Punch hat geschrieben: ↑Sa 21. Dez 2019, 09:17Was wäre das Christentum ohne diese extreme Negativ-Theologie von Hölle und Teufel, ein Rumpfgebiilde ohne Feindbild, womit sollte man dann noch die Menschen ängstigen und erpressen. Eine Christentum ohne tägliche Tatarenmeldung aus der Hölle, das brächte die Höllenproheten in Nah und Fern wohl um ihr täglich Brot.
Am Anfang steht immer ein Religionsgründer, der tatsächlich einige Erkenntnisse in welcher Form auch entwickelte oder erhielt. Oftmals auch sehr sympathische Dinge, bei denen man beim Lesen schnell und oft ein tolles Heureka-Erlebnis hat. Dann kommt im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte die "Institutionalisierung" der neuen Religion mit den Machtfragen zur Erhaltung der bestehenden Strukturen. Dabei haben sich die Initatoren dieser Aktivitäten über die langen Zeiträume hinweg strategisch hocheffiziente Planungen einfallen lassen, die in ihrer Wirksamkeit und Komplexität faszinieren (nicht aber in Bezug auf ein Ringen nach höherer Wahrheit).
Ich denke aber, dass das Christentum heute in einem besseren Zustand ist als jemals zuvor. Es nimmt zwar zahlenmäßig ab (Mitgliederschwund), aber die Anschauungen sind durchschnittlich liberaler, toleranter (Ausnahmen durch Einzelpersonen und Gruppen gibt es immer) geworden. Vieles wird stärker hinterfragt von immer mehr Gläubigen, die dann aber einen dogmatisch stärkeren Glauben ohne die "Enge des Denkens" haben. Das hat viele Gründe. Im wesentlichen hat das Humanistische Denken unsere Gesellschaft und Kultur durchdrungen und dies wirkt auf die Ausgestaltung des Glaubens zurück. Gerade in Sachen Himmel und Hölle sowie einen letztlich rational unsympathisch wirkenden Gott der die Fäden in astral-faschistischer Weise zieht. Zum anderen ist die Gesellschaft durchwachsener von den verschiedenen Religionen und gesellschaftlichen Anschauungen, so dass man als Vertreter einer MInderheitskonfession oder einer anderen Religion in der Regel keine Angst mehr haben muss. Jedenfalls im Vergleich von vor einem halben Jahrhundert oder einem Jahrhundert und früher. Intolerante Fanatiker (Neonazis, Islamisten, usw.) gibt es, sie sind gefährlich und unangenehm. Sie bilden aber nicht unsere Gesellschaft ab (!) Und die obere Kirchenhierachie, die viele Jahrhunderte lang jegliche Kritik schon im Keime ersticken konnte, stellt sich dieser und veranlasst (öffentlich!) Veränderungen, z.b. bei den Sexskandalen oder bei der Mittelverwendung/Verschwendung.
In der Antike und im Mittelalter waren die kirchlichen Strategien hochdurchtrieben:
Als das Christentum im römischen Reich begann, war der MIthras-Kult die vorherrschende Religion in einem Mehrreligionen-Staat (solange man den Kaiser Kaiser sein ließ, klappte das auch). Heute kennt den Mithras-Kult kein Mensch mehr. Das waren militärische und propagandistische Aktionen die dafür veranwortlich waren: Die Tempel wurden platt gemacht (manchmal auch Kirchen draufgestellt), so dass man von den nichts findet. Die Priester wurden ihrem Schöpfer übestellt. Und das heilige Tier des Kultes, der Ochse, wurde mit seinen Hörnern zum Teufel mit den Hörnern. Während man ein gehörntes Teufelsbild in der Bibel wohl nicht finden dürfte.
Betriebswirtschaftlich gesehen erreichte die Kirche(n) geradezu Idealzustände:
Ein Markt bei dem die Nachfrage von allen Menschen kommen muss (jeder ist Sünder und benötigt das Opfer Jesu). Auf der Angebotsseite gibt es dann nur die eine Kirche. Ein weltweites Monopol. Das ist ja genau geregelt, so dass z.B. Weihwasser nur "hergestellt" werden kann von einem Priester, der geweiht worden ist von einem Bischof, dessen Vorgesetzter dann irgendwann vom Papst installiert wurde. Also die Konkurrenz ist da schon einmal draußen im Kreise der Produzenten. Und die Herstellungskosten des Weihwassers tendiert zu Null. Nachschub- und Versorgungsengpässe wohl nie zu erwarten.
Gesellschaftliche Massen erreicht man tatsächlich am besten über Angst. Da waren irdische wie kirchliche Herrscher sehr ähnlich in der Instrumentaliserung des Horrors. Nicht selten arbeiteten sie ja eng zusammen. Theologisch extrem holperig, aber für die Schatztruhen der Organisation sehr sinnvoll: der Ablasshandel. Da wurde dann die Hölle erst so richtig schön ausgemalt. Und die am längsten wirkenden Höllenvorstellungen (teils bis heute) gehen nicht auf die Bibel zurück, sondern auf den Dichter Dante im 14. Jahrhundert (und die Maler, die sich dessen annahmen).
Das geht so weiter mit genügend "Beispielen", mit denen man Bücher füllen könnte.
Achja, Punch: danke für das Kompliment in Deinem letzten Beitrag.