Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#461 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Fr 23. Sep 2016, 16:56

sven23 hat geschrieben:Das ist längst widerlegt.
Nur dann, wenn man per Definition von "Wissen" kräftig nachhilft. - Wie sollte es von wem widerlegt sein? AUSSER per Setzung?

"Wissen" ist nichts anderes als ein intersubjektiv darstellbaren Ergebnis INNERHALB eines Systems. Über dieses System hinaus können "als Wissen deklarierte Sachverhalts­beschreibungen wahr oder falsch" (wik) sein.

sven23 hat geschrieben:Auch auf der "Nathan der Weise" Ebene kommt das Christentum nicht besonders gut weg.
Deskriptiv korrekt - vergiss nicht, dass die sog. "Aufklärung" eine Bewegung gegen damalige die kirchliche PRaxis des Christentums war - das ist keine Aussage gegen das Christentum in seinem philosophischen/spirituellen Gehalt.

sven23 hat geschrieben:Nein, dass du das immer noch behauptest, zeigt, dass du die Definition von Zirkelschluss/Zirkelbeweis immer noch nicht verstanden hast.
Du zirkelst zu eng. - JEDER Beweis ist insofern zirkelreferent, als dass er eine abhängige Größe ist von der Voraussetzung dazu: "Voraus-Setzung - Behauptung - Beweis" - so funktioniert JEDER Beweis.

Insofern ist die kanonische Exegese natürlich zirkelreferent, weil sie alles hin deutet auf die Voraussetzung "Es gibt Gott". - Aber die HKM ist es AUCH, weil sie alles hindeutet auf die Voraussetzung "Jesus war nur Mensch". - BEIDE sind somit nicht universal ergebnisoffen.

Münek hat geschrieben:Du klammerst aus, dass an den Falkultäten auch in den Fächern Dogmatik und Fundamentaltheologie gelehrt wird.
Das kommt dann zusätzlich dazu - auch dort muss man daheim sein, um es zu verstehen. - Übrigens: Da hätte ich durchaus einiges zu kritisieren - aber man sollte halt erst kritisieren, NACHDEM man etwas verstanden hat.

Wir haben generell in unserer Zeit das Problem, dass Kritisieren über Kapieren steht.

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sven23
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#462 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » Fr 23. Sep 2016, 17:32

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist längst widerlegt.
Nur dann, wenn man per Definition von "Wissen" kräftig nachhilft. - Wie sollte es von wem widerlegt sein? AUSSER per Setzung?

"Wissen" ist nichts anderes als ein intersubjektiv darstellbaren Ergebnis INNERHALB eines Systems. Über dieses System hinaus können "als Wissen deklarierte Sachverhalts­beschreibungen wahr oder falsch" (wik) sein.
Auch deklariertes Wissen muss gewisse Anforderungen gem. deiner Definition erfüllen. (Wahre und gerechtfertigte Meinung mit einem größtmöglichen Grad an Gewissheit, so dass von ihrer Gültigkeit oder Wahrheit ausgegangen wird)
Glauben muss diese Anforderungen nicht erfüllen. Es bringt nichts, das alles miteinander zu vermanschen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Auch auf der "Nathan der Weise" Ebene kommt das Christentum nicht besonders gut weg.
Deskriptiv korrekt - vergiss nicht, dass die sog. "Aufklärung" eine Bewegung gegen damalige die kirchliche PRaxis des Christentums war - das ist keine Aussage gegen das Christentum in seinem philosophischen/spirituellen Gehalt.
Da wäre ich mir nicht so sicher. Schließlich hat das Christentum auf Grund seiner Grundstruktur viel Unheil über die Menschen gebracht. Zu erwähnen wäre da der Antijudaismus und der auf Expansion ausgerichtete Missionsbefehl. Die Forschung kann Jesus sogar in diesem Punkt entlasten. Der Jude Jesus wollte gar keine weltweite Missionierung, das wurde ihm später angedichtet, weil man erkannte, dass mit der neuen Sekte bei Juden kein Blumentopf zu gewinnen war.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Nein, dass du das immer noch behauptest, zeigt, dass du die Definition von Zirkelschluss/Zirkelbeweis immer noch nicht verstanden hast.
Du zirkelst zu eng. .
Ein Beispiel für einen klassischen Zirkelschluss.
Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
Quelle: Wikipedia


closs hat geschrieben: Wir haben generell in unserer Zeit das Problem, dass Kritisieren über Kapieren steht.
Es kann aber auch sein, dass man kritisiert, weil man kapiert hat.
Du verwechselst immer kapieren eines Sachverhalts mit bejubeln desselben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#463 Re: Theodizee

Beitrag von Pluto » Fr 23. Sep 2016, 17:37

closs hat geschrieben:Meine Aussage ist: Die christlich-theologische Auslegung der Bibel kommt mehrheitlich zum Schluss, dass Jesus keine Naherwartung hatte.
Diese Ansicht halte ich für falsch. Frage mal die Theologen an den Universitäten des Landes. Sie werden dir die Ansicht Müneks bestätigen.

closs hat geschrieben:Weil sie erwarten, dass man geistige Dinge historisch-kritisch erkennen könne, und auf die Schnauze fallen,
Man kann sehr wohl die Dinge rational als kritisch-historisch erkennen, aber mann muss natürlich auch dazu bereit sein.

closs hat geschrieben:wenn eine kritisch-rationale Disziplin ("Real ist nur, was falsifizierbar ist") keine oder andere Antworten gibt.
Wenn das wahr wäre, müsste ich dir zustimmen. Aber...
Falsifikation bedeutet: Für den Menschen "real" ist nur das was empirisch und intersubjektiv bestätigt werden kann. Alles andere kann man bestenfalls Vermutung nennen. Normalerweise ist es ein Wunschtraum. Schlimmstenfalls wird es zum Dogma (wie z.B. die Himmelfahrt Marias oder die Eucharistie).
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#464 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Fr 23. Sep 2016, 18:06

sven23 hat geschrieben:Glauben muss diese Anforderungen nicht erfüllen.
Da ist was dran - was allerdings an der sehr heterogenen Bedeutung von "GLaube" hängt. - "Glaube" im christlichen Sinne (siehe auch wik) ist etwas anderes als unser heutiges Verständnis wie "Ich glaube, ich müsste mich wieder mal duschen".

"Glaube" im spirituellen Sinne passt schon zum Begriff "deklariertes Wissen".

sven23 hat geschrieben: Schließlich hat das Christentum auf Grund seiner Grundstruktur viel Unheil über die Menschen gebracht.
Auch das ist deskriptiv. - Normativ ist Christentum "Liebe Deinen Nächsten" (incl. "Deine Feinde").

sven23 hat geschrieben:Ein Beispiel für einen klassischen Zirkelschluss.
Die Bibel ist Gottes Wort, denn es steht geschrieben „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.
DAS ist ein Zirkelschluss in Deinem Sinne - und das ist ein gutes Beispiel dafür. - Mir geht es um die viel weitere Dimension des Begriffs "Zirkelschluss" - ein Versuch:

"Methodisch schließen wir alles aus, dass Jesus Gott war. - Deshalb verstehen wir die leibliche Auferstehung Jesu als Legende."

sven23 hat geschrieben:Es kann aber auch sein, dass man kritisiert, weil man kapiert hat.
Auch das gibt es - aber eher die Ausnahme.

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#465 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Fr 23. Sep 2016, 18:16

Pluto hat geschrieben:Diese Ansicht halte ich für falsch. Frage mal die Theologen an den Universitäten des Landes. Sie werden dir die Ansicht Müneks bestätigen.
Das kommt drauf an, in welche Fakultät und in welche Uni Du gehst. - Eine Giordano-Bruno-Uni wird eher Personal in die eine Richtung - die RKK-Uni Eichstätt eher Personal in die andere Richtung haben.

Wir sind hier nicht in der Naturwissenschaft, sondern in der Geisteswissenschaft - da nimmt der Forschende seine eigene Weltanschauung in seine weltanschauliche Arbeit hinein.

Richtig ist, dass es in den letzten Jahrzehnten eine Vermischung von Theologie und Religions-Wissenschaft gegeben hat. - Die Frage lautet oft nicht mehr "Was bedeutet das, wenn man Gott als Grundlage annimmt?" (Theologie), sondern "Wie sind unter säkular-aufgeklärten Bedingungen Religionen der Zeit mythologisch zu verstehen?" (Religions-Wissenschaft). - Auch hier macht die Setzung die Schlussfolgerung.

Pluto hat geschrieben:Man kann sehr wohl die Dinge rational als kritisch-historisch erkennen, aber mann muss natürlich auch dazu bereit sein.
So schwer ist das ja nicht - aber man muss es auch in seiner Aussage-Reichweite einordnen können.

Pluto hat geschrieben:Falsifikation bedeutet: Für den Menschen "real" ist nur das was empirisch und intersubjektiv bestätigt werden kann.
Methodisch nachvollziehbar - nur ist die Praxis in der Welt eine andere: Dort ist "real", was "wirklich" ist - und das kann auch Nicht-Falsifizierbares sein wie etwa Gott".

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#466 Re: Theodizee

Beitrag von Ska'ara » Fr 23. Sep 2016, 18:50

Münek hat geschrieben: Kein Gläubiger ist gezwungen, an einem öffentlichen Forum teilzunehmen. Tut er es aber, muss er damit rechnen, dass ihm der kalte
Wind der Realität ins Gesicht bläst und er mit unangenehmen Tatsachen (z.B. Ergebnissen der wissenschaftstheologischen Forschung) konfrontiert wird, die er bisher nicht kannte.
Der kalte Wind? Stimmt, eiskalt, aber Realität? Real ist, was stimmt, nicht, was du für richtig hältst. Das kann alles sein, denn das Morgige ist noch nicht gedacht worden. Du trittst auf der Stelle und merkst es nicht einmal.


Falls Du es noch nicht bemerkt haben solltest: sehr viele Argumente der Agnostiker/Atheisten werden ihnen aus dem theologischen Lager
selbst
frei Haus geliefert. Das ist ja das Kuriose. Was glaubst, weshalb nicht wenige Studenten ihr Theologiestudium abbrechen?
Sie finden keine verlangten Beweise ... :mrgreen:

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sven23
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#467 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » Fr 23. Sep 2016, 19:11

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Glauben muss diese Anforderungen nicht erfüllen.
Da ist was dran - was allerdings an der sehr heterogenen Bedeutung von "GLaube" hängt. - "Glaube" im christlichen Sinne (siehe auch wik) ist etwas anderes als unser heutiges Verständnis wie "Ich glaube, ich müsste mich wieder mal duschen".

"Glaube" im spirituellen Sinne passt schon zum Begriff "deklariertes Wissen".

Der Unterschied liegt auf der Hand.
"Im philosophischen und speziell erkenntnistheoretischen Sinn bedeutet Glauben ein Fürwahrhalten eigener Wahrnehmungen, Überzeugungen (Glaube, Dogma, Paradigma) und Schlussfolgerungen, die hier jedoch nicht logisch zwingend sein müssen. Dieses Fürwahrhalten bedarf nicht zwingend objektiver Begründung und kann subjektiv sein."

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Schließlich hat das Christentum auf Grund seiner Grundstruktur viel Unheil über die Menschen gebracht.
Auch das ist deskriptiv. - Normativ ist Christentum "Liebe Deinen Nächsten" (incl. "Deine Feinde").
Natürlich deskriptiv, denn an ihren Taten sollte ihr sie messen.

Das Christentum ist theoretisch der friedliebendste, praktisch aber der blutrünstigste Glaubensverband der Weltgeschichte.
(Karlheinz Deschner, dt. Schriftsteller)

Seltsam ist ja auch, dass Gott nicht gewußt haben soll, dass mit der Kirche das Unheil kam.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#468 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Fr 23. Sep 2016, 19:21

sven23 hat geschrieben:"Im philosophischen und speziell erkenntnistheoretischen Sinn bedeutet Glauben ein Fürwahrhalten eigener Wahrnehmungen, Überzeugungen (Glaube, Dogma, Paradigma) und Schlussfolgerungen, die hier jedoch nicht logisch zwingend sein müssen. Dieses Fürwahrhalten bedarf nicht zwingend objektiver Begründung und kann subjektiv sein."
Auch "Wissen" ist Fürwahrhalten, denn auch "Wissen" kann wahr oder falsch sein.

sven23 hat geschrieben:Natürlich deskriptiv, denn an ihren Taten sollte ihr sie messen.
Die Kirche kannst Du prinzipiell daran messen - korrekt. - Aber was hat das mit dem normativen Christentum (alias NT) zu tun?

sven23 hat geschrieben:Seltsam ist ja auch, dass Gott nicht gewußt haben soll, dass mit der Kirche das Unheil kam.
Wer erzählt sowas?

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#469 Re: Theodizee

Beitrag von Pluto » Fr 23. Sep 2016, 19:26

Ska'ara hat geschrieben:Real ist, was stimmt, nicht, was du für richtig hältst.
Nee. Real ist was du als Realität wahrnimmst.


Ska'ara hat geschrieben:Was glaubst, weshalb nicht wenige Studenten ihr Theologiestudium abbrechen?
Sie finden keine verlangten Beweise ... :mrgreen:
Ja! Und werden dadurch zu Atheisten.

Man sagt: "Der schnellste Weg zum Atheismus führt über ein Studium der Theologie".
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#470 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » Fr 23. Sep 2016, 19:36

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Seltsam ist ja auch, dass Gott nicht gewußt haben soll, dass mit der Kirche das Unheil kam.
Wer erzählt sowas?
Du meinst, er hat es gewußt und es trotzdem durchgezogen? :shock:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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