Halman hat geschrieben:
Der Verfasser des Herbräerbriefes exegesiert die urchristliche Theologie aus dem Tanach (ATI) her, indem er sehr starken Bezug zu den jüdischen Wurzeln nimmt. In
Hebr. 9:22 referiert der Verfasser die mosaische Praxis des Opferritus. Das Blut der Tiere lässt sich als allegorische Vorschattung des Blutes Christie interpretieren, das durch den Rotwein des Abendmahles symbolisiert wird, um so zeremoniell das Neue Bundestestament zu besiegeln, so wie im mosaischen Alten Bundestestament vorgeschattet.
Das Problem ist, dass es kein starker Bezug zu den jüdischen Wurzeln, sondern ein sehr oberflächlicher. Natürlich kann man überall Zusammenhänge herstellen, so man will. Auch zwischen einem Oktoberfest-Maß und einem Abendmahlkrug. Die Frage ist, ob das Eigentliche umfasst ist.
Das jüdische Opfer wurde vom Reuigen selbst dargebracht. Es kostet ihm einiges und bewies damit (zumindest symbolisch) seine aufrechte Gesinnung.
Wirksam in Bezug auf die göttliche Vergebung bzw. Gottes Wohlwollen war aber nicht das Töten des Tieres, sondern die innere Einstellung dessen, der das Tier opferte. Salopp ausgedrückt: er musste sehr zerknirscht sein und seine Besserung wollen.
Bei den Blut-Jesu-Theorien gibt aber nicht der Reuige das Opfer. Ganz im Gegenteil, dies tut der Adressat des Opfers (Gott selbst). Nun kann man sich nicht selbst opfern (im doppelten Wortsinn). Das ist eine völlig andere Vorstellung zwischen Blut-Jesu-Opfer und jüdisches Opfer.
Zudem galt Menschenblut im jüdischen Glauben als unrein. Wenn z.B. Kämpfer des Moses Blut an der Kleidung hatten, mussten sie sich waschen um vor Gott wieder rein zu sein (vgl. 4. Mose 31,24).
Also gerade die im Hebräerbrief angesprochenen dürften eine durchaus skeptische Einstellung zu den Ausführungen des Paulus gehabt haben. Rein von ihrem HIntergrund her, der im heutigen christlichen Denken schnell komplett ausgeklammert wird.
Gott kann mit dem Blut, was am Kreuz in den Boden tropfte nichts anfangen. Gott ist Geist. Was soll er damit, was sowieso nicht er bekommen hat, sondern der Hügel von Golgatha? Die Frage ist doch, wofür steht "Blut". Es ist einfach ein Symbol für entweder Leben oder Geist (der Geist saß damals in der Vorstellung im Blut). Wenn ich es so verstehe, erhalte ich Sinn m.E. Wenn ich den Geist Jesu verinnerliche, also seine Liebe zu der meinen wird, dann wird das Böse überwunden und das bereits Geschehene ist unwirksam, vergeben.