"Glaube" - Wozu DAS denn?

Rund um Bibel und Glaube
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sven23
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#11 "Glaube" - Wozu DAS denn?

Beitrag von sven23 » Sa 19. Jun 2021, 10:20

Naqual hat geschrieben:
Sa 19. Jun 2021, 08:54
sven23 hat geschrieben:
Fr 18. Jun 2021, 18:11
Eusebius hat geschrieben:
Fr 18. Jun 2021, 19:02
Es gibt ja Menschen, die den "Meister" sehen, die mit ihm kommunizieren können. Sowas nennt man zB Mystik.
Oder eine psychische Störung/Krankheit.
Lol. Das Kind wieder mit dem Badewanne ausschütten! :-)
Das war ja auch nur ein Alternativangebot. ;)

Naqual hat geschrieben:
Sa 19. Jun 2021, 08:54
Zwischen Mystik und geistiger Krankheit sind Welten. Aber das wäre eine andere Geschichte....
Das ist richtig.
Der im letzten Monat verstorbene Theologe Gerd Lüdemann, der über die neutestamentliche Forschung seinen (christlichen) Glauben komplett verloren hatte, bezeichnete sich als Mystiker.

Die Frage, woher die christliche Judenfeindlichkeit kam, beantwortete er so:

Sie hängt mit der aggressiven Mission der ersten christlichen Gemeinden zusammen. Wer sich dem Bekenntnis zum neuen Messias nicht anschließen wollte, wurde als ungläubig verteufelt. Und weil die biblischen Texte erst allmählich und über einen längeren Zeitraum entstanden sind, tragen sie die Spuren dieses Missionsprozesses. Zum Beispiel das Gleichnis des Sämanns: Darin sagt Jesus angeblich, nur den Jüngern sei das Geheimnis der Gottesherrschaft gegeben; denen da draußen sei es hingegen nur gegeben, damit sie es sähen, aber nicht verstünden. Der ausdrückliche Sinn dieser Gleichnisrede besteht also darin, Menschen ins Nicht-Verstehen zu führen. Aber warum? Offenbar ging es einer bestimmten Gemeinde hier darum, ihren Misserfolg in der Judenmission zu erklären. Diejenigen, die sich nicht hatten missionieren lassen, werden als Unverständige und unverbesserliche Ungläubige hingestellt. Indem solche Passagen Jesus zugeschrieben wurden, hat es den Anschein, als hätte bereits er die Juden verteufelt. Das ist strategisch clever, hat aber mit der historischen Wahrheit nichts zu tun.
Quelle
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Punch
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#12 "Glaube" - Wozu DAS denn?

Beitrag von Punch » Sa 19. Jun 2021, 10:36

Naqual hat geschrieben:
Sa 19. Jun 2021, 08:54


Die Mystik hat den Vorteil erfahrungsbasiert zu sein. Aber man kann es nicht anderen vermitteln Erfahrungen zu haben. Genau an diesem Punkt haben natürlich die Kirchen die größten Schwierigkeiten, da man ja davon ausgeht möglichst viele ins Boot holen zu müssen.


Erfahrungsbasiert...? Ich weiß nicht, ich weiß nicht, nach den Seuses und Eckharts, nach all den asiatischen Weisheitsschriften bis hin zu den "Indianern"; da ist Mystik doch am ende nichts anderes, als die Anrufung abseitig absonderlicher Schattenreiche, ist doch Mystik eigentlich nichts anderes, als ein Wanderer in den von den Göttern unmarkierten Räumen zu sein.

Und ein wirklicher Mystiker sollte nicht so viel plappern, über die Mystik meine ich jetzt...

JackSparrow
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#13 "Glaube" - Wozu DAS denn?

Beitrag von JackSparrow » Sa 19. Jun 2021, 10:43

Eusebius hat geschrieben:
Fr 18. Jun 2021, 19:02
Weil er unser Vater ist, weil er uns liebt und weil uns das dabei helfen kann, diesem Knast zu entkommen.
Dem Knast entkommt man hierzulande meist durch Altersschwäche, Krankheiten oder Unfälle. Götter hingegen sind als Risikofaktor eher zu vernachlässigen.

Man kann es nur selbst erleben.
Man kann Beliebiges erleben und dann den Leuten erzählen, man habe eine Gottesverwirklichung erreicht.

Warum auch nicht - von den dummen verblendeten Mitmenschen weiß sowieso keiner, was eine "Gottesverwirklichung" eigentlich sein soll.

Nur stellt sich die Frage, aus welchen Motiven jemand seinen Mitmenschen solches erzählen möchte.

Der Glaube, dass der Meister sein Lehrbuch fehlerfrei geschrieben hat, ist nicht nötig. Ich halte das sogar für ein schlimmes Problem. Daraus entstehen Spaltung, Dogmatismus und Unfrieden.
Was ist denn Glaube anderes als die Angst zu handeln? Bin ich von etwas überzeugt, dann tue ich es, und bin ich nicht überzeugt, dann erzähle ich eben meinen Mitmenschen, was sie zu tun haben.

Niemals sind wir freier gewesen als unter der deutschen Besatzung. Wir hatten alle unsere Rechte verloren und vor allem das Recht zu sprechen; man spottete uns jeden Tag ins Gesicht, und wir mussten schweigen; man deportierte uns in Massen als Arbeiter, als Juden, als politische Gefangene; überall an den Mauern, in den Zeitungen, auf der Leinwand begegneten wir dem abscheulichen und faden Gesicht, das unsere Unterdrücker uns von uns selbst geben wollten; aufgrund all dessen waren wir frei. Da das Nazigift sich bis in unser Denken einschlich, war jeder richtige Gedanke eine Eroberung; da eine allmächtige Polizei versuchte, uns zum Schweigen zu zwingen, wurde jedes Wort kostbar wie eine Grundsatzerklärung; Da wir verfolgt waren, hatte jede unserer Gesten das Gewicht eines Engagements.
(Sartre, 1944, "La republique du silence")

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