"Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

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SilverBullet
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#41 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von SilverBullet » Sa 5. Dez 2020, 14:17

sven23 hat geschrieben: Richtig, sie kann ein Wert für sich sein, eine ethische Richtschnur.
Aber was bleibt dann noch vom Christentum der Kirche übrig?
Kein Sühnetod, der die ganze Menschheit erlöst hat, keine Auferstehung und ewiges Leben nach dem Tod.
Welcher Christ gibt sich damit zufrieden? Wohl die allerwenigsten, zumal sie ja ganz anders sozialisiert worden sind.
Mit dem Christentum/Kirche hat man es mit einer Organisation auf Basis von Festlegungen zu tun.
Dies ist bei "Ruth" nicht der Fall, weshalb wir ihre Ansichten "als stabil bleibend" herausnehmen können.

Meine Haltung zur Historizität von "Jesus" ist sicherlich maximal kritisch für die "Messias-Idee".
Die zelotischen Messiasse sind alle gescheitert und die friedliche Version gab es dann nie.
Die Vorstellung, dass man sich über die Hinwendung zu einem Menschen ("Jesus") an Gott richten kann, ist damit nicht mehr haltbar.
Das ist dann natürlich schon ein zentraler Schlag, denn für viele Gläubige fällt damit die Gottesvorstellung weg - bisher konnten sie sich über "Jesus (am Kreuz)" ein Bild von Gott machen (was sie ja eigentlich eher nicht machen sollen, aber egal), aber mit meiner Haltung geht so etwas natürlich nicht mehr.
Eine Generalvergebung von "Sünden" oder sagen wir eine Korrektur des alten Testaments geht nur insofern, dass die Übertreibung der dortigen Ansichten zum Untergang führen und somit die Liebes-Botschaft vernünftiger ist (so wird diese Botschaft aus meiner Sicht auch entstanden sein).

Die Auferstehung und das ewige Leben war wohl auch schon bei den Zeloten ein Thema (die Ähnlichkeiten sind schon sehr stark), also das würde auch ohne "Jesus" weitergehen.
Im Sinne dieses Threads würde sicherlich auch das "Gericht" entsprechend des AT weiter vertreten werden können.

Ein "Christentum" (also einen "Erlöserbezug") könnte es ohne wirklichen "Jesus" maximal in der Form geben, dass ein Messias (-> "Erlösungsreich") erwartet werden könnte, was ja durchaus auch Teil des jetzigen Christentums ist.

Insgesamt hat "Hermann Detering" als Theologe die Jesus-Nicht-Existenz vertreten und dennoch eine Theologie für das Christentum versucht, was ich aber (zugegeben) eher eigenartig fand, aber vielleicht habe ich zu wenig Einblick in seine Position.

Also man kann sagen, Festlegungen haben es schwer, wenn der Ausgangspunkt der Festlegung verschwindet - "keine grossartige Erkenntnis".

Aber:
Das Gegenüber-Gespür (-> Gott) einer Privat-Person, auch wenn es auf der Jesus-Liebes-Botschaft aufbaut oder diese integriert, kann vollständig unabhängig von einer wirklichen Jesus-Existenz sein, denn die Liebes-Botschaft an sich ist ja auch im Falle der Nicht-Existenz in der Realität begründet (-> die Gewalt der Zeloten ist gescheitert -> Liebe ist besser).

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sven23
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#42 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von sven23 » Sa 5. Dez 2020, 16:07

SilverBullet hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 14:17
sven23 hat geschrieben: Richtig, sie kann ein Wert für sich sein, eine ethische Richtschnur.
Aber was bleibt dann noch vom Christentum der Kirche übrig?
Kein Sühnetod, der die ganze Menschheit erlöst hat, keine Auferstehung und ewiges Leben nach dem Tod.
Welcher Christ gibt sich damit zufrieden? Wohl die allerwenigsten, zumal sie ja ganz anders sozialisiert worden sind.
Mit dem Christentum/Kirche hat man es mit einer Organisation auf Basis von Festlegungen zu tun.
Dies ist bei "Ruth" nicht der Fall, weshalb wir ihre Ansichten "als stabil bleibend" herausnehmen können.
Ja, es war mir nicht klar, dass sie sich gar nicht als Christin betrachtet, obwohl sie ja an die Historizität von Jesus glaubt.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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SamuelB
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#43 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von SamuelB » Sa 5. Dez 2020, 18:06

Ruth hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 13:11
Der Punkt, warum wir nie einen Punkt finden, ist der, dass selten jemand, so wie SilverBullet es tut, andersdenkenden mal zuhört.
Ja, dem stimme ich zu. Bin selbst immer noch total fasziniert... Es ist ja auch eine Art "Gericht" im Namen Gottes, wenn man andere als Gesprächspartner kategorisch ablehnt, weil sie nicht denselben Glauben vertreten, bzw gar keinen haben, und ihnen damit die Kompetenz und der Wert abgesprochen wird.

Du hast schon vor längerer Zeit geschrieben, dass du dich nicht als Christin siehst und seither habe ich dich ebenfalls nicht mehr so eingeordnet.

Ruth hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 13:11
Die meisten, welche über Religion oder Nichtreligion reden oder schreiben reagieren nur auf Stichworte zu Reizthemen, um diese als Vorlage zu benutzen, die eigene Meinung zu deklarieren ... oder um einfach zu provozieren
Das ist mir an mir selbst an der einen oder anderen Stelle auch aufgefallen. 😳

SilverBullet
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#44 Re: "Gericht" im Namen Gottes - was bedeutet das ?

Beitrag von SilverBullet » Sa 5. Dez 2020, 19:54

SamuelB hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 18:06
Ruth hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 13:11
Der Punkt, warum wir nie einen Punkt finden, ist der, dass selten jemand, so wie SilverBullet es tut, andersdenkenden mal zuhört.
Ja, dem stimme ich zu. Bin selbst immer noch total fasziniert...
"OK, meine Bäckchen sind jetzt rot und ob ich heute Nacht schlafen kann, ist noch offen" :-)

Ich würde sagen, die Hälfte eines zuhörenden und akzeptierenden Verhaltens geht auf das Konto (die Qualität) des anderen Gesprächspartners, also von dem, dem man letztlich zuhört.
Wenn jemand ankündigt, zwar über seinen Glauben zu sprechen, aber die Aussagen nur für ihn gelten sollen, dann ist das (aus meiner Sicht) ein Waffenstillstandsangebot, das das Zuhören letztlich ermöglicht.
Also genau das, was man vielleicht auf die Schnelle als Schwäche ansehen könnte, setzt sich am Ende durch (bei mir auf jeden Fall).
Zuhören ist dann relativ einfach, aber eine Antwortreaktion, bei der man die Ansichten des anderen wiederum stehen lässt, ist nicht einfach und ich bin mir sicher, hier viele Fehler zu machen und oft die Toleranz und das Wohlwollen des Anderen zu strapazieren.

Sobald es also zu einem relativ harmonischen Austausch kommt, dann sind beide Seiten "Schuld" daran, beide müssen es wollen und Aussagen annehmen, manchmal vielleicht sogar mehr, als es die eigene sonst Grenze zulässt (einfach um den Anderen zu achten).

"Ruth" und meine anderen Gesprächspartner (dieser Art) machen da einen tollen Job.

SamuelB hat geschrieben:
Sa 5. Dez 2020, 18:06
Es ist ja auch eine Art "Gericht" im Namen Gottes, wenn man andere als Gesprächspartner kategorisch ablehnt, weil sie nicht denselben Glauben vertreten, bzw gar keinen haben, und ihnen damit die Kompetenz und der Wert abgesprochen wird.
Stimmt, das ist ein unmittelbares "Gericht" und es ist obendrein ein psychologisches Gesellschaftsspielchen (-> "Mobbing").

Wenn ich mir nun einen meiner guten Gesprächspartner (von oben - "das gilt nur für mich") in so einer Situation vorstelle,
dann muss dies ein bedrückender Schlag sein, wenn man so direkt abgelehnt wird, obwohl doch eigentlich gar kein Angriff vorliegt.
Umso bewundernswerter ist es, wenn sich derart Getroffene nicht nachhaltig verändern, sondern es weiterhin für richtig halten, dass ihre Aussagen nur für sie gelten sollen.

Das ist dann Top-Qualität und es darf gestaunt werden...

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