Hölle lebenslänglich?

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closs
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#801 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von closs » Mi 16. Jul 2014, 00:57

sven23 hat geschrieben:Da aber niemand den Willen Gottes kennen kann, selbst wenn es ihn geben sollte, ist das Ganze wie immer stochern im Nebel.
Das ändert nichts daran, dass es den Willen Gottes geben kann. - Die Wahrnehmungs-Unschärfe des Menschen ist kein Maßstab für das, was der Fall ist.

Pluto
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#802 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Pluto » Mi 16. Jul 2014, 01:00

Thema abgetrennt: Stochern wir im Nebel?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Halman
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#803 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Halman » Do 12. Mär 2015, 20:42

Dies ist der erste Teil meiner Antwort auf diesen Beitrag im "Auferstehungs-Thread.

Münek hat geschrieben:
Scrypt0n hat geschrieben:
Samantha hat geschrieben: Ich behaupte nicht, was nicht mit der Bibel vereinbar wäre
Darum ging es nicht sondern um deine Fantasien, die du behauptest, aber nicht in der Bibel stehen.

Samantha hat geschrieben:während Du von Hölle
Tja, die kommt eben in der Bibel vor. :)

So ist es.

Was prophezeite Jesus über den richtenden "Menschensohn" in Matth. 25, 41:

"Dann wird er zu den Linken sagen: Geht hinweg von mir, ihr Verfluchten, in das EWIGE FEUER, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist!"
Ich denke, damit spielte Jesus auf die Gehenna (γέεννα) an und verwendete sie als Symbol für das göttliche Gericht (vgl. bitte Mk 9:48 mit Jes 66:24).
Zitat aus Der Papst auf Petris Stuhl? - Seite 122
Der jüdische Kommentator David Kimchi (1160[?] bis 1235[?]) gibt bezüglich „Gehinnom“ folgende historische Informationen: „In der Umgebung von Jerusalem existiert ein widerlicher Ort, in den man unreine Dinge und Leichname hinabwarf. Ebenso war dort ein ständiges Feuer, um die unreinen Dinge und die Knochen (der Leichname) zu verbrennen. Daher wird das Gericht der Bösen sinnbildlich Gehinnom genannt.“
Esra berichtet im Buch 2. Chronik[a] davon, dass die Könige Ạhas und Manạsse im Tal Hinnom ihre Söhne im Feuer dem Baal opferten. Der Prophet Jeremia nahm in Jer 7:30-34 anklagend darauf Bezug.
Daher war dieses Tal "verflucht", ein Ort für die unreinen Dinge. Wer dort auf unwürdige Weise bestattet wurde, hatte laut jüdischer Vorstellung vermutlich keine Hoffnung auf eine Auferstehung, da er, sofern ich recht informiert bin, nicht zu denen gezählt wurde, die im Land des Staubes schlafen (Scheol/Hades).

Wie David Kimchi erklärte, loderte in Gehinnom ein ständiges* Feuer, welches wohl durch Schwefel in Gang gehalten wurde. Die Tier- und Menschenkadaver verbrannten nicht alle vollständig, sondern wurden von Würmern zerfressen. In diesem Sinne starb der Wurm dort nicht. Wenn ich die urspünglichen jesajanischen Worte lese, auf die sich Jesus anscheinend bezog und an die seine Zuhörer vermutlich dachten, vermag ich dort keine ewige Höllenqual zu erkennen:
Zitat aus Jesaja 66,24:
24 Dann wird man hinausgehen, um die Leichen derer zu sehen, die sich gegen mich aufgelehnt haben. Denn der Wurm in ihnen wird nicht sterben und das Feuer in ihnen wird niemals erlöschen; ein Ekel sind sie für alle Welt.
Auch die danielischen Worte aus Dan 12:2 fügen sich harmonisch in diesem Gesamtkontext ein und beschreibt die Schande, die damit verbunden ist, als Sünder den Flucht des Gerichtes über sich zu bringen (vgl. bitte Jes 65:20).
Diese bildhaften Umschreibungen müssen nicht notwendigerweise im Sinne einer buchstäblichen, ewigen Feuerhöllenqual interpretiert werden.

In diesem Zusammenhang verweise ich auf Mat 10:28. Dass in der Schlachter-Bibel mit "verderben" übersetzte griechische Wort απολεσαι vemittelt nicht den Gedanken von quälen, sondern von töten bzw. zerstören.
Zitat aus Mat 10:28 - Interlinear-Übersetzung (NT):
28 και μη φοβηθητε απο των αποκτεινοντων το σωμα την δε ψυχην μη δυναμενων αποκτειναι φοβηθητε δε μαλλον τον δυναμενον και ψυχην και σωμα απολεσαι εν γεεννη
Der Feuersee der Offenbarung ist offenbar die symbolische Darstellung dieses Tals, indem alles, was dort hineingeworfen wird, unwiderbringlich vernichtet wird.
Spricht gegen diese Deutung nicht die ewige Qual, von der in der Offenbarung i.V.m. dem Feuersee die Rede ist? Dieser Einwand ist nur verständlich, liegt er doch auf der Hand. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Offenbarung als prophetisch-apokalyptischer Text großteils in kryptischer Symbolsprache verfasst wurde.
Das Tier aus dem Meer aus Off 13 ist ein Symbol für die "[König]Reiche der Erde". Dieses wird gem. Off 20:10 ebenso "gequält" wie der Drache (Satan) und der falsche Prophet (Off 14:9-11). Wenn man konsequent in der wortgetreuen Deutung ist, muss man annehmen, dass auch die [König]reiche der Erde ewig gequält werden.
Da hier ein Symbol (nämlich das "Tier aus dem Meer") gequält wird, erscheint es mir nicht sinnvoll, die Qual buchstäblich zu deuten. Der Prophet Daniel bringt klarer zum Ausdruck, was damit meiner Meinung nach gemeint ist:
Zitat aus Dan 2:44:
44 Und in den Tagen dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, das ewig nicht zerstört werden wird. Und das Königreich wird keinem anderen Volk überlassen werden; es wird all jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber wird es ewig bestehen:
Die danielische Apokalyptik weist einige interessante Parallelen zur Offenbarung des Johannes auf. Daher halte ich den Verweis auf Daniel für die Ausdeutung der Apokalypse für legitim.

*Man könnte auch sagen: ewiges
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#804 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Halman » Do 12. Mär 2015, 20:47

Münek hat geschrieben:Von Feindesliebe keine Spur mehr. Und der Apokalyptiker Johannes setzt in Offb. 14, 9-11 noch kräftig einen drauf:

"Wenn jemand das Tier und sein Bild anbetet und das Malzeichen auf seine Stirn oder auf seine Hand annimmt, so wird auch er von dem Glutwein
Gottes trinken
, der unvermischt eingeschenkt ist in dem Kelch seines Zornes, und er wird mit Feuer und Schwefel gepeinigt werden vor den
heiligen Engeln und vor dem Lamm. Und der RAUCH IHRER QUAL STEIGT AUF VON EWIGKEIT ZU EWIGKEIT."

Ich konstatiere: Da gibt es nichts schönzureden. Klar erkennbar ist in der gesamten Apokalypse ein unfassbares Hass-, Vergeltungs- und Verdam-
mungsbedürfnis
. Aus der Frohbotschaft des Evangeliums zu Lebzeiten Jesu ist nach und nach eine höllische Drohbotschaft geworden...
Auch diese Kritik kann ich gedanklich nachvollziehen.

Sed contra:
Zitat von Klaus Berger:
... Nicht Gott richtet zugrunde, sondern die Menschen bringen sich selbst ins Aus, und davor mus man Angst haben. ...
Klaus Berger spricht den Atomaustieg an und konstatiert, dass nicht die theoretische Einsicht zum Atomaustieg führt, sondern die konkrete Angst, die durch die Nuklearkatastrophe von Fukushima ausgelöst wurde. Berger zieht das Fazit:
So ist das Angstmachen eine konkrete Form von Liebe, eben dann, wenn gutes Zureden und theoretische Einsicht nichts helfen, weil Menschen immer wieder vor allem um ihren Besitz fürchten, um diesen zu sichern, warten sie oft, bis es zu spät ist. - Und so ist es auch mit der Allversöhnung.
Wäre es nicht unehrlich, den Menschen lediglich das Evangelium zu verkünden, ihnen aber zu verschweigen, was für Folgen es hätte, sich diametral gegen die Botschaft zu stellen? War es nicht wirkungsvoll, als Jesus Petrus warnte: "Denn alle, die das Schwert nehmen, werden durchs Schwert umkommen."?
Zitat aus "Die Bibelfälscher" (Seite 275):
... Die Gerichtsaussagen haben insgesamt die Funktion, zu sagen, dass im Falle der Verweigerung »niemand mehr helfen kann«. ...
Berger vergleich dies mit jemanden, der dem Appell, zum Arzt zu gehen, nicht beachtet und die Folgen tragen muss.
Berger macht auf einen wichtigen Aspekt aufmerksam:
Zitat von Klaus Berger:
Auch hier ist wieder die Gattung entscheidend, die den notwendigen Zusammenhang zwischen Sprache, Situation und Inhalt der Rede betrifft.
Bei der Bibelinterpretation kann mMn die Wichtigkeit der Gattung gar nicht genug betont werden. So stellt die lukanische sog. "Weihnachtsgeschichte" z.B. eine andere Textgattung dar als seine Genealogie. Dies wird oftmals - so jedenfalls mein Eindruck - nicht beachtet.

In Bezug auf den gegenwärtigen deutschen Sprachgebraucht übt Berger folgende Kritik an Christen, die Jesu Warnungen als entgültiges Gerichtsurteil interpretieren.
Zitat aus "Die Bibelfälscher" (Seite 275):
Das heißt, sie kennen weder die Form des Appells noch die sprachliche Provokation noch das, was J. Ebach die »paradoxe Intervention« nannte, nämlich die vorzeitige Verkündigung eines Gerichtsurteils, damit ein beklagtes Fehlverhalten nicht eintritt, nicht vollzogen wird.
Berger kritisiert die "einlinige Einordung" des Evangliums nicht nur als "dumm und humorlos", sondern macht diese auch dafür verantwortlich, dass es als "Instrument der Angst" fehlinterpretiert wird.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

closs
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#805 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von closs » Do 12. Mär 2015, 20:51

Halman hat geschrieben:Berger kritisiert die "einlinige Einordung" des Evangliums nicht nur als "dumm und humorlos", sondern macht diese auch dafür verantwortlich, dass es als "Instrument der Angst" fehlinterpretiert wird.
So isses.

JackSparrow
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#806 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von JackSparrow » Do 12. Mär 2015, 21:27

Halman hat geschrieben:και ψυχην και σωμα απολεσαι εν γεεννη
"Psyche" bezieht sich in der Bibel immer auf den biologischen materiellen Körper.

Paulus ist der Meinung, der psychische Körper (soma psychikos) würde später in einen gasförmigen Körper (soma pneumatikos) umgewandelt werden (vgl. 1Kor15,44). Diese Hypothese war Jesus wiederum nicht bekannt, denn der erwähnt nirgends einen gasförmigen Körper.

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#807 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von closs » Do 12. Mär 2015, 22:36

JackSparrow hat geschrieben:Paulus ist der Meinung, der psychische Körper (soma psychikos) würde später in einen gasförmigen Körper (soma pneumatikos) umgewandelt werden
Meinst Du ernsthaft, Paulus meint damit einen naturalistisch gasförmigen Körper? :lol:

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Halman
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#808 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Halman » Fr 13. Mär 2015, 01:07

JackSparrow hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:και ψυχην και σωμα απολεσαι εν γεεννη
"Psyche" bezieht sich in der Bibel immer auf den biologischen materiellen Körper.
Ja.

JackSparrow hat geschrieben:Paulus ist der Meinung, der psychische Körper (soma psychikos) würde später in einen gasförmigen Körper (soma pneumatikos) umgewandelt werden (vgl. 1Kor15,44).
Hier schließe ich mich @closs an. Soma pneumatikos meint einen geistlichen Leib. Joh 3:8 ist die einzige mir bekannte Stelle im NT, in der das Wort πνεῦμα (pneuma) für den Wind steht. In allen anderen Stellen meint es entweder den Odem oder Geist (Heiliger Geist, Gott, Engel). Als Jesus sagte: "Pneuma ho thẹos ...", meinte er sicher nicht, dass Gott gasförmig wäre. Das Gasförmige, der Wind, waren damals nicht greifbar und die Begrifflichkeit meinte etwas nicht mit Händen greifbares, wie den Lebensodem oder Gottes Heiligen Geist. Wenn Jesus sagt, dass man Gott mit pneuma anbeten müsse, meinte er damit nicht etwa, wir sollten ihn mit Gas anbeten.
Zur Texterschließung gehört mehr, als die wörtliche Bedeutung einzelner Begriffe zu kennen. Mit einem Am-Wort-Kleben lassen sich innertextliche Aussagen in der Bibel schwerlich erlesen, denn die religiöse Sprache der Bibel ist voller Allegorien, Metaphern und Symbolik.

JackSparrow hat geschrieben:Diese Hypothese war Jesus wiederum nicht bekannt, denn der erwähnt nirgends einen gasförmigen Körper.
Das JohEv beginnt mit dem theologisch tiefgründigen Logos-Hymnus. In Joh 1:14 heißt es:
και ο λογος σάρξ έγένετο ...
Kai ho Lógos sarx egéneto ...
Und der Logos Fleisch wurde ...

Daraus folgt, dass Jesus in seiner Präexistenz im Himmel kein Fleisch war, also keinen soma pneumatikos hatte, sondern einen soma pneumatikos. Als Jesus seinen Jüngern gem. Joh 14:2-3 versprach, ihnen bei seinem VATER "Stätten" zu bereiten, meinte er damit sicher nicht, dass seine Jünger mit einem fleischlichen Leib beim pneuma ho thẹos im Himmel wären.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Münek
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#809 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von Münek » Fr 13. Mär 2015, 01:08

closs hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Paulus ist der Meinung, der psychische Körper (soma psychikos) würde später in einen gasförmigen Körper (soma pneumatikos) umgewandelt werden
Meinst Du ernsthaft, Paulus meint damit einen naturalistisch gasförmigen Körper? :lol:

Wieso lachst Du? Weißt Du es besser?

Ich denke, Paulus hatte selbst keine klare Vorstellung darüber, was ein "pneumatischer KÖRPER" (geistlicher Leib)
eigentlich sein soll. Woher sollte er eine solche Vorstellung auch haben? Seine Aussage ist im wahrsten Sinne des Wor-
tes "nebulös" (= undeutlich, unscharf, verschwommen, unklar, unbestimmt, schemenhaft, diffus).

Ob er sich etwas "Gespenstisches, Diffus-Figürliches, Feinstoffliches" vorstellte, wissen wir nicht. Und er wusste
es natürlich auch nicht. "Geistlicher Leib" klingt auf jeden Fall stark nach Oxymoron!

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#810 Re: Hölle lebenslänglich?

Beitrag von closs » Fr 13. Mär 2015, 01:14

Münek hat geschrieben:Wieso lachst Du? Weißt Du es besser?
Jaaaaaaaaaaaaaaaaaa! :lol:

Münek hat geschrieben: "Geistlicher Leib" klingt auf jeden Fall stark nach Oxymoron!
Nee - gar nicht. - Mit "Leib" ist hier der abgegrenzte individuelle Geist gemeint.

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