Das Fegefeuer ist leider, leider im Verruf.
Kein Wunder: Das was man den Leuten über das Fegefeuer erzählt hat, ist ja auch wirklich abschreckend.
Luther hatte natürlich ein ganz negatives Verhältnis zum Fegefeuer. Kein Wunder! Er hat miterleben müssen, wie man per Ablass das Fegefeuer dazu missbrauchte, um die Kassen zu füllen. "Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele (aus dem Fegefeuer) in den Himmel springt!", hat er sich von Tetzel sagen lassen müssen.
Dann aber schon dieses Wort Fege
feuer. Ganz schnell bringt man damit das Höllenfeuer in Verbindung: Grausam, Qual, ewig.
Wieso eigentlich Feuer?
Gemeint ist nicht das Höllenfeuer, sondern das Feuer eines Schmiedes.
Biblisches Beispiel:
Das Buch der Weisheit Kapitel 3
5 Ein wenig nur werden sie gezüchtigt; / doch sie empfangen große Wohltat. / Denn Gott hat sie geprüft / und fand sie seiner würdig.
6 Wie Gold im Schmelzofen hat er sie erprobt / und sie angenommen als ein vollgültiges Opfer.
Hier wird auf die Goldschmiedekunst angespielt. Man wirft Golderz oder verunreinigtes Gold in einen Tiegel - und den Tiegel ins Feuer.
Das Gold schmilzt, das Gestein und die Verunreinigungen schwimmen als Schlacke darauf (wegen des hohen spezifischen Gewichtes von Gold).
Dann schabt der Goldschmied die Schlacke ab - und es bleibt das reine Gold zurück.
Und dies ist die Vorlage zum Fegefeuer. Gott wird an uns Gold und Schlacke trennen, wie es der Schmied beim Gold im Feuer tut. Und auch an uns bleibt das reine Gold zurück.
Das ist doch eine wunderschöne Vorstellung!
All unsere eigenen Bemühungen, unsere "Schlacke" loszuwerden, sind doch zeitlebens begrenzt.
Ich habe es z.B. nie geschafft, das Rauchen ganz aufzugeben.
Und dann, nach dem Tod, sagt Gott:
"Komm mal her, mein guter Bastler. Ich nehme die Schlacke von dir weg.
Deine Kräfte haben dazu nie ausgereicht. Aber mir ist alles möglich!"
Und dann handelt Gott an mir, indem er die ganze Schlacke entfernt.
Er macht mich bereit für die Seligkeit des Himmels, wo jegliche Schlacke nicht nur fehl am Platz ist, sondern wo sie sogar die Himmelsfreude zerstören würde.
Ich glaube, dass ich die erste der himmlischen Ewigkeiten damit verbringen werde, Gott dafür zu danken, dass er mir meine innerste Reinheit vom Schmutz befreit hat.
Diesen ganzen Dreck, den ich aus eigener Kraft nie losgeworden bin.
Wenn ich am Grab meiner Eltern stehe, dann stelle ich mir gerne vor, wie sie jetzt von Gott befreit werden.
Fegefeuer ist nichts anderes, als der konkrete Vorgang der Erlösung.
"Und erlöse uns von dem Übel" hat meine Oma noch im Vater Unser gebetet.
Und dann, im Fegefeuer, tut er dies sogar endgültig und vollkommen.
Und das wünsche ich meinen Eltern sehr.
Ich kenne doch einiges von dem Dreck auf ihren Seelen, als sie noch bei mir waren.
Jetzt dürfen sie dem begegnen, der sie davon erlöst.