“erbreich“ hat geschrieben:Wenn ich unser Gespräch bisher richtig verstanden habe, dann ist das, worum es uns geht, eine Antwort auf die Frage zu finden: "Wie funktioniert der Mensch" (und deiner Ansicht nach, vermag keine Religion diese Frage sinnvoll zu beantworten).
Nun, der Startpunkt war der Widerspruch, dass man das Anhaften aufgeben können soll, indem man an eine Regel anhaftet.
Weil du keinen Widerspruch sehen wolltest, sind wir auf die Frage gekommen, was ein Mensch sein soll, damit dies funktionieren können soll.
Ich habe dir zu deinen ersten Antwort-Aussagen meine Fragen präsentiert, die du aber nicht beantworten konntest und so habe ich dir als Alternative einen kleine Liste meiner Aussagen gegeben, die du kritisieren hättest können/sollen.
Jetzt präsentierst du „
dein buddhistisches Verständnis“.
Wir sollten vielleicht zuerst einmal festhalten, dass es im Buddhismus (wie in anderen Religionen) Richtungen gibt, die sich aufgespaltet haben, d.h. „dein Verständnis“ ist entweder eine dieser Richtungen oder deine persönliche Mischung aus Richtungsteilen, aber du präsentierst nicht „den Buddhismus“.
Die Grundlage für die Aufspaltung ist (wie sonst auch) die Deutung von „überlieferten Behauptungen“, d.h. es liegt keine Funktionalität vor sondern eine Deutungsgrundlage, bei der man sich ganz einfach über Begriffe streiten kann/muss, weil sie eigenartig im Raum stehen und nicht so ohne weiteres geprüft werden (können).
Wie du sicherlich festgestellt hast, habe ich in der kleinen Auflistung meiner Ansicht, nirgendwo das Wort „Geist“ verwendet, sondern habe nur den Körper und seine Funktion/Zellreaktion (in Bezug auf eine Umwelt) verwendet. Dadurch gibt es keinen Anlass irgendwelche anderen Teile hineinzudichten.
Nun sagst du:
“erbreich“ hat geschrieben:Was ist der Mensch? Du sagst: "Der Körper ist das Subjekt". Damit kann ich mich einverstanden erklären. "Nicht-Körperlichkeits-Phantasien" hege ich keine, falls du damit meinen solltest, dass es eine menschliche Existenz ohne Körper geben könnte.
…
Der Mensch ist eine körperlich-geistige Einheit (besser: eine ebensolcher Prozess).
Hier beginnt leider schon wieder ein enormes Deutungspotential, denn was sagst du da eigentlich?
Was soll dieser „Geistig“-Part sein, denn du als „Einheit“ anführen möchtest.
Du willst mir zwar zustimmen, führst aber einfach mal so „Geist“ ein, wobei du es dann doch wieder nicht gemacht haben möchtest, indem du es als „Einheit“ bezeichnest.
Wenn du mir zustimmst, dass es ausschliesslich um den Körper geht, dann werden keine Hinweise auf irgendwelche „Einheiten“ benötigt, ansonsten stimmst du mir eben doch nicht zu – was du ja gerne machen kannst.
Du versuchst mich ein wenig dazu zu überreden, dass es schon auch immer auf den Körper ankommt – nö, es ist
„nur“ der Körper -> das Wort „Geist“ verstehe ich quasi nur in Form des antiken „Luft“-Rätsels, als man vermutete, dass sich ein wesentlicher Lebensanteil in der „Luft“ befände.
Sobald du mir eine „Einheit“ in dieser Richtung vorschlägst, sage ich natürlich sofort
Nein.
“erbreich“ hat geschrieben:1) Beginnen wir beim Körper: Der Körper ist ausgestattet mit 6 Sinnen (Seh-, Hör-, Geruchs-, Geschmacks-, Tast-, Geist-Sinn).
Diese sechs Sinne kommen in Kontakt mit den ihnen zugehörigen Sinnesobjekten und das was dabei geschieht, nennen wir Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten, Denken.
Naja, die Sinnes-Einteilung („Geist“-Sinn ist lustig und hört sich nach „Markus Gabriel“ an) ist eine sehr grobmotorische Sichtweise, denn stell dir mal vor, dass in jedem Muskelanteil, der vom Körper über das Nervensystem angesteuert wird auch wieder eine Feedback-Sensorzelle steckt, so dass eine Ausgabe sofort wieder zu einer Eingabe führt. Der Körper steuert sich nicht nur, sondern er „durchlebt“ den Verlauf der Steuerung.
Stell dir mal ganz unabhängig von Sinneszellen vor, dass sich das gesamte Nervensystem
innerhalb der biochemischen Abläufe des Körpers befindet und dass auf diese Weise jede Hormonausschüttung, jedes Ungleichgewicht im biochemischen Haushalt eine Auswirkung auf die Abläufe im Nervensystem hat, was wiederum als Anlass zum Aufbau von Zusammenhängen im Nervensystem eingesetzt wird.
Ich möchte damit sagen, dass der Körper ein Universum an Funktionalität ist und dass man sehr vorsichtig sein sollte, hier „Anteile“ neben dem Körper aufzulisten.
Du listest auf:
“erbreich“ hat geschrieben:2) Gefühl
3) Wahrnehmung
4) Willensregungen
5) Bewusstsein
All diese Punkte (wobei du sie hier als „Objekte“ anführst) sind von den Funktionen des Körpers abgedeckt – darüber hinaus gibt es natürlich noch weitaus mehr (z.B. das Objekt- und Handlungsverständnis – ohne dieses braucht man nicht von Subjektivität anfangen)
“erbreich“ hat geschrieben:Um es ganz klar zu stellen, keiner dieser Aspekte des Menschseins hat irgendwie Bestand, alle fünf - die im übrigen nur gemeinsam existieren können, also eben als das "Subjekt" - sind vergänglich.
Hier sehe ich einen Behauptungswechsel vorliegen:
auf der einen Seite soll es darum gehen, dass es kein „Ich“ geben soll, jetzt soll „die Vergänglichkeit“ betont werden.
Vielleicht habe ich es hier mit vielen buddhistischen Ansichten zu tun, aber es gilt:
diese Sprunghaftigkeit kann niemals zu einer Funktionalität gehören.
“erbreich“ hat geschrieben:Hierzu aus dem buddhistischen Wörterbuch von Nyanatiloka (er übersetzt statt "Willensregungen" "Geistesformationen"):
Unser so genanntes individuelles Dasein ist in Wirklichkeit nichts weiter als ein bloßer Prozess dieser körperlichen und geistigen Phänomene. Hier sei besonders betont, daß auch die sog. 5 Daseinsgruppen als solche, genau genommen, lediglich eine abstrakte Klassifikation darstellen und daß, von der vierten Gruppe der Geistesformationen (Anm: "Willensregungen") abgesehen, die Gruppen als solche überhaupt keine Wirklichkeit haben (Anm: die "Willensregungen" haben "Wirklichkeit", weil sie in dem Sinne, dass sie Handlungen initieren, also "wirken").
OK, dies scheint die offizielle Behauptung einer buddhistischen Richtung zu sein.
Ich sag es gleich, das ist sehr schwammig und problematisch.
Der erste Satz soll wohl darauf hindeuten, dass es kein Individuum geben soll (womit wir wieder nicht bei Vergänglichkeit, sondern beim anderen Extrem wären), stattdessen werden „körperliche und geistige Phänomene“ eingeführt.
Unter „körperliches Phänomen“ verstehe ich natürlich „den Körper“, aber warum soll das kein Individuum sein? Was ist ein Individuum, wenn der Körper keines sein soll?
„geistiges Phänomen“ ist für mich (wie oben beschrieben) eine „Luft“-Behauptung.
Im Weiteren wird eine Wirklichkeitsbehauptung in Richtung „Geistesformation“ aufgestellt, eine Art „Ursachen“-Behauptung, die in den 5 Gruppen
neben den Körper platziert wird, womit ich natürlich nichts anfangen kann und selbstverständlich auch wieder meine Fragen stelle.
Bei dir konnte ich gerade nur von „sechsfachen Willensregungen“ lesen, mehr nicht – damit kann ich natürlich nicht viel anfangen (6-„Luft“-Formationen?)
“erbreich“ hat geschrieben:Ich hege also keinerlei "Nicht-Körperlichkeits-Phantasien"
Es scheint eher schon so zu sein, denn du stellst ja einige Punkte neben den Körper – ich verwende „nur“ den Körper und seine Zell-Reaktionen.
Ich sehe in den buddhistischen Aussagen eher ein „Hin und Her“, so dass für jeden was dabei sein könnte.
Das ist vermutlich dann auch eine Grundlage für die verschiedenen buddhistischen Richtungen – irgendwoher muss es ja kommen.
(hinzu kommt, dass es sich im Westen um „Übersetzungen“, quasi Verwestlichungen der Behauptungen handeln könnte)
Ist dir aufgefallen, dass in deiner Auflistung nirgendwo das Nervensystem/Gehirn vorkommt – wie geht das, wo es doch vorhanden ist und die dortigen Reaktionen genau die vier Punkte „neben dem Körper“ abdecken?
Kann ich ganze buddhistische Bücher lesen, ohne dass ich dem Wort „Gehirn“ auch nur einmal begegne?
Falls dem so ist, wie soll es sich dann dabei um eine Beschreibung „was ein Mensch ist“ handeln?
Danach würden dann ja auch noch bestimmte buddhistische Zielsetzungen kommen. Du sagst, dass du nicht auf Reinkarnation setzt, aber andere buddhistische Richtungen tun es wohl schon und dann gibt auch noch die „Karma“-Idee, die wohl von buddhistischen Richtungen vertreten wird, die nicht auf Reinkarnation setzen – nur wie soll das alles funktionieren?