Travis hat geschrieben:Ruth hat geschrieben:Das Problem bei Gruppierungen, die auf diese EINE ganz speziele Gabe fixiert sind ist, dass sie verkündigen, dass diese Gabe für alle Gläubigen ein Beweis für den Empfang des Heiligen Geistes sei. Wer also nicht in Zungen beten kann, sei dann auch nicht wirklich ein Christ.
Zu Beginn der Pfingsbewegung war dies tatsächlich so. Allerdings lies sich dies von Anfang an weder theologisch noch phänomenologisch halten, weshalb heute in den allermeisten Ortsgemeinden (zumindest in Deutschland) niemand mehr so denkt.
Okay, dazu kann ich nicht viel sagen, da ich solche Gemeinschaft schon lange nicht mehr erlebt habe. Nur Mitglieder solcher Gemeinschaften kreuzen manchmal noch meinen Weg (u.a. auch in christl. Foren).
Vor vierzig Jahren war ich mal Büro-Mitarbeiterin einer Missionsgesellschaft, die Evangelisationen durchführte. Diese Missionsgesellschaft war NICHT pfingstlich geprägt - eher gegen die Praktiken der Pfingstler. Einmal durfte ich mit einer Gruppe zu solch einer Evangelisation in die Schweiz im Bus mitfahren. Dort hatte ich das erste Mal eine direkte Begegnung mit einem Pfingstler. Ein Mann kam nach Ende der Veranstaltung, als ein Teil von uns schon in den Bus gestiegen waren, mit einem Korb voller Brötchen (Weggli) in den Bus und verteilte diese unter die Leute. Er äußerte sich zunächst lobend über die Veranstaltung. Und plötzlich kehrte die Freundlichkeit ins Gegenteil um. Er schimpfte und drohte, dass wir nicht wirklich gläubig wären, weil wir das Wichtigste der Verkündigung vergessen hätten - nämlich die Zungenrede. - Ich erinnere mich nur noch, dass er so agressiv auftrat, dass er von zwei starken Männern aus dem Bus heraus gezerrt wurde. Das war also mein erster Eindruck von Menschen dieser Bewegung. Das hat sich mir natürlich eingeprägt und meine Meinung zu diesem Thema beeinflusst.
Aber du hast Recht - Menschen und die ganze Welt verändert sich. Das sollte man nie vergessen. Denn das ist es, was das Leben ausmacht: Veränderung, Bewegung...
Travis hat geschrieben:
Ruth hat geschrieben:Trotzdem kenne auch ich solche Momente, wo ich den Eindruck habe, in eine andere Sphäre versetzt zu werden - irgendwie näher zu Gott hingeführt.
Ich kenne Ortsgemeinden, die Dich nach solchen Aussagen in die befreiende Seelsroge geschickt hätten. Ich weiß, was Du meinst und werde Dir da nichts absprechen.
Ja, die kenne ich auch. Ich war die längere Zeit meines bisherigen Lebens in solchen Gemeinschaften und deshalb auch stark geprägt durch sie.
Heute bin ich, vielleicht gerade deshalb, weil ich früher so "dagegen erzogen" wurde, mir bewusst, dass direkte spürbare Eindrücke, die ich als Impulse von Gott einordne, für mich besondere Momente sind, in denen ich mich von Gott direkt berührt fühle. Diese Erfahrungen gehen für mich viel tiefer, als alle Lehrsätze und Dogmen zum Glauben. Ich würde sagen: sie treffen direkt ins Herz und sind dort so stark verankert, dass ich denke, niemand kann mich mehr davon abbringen, dass Gott mit mir ist und mich liebt - mich niemals loslässt.
In einem Moment, als ich mal den Eindruck hatte, dass mein ganzes Glaubensgerüst in sich zusammenfällt, habe ich mal Bilanz gezogen. Und genau diese Erfahrungen haben mir die Gewissheit gegeben, dass Gott im Leben von Menschen dabei ist.
Travis hat geschrieben:
Ruth hat geschrieben:Es sind solche Momente, wo die Probleme und Lasten des Alltags klein erscheinen, gegen die Herrlichkeit, die Gott zu bieten hat. In der Geschichte der Verklärung Jesu ist die Reaktion von Simon Petrus bezeichnend: "Lass uns Hütten bauen" (hier will ich bleiben)
Dieses Gefühl habe ich, wenn ich an die Parusie unseres Herrn denke.
Ja, das erlebe ich immer mal wieder, dass wenn man offen dafür ist, dass andere Menschen, die glauben, ganz andere Impulse von Gott bekommen, als ich, trotzdem aus der gleichen Quelle heraus leben und zum richtigen Ziel gelangen - ihr ganz persönliches Lebensziel.