"Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Rund um Bibel und Glaube
SilverBullet
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#31 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von SilverBullet » Fr 4. Dez 2020, 13:22

Ruth hat geschrieben:Das war auch einer der Gründe, warum ich auch mal einen Blick auf andere Religionen geworfen habe, und dabei Menschen sah, die ebenso mit Dogmen und Geschichten aufgewachsen sind, wie ich selbst. Ich sah solche Glaubenden, die oft gleiche Erfahrungen gemacht haben, wie Christen, und leben, für mein Empfinden, oft christlicher als die Christen.
Waren dies "Bücher-Religionen"? - hierzu kann ich mir gut vorstellen, dass es immer um die gleichen Mechanismen geht.

Ruth hat geschrieben:Jesus war es scheinbar sehr wichtig, dass genau diese Botschaft der Liebe über alle Gebote gestellt wird. Vielleicht auch besonders, weil durch die Tendenz der Gebote immer auf Kadavergehorsam oder Strafe abzielt.
Mal unabhängig ob "Jesus" im ersten Jahrhundert war oder nicht war, es gab definitiv einen flächendeckenden Kadavergehorsam -> die Zeloten.
Sie haben die genaue Einhaltung des Gesetzes gefordert und sie haben das Martyrium auf die Spitze getrieben - hier geht es unmittelbar um Kadaver.

(Nur um es anzudeuten: ich wage es schon manchmal, die Effekte der Bibel mit den Einstellungen der Zeloten in Zusammenhang zu bringen - die Ähnlichkeit ist irgendwie nicht ganz "wegzublinseln")

Ruth hat geschrieben:Eigentlich würde das Ganze schon entschärft und der Blick für das Streben danach, Liebe zu geben, wenn man alle Gebote der Bibel eher als "Leitplanke" verstehen und darstellen würde: Gott hat seinem Volk Gebote gegeben, damit sie einen sicheren Weg finden, der davor bewahren kann, eine Böschung runter zu fallen. Wobei das fallen in den Abgrund dann auch eher eine Folge von Orientierungslosigkeit darstellen würde, anstatt Strafe für falsches Verhalten.
Für mich (und ich habe bestimmt kein tiefes Verständnis) war die "Jesus"-Botschaft immer eine Liebes-Botschaft und ich bin z.B. davon ausgegangen, dass sich das Christentum durch Überzeugung auf dieser Liebes-Basis verbreitet hat (z.B. in Europa).
Das ist leider nicht richtig und ich war "deutlich naiv" eingestellt, aber ich weigere mich ein wenig (den Hardlinern gegenüber), zu akzeptieren, dass ich die Botschaft falsch verstanden haben soll.

Ruth hat geschrieben:Das zeigt deutlich, dass Gläubige oft gar nicht mehr in der Lage sind, sich zu verändern. Sie sind durch die ganzen Dogmen und Gebote so starr und unbeweglich geworden, und haben Angst, auf den falschen Weg zu geraten, dass sie zu sehr damit beschäftigt sind, alles richtig zu machen, dass sie die Freiheit, auf Gott zu vertrauen, gar nicht mehr erkennen können.
Eine Veränderung wäre im Grunde schon ein Resultat, aber ich sehe noch nicht einmal die Bereitschaft neu aufzusetzen und ein unterschiedliches Resultat in Kauf zu nehmen.

Ruth hat geschrieben:Bei mir wurde diese Freiheit dadurch bewirkt, dass mein Vertrauen zu Gott gewachsen ist.
Meine Erfahrungen damit, dass ich mit Gott kommuniziere (so wie ich das verstehen kann) und positive Erfahrungen mache (Gebetserhörungen, Antworten auf Fragen ...etc) lassen mein Vertrauen wachsen, dass Gott mich nicht "im Regen stehen lässt", wenn mein Vertrauen und mein Herz auf ihn gerichtet ist.
Das hört sich gut an und ich habe da auch Vertrauen, dass dies eine Grundlage für Positives in der Welt ist - das passt.

(du hast gerade das OK eines Nicht-Gläubigen bekommen - Wow :-))

Ruth hat geschrieben:... oder einfach gar keine besondere Einstellung zur Bibel. Sie ist dann einfach EINE Variante von Werkzeugen, unter vielen ... die mir Botschaften von Gott vermitteln.
Das ist interessant, damit hast du die Bibel als Text überwunden und bist "integrativ" unterwegs, indem du auch andere Texte im Zusammenhang mit Gott verstehst.

Ruth hat geschrieben:Keine Ahnung ... Gedanken lesen kann ich nicht, und direkt so gesagt hat es noch niemand.
Obwohl: Es gab schon auch irL Situationen, wo Menschen mir sagten, dass eine Aussage von mir ihnen geholfen hat. Aber ob das mit einem Umdenken zu tun hatte, weiß ich nicht.
Das ist doch eigentlich nicht wenig - gut.

Ruth hat geschrieben:Aber genau deshalb finde ich Foren und sonstige Möglichkeiten (zB Blog) im www so toll. Es kann jederzeit jemandem dienen, eine passende Antwort zu finden, wenn er einfach in die Suchfunktion geht. Und das sogar oft noch über meinen Tod hinaus. Gott kann also auch auf diese Weise mit meinen Texten zu Menschen reden, wenn er es will. Besser kann es für mich gar nicht funktionieren.
Das ist ein schöner Gedanke und deine Beiträge sind auch dazu geeignet, das wird funktionieren.

(bei meinen Beiträgen habe ich festgestellt, dass ich nicht unbedingt alles nochmal lesen möchte :-))

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sven23
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#32 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von sven23 » Fr 4. Dez 2020, 17:56

Ruth hat geschrieben:
Mo 30. Nov 2020, 10:04
Es gibt unter den christlichen Verkündigern, die "im Namen Gottes" am liebsten das Gericht verkündigen, und das dann als "das Evangelium" bezeichnen.

Dabei wird dann hauptsächlich "Strafe" angekündigt, für diejenigen, welche die Vorschriften, so wie die Verkündiger diese selbst verstehen (wollen), nicht erfüllen.

Jesus hat sein Leben lang gegen diese Ansicht der Frommen und Schriftgelehrten angepredigt und es vorgelebt. Trotzdem wird das von Vielen nicht verstanden, und oft die Gerichtsankündigung als Strafe in den Vordergrund der christlichen Botschaft gestellt.
Jetzt muss man aufpassen, dass man die historische Jesusfigur nicht mit der kirchlichen Jesusfigur verwechselt. Besonders nach der Aufklärung propagierte die Kirche einen eher weichgespülten Jesus, dessen einziges Ansinnen es war, Nächsten- und Feindesliebe zu verbreiten. Aber dafür wurde man auch bei den Römern nicht hingerichtet.
Die Kernbotschaft von Jesus war die Mahnung zur Umkehr. Wer nicht umkehren wollten, war dem göttlichen Gericht unrettbar ausgeliefert. Und dieses Gericht stand seiner Meinung nach unmittelbar bevor.
Die scharfe Gerichtspredigt von Johannes dem Täufer hat er allerding etwas abgemildert.
Und wie wir inzwischen ja gelernt haben, trat Jesus für eine Toraverschärfung ein, also für eine noch strengere Auslegung der mosaischen Gesetze. Nur so war es seiner Meinung nach möglich, dem jüngsten Gericht zu entgehen.



 
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Ruth
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#33 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von Ruth » Sa 5. Dez 2020, 10:57

SilverBullet hat geschrieben:
Fr 4. Dez 2020, 13:22
ich wage es schon manchmal, die Effekte der Bibel mit den Einstellungen der Zeloten in Zusammenhang zu bringen - die Ähnlichkeit ist irgendwie nicht ganz "wegzublinseln")

Damit bist du nicht allein. Diese Ansicht habe ich in anderen Themen schon mal gelesen.

SilverBullet hat geschrieben:
Fr 4. Dez 2020, 13:22
Für mich (und ich habe bestimmt kein tiefes Verständnis) war die "Jesus"-Botschaft immer eine Liebes-Botschaft und ich bin z.B. davon ausgegangen, dass sich das Christentum durch Überzeugung auf dieser Liebes-Basis verbreitet hat (z.B. in Europa).
Das ist leider nicht richtig und ich war "deutlich naiv" eingestellt, aber ich weigere mich ein wenig (den Hardlinern gegenüber), zu akzeptieren, dass ich die Botschaft falsch verstanden haben soll.
Da stimme ich dir hier voll zu. Im Grunde habe ich das Gleiche für mich festgestellt, nachdem ich es gewagt habe, von der typischen christlichen Sichtweise abzuweichen und versuche, "über den Horizont" der christlichen Mauern zu blicken.

SilverBullet hat geschrieben:
Fr 4. Dez 2020, 13:22
Ruth hat geschrieben: Bei mir wurde diese Freiheit dadurch bewirkt, dass mein Vertrauen zu Gott gewachsen ist.
Meine Erfahrungen damit, dass ich mit Gott kommuniziere (so wie ich das verstehen kann) und positive Erfahrungen mache (Gebetserhörungen, Antworten auf Fragen ...etc) lassen mein Vertrauen wachsen, dass Gott mich nicht "im Regen stehen lässt", wenn mein Vertrauen und mein Herz auf ihn gerichtet ist.
Das hört sich gut an und ich habe da auch Vertrauen, dass dies eine Grundlage für Positives in der Welt ist - das passt.

(du hast gerade das OK eines Nicht-Gläubigen bekommen - Wow )
:D .. danke dir. Aber ich verstehe dich gar nicht so unbedingt als Nichtgläubigen. Aber ich bin auch davon weg, in "Gläubige" oder "Nichtgläubige" einzuordnen.
Ich verstehe dich (so wie mich selbst) eher als offen kritischer Hinterfragender festgelegter religiöser Grundsätze. Damit ist mein Glaube eben das was er ist: MEIN Glaube.

Ich kann meinen Glauben weder eindeutig erklären, noch ihn anderen Menschen aufdiktieren. Er ist weder richtig noch falsch. Er basiert auf Gott, und mein Verhältnis zu ihm ... von außen unanfechtbar... eben MEINS.

SilverBullet hat geschrieben:
Fr 4. Dez 2020, 13:22
damit hast du die Bibel als Text überwunden und bist "integrativ" unterwegs, indem du auch andere Texte im Zusammenhang mit Gott verstehst.

Mir ist es wichtig, dass ich überhaupt nicht auf Texte fixiert bin. Für mein Verständnis gibt es keine schriftliche "Gebrauchsanweisung", wie man mit Gott kommunizieren und leben kann. Es gibt bestenfalls Vorbilder und Geschichten, an denen man Spuren davon entdecken kann, wie Gott mit Menschen kommuniziert und handelt. Jedenfalls ist das Gesamtbild von Gott in den Texten sehr vielseitig und scheint sogar oft widersprüchlich. Da kann man bestenfalls Vergleiche ziehen und einen kleinen gemeinsamen Nenner finden.

SilverBullet hat geschrieben:
Fr 4. Dez 2020, 13:22
Ruth hat geschrieben: Aber genau deshalb finde ich Foren und sonstige Möglichkeiten (zB Blog) im www so toll. Es kann jederzeit jemandem dienen, eine passende Antwort zu finden, wenn er einfach in die Suchfunktion geht. Und das sogar oft noch über meinen Tod hinaus. Gott kann also auch auf diese Weise mit meinen Texten zu Menschen reden, wenn er es will. Besser kann es für mich gar nicht funktionieren.
Das ist ein schöner Gedanke und deine Beiträge sind auch dazu geeignet, das wird funktionieren.

(bei meinen Beiträgen habe ich festgestellt, dass ich nicht unbedingt alles nochmal lesen möchte )
Ich finde es interessant, alte Texte aus der Vergangenheit von mir zu lesen. Ich lese dort Veränderung und Wachstum ... und auch manchen Schrott, der mir oft im nachhinein peinlich ist. Das alles gehört zu mir, und es gefällt mir, dass ich scheinbar noch fähig bin, mich zu verändern. Dabei versuche ich dann auch immer mal, mich in die frühere Situation zu erinnern, und hinein zu versetzen. Das hilft mir dann in manchen Fällen auch, andere Gläubige zu verstehen, die noch auf ganz anderer "Schiene" unterwegs sind.

Den Austausch mit dir, hier in diesem Thread des Forums, habe ich jedenfalls genossen. Und darum finde ich deine Beiträge absolut wertvoll ... danke dir dafür!
Es hat so manchen (für mich) neuen Gedanken angestoßen. Und vielleicht ist mir dabei schon wieder ein neues Thema eingefallen. Aber da muss ich erst noch einiges sortieren ... :think: :g222:
Zuletzt geändert von Ruth am Sa 5. Dez 2020, 11:56, insgesamt 1-mal geändert.

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sven23
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#34 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von sven23 » Sa 5. Dez 2020, 11:33

Ruth hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 10:57
sven23 hat geschrieben:
Fr 4. Dez 2020, 17:56
Ruth hat geschrieben: Aber genau deshalb finde ich Foren und sonstige Möglichkeiten (zB Blog) im www so toll. Es kann jederzeit jemandem dienen, eine passende Antwort zu finden, wenn er einfach in die Suchfunktion geht. Und das sogar oft noch über meinen Tod hinaus. Gott kann also auch auf diese Weise mit meinen Texten zu Menschen reden, wenn er es will. Besser kann es für mich gar nicht funktionieren.
Das ist ein schöner Gedanke und deine Beiträge sind auch dazu geeignet, das wird funktionieren.

(bei meinen Beiträgen habe ich festgestellt, dass ich nicht unbedingt alles nochmal lesen möchte )
Ich finde es interessant, alte Texte aus der Vergangenheit von mir zu lesen. Ich lese dort Veränderung und Wachstum ... und auch manchen Schrott, der mir oft im nachhinein peinlich ist. Das alles gehört zu mir, und es gefällt mir, dass ich scheinbar noch fähig bin, mich zu verändern. Dabei versuche ich dann auch immer mal, mich in die frühere Situation zu erinnern, und hinein zu versetzen. Das hilft mir dann in manchen Fällen auch, andere Gläubige zu verstehen, die noch auf ganz anderer "Schiene" unterwegs sind.

Den Austausch mit dir, hier in diesem Thread des Forums, habe ich jedenfalls genossen. Und darum finde ich deine Beiträge absolut wertvoll ... danke dir dafür!
Es hat so manchen (für mich) neuen Gedanken angestoßen. Und vielleicht ist mir dabei schon wieder ein neues Thema eingefallen. Aber da muss ich erst noch einiges sortieren ... :think: :hrmm:
Kleine Korrektur: obiger Beitrag ist nicht von mir, sondern von Silverbullet.
Silverbullet ist übrigens der Meinung, dass Jesus ein rein literarische Figur ist, die historisch nie existiert hat.
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Ruth
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#35 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von Ruth » Sa 5. Dez 2020, 12:01

sven23 hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 11:33
Ruth hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 10:57
sven23 hat geschrieben:
Fr 4. Dez 2020, 17:56

Das ist ein schöner Gedanke und deine Beiträge sind auch dazu geeignet, das wird funktionieren.

(bei meinen Beiträgen habe ich festgestellt, dass ich nicht unbedingt alles nochmal lesen möchte )
Ich finde es interessant, alte Texte aus der Vergangenheit von mir zu lesen. Ich lese dort Veränderung und Wachstum ... und auch manchen Schrott, der mir oft im nachhinein peinlich ist. Das alles gehört zu mir, und es gefällt mir, dass ich scheinbar noch fähig bin, mich zu verändern. Dabei versuche ich dann auch immer mal, mich in die frühere Situation zu erinnern, und hinein zu versetzen. Das hilft mir dann in manchen Fällen auch, andere Gläubige zu verstehen, die noch auf ganz anderer "Schiene" unterwegs sind.

Den Austausch mit dir, hier in diesem Thread des Forums, habe ich jedenfalls genossen. Und darum finde ich deine Beiträge absolut wertvoll ... danke dir dafür!
Es hat so manchen (für mich) neuen Gedanken angestoßen. Und vielleicht ist mir dabei schon wieder ein neues Thema eingefallen. Aber da muss ich erst noch einiges sortieren ... :think: :hrmm:
Kleine Korrektur: obiger Beitrag ist nicht von mir, sondern von Silverbullet.
Silverbullet ist übrigens der Meinung, dass Jesus ein rein literarische Figur ist, die historisch nie existiert hat.

Huch, sorry :facepalm: ....und danke für den Hinweis. Ich habe keine Ahnung, wie "sven" da hinein geraten ist ;) ... habe es noch geändert.
Die Frage um die Herkunft des Jesus in der Bibel ist für mich im Moment nicht relevant, darüber nachzudenken. Darum lasse ich das einfach jetzt mal so unkommentiert stehen.

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sven23
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#36 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von sven23 » Sa 5. Dez 2020, 12:50

Ruth hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 12:01


Huch, sorry :facepalm: ....und danke für den Hinweis. Ich habe keine Ahnung, wie "sven" da hinein geraten ist :wink: ... habe es noch geändert.
Kein Problem.

Ruth hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 12:01
Die Frage um die Herkunft des Jesus in der Bibel ist für mich im Moment nicht relevant, darüber nachzudenken. Darum lasse ich das einfach jetzt mal so unkommentiert stehen.
Das Christentum steht und fällt aber mit der Figur des Jesus von Nazareth. Kann eine erfundene Person die Grundlage einer Weltreligion sein? Und welchen Sinn machen dann noch die Dogmen der Kirche?
 
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#37 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von SilverBullet » Sa 5. Dez 2020, 13:00

Ruth hat geschrieben: Damit bist du nicht allein. Diese Ansicht habe ich in anderen Themen schon mal gelesen.
Au weia, das könnte ich gewesen sein :-)

Ruth hat geschrieben:Da stimme ich dir hier voll zu. Im Grunde habe ich das Gleiche für mich festgestellt, nachdem ich es gewagt habe, von der typischen christlichen Sichtweise abzuweichen und versuche, "über den Horizont" der christlichen Mauern zu blicken.
Wunderbar, genauso habe ich dich auch verstanden und ich werde weiter unten (Antwort auf "sven23") versuchen, für dich Partei zu ergreifen, mal schauen, ob es mir gelingt -> das ist sozusagen ein Test :-) (und du hast die Hoheit mich zu korrigieren)

Ruth hat geschrieben:Ich verstehe dich (so wie mich selbst) eher als offen kritischer Hinterfragender festgelegter religiöser Grundsätze. Damit ist mein Glaube eben das was er ist: MEIN Glaube.
Ja, das kommt dem sehr nahe und ich versuche eine Grenze zu finden, ab der ich mit dem Hinterfragen aufhöre und dem gläubigen Menschen vertraue, dass eine Verantwortung da ist, das Positive zu suchen.
Deine Formulierungen sind dahingehend super geeignet.

Ruth hat geschrieben:Ich kann meinen Glauben weder eindeutig erklären, noch ihn anderen Menschen aufdiktieren. Er ist weder richtig noch falsch. Er basiert auf Gott, und mein Verhältnis zu ihm ... von außen unanfechtbar... eben MEINS.
...
Mir ist es wichtig, dass ich überhaupt nicht auf Texte fixiert bin. Für mein Verständnis gibt es keine schriftliche "Gebrauchsanweisung", wie man mit Gott kommunizieren und leben kann.
Vielleicht hast du in deinem Gott-Verhältnis, Religion überwunden (zumindest konkret festgelegte Versionen). Das wäre schon eine grossartige Leistung.

Ruth hat geschrieben:Ich lese dort Veränderung und Wachstum ... und auch manchen Schrott, der mir oft im nachhinein peinlich ist.
Ja, diese Peinlichkeit kenne ich - ich denke mir dann immer "damals war ich viel zu jung, um Beiträge zu schreiben" :-)

Ruth hat geschrieben:Das alles gehört zu mir, und es gefällt mir, dass ich scheinbar noch fähig bin, mich zu verändern. Dabei versuche ich dann auch immer mal, mich in die frühere Situation zu erinnern, und hinein zu versetzen. Das hilft mir dann in manchen Fällen auch, andere Gläubige zu verstehen, die noch auf ganz anderer "Schiene" unterwegs sind.
Keine schlechte Idee, aus dieser Richtung habe ich es noch nicht gesehen.

Ruth hat geschrieben:Den Austausch mit dir, hier in diesem Thread des Forums, habe ich jedenfalls genossen. Und darum finde ich deine Beiträge absolut wertvoll ... danke dir dafür!
Ich fand es auch sehr schön und ein wenig wundert es mich, dass mir deine Ansichten nicht schon früher aufgefallen sind, aber vielleicht war ich auch einfach noch nicht soweit.

Ruth hat geschrieben:Es hat so manchen (für mich) neuen Gedanken angestoßen. Und vielleicht ist mir dabei schon wieder ein neues Thema eingefallen. Aber da muss ich erst noch einiges sortieren ...
Das hört sich prima an.

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sven23 hat geschrieben: Silverbullet ist übrigens der Meinung, dass Jesus ein rein literarische Figur ist, die historisch nie existiert hat.
Das ist korrekt, dennoch erhebt "SilverBullet" den Anspruch, die "Jesus"-Liebes-Botschaft gar nicht mal so schlecht verstanden zu haben - "sonderbar, aber das macht das Leben halt auch interessant".

Gehe ich nicht von einer historischen Person in der damaligen Zeloten-Umgebung aus, ergibt sich aus meiner Sicht die Möglichkeit, die neue Botschaft als eine sinnvolle Korrektur der anfänglichen Gewalt- und Aggressionseinstellungen einzuordnen.
Die Liebes-Botschaft war wohl notwendig, weil die religiösen Gewaltorgien in den Untergang und Totalverlust jeglicher religiöser Gottes-Beziehungs-Vorstellungen führten.

Gut, aber dann ist die Botschaft doch gar nicht so schlecht.

Mit der historischen Person "Jesus" liegt die Liebes-Botschaft doch relativiert unmotiviert "neben" der zelotischen Aggression (es gibt eigentlich keinen wirklichen Bezug).
Ohne die historische Person zerschlägt die Liebes-Botschaft voll und ganz die zelotische Aggression - aus meiner Sicht sieht das sogar besser aus.

Die Botschaft nicht als Korrektur zu verstehen und der Botschaft die Auflage zu machen, dass sie (wiederum) dem sonstigen Bibeltext entsprechen muss, ist/wäre ein qualitativer Abstieg und genau das macht (so wie ich es sehe) "Ruth" nicht.
Lies es nochmal nach, die konkrete "Jesus"-Festlegung in der Bibel ist für "Ruth" nicht wichtig, sondern die Liebes-Idee dahinter ist für ihre Gegenüberhaltung (-> Gott) wichtig - ich bleibe dabei: das ist gut.

Insgesamt haben wir Kritiker, Gläubigen gegenüber, immer das Problem, dass wir sie auf Konkretes festlegen müssen, um die Haltung kritisieren zu können.
In unserem Beispiel: "Jesus gab es oder gab es nicht"

Selbst wenn es Jesus nicht gab, so kann die Liebes-Botschaft immer noch ein wichtiger Aspekt in der Gegenüberhaltung eines Gläubigen sein (-> Gott).
Das ist genau dann der Fall, wenn der Gläubige nicht mehr entlang von konkreten Festlegungen unterwegs ist - und darum ging es in den letzten Beiträgen.

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#38 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von sven23 » Sa 5. Dez 2020, 13:10

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 13:00
Selbst wenn es Jesus nicht gab, so kann die Liebes-Botschaft immer noch ein wichtiger Aspekt in der Gegenüberhaltung eines Gläubigen sein (-> Gott).

Richtig, sie kann ein Wert für sich sein, eine ethische Richtschnur.
Aber was bleibt dann noch vom Christentum der Kirche übrig?
Kein Sühnetod, der die ganze Menschheit erlöst hat, keine Auferstehung und ewiges Leben nach dem Tod.
Welcher Christ gibt sich damit zufrieden? Wohl die allerwenigsten, zumal sie ja ganz anders sozialisiert worden sind.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#39 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von Ruth » Sa 5. Dez 2020, 13:11

sven23 hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 12:50

Ruth hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 12:01
Die Frage um die Herkunft des Jesus in der Bibel ist für mich im Moment nicht relevant, darüber nachzudenken. Darum lasse ich das einfach jetzt mal so unkommentiert stehen.
Das Christentum steht und fällt aber mit der Figur des Jesus von Nazareth. Kann eine erfundene Person die Grundlage einer Weltreligion sein? Und welchen Sinn machen dann noch die Dogmen der Kirche?
 
Ich persönlich verstehe mich nicht (mehr] als Christ, und diskutiere im Grunde auch nicht über das Christentum, sondern eher über Texte der Bibel und deren Botschaft ... oder das, was nicht die Botschaft sein kann ... oder so ähnlich.

Grundlage von unterschiedlichen Religionen kann praktisch Alles sein. Man muss es nur überzeugend "verkaufen".

Dass Dogmen der Kirchen und christlichen Gemeinschaften nur wenig Sinn haben, das sage/schreibe ich schon lange.
Der Punkt, warum wir nie einen Punkt finden, ist der, dass selten jemand, so wie SilverBullet es tut, andersdenkenden mal zuhört.
Die meisten, welche über Religion oder Nichtreligion reden oder schreiben reagieren nur auf Stichworte zu Reizthemen, um diese als Vorlage zu benutzen, die eigene Meinung zu deklarieren ... oder um einfach zu provozieren

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sven23
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#40 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von sven23 » Sa 5. Dez 2020, 13:23

Ruth hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 13:11

Dass Dogmen der Kirchen und christlichen Gemeinschaften nur wenig Sinn haben, das sage/schreibe ich schon lange.
Da sind wir uns mal einig.
Wenn man Interesse an einer allgemein gültigen Ethik hat, dann sollte sie weder zeitlich noch geografisch beschränkt sein, sondern universell sein.
Bei den meisten Religionen findet man dagegen nur Partikularinteressen, was den Anghörigen der jeweiligen Religion aber meist gar nicht auffällt, da sie von Kind an so sozialisiert worden sind.
 
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