closs hat geschrieben:Naqual hat geschrieben: Die Frage ist doch, wofür steht "Blut". Es ist einfach ein Symbol für entweder Leben oder Geist (der Geist saß damals in der Vorstellung im Blut).
Du gefällst mir immer besser.

Gott ist Geist, nicht Materie. In Materie unmittelbar göttliche oder übernatürliche Kräfte zu sehen ist von der Denkausrichtung her okkult.
Im AT wird dies beschrieben als Erstellen von Götzenstatuen, denen dann göttliche Macht mehr oder weniger zugeschrieben wurden.
Wir leben auf zwei Standbeinen in der Welt: das Geistige und das Materielle. Das Materielle ist nicht einfach schlecht (kann es werden bei falschem "Gebrauch"), sondern auch eine Hilfestellung. All unsere Sinne und Vorstellungen sind am Materiellen verhaftet, Geistiges können wir aufgrund dessen nur ausdrücken an materiellen Dingen. Und das kann man auch positiv nutzen. Entscheidend ist, welche Vorstellungen (rational und vor allem auch emotional) mit etwas Materiell "symbolartig" verbunden werden. Ein Symbol (der Sinn hinter etwas Materiellem) entfaltet dann in unserer Psyche eine eigene geistige Kraft, die uns sogar zu formen vermag. So kann man mit dem Kreuz Jesu zwei völlig verschiedene Wege gehen. Es kann ein Symbol sein für ein stellvertretendes Strafopfer, in dem notwendigerweise (inwieweit man das bewusst wahrnimmt ist da dummerweise gar nicht so wichtig) eine brutale Aktion des Zutodefolterns als Notwendigkeit eines Gottes gesehen wird, der dies braucht. In diesem Fall wird Gottvater zumindest unbewusst zu einem Instrument des Terrors, vor dem man Angst haben muss. Angst vernichtet aber Liebe, bzw. verhindert diese, es ist eine unermesslich Kraft, selbst wenn sie subtil wirkt ohne die Bewusstseinsschwelle erreicht zu haben. Mit Angst hält man ein ganzes Volk in Schach und kann es gegen andere Völker mordend zur Wirksamkeit bringen. Mit Angst kann man aber nicht zur Liebe bringen, sie wäre nur äußerlich, eine Anpassung unter Druck, im dem das äußerliche Verhalten beugt, aber das Innere ganz andere Wege geht.
Das Kreuz kann aber in einer anderen Bedeutung ergreifen: wie Jesus anderen Menschen helfen wollte, dafür das Äußerste riskierte und schließlich auch erhielt. Und seine Liebe soweit ging, dass er am Kreuz noch denen, die ihm das angetan hatten vergab. Wer diese innere Einstellung hat, dem vermag das Böse nichts mehr anzuhaben. Er ist quasi "immun".
"Blut" wird von uns heute anders empfunden als damals in der Antike. Blut hat etwas Unheimliches, so wundert es nicht, dass es in Horrorfilmen reichlich Verwendung findet. Blut ist etwas, das wir kulturell eher ausblenden. Ich esse Fleisch, aber es schüttelt mich bei der Vorstellung wie das Tier vorher dafür bluten musste. Und beim Essen weiß ich mit Gewissheit woran ich nicht denke.
In früheren Zeitaltern war Blut anders in den Alltag integriert. "Wenn Papa ein Huhn geschlachtet hat, waren seine Kinder oft dabei". Die haben das ganz anders gesehen. So auch das Schächten. Es entstand aus der Vorstellung heraus, dass etwas vom Geist des Tieres den Menschen verunreinigen würde, also "ließ man den Geist vorab" abfließen.
Beim Blut Jesu geht es in eine andere Richtung. Nicht ein "niederes Tier", sondern der Geist der ultimativen Liebe (für die Jesus steht) soll verinnerlicht werden (Wein beim Abendmahl). Zentral: "Herr, lass mich so sein wie Dein Sohn, lasse seinen Geist in mir sein".
Wenn man das verschüttet Blut als materielles Opfer sieht, wird es allerdings okkult. Geistig kann man selbst gar nichts mehr tun. Es wird einem getan. Magisch. - Da wäre ich vorsichtig.
Im m.E. guten Interpretationsfall, Blut für den Geist Jesu (seine Liebe und Einsatzbereitschaft) kommt hinzu der Leib (Brot im Abendmahl).
Hier steht nicht die Liebe im Vordergrund, sondern die Notwendigkeit, das Liebe für den nächsten einfach viel kostet, der eigene Leib, das Ego, wird "lahmgelegt", gekreuzigt.