
Die "Schlagzeile" wurde von mir bewusst etwas provokativ formuliert, um Aufmerksamkeit zu erregen. Dies ist ein beliebtes Stilmittel von Journalisten.
Ich will damit aber keinesfalls polarisieren, denn ich denke, dass die Exegese beides sein kann und in Teilen auch ist.
In diesem Thread werde ich mich im Wesendlichen auf das Buch "Die Bibelfälscher" von Klaus Berger stützen. Nicht, weil ich ein so größer Fan von Prof. Berger wäre, sondern einfach aus Notwendigkeit - jedenfalls kenne ich keinen anderen deutschsprachigen Exegeten, welcher die Exegese und damit auch die moderne Theologie kritisiert.
Ich selbst vermag gefühlte 60% von Bergers Ansichten zu beführworten. Insgesamt ist er mir doch etwas zu unkritisch, was die Beurteilung alter jüdisch-christlicher und christlich-gnostischer Schriften angeht, ferner empfinde ich ihn subjektiv als zu "konzervativ katholisch" (dagegen könnte man einwenden, dass ich nicht katholisch genug sei, was wohl dem Umstand geschuldet ist, dass ich kein Katholik bin).
Berger versteht sein Buch als ein "Appel zu einer Reformation ... der sogenannten historisch-krischen liberalen Exegese." (Seite 10)
Allen Interessierten bitte ich, einen Blick in Bergers Vorwort zu werfen und zwar insbesondere auf die 5. Seite (2. Seite des Vorwortes) und zwar den Absatz, der mit den Worten Beginnt: "Ich würde mich allerdings weigern," ... bis zu den Worten "ins 19. Jahrhundert zurückreich". Hier spielt Berger auf den Positivismus und somit auf eine Weltanschauung an, welche seiner Auffassung nach die "historisch-krische liberale Exegese" beeinflusste (immerhin ist er Insider).
Rainer Riesner setzt sich in diesem 14seitigen PDF-Dokument Gott, Glaube und Geschichte kritisch und differenziert mit Bergers Buch auseinander. Am Schluss sein Fazit:
4. Rückblick und Ausblick
Evangelische und katholische Exegese sollten die dringende Anfrage von Klaus Berger hören, ob sie nicht durch einen methodischen Atheismus die Glaubwürdigkeit des Neuen Testaments wie auch der christlichen Kirche zerstören und so dem wachsenden Atheismus in den westlichen Gesellschaften den Weg bereiten. Ulrich Wilckens zeigt eindrücklich, dass eine Überwindung der gegenwärtigen theologischen Krise nur durch eine kritische Aufarbeitung der Weltanschauung der Aufklärung erreicht werden kann, wie sie vor allem den Neuprotestantismus prägt. [...] Eine historisch-theologi-
sche Exegese braucht weder das Gespräch mit der Geschichtswissenschaft noch mit der Philosophie zu scheuen, wie Heinzpeter Hempelmann auf vorbildliche Weise in Bezug auf das umstürzendste Eingreifen Gottes in die Geschichte gezeigt hat,² die Auferweckung Jesu Christi von den Toten.
²Vgl. Heinzpeter Hempelmann: Wirklich auferstanden! Historische und philosophische Argumente für den Osterglauben, Witten 2011.