » Sa 11. Sep 2021, 06:46

Ruth hat geschrieben:
Do 9. Sep 2021, 12:46
Geht es hier nach dem Prinzip: "was du glaubst, das bekommst du auch?"
Im Grund ja. Manchmal folgt die Belohnung für standhaften Glauben schon im Diesseits (siehe Hiob), manchmal erst im Jenseits. (Christentum).


Ruth hat geschrieben:
Do 9. Sep 2021, 12:46
Und was für einen "Gewinn" hat derjenige, der missioniert (für das, was er selbst glaubt) ?
Juden missionieren nicht und tun es bis auf den heutigen Tag nicht. Der Jude Jesus hat nie zur Missionierung aufgerufen oder selbst getauft. Die Forschung ist sich sicher, dass der Missionsbefehl eine Erfindung des Evangelisten Matthäus ist.
Man muss aber auch sagen: erst die Heidenmissionierung, die auch Paulus propagiert hat, hat für die neue christliche Sekte das Tor zur Weltreligion geöffnet.
Ob man das nun positiv oder negativ bewertet, ist eine ganz andere Frage.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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