Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Rund um Bibel und Glaube
Roland
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#1491 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Roland » Sa 28. Sep 2019, 11:06

Münek hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 03:02
Warum sollte sich ein Dokument der "Päpstlichen Bibelkommission" in Widerspruch zu Auffassungen der katholischen Kirche setzen? Allein dieser Gedanke ist absurd.
Der Gedanke ist zwar absurd, da hast du recht. Es ist aber so! In ihrem Dokument "Die Interpretation der Bibel in der Kirche" relativiert die von der HKM gekaperte "Päpstliche Bibelkommission" das Wort Gottes:

"Der Fundamentalismus (…) weigert sich zuzugeben, daß das inspirierte Wort Gottes in menschlicher Sprache ausgedrückt und unter göttlicher Inspiration von menschlichen Autoren niedergeschrieben wurde, deren Fähigkeiten und Mittel beschränkt waren. Er hat deshalb die Tendenz, den biblischen Text so zu behandeln, als ob er vom Heiligen Geist wortwörtlich diktiert worden wäre. Er sieht nicht, daß das Wort Gottes in einer Sprache und in einem Stil formuliert worden ist, die durch die jeweilige Epoche der Texte bedingt sind. Er schenkt den literarischen Gattungen und der menschlichen Denkart, wie sie in den biblischen Texten vorliegen, keinerlei Beachtung, obschon sie Frucht einer sich über mehrere Zeitepochen erstreckenden Erarbeitung sind und Spuren ganz verschiedener historischer Situationen tragen."

Alles ist also relativ und muss von der HKM in "gültig" oder "nicht gültig", "authentisch" oder "nicht authentisch" , "Gottes Wort" oder "zeitbedingte, menschliche Erarbeitung" seziert werden.

Ganz anders der Katechismus der Katholische Kirche :

"Die inspirierten Bücher lehren die Wahrheit: Da also all das, was die inspirierten Verfasser oder Hagiographen aussagen, als vom Heiligen Geist ausgesagt gelten muß, ist von den Büchern der Schrift zu bekennen, dass sie sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte." ( KKK 107)

Klarer kann ein Widerspruch gar nicht sein.
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
"Der Glaube an die Wissenschaft spielt die Rolle der herrschenden Religion unserer Zeit." C. F. v. Weizsäcker

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sven23
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#1492 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von sven23 » Sa 28. Sep 2019, 11:21

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 10:01
Münek hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 03:02
Warum sollte sich ein Dokument der "Päpstlichen Bibelkommission" in Widerspruch zu Auffassungen der katholischen Kirche setzen? Allein dieser Gedanke ist absurd.
Man gewöhnt sich dran.
Es gibt nun mal den Konflikt zwischen wissenschaftlicher Exegese und Dogmatik.

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 10:01
Münek hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 03:02
Mit geistlicher Auslegung hat sie nichts am Hut. Wie oft muss ich das eigentlich noch betonen?
Noch möglichst oft. - Weil Du bei jeder Gelegenheit dagegen verstößt. - Ist Dir klar, dass "Jesus irrte sich" zum Sensus spiritualis gehört?
Nein, das behaupten nur die Glaubensideologen wie closs.
Die Forschung ist sich einig, dass die Naherwartung zur zentralen Botschaft in Jesu Verkündigung gehörte, ebenso wie bei seinem Vorbild und Lehrer Johannes dem Täufer, der als Endzeitprophet und jüdischer Apokalyptiker ähnlich unterwegs war wie Jesus.
Davon zu unterscheiden sind die posthumen Umdeutungsversuche, die seinen Irrtum kaschieren sollten.

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 10:01
Münek hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 03:02
Die historisch-kritische Exegese bildet keine VORSTUFE für eine weitergehende Exegese.
In sich selbst ist sie natürlich geschlossen, aber aus Außensicht ist das zu wenig fürs Bibel-Verständnis - so war es gemeint.
Aus Sicht der Glaubensideologen ist das so, aber das ist komplett irrelevant.


closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 10:01
Münek hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 03:02
Wenn die HKE, wie von der Bibelkommission vorgegeben, die biblischen Texte in derselben Art und Weise auslegt wie andere Texte der Antike auch, handelt sie selbstverständlich APRIORIFREI. Ansonsten würde sich die Kommission mit ihrer Vorgabe widersprechen.

Dass Du diese simple Tatsache nicht schnallst, ist mir ein Rätsel.
Schiebe Diene Schwächen nicht schon wieder auf mich.
Münek ist hier absolut zuzustimmen. Der Widerspruch wäre offensichtlich.

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 10:01
--- Solange diese Untersuchung im Rahmen der Methodenschritte stattfindet, ja. - Aber tut sie das?
Definitiv.

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 10:01
Münek hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 03:02
Erkennst Du Dich wieder?
Ich erkenne mich eher in Sisyphos wieder. - Wo die Grenzlinie von Literalismus und interpretierendem Sensus literalis ist, kann man diskutieren - hier geht es darum, dass eine Auslegung apriorisch ist, sobald sie über den reinen Wortsinn hinausgeht.

Sensus literalis ist der "buchstäbliche Wortsinn. Denn die Schrift hat nur einen wörtlichen bzw. Literalsinn (sensus literalis), der unterschiedlich angewendet werden kann. Es ist immer herauszufinden, was an der jeweiligen Stelle als Wortsinn zu verstehen ist". (I.Gassmann)
Ja und? Das reicht doch vollkommen, um wissenschaftlichen Ansprüchen zu genügen.
Was Glaubensideologen sonst noch hineininterpretieren ist deren persönliches Hobby. So kommt man dann eben zu 40000 Konfessionen, die ja laut closs alle gleich wahr sind. :lol:

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 10:01
Auch da kann man diskutieren, inwieweit das interpretativ sein kann - aber dann haben wir den nächsten Nebenkriegsschauplatz. - Machen wir es mal einfach: Der Kommission geht es darum, dass die HKM nur auf reiner Sachebene tätig ist und nicht DInge interpretiert, die spirituell falsch sein können. - Und dann bleibt halt nur oder nicht viel mehr als der Methodenschritten-Katalog.
Der Kommission und vor allem closs geht es vielmehr darum, dass die Forschung keine Aussagen macht, die der Glaubensideologie der Kirche widerprechen.
Es liegt aber in der Natur der Sache, dass die historische Jesusforschung Aussagen zu Jesus und seiner Glaubenswelt macht. Ob das den Glaubensideologen gefällt oder nicht, ist komplett irrelevant.
Der Theologe Lindemann sagt nicht ohne Grund, dass der historische Jesus dem Glauben im Weg ist. Der kirchlich verkündete Jesus ist ein komplettes Produkt kirchlicher Glaubensideologie.



closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 10:01
Münek hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 03:02
Was die Interpretation des Begriffs "Reich Gottes/Gottesherrschaft" betrifft, hatte und hat die HKE keine Vorannahmen.
NAtürlich hat sie das. - Sie meint, dass ihre Methodik im Gegensatz zu theologischen Methoden das Gelbe vom Ei ist, was die historische Wahrheit Jesu angeht. - Mit dieser Vorannahme irrt sie, weil das, was Jesus geistig gemeint und gesagt hat, in der Geschichte stattfindet, also Teil der Historie ist und komplett anders interpretiert werden kann, als es die HKM tut.
Nein, es kann nur dann komplett anders interpretiert werden, wenn man die Quellen über Bord wirft (die ja angeblich göttich inspiriert und irrtumsfrei sind) und alle wissenschaftlichen Ansprüche fallen läßt.
Das hat dann aber nichts mehr mit ergebnisoffener wissenschaftlicher Forschung zu tun, sondern ist reine Glaubensidelogie.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#1493 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 28. Sep 2019, 14:42

sven23 hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 11:21
Es gibt nun mal den Konflikt zwischen wissenschaftlicher Exegese und Dogmatik.
Zwischen HKM-Exegese und Dogmatik ist das sicherlich so - aber vergiss nicht: Auch Dogmen sind geisteswissenschaftlich begründbar.

sven23 hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 11:21
das behaupten nur die Glaubensideologen wie closs.
Dir ist nicht bewusst, dass Du viel glaubensideologischer bist als ich - deshalb kommst Du ständig auf dieses Thema und projezierst es auch mich. - Das ist eher eine Sache für Psychotherapie als für eine wissenschafts-hermeneutische Diskusssion.

sven23 hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 11:21
Münek ist hier absolut zuzustimmen.
Das kannst Du ja - aber es muss klar sein, dass Eure Interpreten-Intentionen ganz andere sind als die Verfasser-Intention der Kommission.

sven23 hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 11:21
closs hat geschrieben: ↑
Sa 28. Sep 2019, 10:01
--- Solange diese Untersuchung im Rahmen der Methodenschritte stattfindet, ja. - Aber tut sie das?

Definitiv.
"Jesus irrte sich" (statt "Der Verfasser glaubt, dass sich Jesus irrt") ist eine streng hermeneutisch-interpretative Aussage ("Kontaminierung") jenseits der Methodenschritte.

sven23 hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 11:21
Das reicht doch vollkommen, um wissenschaftlichen Ansprüchen zu genügen.
Das schon - aber das soll doch kein Selbstzweck sein - es geht doch auch darum, ob damit den Ansprüchen der Wahrheit genügt wird.

sven23 hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 11:21
Es liegt aber in der Natur der Sache, dass die historische Jesusforschung Aussagen zu Jesus und seiner Glaubenswelt macht. Ob das den Glaubensideologen gefällt oder nicht, ist komplett irrelevant.
Das darf es ja für die HKM sein - aber dann ist es nicht mehr apriorifrei, sondern hermeneutisch aufgeladen durch Aprioris.

sven23 hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 11:21
es kann nur dann komplett anders interpretiert werden, wenn man die Quellen über Bord wirft
Fundamental falsch - wir stehen immer noch am Anfang.

closs
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#1494 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 28. Sep 2019, 14:45

Roland hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 11:06
Alles ist also relativ und muss von der HKM in "gültig" oder "nicht gültig", "authentisch" oder "nicht authentisch" , "Gottes Wort" oder "zeitbedingte, menschliche Erarbeitung" seziert werden.
Nein - da verstehst Du die Raffinesse des Textes nicht ganz richtig. - Sei beruhigt: Die Kommisssion ist hier streng katholisch und versucht, die HKM an deren eigenen Grundlagen zu packen. - Mit "Fundamentalismus" meint die Kommisssion nicht die katholische Fundamental-Theologie, sondern literalistisch auslegende Denominationen.

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#1495 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Roland » Sa 28. Sep 2019, 18:12

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 14:45
Roland hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 11:06
Alles ist also relativ und muss von der HKM in "gültig" oder "nicht gültig", "authentisch" oder "nicht authentisch" , "Gottes Wort" oder "zeitbedingte, menschliche Erarbeitung" seziert werden.
Nein - da verstehst Du die Raffinesse des Textes nicht ganz richtig. - Sei beruhigt: Die Kommisssion ist hier streng katholisch und versucht, die HKM an deren eigenen Grundlagen zu packen. - Mit "Fundamentalismus" meint die Kommisssion nicht die katholische Fundamental-Theologie, sondern literalistisch auslegende Denominationen.
Aber du erkennst schon den Unterschied zwischen einer Sicht der biblischen Texte, nach der diese"…von menschlichen Autoren niedergeschrieben wurde, deren Fähigkeiten und Mittel beschränkt waren…", nachder diese "… durch die jeweilige Epoche der Texte bedingt sind", nachder diese die "Frucht einer sich über mehrere Zeitepochen erstreckenden Erarbeitung sind und Spuren ganz verschiedener historischer Situationen tragen." (Bibelkommission)
und dem Katholischen Katechismus, der die Bibel "als die Wahrheit", als "vom Heiligen Geist ausgesagt", als "sicher, getreu und ohne Irrtum" aufgezeichnet ansieht?
"Die messbare Seite der Welt ist nicht die Welt. Sie ist die messbare Seite der Welt." Martin Seel
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#1496 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 28. Sep 2019, 19:24

Roland hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 18:12
Aber du erkennst schon den Unterschied zwischen einer Sicht der biblischen Texte, nach der diese"…von menschlichen Autoren niedergeschrieben wurde, deren Fähigkeiten und Mittel beschränkt waren…", nachder diese "… durch die jeweilige Epoche der Texte bedingt sind", nachder diese die "Frucht einer sich über mehrere Zeitepochen erstreckenden Erarbeitung sind und Spuren ganz verschiedener historischer Situationen tragen." (Bibelkommission)
und dem Katholischen Katechismus, der die Bibel "als die Wahrheit", als "vom Heiligen Geist ausgesagt", als "sicher, getreu und ohne Irrtum" aufgezeichnet ansieht?
Das Eine widerspricht nicht dem Anderen. - Wenn Gott beschließt, dass der Heilige Geist sich durch den Menschen in seiner Sicht äußert, also nicht nur Informations-Vermittlung macht, sondern heilsgeschichtliche Entwicklung mitliefert, kann das, was hinter menschlicher Äußerung der Texte steht, immer noch "sicher, getreu und ohne Irrtum" sein.

Um es etwas konkreter zu machen: Auch mir passiert es gelegentlich, dass ich die geistige Intention eines Textes verstehe, weil sie einfach beim Lesen schwingt, aber mir gleichzeitig denke, dass der Autor dabei irgendwie gewackelt hat, weil er selber noch nicht so weit ist. --- Wir haben ganz verschiedene Verständnis-Ebenen:

1) Was meint Gott?
2) Was meint der Autor?
3) Was meint ein Akteur (meinetwegen Abraham, David, etc.), über den der Autor schreibt.

Da sind unterschiedlichste Antworten möglich. ---- Sagen wir es mal so: Der KKK ist ein Medium der Verkündigungssprache, in der solche Gedanken keine Rolle spielen können (wer vom "Volk" soll das verstehen?). - Die Kommission ist ein Medium für fundamentale Grundsatzfragen auf höchstem wissenschaftlichen und philosophischem Niveau - da spricht man auf ganz anderer Ebene.

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Thaddaeus
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#1497 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Thaddaeus » Sa 28. Sep 2019, 21:10

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 19:24
Das Eine widerspricht nicht dem Anderen. - Wenn Gott beschließt, dass der Heilige Geist sich durch den Menschen in seiner Sicht äußert, also nicht nur Informations-Vermittlung macht, sondern heilsgeschichtliche Entwicklung mitliefert, kann das, was hinter menschlicher Äußerung der Texte steht, immer noch "sicher, getreu und ohne Irrtum" sein.
Nein, das kann es ganz sicher nicht.
Die Überlieferungsbrüche, Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten in zahlreichen parallel überlieferten, biblischen Erzählungen ist derart eklatant, dass der heilige Geist ein rechter Wirrkopf sein müsste, wäre er dafür verantwortlich zu machen. Die historisch-kritische Analyse vermag freilich zu erklären, wie es zu diesen Überlieferungsbrüchen, Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten kommen kann, wenn menschliche Autoren am Werke sind.

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 19:24
Die Kommission ist ein Medium für fundamentale Grundsatzfragen auf höchstem wissenschaftlichen und philosophischem Niveau - da spricht man auf ganz anderer Ebene.

:lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol:

Tut mir Leid, aber das ist eine derart kurios-lustige Ansicht über "Die Kommission", dass ich gar nicht genug Schenkel habe, um mir vor aufrichtigem Lachen darauf zu klopfen! :lol: :lol: :lol:

"Auf höchstem wissenschaftlichen und philosophischem Niveau"??? Ich weiß nicht, welchen Stoff du dir reinziehst, aber er muss verdammt gut sein, um zu dieser Diagnose zu gelangen ...

Philosophisch gibt es nicht einmal eine ernsthafte Auseinandersetzung mit "Der Kommission", weil es keinem auch nur entfernt ernsthaften Philosophen gibt, der "Die Kommission" ernst nehmen würde. Und theologisch sieht das ehrlich gesagt nicht viel anders aus ... jedenfalls, wenn man die ernst zu nehmenden aktuellen Theologen als Maßstab nimmt ... :lol: :lol: :lol:

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#1498 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 28. Sep 2019, 21:42

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:10
closs hat geschrieben: ↑
Sa 28. Sep 2019, 19:24
Das Eine widerspricht nicht dem Anderen. - Wenn Gott beschließt, dass der Heilige Geist sich durch den Menschen in seiner Sicht äußert, also nicht nur Informations-Vermittlung macht, sondern heilsgeschichtliche Entwicklung mitliefert, kann das, was hinter menschlicher Äußerung der Texte steht, immer noch "sicher, getreu und ohne Irrtum" sein.

Nein, das kann es ganz sicher nicht.
Woher willst Du das wissen? - Bist Du die Heilige Geistin ("Ruah") höchstselbst?

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:10
Die Überlieferungsbrüche, Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten in zahlreichen parallel überlieferten, biblischen Erzählungen ist derart eklatant, dass der heilige Geist ein rechter Wirrkopf sein müsste, wäre er dafür verantwortlich zu machen.
Er wäre doch nicht für die Art der menschlichen Darstellung verantwortlich - meine Aussage war aus gutem Grund "was hinter menschlicher Äußerung der Texte steht".

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:10
Die historisch-kritische Analyse vermag freilich zu erklären, wie es zu diesen Überlieferungsbrüchen, Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten kommen kann, wenn menschliche Autoren am Werke sind.
Das ist ja ihre Aufgabe und das macht sie gut - aber damit ist das Ding nicht gegessen.

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:10
:lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol: :lol:

Tut mir Leid, aber das ist eine derart kurios-lustige Ansicht über "Die Kommission", dass ich gar nicht genug Schenkel habe, um mir vor aufrichtigem Lachen darauf zu klopfen! :lol: :lol:
Dann sollte man Dir das gönnen. :D

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:10
Ich weiß nicht, welchen Stoff du dir reinziehst, aber er muss verdammt gut sein, um zu dieser Diagnose zu gelangen ...
Zum Thema war es "Die Interpretation der Bibel in der Kirche (15. April 1993)". - Du wirst nicht mit allem einverstanden sein, aber es ist sehr gut und tief geschrieben.

Und wahrscheinlich liegt hier unser Problem: Du verstehst unter "Philosophie" und "Tiefe" möglicherweise etwas anderes als ich. - Würdest Du es als Beleidigung der heute vorherrschenden Philosophen bewerten, unterstellte man, dass sie gar nicht tiefgründig sein WOLLEN? - Oder würden sie einem solchen Befund gar nicht widersprechen und auf ihre systemische Kohärenz als Zielpunkt hinweisen?

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:10
Philosophisch gibt es nicht einmal eine ernsthafte Auseinandersetzung mit "Der Kommission", weil es keinem auch nur entfernt ernsthaften Philosophen gibt, der "Die Kommission" ernst nehmen würde. Und theologisch sieht das ehrlich gesagt nicht viel anders aus ... jedenfalls, wenn man die ernst zu nehmenden aktuellen Theologen als Maßstab nimmt ... :lol: :lol:
Kann es sein, dass Du "ernst genommene" Philosophen/Theologen verallgemeinerst aus "von DIR ernst genommenen" Philosophen/Theologen? - Oder einfach das Majoritäts-Prinzip anwendest?

Das Mindesteste, was man konstatieren kann, ist wohl, dass hier zwei Karawanen in verschiedene Richtungen weiterziehen.

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Thaddaeus
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#1499 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Thaddaeus » Sa 28. Sep 2019, 22:11

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:42
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:10
closs hat geschrieben: ↑
Sa 28. Sep 2019, 19:24
Das Eine widerspricht nicht dem Anderen. - Wenn Gott beschließt, dass der Heilige Geist sich durch den Menschen in seiner Sicht äußert, also nicht nur Informations-Vermittlung macht, sondern heilsgeschichtliche Entwicklung mitliefert, kann das, was hinter menschlicher Äußerung der Texte steht, immer noch "sicher, getreu und ohne Irrtum" sein.

Nein, das kann es ganz sicher nicht.
Woher willst Du das wissen? - Bist Du die Heilige Geistin ("Ruah") höchstselbst?
Ich muss nicht der heilige Geist sein, um zu dieser Einsicht zu gelangen. Ich muss dafür nur annehmen, dass der heilige Geist kein wirrköpfiger Idiot ist, der nicht weiß, was er den Autoren der heiligen Schriften über seine Inspiration eingibt.

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:42
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:10
Die Überlieferungsbrüche, Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten in zahlreichen parallel überlieferten, biblischen Erzählungen ist derart eklatant, dass der heilige Geist ein rechter Wirrkopf sein müsste, wäre er dafür verantwortlich zu machen.
Er wäre doch nicht für die Art der menschlichen Darstellung verantwortlich - meine Aussage war aus gutem Grund "was hinter menschlicher Äußerung der Texte steht".
HINTER Überlieferungsbrüchen, Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten in den biblischen Erzählungen kann ausschließlich ein Wirrkopf stehen, dem das nicht auffällt. Jedenfalls dann, wenn man irrigerweise annimmt, es stünde ein und derselbe göttliche oder sonstwie heilige Geist dahinter als einziger Autor!
Nimmt man dagegen viele menschliche Autoren an, wie es ja auch tatsächlich der Fall ist, dann erklären sich diese Überlieferungsbrüche, Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten recht einfach und sehr menschlich.

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:42
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:10
Die historisch-kritische Analyse vermag freilich zu erklären, wie es zu diesen Überlieferungsbrüchen, Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten kommen kann, wenn menschliche Autoren am Werke sind.
Das ist ja ihre Aufgabe und das macht sie gut - aber damit ist das Ding nicht gegessen.
Doch, genau damit ist das Ding gegessen. Denn es gibt kein anderes "Ding", dass auch nur halb so gut erklären könnte.

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:42
Du verstehst unter "Philosophie" und "Tiefe" möglicherweise etwas anderes als ich. - Würdest Du es als Beleidigung der heute vorherrschenden Philosophen bewerten, unterstellte man, dass sie gar nicht tiefgründig sein WOLLEN?
Die philosophischen Analysen haben heute eine tiefe und Qualität erreicht wie niemals zuvor in der Philosophiegeschichte. Das hat einfach damit zu tun, dass die analytische Philosophie mit ihrer Forderung nach (logischer) Klarheit und Präzision der Gedanken und Argumente einen Maßstab gesetzt hat, hinter den niemand mehr zurück kann. Dabei geht es nicht etwa, wie du immer wieder fälschlich unterstellst, darum, ein bestimmtes Weltbild zu transportieren: es geht vielmehr darum, Problemstellungen so präzise wie möglich zu formulieren und Lösungen ebenfalls so präzise wie möglich und logisch stringent auszudrücken. Durch diesen Zwang zur Präzision schon in den Fragestellungen und noch viel mehr in den Lösungsvorschlägen, können unsauber, schlampig und rhetorisch effekthascherisch vorgetragene Argumente von vornherein aussortiert werden.

Es gibt keine Philosophen von Rang und Namen, die mit "Der Kommission" irgendeine Diskussion führen würde, die ihren Niederschlag in den philosophischen Fachzeitschriften finden würde. Und das ist der Maßstab für philosophische Relevanz in den aktuellen Debatten.
Wenn du anderer Ansicht bist, benenne die aktuellen Philosophen, die sich mit "Der Kommission" philosophisch ensthaft auseinandersetzen.

closs hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:42
Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 21:10
Philosophisch gibt es nicht einmal eine ernsthafte Auseinandersetzung mit "Der Kommission", weil es keinem auch nur entfernt ernsthaften Philosophen gibt, der "Die Kommission" ernst nehmen würde. Und theologisch sieht das ehrlich gesagt nicht viel anders aus ... jedenfalls, wenn man die ernst zu nehmenden aktuellen Theologen als Maßstab nimmt ... :lol: :lol:
Kann es sein, dass Du "ernst genommene" Philosophen/Theologen verallgemeinerst aus "von DIR ernst genommenen" Philosophen/Theologen? - Oder einfach das Majoritäts-Prinzip anwendest?
Nenne solche Philosophen/Theologen und ich sage dir, was ich von ihnen halte und warum.

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#1500 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Sa 28. Sep 2019, 22:54

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 22:11
HINTER Überlieferungsbrüchen, Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten in den biblischen Erzählungen kann ausschließlich ein Wirrkopf stehen, dem das nicht auffällt.
Das sagt Dir Deine Denkweise. - Halte es alternativ für möglich, dass in den Überlieferungen auch der heilsgeschichtliche Prozess des Erkennens in seiner Entwicklung abgebildet ist. - Wenn Du etwas Großes nur bruchstückhaft erkennst, heißt dies doch nicht, dass es deshalb nicht groß sein kann.

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 22:11
Doch, genau damit ist das Ding gegessen. Denn es gibt kein anderes "Ding", dass auch nur halb so gut erklären könnte.
Letzteres ist richtig: Die HKM hat ein wirklich gutes System, Dinge kohärent erklären zu können. - Damit ist das Erklären in der Tat gegessen - aber das Erklären ist doch nicht dasselbe wie "das Ding". - Das kann sich dadurch perfekt, gut, ausreichend, mangelhaft oder ungenügend getroffen sehen. - Eine Perspektive auf das Ding ist nicht das Ding.

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 22:11
Die philosophischen Analysen haben heute eine tiefe und Qualität erreicht wie niemals zuvor in der Philosophiegeschichte. Das hat einfach damit zu tun, dass die analytische Philosophie mit ihrer Forderung nach (logischer) Klarheit und Präzision der Gedanken und Argumente einen Maßstab gesetzt hat, hinter den niemand mehr zurück kann.
Zumindestens nicht auf dieser Schiene - das ist gewiss richtig. - Aber fällt Dir nicht auf, dass man damit komplett am "Ding" vorbei perfekt sein kann? - Mir fehlt der geistige Wurf.

Neulich hat in einer politischen Sendung mal eine EU-Funktionärin nebenbei gesagt, dass die Absicht x, die sich im Entwurf y widerspiegele, noch "verdeutscht" werden müsse - ein Wort, das tatsächlich in Brüssel verwendet wird, wenn eine Idee bis ins Letzte durchanalysiert wird, damit sie dann wasserdicht in einem Gesetzes-Text steht. - Wenn ich so in meinem Leben gedacht hätte, hätten wir weder Haus noch Kinder. - Das ist keine philosophische Aussage meinerseits - trotzdem fällt mir diese Anekdote in unserem Kontext ein.

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 22:11
Es gibt keine Philosophen von Rang und Namen, die mit "Der Kommission" irgendeine Diskussion führen würde, die ihren Niederschlag in den philosophischen Fachzeitschriften finden würde.
Das nehme ich Dir ab - aber was sagt das QUALITATIV zu den Inhalten, um die es jeweils geht? - Verfahrensmäßig glaube ich Dir viel - aber INHALTLICH.

Thaddaeus hat geschrieben:
Sa 28. Sep 2019, 22:11
Wenn du anderer Ansicht bist, benenne die aktuellen Philosophen, die sich mit "Der Kommission" philosophisch ensthaft auseinandersetzen.
Möglicherweise gibt es solche Berührungen gar nicht - wie gesagt: Da ziehen zwei Karawanen weiter. ---- Ich bedaure dies, da aus meiner Sicht Philosophie dort am besten ist, wo sie auch spirituell ist. - Aber diese Auffassung könnte zur Zeit out sein.

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