Gottes Wille/Plan

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Naqual
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#11 Re: Gottes Wille/Plan

Beitrag von Naqual » Di 10. Dez 2019, 20:22

Gott ist im Ganzen. Mensch ist ein Detail. Wenn der einzelne Mensch zu sich selbst ehrlich ist, weiß er, dass er sich selbst sogar im Zentrum sieht (das Einräumen dieses eigentlich einfaches Sachverhalts wird nur über unsere gesellschaftliche und religiöse Konditionierung verdrängt). Kein Wunder, er nimmt ja auch von hier aus seine Umwelt über seine Sinnesorgane wahr und interpretiert diese von hier aus. Diese Selbstzentriertheit war und ist Voraussetzung für das zumindest biologische Überleben.

Auf unterster Ebene ist der vereinzelte Mensch im Konflikt mit dem Familienverband (oder dem "Klan", oder irgendeine enge Gemeinschaft). Hier wird dem vereinzelten beigebracht, Teil eines Ganzen zu sein, zumindest "auch" für das Ganze zu funktionieren und da zu sein. Auf diese Art sozialisiert, empfindet sich der einzelne in einem "wir", das ihn definiert und formt. Aber auch diese Gruppe ist wiederum Teil eines größeren Ganzen, z.B. eines Landes. Auf jeder Ebene gibt es eigene "Egoismen": auf unterster Ebene der vereinzelte Egoist (der gleichwohl spürt dass er andere braucht um sich Wohlzufühlen, einen Sinn zu haben etc.), dann z.B. eine lokale Schlägergruppe, die im Stadtteil um die Vorherrschaft kämpft. Oder schließlich auf nationaler Ebene ein Gruppenegoismus, z.b. im Moment aktuell über dem Ozean das "America first".
In Gott - da dann die oberste Ebene im alles umfassenden Ganzen vereint ist, entfallen diese Egoismen. Der Wille ist auf das Ganze ausgerichtet.

In diesem Bild haben wir dann zwei Probleme:
a) es ist aufgrund räumlicher, zeitlicher und komplexer Einflüsse nicht möglich alles zu überblicken. Es fällt einem viel Wissen. Der Wille Gottes wird damit eine strukturell und immanent vorhandene Überforderung des einzelnen Menschen. Dies kann man eigentlich nur lindern. Also "ein wenig vom Willen Gottes verstehen".
b) der einzelne Mensch kann nicht einfach im Ganzen abstrakt sich befinden und sich darauf ausrichten, er muss in ganz starkem Maße auch als einzelner in einer Umwelt funktionieren. z.B. er muss sich selbst lieben, in seinem Nahumfeld funktionieren um dies anderen zu Teil werden zu lassen. Im gleichen Maße muss er jedoch auch danach streben ein größeres Ganzes in einem "liebenden Auge" zu haben.

Der Wille Gottes ergibt sich aus der Liebe zum Ganzen. Das ist auch eine rationale Möglichkeit der Überprüfung. Wenn auch ebenfalls nicht perfekt und ebenfalls fehlerbehaftet. Aber diese Beschränkungen müssen wir auch akzeptieren. Wir können nicht vollkommen sein. Jedenfalls nicht in dieser Daseinsform. Und wer unbedingt Gott ganz nahe sein will in seinem religiösen Ehrgeiz möge bedenken: desto mehr würde er selbst nur noch für das umfassendste Ganze da sein und desto weniger für sich selbst. Und spätestens hier merkt man den Unterschied zwischen dem Willen Gottes und dem des vereinzelten Menschen.

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lovetrail
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#12 Re: Gottes Wille/Plan

Beitrag von lovetrail » Di 10. Dez 2019, 20:23

Ruth hat geschrieben:
Di 10. Dez 2019, 19:13
Selbst wenn man alle Vorgaben, die Jesus im zwischenmenschlichen Miteinander gepredigt hat, glaubt zu erfüllen, kann man falsch liegen, wenn man glaubt, das was man tut, sei Gottes Willen.
Hm, wie meinst du das konkret? Also Nächstenliebe ist sicher Gottes Wille. Die Frage ist halt, wie das dann genau aussehen kann/soll.

Und umgekehrt ebenso: wenn jemand nach außen zeigt, dass er nicht die typische Art des Umgangs miteinander zeigt, kann man nahe dran am Willen Gottes sein. Es ist einfach immer wieder neu gut, hinzuhören, was Gott einem mitteilt, wenn man nach seinem Willen fragen will.
Klar, da ist ja auch jeder ein wenig anders drauf. Der eine weicher, der andere rauer. Letztendlich gehts um die Herzenseinstellung und um die Bereitschaft auch etwas von sich hinzugeben.

LG
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Tree of life
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#13 Re: Gottes Wille/Plan

Beitrag von Tree of life » Di 10. Dez 2019, 21:48

Naqual hat geschrieben:
Di 10. Dez 2019, 20:22
z.B. er muss sich selbst lieben,
Ich hab mit dieser Aussage so meine Schwierigkeiten - > sich selbst lieben

Hab da Bilder vor meinem "geistigem" Auge
Steh vor dem Spiegel: Man xxx, heute siehste aber wieder gut aus, ich könnt mich in dich verlieben
Oder lobe mich für etwas: Wow, xxx das haste heute aber wieder toll hinbekommen, was für ne klasse Frau ich doch bin
Jemand sagt: Eigenlob stinkt außerdem bist du eitel(selbstverliebt)
Ich sage : Nö, das nennt man starkes Selbstbewusstsein....

Upps, hab ich doch was falsch verstanden?

Ok, was ist dann "sich selbst lieben?
Sich selber so annehmen können, wie man nun mal ist?
Und das mache ich mit andren dann auch, egal wie sie sind?
Ist das dann Nächstenliebe?

Ruth
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#14 Re: Gottes Wille/Plan

Beitrag von Ruth » Di 10. Dez 2019, 22:19

lovetrail hat geschrieben:
Di 10. Dez 2019, 20:23
Ruth hat geschrieben:
Di 10. Dez 2019, 19:13
Selbst wenn man alle Vorgaben, die Jesus im zwischenmenschlichen Miteinander gepredigt hat, glaubt zu erfüllen, kann man falsch liegen, wenn man glaubt, das was man tut, sei Gottes Willen.
Hm, wie meinst du das konkret? Also Nächstenliebe ist sicher Gottes Wille. Die Frage ist halt, wie das dann genau aussehen kann/soll.

Beispiel: wenn mehrere Menschen zusammentreffen, die sich gegenseitig etwas Gutes tun wollen. Was denn Gutes sein soll, bestimmt der Täter, nach dem eigenen Maßstab und Empfinden. Der Empfänger der guten Tat kann das, was man ihm scheinbar Gutes tut, ganz anders einordnen - bis hin zum Gegenteil.

Wenn man dem Nächsten lieben will, erfordert es, dass man ihn (den Nächsten) anschaut, ihm zuhört, und versucht, festzustellen, was dieser als "Gutes" empfinden würde, was er gerade braucht sowie gar nicht brauchen kann.

Spice
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#15 Re: Gottes Wille/Plan

Beitrag von Spice » Mi 11. Dez 2019, 07:56

@ Naqual. Guter Beitrag!

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#16 Re: Gottes Wille/Plan

Beitrag von Spice » Mi 11. Dez 2019, 08:03

Ruth hat geschrieben:
Di 10. Dez 2019, 22:19
Beispiel: wenn mehrere Menschen zusammentreffen, die sich gegenseitig etwas Gutes tun wollen. Was denn Gutes sein soll, bestimmt der Täter, nach dem eigenen Maßstab und Empfinden. Der Empfänger der guten Tat kann das, was man ihm scheinbar Gutes tut, ganz anders einordnen - bis hin zum Gegenteil.

Wenn man dem Nächsten lieben will, erfordert es, dass man ihn (den Nächsten) anschaut, ihm zuhört, und versucht, festzustellen, was dieser als "Gutes" empfinden würde, was er gerade braucht sowie gar nicht brauchen kann.

Beispiele aus dem Leben gegriffen. Eltern/Großeltern schenken oft zu Anlässen wie Weihnachten den Kindern viel und teure Geschenke. Auch wenn sich die Kinder für den ersten Moment freuen tun sie da ganz gewiss nichts Gutes für ihre Entwicklung.

Eine Kirchgemeinde, von einem charismatischen Pfarrer geleitet, sammelte Geld um einer einsamen Rentnerin einen Fernseher zu kaufen. Ob das Gottes Wille ist, kann man fragen. Denn er hat ganz gewiss kein Interesse daran, dass wir uns mit oberflächlichen und fragwürdigen Filmchen die Zeit totschlagen. Als Christin bringt man die Zeit sicher besser mit Kontemplieren, Meditieren zu und Gemeindeglieder hätten sich vielleicht besser entschließen können, sie öfter zu besuchen, damit sie nicht so einsam ist.

Spice
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#17 Re: Gottes Wille/Plan

Beitrag von Spice » Mi 11. Dez 2019, 08:07

Naqual hat geschrieben:
Di 10. Dez 2019, 20:22
Und wer unbedingt Gott ganz nahe sein will in seinem religiösen Ehrgeiz möge bedenken: desto mehr würde er selbst nur noch für das umfassendste Ganze da sein und desto weniger für sich selbst. Und spätestens hier merkt man den Unterschied zwischen dem Willen Gottes und dem des vereinzelten Menschen.

Am besten tun den Willen Gottes nicht die Evangelisten, Missionare und Prediger, sondern die Menschen, die in der Heiligung leben, d.h. sich verwandeln lassen, sodass das neue Leben aus Gott an ihnen sichtbar wird und sie andere lehren können, wie man wahrhaft heilig, d.h. ganz in allem Unheil der Welt wird.

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#18 Re: Gottes Wille/Plan

Beitrag von lovetrail » Mi 11. Dez 2019, 09:27

Ruth hat geschrieben:
Di 10. Dez 2019, 22:19
Wenn man dem Nächsten lieben will, erfordert es, dass man ihn (den Nächsten) anschaut, ihm zuhört, und versucht, festzustellen, was dieser als "Gutes" empfinden würde, was er gerade braucht sowie gar nicht brauchen kann.
Ja das sehe ich auch so. Du könntest also kontern mit : "Es ist (auch) der Wille Gottes dem anderen zuzuhören und herauszufinden was er/sie brauchen könne."

Jetzt brauchen wir noch eine Bibelstelle dazu und dann steht das "Ding" felsenfest :-)

LG
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#19 Re: Gottes Wille/Plan

Beitrag von lovetrail » Mi 11. Dez 2019, 09:30

Spice hat geschrieben:
Mi 11. Dez 2019, 08:03
Als Christin bringt man die Zeit sicher besser mit Kontemplieren, Meditieren zu ...
Fällt es dir eigentlich schwer vom Beten zu sprechen?

...und war nun eine Witwe von vierundachtzig Jahren; die wich nicht vom Tempel und diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht. (Lk.2,37. Lut.)

Das ist aber eine rechte Witwe, die alleinsteht, die ihre Hoffnung auf Gott setzt und beharrlich fleht und betet Tag und Nacht. Eine aber, die ausschweifend lebt, ist lebendig tot. (1. Tim.5,5-6. Lut.)

LG
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#20 Re: Gottes Wille/Plan

Beitrag von Ruth » Mi 11. Dez 2019, 10:25

Naqual hat geschrieben:
Di 10. Dez 2019, 20:22
Gott ist im Ganzen.
Naqual hat geschrieben:
Di 10. Dez 2019, 20:22
Der Wille Gottes ergibt sich aus der Liebe zum Ganzen.

👍 ... dein Beitrag ist sehr anschaulich ... ich habe einfach mal zwei Kernaussagen zitiert, die mich an den Vergleich mit einem Meer (Gott) und den einzelnen Tropfen (Menschen) erinnert.

Den Vergleich kann ich persönlich am besten nachvollziehen: Das Meer, welches die einzelnen Tropfen über die verzweigten Flussarme aussendet und an anderer Stelle wieder im großen Ganzen zusammenfließen lässt.

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