Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Rund um Bibel und Glaube
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Magdalena61
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#1 Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Magdalena61 » Di 16. Apr 2013, 10:08

Gemeinde- gläubig oder Jesus- gläubig?

Sind gemeindelose Christen so etwas wie Gläubige zweiter Klasse?

In Christenkreisen trifft man hier auf ganz verschiedene Ansichten. Meist spiegeln sie die subjektive Sicht eines Einzelnen oder einer bestimmten "Fraktion" der Christenheit wieder und erheben den Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Pauschalurteile berücksichtigen jedoch weder den persönlichen Werdegang eines Gläubigen noch die individuelle Führung Gottes, die Er seinen Kindern angedeihen lässt, weswegen ich solche ablehne.

Ebenso ist es m.E. vom Theologischen her nicht haltbar, aus der Bibel eine universale Verpflichtung (einen Zwang) für Christen ableiten zu wollen, sich einer Gemeinde anzuschließen.
In den letzten Jahren haben etliche Publikationen die Bedeutung einer Gemeindeanbindung relativiert (vgl. z.B. Wayne Jacobsen o. Dave Coleman). Die Botschaft lautet ungefähr so: Auf authentische Beziehungen kommt es an, die Gemeinde als Körperschaft spielt letztlich nur eine sehr untergeordnete Rolle. Manchmal steht die Gemeinde einem erfüllten Christenleben sogar im Weg. Quelle
Das ist momentan auch meine Einstellung.

Ich halte es für wichtig, ja, für unerlässlich, sich auch als gemeindeloser Christ fortzubilden, zu lernen (zu studieren), um im Glauben zu wachsen und fester zu werden. In der heutigen Zeit bieten die Medien super Möglichkeiten, sich zu informieren und mit Christen in der ganzen Welt "Kontakt" zu haben... an ihrem Leben teilzunehmen... sich mit ihnen auszutauschen und von ihnen zu lernen.
Nun weiß ich, dass einige Christen wirklich schmerzhafte Gemeindeerfahrungen gemacht haben und es nicht immer einfach ist, eine »gesunde Gemeinde« zu finden. Aber ist es wirklich eine Lösung, ohne Gemeinde zu leben? Ist es nicht eher Flucht oder Ausdruck einer postmodernen Ich-Orientierung? Quelle
Wie seht ihr das?
LG
God bless you all for what you all have done for me.

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kandyra
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#2 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von kandyra » Di 16. Apr 2013, 10:09

Kommt darauf an welches Christsein gemeint ist, das der Bibel verlangt wohl eine Gemeinde um die Hirnwäsche untereinander aufrecht zu erhalten.
Ein freies Christsein braucht keine Gemeinde, wozu auch. Eine Gemeinde entsteht ja auch mit ein paar Gleichgesinnten die sich ab und zu treffen um sich auszutauschen, falls dieses Bedürfnis besteht.

Ich glaube mit Gemeinde ist etwas geistiges gemeint. Wir sind doch alle ein Glied.
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barbara
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#3 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von barbara » Di 16. Apr 2013, 10:10

Was unserer Gesellschaft massiv fehlt, ist Gemeinschaft: also ein Gruppe von ca 20 Leuten, mit denen man kocht, isst, haushaltet, sich tröstet, einander pflegt, miteinander arbeitet, gemeinsame Infrastruktur teilt wie Küche, Garten, Bad... eine Lebensform, die früher mal selbstverständlich war und heute fast vollständig an bezahlte Dienstleister ausgegliedert wurde, von Babysitting über handwerkliche Dienste bis Fremdkochen.

ohne Gemeinschaft geht schon, aber wie wir zunehmend sehen, nicht wirklich gut. Wir leiden darunter. Es ist teuer (da wir heute ja alles in Geld messen)

ob eine Gemeinschaft sich dann noch "christlich" nennt oder nicht halte ich für weniger wichtig als die Tatsache, dass da eine Gemeinschaft ist - weil wir soziale Wesen sind, weil es uns in Gemeinschaft besser geht als allein.

Lebensformen wie die christliche Urgemeinde können uns sicher auch für unser Leben gute Inspirationen geben, die wir mit Gewinn für uns adaptieren können.

grüsse, barbara

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Tara
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#4 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Tara » Di 16. Apr 2013, 10:10

stimmt Barbara Bild und ist auch meine Beobachtung.
Der 8te Himmel gehört den Atheisten die der Überzeugung sind, dass die Realität zwar hart sein kann, aber umso wertvoller ist als alle schöne und sanfte Märchen zusammen.

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Demian
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#5 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Demian » Di 16. Apr 2013, 10:11

kandyra hat geschrieben: Ich glaube mit Gemeinde ist etwas geistiges gemeint. Wir sind doch alle ein Glied.

Richtig ... im mystischen Verständnis hängt das Christsein nicht von äußeren Gebräuchen und Gewändern ab. So gibt es eine sichtbare und eine unsichtbare Gemeinschaft in Gott, wobei die sichtbare und endliche nur ein mehr oder weniger stimmiges Gleichnis der ewigen und unsichtbaren ist. Man könnte mit Platon vielleicht sogar sagen, dass es eine Idee der Kirche gibt und einen realen Ausdruck dieser Idee. Inwieweit eine Kirche wirklich Kirche ist, muss sich also daran zeigen ob sie ihrem Anspruch, die Menschen ins Leben zu führen, gerecht wird.

Im Sinne Martin Luthers: „Ubi est verbum, ibi est ecclesia“ ("Wo das Wort ist, da ist die Gemeinde" )

Malika
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#6 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Malika » Di 16. Apr 2013, 10:11

Ich glaube, dass es da sehr auf die Gemeinde ankommt. In der Verganenheit erlebte ich eine Gemeinde, in der sehr vieles "unter den Teppich gekehrt wurde" und einerseits manchmal allzu leicht und zu schnell ermahnt wurde, bestimmte Mitglieder aber fast schon "Narrenfreieheit" hatten. Da finde ich, dass man ohne Gemeinde besser dran ist, als mit einer solchen.

Mir tat und tut die Zeit ohne Gemeinde gut, da ich lange zu sehr auf andere hörte. Man sagte mir wie ich die Bibel lesen und wie ich das Gelesene verstehen sollte, wie ich zu beten hatte... ich hatte dadurch gar keine eigene Beziehung zu Gott. Das kam erst, als es niemanden mehr gab, der mir sagen konnte, was ich wie zu tun hatte. Da musste ich selber beten, ohne Vorgaben, selber die Bibel lesen, selber das Gelesene verstehen. Seither läuft meine Beziehung zu Gott nicht mehr über Menschen und das empfinde ich als äußerst heilsam.

Eine Gemeinde, in der es ein echtes Miteinander gibt, wäre schön. Die habe ich bislang aber noch nicht gefunden, eher Gemeinden, wo ich von oben herab behandelt wurde. Seelsorger konnte ich immer finden, leider aber keine Freunde auf Augenhöhe.

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Magdalena61
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#7 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Magdalena61 » Di 16. Apr 2013, 10:12

Gemeinschaft: Ja. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, unter einem Leitmotiv, das die einzelnen Mitglieder miteinander verbindet sehe ich auch positiv, zumindest prinzipiell.
Gemeinde: Was IST eigentlich Gemeinde? Wie definiert man Gemeinde?
Welchen Zweck erfüllt eine Gemeinde?

Nicht wenige der Versammlungen unterschiedlicher Denominationen, die ich ganz ungeniert "austestete" wirkten auf mich eher wie ein Parteikongress oder so. Je nach Gemeindeart waren die "Typen" von Besuchern verschieden. In konservativen Gemeinden gab es mehr ältere, in charismatischen Gemeinden eher jüngere Geschwister. Am meisten rührten mich immer die alten Mütterlein, die, sauber gewaschen, in ihren Sonntagkleidern, mit Handtasche und Gesangbuch bewaffnet immer noch die Gewohnheiten einhalten, die man sie von Kindheit an lehrte.

Das Programm lief meist ohne Störungen ab, mit einigen Variationen vielleicht.
Lied, Schriftlesung, Lied, Bekanntmachungen, Lied, Predigt, (eventuell Gebet), Lied, Segen, Lied.
Die Stimme meines HERRN habe ich da oftmals nicht vernommen. Obwohl ich darauf wartete und offen war dafür.

Und deshalb betrachte ich den Besuch von Zusammenkünften dieser Sorte mittlerweile als Zeitverschwendung.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

barbara
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#8 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von barbara » Di 16. Apr 2013, 10:13

Magdalena61 hat geschrieben: Nicht wenige der Versammlungen unterschiedlicher Denominationen, die ich ganz ungeniert "austestete" wirkten auf mich eher wie ein Parteikongress oder so.

interessant, meine politische Partei fühlt sich für mich sehr nach Gemeinde an: ein Ort der Zugehörigkeit, Geborgenheit, Solidarität, gegenseitiger Hilfe, gemeinsamer Arbeit, dem Streben nach dem Guten und Richtigen, und das auch, wenn man es natürlich nicht mit allen gleich gut kann.

grüsse, barbara

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Demian
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#9 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Demian » Di 16. Apr 2013, 10:13

Malika hat geschrieben:[...]Seither läuft meine Beziehung zu Gott nicht mehr über Menschen und das empfinde ich als äußerst heilsam.

Eine Gemeinde, in der es ein echtes Miteinander gibt, wäre schön. Die habe ich bislang aber noch nicht gefunden, eher Gemeinden, wo ich von oben herab behandelt wurde. Seelsorger konnte ich immer finden, leider aber keine Freunde auf Augenhöhe.

Deine Offenheit ist schön, weißt du das? :) Tiefgreifendes Miteinander habe ich vorallem ganz persönlich erfahren, nicht so sehr in größeren Gruppen. Da kann man vielleicht besser gemeinsam in eine gewisse Richtung arbeiten, gleichzeitig aber die Distanz wahren. Dahingehend muss man wohl auch frei sein davon ... ob jemand Christ ist oder nicht. Für mich kommt es hauptsächlich auf den Einzelmenschen an.
Zuletzt geändert von Demian am Fr 3. Mai 2013, 01:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Magdalena61
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#10 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Magdalena61 » Di 16. Apr 2013, 10:14

barbara hat geschrieben:interessant, meine politische Partei fühlt sich für mich sehr nach Gemeinde an: ein Ort der Zugehörigkeit, Geborgenheit, Solidarität, gegenseitiger Hilfe, gemeinsamer Arbeit, dem Streben nach dem Guten und Richtigen, und das auch, wenn man es natürlich nicht mit allen gleich gut kann.
Menschlichkeit, einen positiven Idealismus und Nestwärme findet man auch außerhalb christlicher Gemeinden.
Überall da, wo Menschen sich zusammentun und, ob sie sich jetzt als Christen bezeichnen oder nicht, die (oder einige) Werte der Bibel leben.
Malika hat geschrieben:Seither läuft meine Beziehung zu Gott nicht mehr über Menschen und das empfinde ich als äußerst heilsam.
Das kann ich bestätigen.
Nichts gegen Gemeinden... wenn es hier zu Hause nicht mehr so stressig ist, habe ich schon vor, mich wieder irgendwo anzuschließen, mit einzubringen.
Es ist günstiger, wenn man mit einer gewissen Souveränität da reingeht, weil man sich dann besser und vor allem: rechtzeitig! gegen ein übergriffiges Verhalten abgrenzen kann. Gal. 5,1
LG
God bless you all for what you all have done for me.

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