Die Eigenschaften Gottes

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#61 Re: Die Eigenschaften Gottes

Beitrag von closs » Mi 17. Sep 2014, 19:08

Pluto hat geschrieben:Warum also sollten nur schlechte Emotionen falsch übersetzt worden sein, "gute" aber nicht?
"Falsch übersetzt" wäre zu hart (habe ich es SO gesagt?) - meistens liegt es an der Konnotation. - Man kann unter "Vergeltung" etwas Unversöhnliches, Rachesüchtiges, etc. verstehen oder das Wort wörtlich verstehen im Sinne von "yield" (dieselbe Sprachwurzel) - man kann auch an das deutsche "Vergelt's Gott" denken, bei dem die Gegenleistung positiv besetzt ist. - Dassselbe gilt für "Rache" (got. "wrikan" = "verfolgen") - also ein zu Vergeltendes zu stellen, um einen Verstoß ins rechte Lot zu bringen - klingt ganz anders als das Bild, bei dem jemand das Messer zwischen den Zähnen hat.

Konkret auf Deine Frage bezogen: Die guten Emotionen sind unproblematisch - vielleicht sind sie auch falsch konnotiert, aber es fällt nicht auf, weil Einvernehmlichkeit besteht. - Bei den schlechten Emotionen muss man dagegen genauer hinschauen, weil eine falsche Konnotation ein falsches Licht auf Gott werfen kann.

Pluto
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#62 Re: Die Eigenschaften Gottes

Beitrag von Pluto » Mi 17. Sep 2014, 19:13

closs hat geschrieben:Bei den schlechten Emotionen muss man dagegen genauer hinschauen, weil eine falsche Konnotation ein falsches Licht auf Gott werfen kann.
Wie kann dann eine Passage wie die vorhin von mir zitierte aus 5.Mose 32,19-25 entstehen? Wie soll man das anders verstehen, als ein Gott der die übelsten Verwünschungen (Unheil, Pfeile) aus Rachsucht, Zorn und Eifersucht austeilt?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#63 Re: Die Eigenschaften Gottes

Beitrag von closs » Mi 17. Sep 2014, 19:18

JackSparrow hat geschrieben:Wo sonst außer in der Bibel informiert man sich denn über Christus?
Im Gegensatz zu vielen Christen bin ich fest überzeugt, dass man Christus auch incognito folgen kann. - Die einfache nordkoreanische Frau, die mit Liebe und unter Leiden ihre Kinder durchbringt, ist näher an Christus, als mancher Parade-Christ - siehe dazu Römer 2,14.

JackSparrow hat geschrieben:Wo sonst außer in der Bibel informiert man sich denn über den Willen Gottes?
WENN man das Wesen Gottes über die Liebe begriffen hat oder wenigstens Gott begreifen wollen KANN, ist die Bibel eine Super-Quelle für weitere Schritte (allerdings sollte keiner das AT lesen, der nicht vorher 1.Kor. 13 verstanden hat).

JackSparrow hat geschrieben:Diejenigen Teile der Bibel, die uns gerade nicht in den Kram passen, können wir ja einfach als Übersetzungsfehler betrachten.
Stimmt - oft hat es auch damit zu tun, dass die Bibel in Geschichten erzählt, die in sich geschlossen sind - das heisst: Man sollte die Einzelgeschichten kapieren, ohne Widersprüche rein sprachlicher Natur von ganz woanders her zu suchen und zu finden.

Es hat auch damit zu tun, dass gerade im AT Dinge stehen, die man im Sinne des NT nicht verstehen kann - weil sich die Bibel entwickelt - oft aus dem Volks-Göttischen ins Universal-Göttliche hinein.

JackSparrow hat geschrieben:Gibt der HERR in der Bibel nicht selbst zu, dass für alles Unheil ebenso verantwortlich ist wie für alles Gute?
In Einzelfällen JA - allerdings als Folge von menschlichem Fehlverhalten - wobei sehr oft komplett Unbeteiligte sterben - das ist mit "normalen" Verständnis nicht vermittelbar.

Deshalb sollte man sich in Erinnerung rufen, dass Daseins-Tod aus göttlicher Sicht immer Heimkehr ist - also keine Strafe ist, sondern Abzug aus dem Dasein.

closs
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#64 Re: Die Eigenschaften Gottes

Beitrag von closs » Mi 17. Sep 2014, 19:39

Pluto hat geschrieben:Wie kann dann eine Passage wie die vorhin von mir zitierte aus 5.Mose 32,19-25 entstehen?
Sorry - komme gerade nicht nach.

Ja - auch hier wieder das Doppelmotiv: Einerseits volks-göttische Darstellung der Text-Verfasser, die dasselbe ohne Paradigmen-Wechsel genauso gut Baal sagen lassen könnten. - Andererseits eine tiefere Wahrheit, die unserem Denken heute fremd ist.

Meine Beobachtung beim ziemlich intensiven Lesen der Bücher Genesis bis Hiob war, dass Text-Verfasser und/oder Figuren des AT oft überhaupt nicht wissen, was sie über Volks-Göttisches hinaus sagen - und es trotzdem sagen (da kann man tatsächlich den HG als "Federführenden" verstehen). - Und wenn man sich das AT aus der Vogelschau betrachtet, sieht man in jedem Buch furchtbar viel Dunkelheit, die von Leuchtfeuern unterbrochen werden, die insgesamt eine Richtung geben - die aber von den einzelnen Textverfassern (und ohnehin Figuren) NICHT gesehen werden - so wie ein Puzzleteil das Bild nicht kennt, für das es gebraucht wird.

Insofern würde ich Dein Zitat aus volks-göttischer Sicht als pure Gewalt-Orgie verstehen, die NICHTS mit Liebe zu tun hat - aber aus göttlicher Sicht als Schauspiel sehen, bei dem der Einzelne (!!) nicht schlechter da steht als im NT oder in heutigen Zeiten - denn: Ob der Mensch aufgrund einer Gewalt-Orgie stirbt oder weil ihm zufällig der Fön ins Badewasser fällt, ist für ihn exakt dasselbe. - NICHT dasselbe ist es unter heilsgeschichtlichen Gesichtspunkten.

Und immer wieder: Daseins-Tod ist aus christlicher Sicht immer Heimkehr. - Allerdings kann man das nur bei einem universalen Gottesbild (das das meinige ist) mit der logischen Folge der letztlichen Allversöhnung verstehen. - Für einen "Standard-Christen" nach heutigem Stand der Heilsgeschichte ist es dagegen sehr schwer, solche Widersprüche aufzulösen.

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#65 Re: Die Eigenschaften Gottes

Beitrag von Lena » Mi 17. Sep 2014, 19:45

Seinen Kindern geht der Vater nach und führt sie zum ewigen Leben. Aus dem Wort lese ich nicht, dass alle Menschen Kinder Gottes sind...
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
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#66 Re: Die Eigenschaften Gottes

Beitrag von Simplicius » Mi 17. Sep 2014, 20:13

Hallo Jack,

closs hat schon prima geantwortet, ich will noch kurz meinen Senf dazutun:

Jack hat geschrieben:Wo sonst außer in der Bibel informiert man sich denn über Christus?

vor der Bibel gab es die Tradition und mündliche Überlieferung, dazu haben wir auch noch den Geist, der uns in alle Wahrheit leitet. Jesus hat uns kein Buch verheißen, daß uns an ihn erinnern wird, sondern den Heiligen Geist - Joh 14, 26 -, darum trifft auch closs´ Beispiel mit der nordkoreanischen Mutter voll ins Schwarze:

Der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

Das Christentum ist keine Buchreligion wie das Judentum oder der Islam, das Christentum ist eine Religion des Geistes. Wer Gottes Liebe empfängt, gibt Gottes Liebe weiter, so weht der Geist Christi durch alle Zeiten.

Jack hat geschrieben:Wo sonst außer in der Bibel informiert man sich denn über den Willen Gottes?

Wie wäre es mit beten? Hast Du denn keine lebendige Beziehung zu Gott? Sprichst Du denn nicht mit Deinem Vater? Erbittest Du nicht Antworten auf Deine Fragen? Dazu paßt wieder mein freikirchlicher Kollege: "Wozu beten und den Heiligen Geist? Wir haben doch die Bibel, die uns alles sagt, was wir zu tun und zu lassen haben"...

Jack hat geschrieben:Manche Leute sagen, Jesus sei überall. Ich hab auch mal hinterm Sofa nachgeschaut, aber da war er nicht.

Wie wäre es, wenn Du ihn zuerst einmal in Dir suchst, anstatt außerhalb von Dir? Wohnt er nicht in Deinem Herzen? Klopf mal an, ich bin sicher, er wartet schon auf Dich:

Angelus Silesius hat geschrieben: Halt an! Wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir! Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.

Liebe Grüße, Simplicius.
"Manni Flanke, ich Kopf, Tor!" (Horst Hrubesch).

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#67 Re: Die Eigenschaften Gottes

Beitrag von Pluto » Mi 17. Sep 2014, 20:24

closs hat geschrieben:Insofern würde ich Dein Zitat aus volks-göttischer Sicht als pure Gewalt-Orgie verstehen, die NICHTS mit Liebe zu tun hat - aber aus göttlicher Sicht als Schauspiel sehen, bei dem der Einzelne (!!) nicht schlechter da steht als im NT oder in heutigen Zeiten - denn:

Ob der Mensch aufgrund einer Gewalt-Orgie stirbt oder weil ihm zufällig der Fön ins Badewasser fällt, ist für ihn exakt dasselbe. - NICHT dasselbe ist es unter heilsgeschichtlichen Gesichtspunkten.
Egal wie du es betrachten willst, es ist ganz und gar nicht dasselbe. Das bildest du dir nur ein.
Ursache und Wirkung sind völlig unterschiedlich. In dem einem Fall ist es ein schneller, schmerzloser Tod durch den nassen Föhn, im anderen Fall...

Wenn Gott sich an den Menschen rächt, dann hat das erst einmal nichts mehr damit zu tun, dass er sie nach ihrem freiem Willen wählen lässt.
Er ist eifersüchtig und zornig (sagt ER). Er begnügt sich auch nicht damit, sie einfach zu töten; nein, hier quält er sie langsam in den Tod (Unheil, Hunger, Pest, Feuer...).
Diese Passage anders zu verstehen, ist schlicht unmöglich.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Simplicius
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#68 Re: Die Eigenschaften Gottes

Beitrag von Simplicius » Mi 17. Sep 2014, 20:45

Hallo Pluto,

Pluto hat geschrieben: Er eifersüchtig und zornig (sagt ER). Er begnügt sich auch nicht damit, sie einfach zu töten; nein, hier quält er sie langsam in den Tod (Unheil, Hunger, Pest, Feuer...). Diese Passage anders zu verstehen, ist schlicht unmöglich.

ich fände es sinnvoller, die angesprochenen Pauschalisierungen konkret zu benennen, denn die Bibel ist derart reichhaltig, daß man kein pauschales Urteil abgeben kann, sondern im Einzelfall urteilen muß. Richtig ist, daß Gott heilig, rein und gerecht ist und darum keine Gemeinschaft mit Dingen haben kann, die diesem seinem Wesen zuwider sind. Er hat seinen einzigen Sohn dafür gegeben, daß wir mit ihm Gemeinschaft haben können, ich finde also den Zorn Gottes mehr als berechtigt, wenn diese Gemeinschaft wieder bedroht wird. Die Sünde ist Ernst, das macht Gottes Zorn sehr deutlich, es läßt ihn nicht kalt.

Aber Gottes Zorn ist nicht sein Wesen, wie schön drückt es David aus im Psalm 30,6:

Sein Zorn währet einen Augenblick und lebenslang seine Gnade.

Ja, Gott zürnt bis hin zum Jüngsten Gericht, dieser Zorn ist Ausdruck seines Hasses auf die Sünde, die uns von ihm trennen will. Wer schon einmal verliebt war, der weiß sicher, wie wehe es tut, wenn unserem Geliebten wehgetan wird oder wenn wir ihm nicht nahe sein können. Wie viel mehr legt sich Gott ins Zeug, um uns bei sich zu haben - aus Liebe!

Liebe Grüße, Simplicius.
"Manni Flanke, ich Kopf, Tor!" (Horst Hrubesch).

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#69 Re: Die Eigenschaften Gottes

Beitrag von JackSparrow » Mi 17. Sep 2014, 20:52

Simplicius hat geschrieben:Hast Du denn keine lebendige Beziehung zu Gott?
Das weiß ich nicht. Woran erkennt man eine lebendige Beziehung zu Gott?

Sprichst Du denn nicht mit Deinem Vater?
Ich spreche im Grunde mit allen meinen lebenden Verwandten.

Erbittest Du nicht Antworten auf Deine Fragen?
Letztens fragte ich mich, ob der Preis für Rohöl in den nächsten Tagen eher steigen oder eher sinken wird. Leider habe ich bisher keine Antwort erhalten, aber ich bleibe weiterhin zuversichtlich und voller Erwartung.

Wir haben doch die Bibel, die uns alles sagt, was wir zu tun und zu lassen haben"...
Wenn es Gottes Wille ist, dann wird es eintreten. Wenn es nicht Gottes Wille ist, dann wird es nicht eintreten. Bei "Beten" handelt es sich somit um eine zutiefst redundante Tätigkeit, die eher einen Mangel an Glauben vermuten lässt.

Wie wäre es, wenn Du ihn zuerst einmal in Dir suchst, anstatt außerhalb von Dir? Wohnt er nicht in Deinem Herzen?
Mein Herz besteht hauptsächlich aus vier von Muskelgewebe umschlossenen Hohlräumen (ich hab nicht persönlich nachgeschaut, aber ich vermute es aufgrund der Symptome). Ich bezweifle, dass in meinem Körper weitere mehrzellige Lebewesen anzutreffen sind.

Wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir!
Dann hat Gott nicht am Anfang Himmel und Erde erschaffen?

closs
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#70 Re: Die Eigenschaften Gottes

Beitrag von closs » Mi 17. Sep 2014, 20:55

Lena hat geschrieben:Seinen Kindern geht der Vater nach und führt sie zum ewigen Leben. Aus dem Wort lese ich nicht, dass alle Menschen Kinder Gottes sind...
Ergibt sich das nicht aus der Ausgangslage, dass JEDER Mensch aus Gott kommt, also Kind von Gott ist?

Nun ist die Differenzierung von sich für Gott entscheidende und sich NICHT für ihn entscheidende Menschen bekannt - und das durchaus zurecht - denn die einen erkennen ihre Herkunft und die anderen nicht (warum auch immer es so ist). - Nur: Hast Du jemals erlebt, dass eine Mutter gesagt hätte, dies sei nicht ihr Kind, weil das Kind sie nicht erkennt? - Wenn das eine Mutter nicht sagt, um wieviel weniger würde das Gott sagen.

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