Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Rund um Bibel und Glaube
PeB
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#721 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von PeB » Di 9. Apr 2019, 10:25

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 8. Apr 2019, 21:17
PeB hat geschrieben:
Mo 8. Apr 2019, 16:19
Mit den Geschichts- Literatur- und Sozialwissenschaften ist es nicht so einfach: da ist ein Großteil des Forschungsgegenstanden subjektiv nicht-materiell - eben "geistes-"wissenschaftlich;
Ich hatte schon lange den Verdacht, dass es sich bei "Geistes-Wissenschaft" um ein Oxymoron handelt.
Aus naturalistischer Sicht ist das ganz sicher so.
Aber aus philosophischer Sicht könnte auch die Natur-Wissenschaft ein Oxymoron sein. ;)
Es kommt immer auf die Perspektive an.

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 8. Apr 2019, 21:17
Menschliches Handeln ist individuell-subjektiv geprägt und folgt keiner nachvollziehbaren Naturgesetzlichkeit.
Keiner für dich nachvollziehbaren Naturgesetzlichkeit, da es sich bei Verhaltensbiologie eindeutig um eine Naturwissenschaft handelt.
Die Verhaltensbiologie kann vielleicht die physiologischen Prozesse beschreiben, die ablaufen, wenn ich meine Frau liebe. Sie kann aber nicht erklären, warum ich gerade meine Frau und nicht meine Nachbarin liebe.
Die Verhaltensbiologie kann beschreiben, welche physiologischen Ursachen dem Gefühl "Liebe" zu grunde liegen. Sie kann aber Liebe nicht erklären.
Die Naturwissenschaften beschreiben die "Welt" in kalten Fakten, sie können aber weder die Wärme oder Kälte (in multipler Bedeutung) erklären, die der Welt innewohnen.
Oder einfach ausgedrückt: die Naturwissenschaften zählen die Wörter im Buch der Welt und bereiten sie statistisch auf, sie können aber keine Aussage über den "geistigen" Inhalt liefern.

Stichwort: Goethes Faust.
Bitte gib den Inhalt mittels naturwissenschaftlicher Methodik wider und erkläre uns die naturwissenschaftlich relevante Bedeutung. ;)

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 8. Apr 2019, 21:17
Was die Wissenschaft nicht erkennt (oder eines Tages womöglich zu erkennen glaubt), ist nach deiner Vorgabe also nicht existent.
Was die Wissenschaft nicht erkennt (oder eines Tages womöglich zu erkennen glaubt), kann auch von keinem Esoteriker, keinem Religionsanhänger, keinem Philosophen, keinem Erleuchteten, keinem Sektenführer, keinem Messias und keinem spirituellen Meister erkannt werden.
Du scheinst dir da sehr sicher zu sein.
Ich brauche keinen Religionsanhänger oder Esoteriker zur Erläuterung des Inhalts und der Bedeutung von Goethes Faust; aber die Naturwissenschaft wird ihn mir auch nicht erläutern können. Weder in der Gegenwart noch in der Zukunft.
Diese "geistig-inhaltlichen" Aspekte der Welt schließt du aus.

Es ist schon merkwürdig: die Naturalisten, die sich am vehementesten gegen ein "göttliches Gesetz" verwahren, sind gleichzeitig die, die sich einem "natürlichen Gesetz" freiwillig unterwerfen und die menschliche Geistesfreihet bei der Frage der Wahloptionen auf reine physiologische Reaktionen reduzieren.

Mag sein, dass mein Eindruck von Willensfreiheit und offener Zukunftsgestaltung nur eine Illusion ist. Aber ich WÄHLE dann diese Illusion und belege damit meine Wahlfähigkeit, die du dir selbst methodisch versagst.

Wenn's glücklich macht...

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 8. Apr 2019, 21:17
Die Gesamtzahl an Personen, die wahrheitsgemäß etwas über Dinge aussagen können, die die Wissenschaft nicht erkennt (oder eines Tages womöglich zu erkennen glaubt), konvergiert demnach gegen Null.
Ich liebe meine Frau. ;)

JackSparrow hat geschrieben:
Mo 8. Apr 2019, 21:17
Diesen begrenzten Erkenntnishorizont zum Maß aller Dinge zu stilisieren und zu behaupten, über diese verstandesmäßige Erkenntnis gäbe es nicht weiter zu erkennen, ist ähnlich wie die Sicht der Made im Kuhfladen, für die der Kuhfladen die Welt ist.
Nehmen wir uns ein Beispiel an der Made.
Das kannst du gerne tun.
Ich weiß aber, dass die Made unrecht hat und bleibe lieber Mensch.

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Andreas
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#722 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von Andreas » Di 9. Apr 2019, 12:54

PeB hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 10:09
Andreas hat geschrieben:
Mo 8. Apr 2019, 20:16
Erstens, kann kein Theologe, kein Gläubiger Mensch, keine Kirche, kein Papst und auch nicht "die Bibel" oder irgendeine Wissenschaft Gottes Eingreifen in der Geschichte, Wunder, Prophetie oder übernatürliche Phänomene feststellen.
Da bin ich anderer Meinung.
Und hier solltest DU jetzt differenzieren. Wenn mit "feststellen" die wissenschaftliche Beweisführung gemeint ist, dann hast du recht. Wenn ich aber unter "feststellen" (so wie ich es tue) auch die persönliche Erfahrung subsummieren, dann hast du Unrecht. Ich behaupte: ich stelle das Eingreifen Gottes aus persönlicher Erfahrung (an mir und an der Welt) fest.
Wissenschaftlich beweisbar ist das nicht.
Ich habe in meinem letzten Post vor allem die universitäre Landschaft der institutionalisierten Theologien beschrieben und in Bezug zu deinen Wörtern "feststellen" und "unterordnen" zu differenzieren versucht, welche Bedeutung diese in diesem Themenfeld tatsächlich haben und welche nicht, sofern es um Gottes Eingreifen in der Geschichte, Wunder, Prophetie oder übernatürliche Phänomene und das die von dir erwähnten kirchlichen Dogmen und im speziellen das von dir postulierte Wahrheitsdogma bezüglich der Bibel geht.

Private religiöse Erfahrungen und Erkenntnisse gehören nicht in dieses Themenfeld, sondern in das, welches wir als nächstes aber getrennt vom ersteren behandeln könnten. Auch das habe ich dir gegenüber schon angesprochen. Leider bist du darauf mit keiner Silbe eingegangen: Unsere Erkenntnismöglichkeiten, wie wir mit diesen Widersprüchen heute umgehen könnten, und inwiefern wir hierzu bereit wären, uns auf ein Umdenken einzulassen damit wir zu einem sowohl als auch finden und es formulieren können.

PeB hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 10:09
Ich hätte allerdings gerne eine Theologie, die mir dort zuspricht und die meine AUssage nicht dadurch verwässert, dass sie sich an eine wissenschaftliche Beweisführungsnotwendigkeit klammert. Kann ich hoffen?
Was gibt es da zu hoffen? Dafür gibt es eine große Auswahl an fundamentalistischen, orthodoxen, evangelikalen und biblizistischen Theologien in allen Abstufungen. Da gibt es per Bibel-Wahrheits-Dogma solch postmodernen zeitgeistlichen Widersprüche nicht. Da ist bestimmt was Passendes dabei, dass dir genau das zuspricht, was du hören willst. Muss ja nicht gleich die Theologie der Charismatiker sein, der unser Hooligan Helmuth angehört, der keine Gelegenheit auslässt, pauschal auf alle Theologen und Wissenschaftler einzudreschen. Christliche Literatur, die sich nicht an eine wissenschaftliche Beweisführungsnotwendigkeit klammert, gibt es auch zuhauf.
Dann lies halt nicht Finkelstein, Lemche oder ähnliches, wenn du deinen Glauben an die Wahrheit der biblischen Geschichten über Gottes Eingreifen in die Geschichte, Wunder, Prophetie oder übernatürliche Phänomene nicht in Frage stellen willst, und höre auf jene Christen wie Roland, die ausdrücklich vor wissenschaftlicher und liberal-theologischer Literatur warnen.

PeB hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 10:09
Andreas hat geschrieben:
Mo 8. Apr 2019, 20:16
Es brächte also nichts, die theologischen Geschichtswissenschaften aus der Theologie heraus zu drängen, wie du das ja zugegebenermaßen mit der Historischen Theologie machen willst.
Ich will sie hier genauso wenig herausdrängen, wie ich die Naturgeschichte aus den Naturwissenschaften herausdrängen will. Ich bitte nur um saubere methodische Trennung - auch innerhalb der gleichen Fachrichtung. Naturgeschichte wie historische Theologie sind methodisch historische Disziplinen, die zwar naturwissenschaftliche bzw. theologische Sachverhalte beleuchten können, aber darauf eine methodisch-historische - und eben KEINE naturwissenschaftliche bzw. theologische - Antwort liefern.
Wen bittest du denn da? Die Universitäten, Kirchen, Regierungen der Welt oder 4religion.de? Hör doch mal auf, hier herum zu lamentieren oder soll das ein Gebet zu Gott sein?
PeB hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 10:09
Wenn also in der historischen Theologie eine Aussage getroffen wird, die der theologischen Aussage widerspricht, muss der Widerspruch eben aufgelöst werden (ohne dass die Theologie zur Geschichte oder die Geschichte zur Theologie wird) oder er muss eben so stehen bleiben.
Die Historische Theologie, widerspricht nicht "der theologischen Aussage", sondern macht halt andere theologische Aussagen, als du sie gerne hören möchtest.

Wir kommen nun zur Eine-Million-Euro-Frage.

Was ist das beste Beispiel dafür, wie Theologie zur Geschichte und Geschichte zur Theologie gemacht wird?








*trommelwirbel*
















*trommelwirbel*










DIE BIBEL

PeB
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#723 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von PeB » Di 9. Apr 2019, 13:08

Andreas hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 12:54
Was ist das beste Beispiel dafür, wie Theologie zur Geschichte und Geschichte zur Theologie gemacht wird?


*trommelwirbel*
DIE BIBEL

Ich würde eher sagen: das ist das beste Beispiel für eine arrogante Verächtlichmachung infolge eigenen Unverständnisses.

Anton Zeilinger (* 20. Mai 1945 in Ried im Innkreis) ist ein österreichischer Quantenphysiker und Hochschullehrer an der Universität Wien:
Das Verhältnis zwischen Naturwissenschaft und Religion ist über die Geschichte ein oft sehr konfliktreiches gewesen und ich möchte dazu meine Position von vornherein klarstellen: dieser Konflikt tritt dann auf – und ich würde behaupten: nur dann auf – wenn eine der beiden Seiten ihre eigenen Kompetenzbereiche überschreitet; oft sind es auch beide Seiten. Ich würde sogar weiter gehen und würde behaupten, dass es eine Aufgabe der Zukunft ist, eine Synthese zu finden. Eine solche Synthese kann aber weder logisch zwingend sein, noch auf naturwissenschaftliche Überlegungen folgen, sondern das kann nur die Entscheidung jedes Einzelnen sein.
[…]
Heute haben wir das Umgekehrte zum Teil Ich erinnere an das Buch von Dawkins „Gotteswahn“, wo ein Naturwissenschaftler behauptet, aus naturwissenschaftlicher Position eine religiöse Ansicht der Welt widerlegen zu können oder vielleicht sogar als lächerlich darstellen zu können. Das ist natürlich naturwissenschaftlicher Unsinn.



Seit 1999 ist er Universitätsprofessor an der Universität Wien und Vorstand des Instituts für Experimentalphysik. Von 2006 bis 2009 war er Dekan der Fakultät für Physik der Universität Wien.
Er ist wirkliches Mitglied der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW); seit 2004 leitet er die Abteilung des im selben Jahr neu gegründeten Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der ÖAW. Ende 2007 hat er für seine grundlegenden Beiträge zu den genannten Fächern die neu geschaffene Isaac-Newton-Medaille des britischen IOP („Institute of Physics“) erhalten.
Am 15. März 2013 wurde Anton Zeilinger zum Präsidenten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Er hat dieses Amt am 1. Juli 2013 angetreten. Im Jänner 2017 wurde er für die Periode 1. Juli 2017 bis 30. Juni 2022 in seiner Funktion bestätigt.
Ende April 2014 wurde er offiziell in die National Academy of Sciences (NAS) aufgenommen und ist nach Konrad Lorenz, Walter Thirring, Peter Schuster, Peter Zoller und Angelika Amon der sechste Österreicher, der in diese Gesellschaft gewählt worden ist.


Aber er hat natürlich unrecht, denn:


*trommelwirbel*




*trommelwirbel*

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closs
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#724 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Di 9. Apr 2019, 13:10

Andreas hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 12:54
Die Historische Theologie, widerspricht nicht "der theologischen Aussage", sondern macht halt andere theologische Aussagen, als du <PeB> sie gerne hören möchtest.
Das führt zur Frage, was "Theologie" ist:
1) Forschung auf Vorannahmen der Basis "Ich glaube an Gott"?
2) Forschung auf Basis religions-wissenschaftlicher Annahmen "Mal von außen gucken, was die da im Christentum machen"?

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#725 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von PeB » Di 9. Apr 2019, 13:17

closs hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 13:10
Andreas hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 12:54
Die Historische Theologie, widerspricht nicht "der theologischen Aussage", sondern macht halt andere theologische Aussagen, als du <PeB> sie gerne hören möchtest.
Das führt zur Frage, was "Theologie" ist:
1) Forschung auf Vorannahmen der Basis "Ich glaube an Gott"?
2) Forschung auf Basis religions-wissenschaftlicher Annahmen "Mal von außen gucken, was die da im Christentum machen"?

Das kann aber nur eine rhetorische Frage sein, denn so wie ich Andreas verstanden habe, ist die Theologie klar definiert und das muss auch in alle Ewigkeit so bestehen bleiben. :shock:

closs
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#726 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Di 9. Apr 2019, 13:18

PeB hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 13:08
Anton Zeilinger:
"Das Verhältnis zwischen Naturwissenschaft und Religion ist über die Geschichte ein oft sehr konfliktreiches gewesen und ich möchte dazu meine Position von vornherein klarstellen: dieser Konflikt tritt dann auf – und ich würde behaupten: nur dann auf – wenn eine der beiden Seiten ihre eigenen Kompetenzbereiche überschreitet"
Meine Rede seit 1848.

PeB hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 13:08
Anton Zeilinger:
"Ich würde sogar weiter gehen und würde behaupten, dass es eine Aufgabe der Zukunft ist, eine Synthese zu finden".
Da bin ich nicht sicher. - Ratzinger hat genau dies mit seiner kanonischen Exegese versucht, was mir persönlich NICHT so sehr gefallen hat. - Mir ist lieber, was WIR damals gelernt, nämlich die klare Trennung von Wissenschafts-Disziplinen oder gar nur Forschungs-Projekten nach ihren hermeneutischen Vorannahmen. - Trotzdem verstehe ich Zeilinger, weil er mit seinem Vorschlag weiter ist als die Mainstream-Bolzer, die sich eintrichtern, sie hätten keine Vorannahmen.

PeB hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 13:08
Anton Zeilinger:
"Eine solche Synthese kann aber weder logisch zwingend sein, noch auf naturwissenschaftliche Überlegungen folgen, sondern das kann nur die Entscheidung jedes Einzelnen sein."
Letztlich läuft das hinaus auf: Jeder muss sich seiner jeweiligen hermeneutischen Vorannahmen bewusst sein. - Das wäre in der Tat ein Riesen-Fortschritt.

PeB hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 13:08
Anton Zeilinger:
"Heute haben wir das Umgekehrte zum Teil Ich erinnere an das Buch von Dawkins „Gotteswahn“, wo ein Naturwissenschaftler behauptet, aus naturwissenschaftlicher Position eine religiöse Ansicht der Welt widerlegen zu können oder vielleicht sogar als lächerlich darstellen zu können. Das ist natürlich naturwissenschaftlicher Unsinn."
So einfach kann Wahrheit sein. :)

closs
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#727 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von closs » Di 9. Apr 2019, 13:19

PeB hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 13:17
Das kann aber nur eine rhetorische Frage sein, denn so wie ich Andreas verstanden habe, ist die Theologie klar definiert
Ehrlich gesagt: ich weiß inzwischen selber nicht mehr, was man heute unter "Theologie" versteht.

PeB
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#728 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von PeB » Di 9. Apr 2019, 13:28

closs hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 13:18
Anton Zeilinger hat geschrieben:*
"Das Verhältnis zwischen Naturwissenschaft und Religion ist über die Geschichte ein oft sehr konfliktreiches gewesen und ich möchte dazu meine Position von vornherein klarstellen: dieser Konflikt tritt dann auf – und ich würde behaupten: nur dann auf – wenn eine der beiden Seiten ihre eigenen Kompetenzbereiche überschreitet"
Meine Rede seit 1848.

Anton Zeilinger hat geschrieben:*
"Ich würde sogar weiter gehen und würde behaupten, dass es eine Aufgabe der Zukunft ist, eine Synthese zu finden".
Da bin ich nicht sicher. - Ratzinger hat genau dies mit seiner kanonischen Exegese versucht, was mir persönlich NICHT so sehr gefallen hat. - Mir ist lieber, was WIR damals gelernt, nämlich die klare Trennung von Wissenschafts-Disziplinen oder gar nur Forschungs-Projekten nach ihren hermeneutischen Vorannahmen. - Trotzdem verstehe ich Zeilinger, weil er mit seinem Vorschlag weiter ist als die Mainstream-Bolzer, die sich eintrichtern, sie hätten keine Vorannahmen.

Anton Zeilinger hat geschrieben:*
Eine solche Synthese kann aber weder logisch zwingend sein, noch auf naturwissenschaftliche Überlegungen folgen, sondern das kann nur die Entscheidung jedes Einzelnen sein.
Letztlich läuft das hinaus auf: Jeder muss sich seiner jeweiligen hermeneutischen Vorannahmen bewusst sein. - Das wäre in der Tat ein Riesen-Fortschritt.

Anton Zeilinger hat geschrieben:*
"Heute haben wir das Umgekehrte zum Teil Ich erinnere an das Buch von Dawkins „Gotteswahn“, wo ein Naturwissenschaftler behauptet, aus naturwissenschaftlicher Position eine religiöse Ansicht der Welt widerlegen zu können oder vielleicht sogar als lächerlich darstellen zu können. Das ist natürlich naturwissenschaftlicher Unsinn."
So einfach kann Wahrheit sein. :)

[Edit: ich habe korrekt zitiert. Diese Worte stammen nicht von mir, sondern von Anton Zeilinger. Solltest du in deinem Post bitte auch ändern]
---------------------
*https://www.youtube.com/watch?v=Qs6KDOLwMYg

SilverBullet
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#729 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von SilverBullet » Di 9. Apr 2019, 13:29

“Münek“ hat geschrieben:Die Dogmenbildung hat in der Tat NICHTS mit seriöser Forschung zu tun. Im Glaubenssandkasten heißt es nur mit himmelwärts gerichteten frommem Blick: "Backe backe Kuchen..."
Es ist leicht bei den „Extremen“ ein Theater festzustellen, aber meiner Ansicht nach ist dieses „Dogmenverhalten“ in der Theologie weitaus verbreiteter, als man denkt.

Aus meiner Sicht ist Theologie:
Wie dreht man es für erwachsene Menschen hin, dass sie eine antike (Religions-)Geschichte auch in moderner Zeit akzeptieren.
Moderne Zeit bedeutet aktuell: Wissenschaft -> also versucht Theologie eine Art „Aufhübschung der Uraltansichten“ in Wissenschaftsmanier.

Theologie ist ein Wissenschaftstheater von Religion auf Philosophiebasis.

Es verwundert somit nicht, dass es innerhalb der Theologie unterschiedliche Strategien für die „Aufhübschung“ gibt. Da wird quasi eine grosse Bandbreite abgedeckt, damit für viele Schäflein was dabei ist.
Die HKE ist eine dieser Richtungen.
Am Ende des Tages sind auch diese Theologen immer noch Theologen und sie werden von den Kirchen rausgeworfen, wenn sie tatsächliche Konsequenzen ziehen und die Grundsatzansichten der Religion antasten.

“Münek“ hat geschrieben:Philosophie ist - da widerspreche ich Dir - wesentlich selbstkritischer als die Theologie
Theologie ist die philosophische Gestaltung von Religion. Das funktioniert, weil Philosophie bereits eine religiöse Grundlage enthält (und zwar nicht weit weg von Religion).

Es gibt Aussagen, dass in den ersten Jahrzehnten/Jahrhunderten der Entstehung der „neuen jüdischen Religion“ (-> „Christentum“) eine enge Verheiratung mit der griechischen Philosophie stattfand -> Theologie.
Die „Luftwörter“ in den Texten kommen nicht von ungefähr und dass griechische Texte vorliegen, ist quasi „der Schlag auf den Hinterkopf“, bei dem man aufwachen sollte.

Philosophen sind nicht selbstkritisch, sondern Erfinder von Ontologiegeschichten, die sie dazu benutzen, ihre religiöse „Mensch ist Geist“-Ansicht als „vernünftig“ zu verkaufen.

Die Basis eines Philosophen ist „Allein durch das Denken“ – man kennt ähnliche Verrücktheiten aus dem eindeutig religiösen Bereich („Allein durch die Schrift“). Voraussetzung hierfür ist natürlich, dass der Mensch was „ganz Dolles“ sein muss – das ist aber einfach nur ein religiöser Entwurf, mehr nicht.

Philosophen geben nur dann klein bei, wenn die Wissenschaft ihnen eine Wand vor den Latz knallt, so dass ihr Gefasel langsam peinlich wird.

PeB
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#730 Re: Historisch-kritische Exegese und ihre Folgen

Beitrag von PeB » Di 9. Apr 2019, 13:36

closs hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 13:19
PeB hat geschrieben:
Di 9. Apr 2019, 13:17
Das kann aber nur eine rhetorische Frage sein, denn so wie ich Andreas verstanden habe, ist die Theologie klar definiert
Ehrlich gesagt: ich weiß inzwischen selber nicht mehr, was man heute unter "Theologie" versteht.

Ich auch nicht.
Das ist wohl vom jeweiligen Theologen abhängig - und dann zusätzlich noch von der Meinung Außenstehender. Jedenfalls scheint mir eine grundsätzliche Systematik in einem wissenschaftlichen Sinn zu fehlen - jedenfalls wenn man den Posts hier im Forum folgt.

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