Anton B. hat geschrieben:Noch simpler ist die Möglichkeit, der Paulus habe eben generell etwas gegen "fleischliche Freude" und Triebe und drücke in Anbetracht des nahen Gerichts nur unter bestimmten, sehr rigiden Voraussetzungen beide Augen zu.
Nein, das wäre aufwendiger, denn man müsste dabei den Text und die Situation rund um den Text ignorieren. Man müsste eine fadenscheinige Begründung für dieses Ignorieren erfinden -> also kommt etwas hinzu (Ignorieren und Erfinden), wodurch es aufwendiger ist.
So etwas machen nur Leute, die ein bestimmten Ergebnis haben
wollen.
Anton B. hat geschrieben:Keine Ahnung. Ich sehe eine gewisse Absicht bei Begriffen wie "Schwuli", aber "Homöosexualität" ist für mich erstmal ein phänomenologisch-deskriptiver Begriff, der nicht Gegenstand einer besonderen konnotativen negativen Beladung ist, als Kampfbegriff benutzt wird oder perjorativ irgendwem entgegen geschleudert wird.
Wenn in einer antiken Zeit die "Kultur der sexuellen Unterdrückung" Mode war und jemand einen Begriff aus der Neuzeit dort einsetzt, dann wird was genau gemacht?
=> es wird die damalige Gewaltausübung („Vergewaltigung zur Machtdemonstration“) mit einer erforschten natürlichen Neigung gleichgesetzt.
Da sich hieraus bereits eine Diskriminierungs-Gewohnheit gebildet hat, wird der Begriff (im Rahmen der Religion) zum Kampfbegriff und er wird perjorativ entgegen geschleudert – und zwar von denen die ein lustiges „wir lieben euch alle“ drunter setzen.
Anton B. hat geschrieben:Ich gebe Dir Recht, dass sich Paulus nicht "speziell" auf das, was wir heute "Homosexualität" nennen, einschießt. EIgentlich entwickelt er die Ablehnung eher aus einem höheren Blickwinkel heraus
Hast du den Vers 25 überhaupt schon mal gelesen?
Wenn du von „Entwickeln der Ablehnung“ sprechen möchtest, dann solltest du aufzeigen, wie Vers 25 dort hineingehört und um was es sich dann bei den Folgeversen handelt (einschliesslich Vers 31).
Anton B. hat geschrieben:Im übrigen haben Du, der ProfDrVonUndZu und auch Magdalena61 mit der Feststellung recht, dass das Wettern des Paulus über diese Art der Unzucht (aus dem Blickwinkel des Paulus gesehen) in seinen Briefen gar nicht so raumgreifend ist.
Kannst du mir das Kunststück mal kurz aufzeigen, wie es sich bei „dieser Art der Unzucht“ überhaupt um die heutige Homosexualität handeln kann (egal wie „raumgreifend“) wenn die Antike keine analoge Formulierung transportieren konnte?
Was hat die „total inspirierte Paulus-Figur“ eigentlich daran gehindert in eindeutiger Weise das zu präsentieren, was die neuzeitliche Forschung mühsam erarbeiten musste?
Ganz einfach:
Die Ahnungslosigkeit des Schreiberlings, auf den die „Paulus“-Figur zurückgeht.
Mit welcher Begründung möchten „Gläubige“ dann aber vom Text und seinem speziellen Umfeld, Abstand nehmen und sich Textpassagen zurechtdrehen dürfen?
Anton B. hat geschrieben:So ist auch ungefähr Römer 1,18-32 zu interpretieren: "Die Theologen" sagen, es gehe Paulus hier eigentlich um die Darstellung der generellen Sündhaftigkeit des Menschen.
Vers 25 ist das Vergehen der Römer und Vers 26 leitet die Auswirkungsbeschreibungen der von „Gott“(?) veranlassten Strafe ein.
Hier steht eine Beschreibung der Strafe und nicht der „generellen Sündhaftigkeit“.
Vers 25 und 26 sind ein Ablauf, der
absichtlich ignoriert werden muss, damit man aus der folgenden Aufzählung eine „Liste der Sünden“ machen kann.
Dass Homosexuelle nicht unter Vers 31 fallen können, scheint dich nicht sonderlich zu interessieren.
In Vers 28 wird explizit wiederholt, dass „Gott“(?) ausliefert, weil „sie“ sich nicht an ihn halten.
In der Folge führen „sie“ Handlungen aus, die
sich nicht gehören.
Interessant ist, dass dieses „es gehört sich nicht“ genau in Vers 28 steht, nicht aber in Vers 26. Hier liegt eine explizite Trennung des „es gehört sich nicht“ vor.
Das „Todesurteil“ (drunter machen es die Religiösen ja nicht) in Vers 32 bezieht sich auf die Anklage: das Abwenden von „Gott“(?) – in keiner Weise auf das, was wir Homosexualität bezeichnen.
Anton B. hat geschrieben:Lese doch mal
das hier von der EKD. Da siehst Du, wie die mit der Thematik ringen. Aber sie lösen es eben auch nicht auf die Silverbullet-Methode, dem Paulus ad-hoc eine neue Freizügigkeit zuzusprechen.
Aus dem Link
Dadurch werden aber die deutlichen Aussagen nicht aufgehoben, denen zufolge homosexuelle Praxis zwischen Männern (Lev 18 und 20; Röm 1,27), zwischen Frauen (Röm 1,26) sowie zwischen Männern und Knaben (I Kor 6,9; I Tim 1,10) dem Willen Gottes widerspricht.
Sorry, Römer 1,25-32 sind
keine Aussagen, dass homosexuelle Praxis gegen den Willen „Gottes“(?) verstösst, sondern es soll ja gerade der Wille „Gottes“(?) sein, dass er die, die sich von ihm abwenden mit der gleichgeschlechtlichen Praxis
der Römerzeit (das ist
nicht die heutige gleichgeschlechtliche Praxis) straft. Schau dir mal Römer 1,1-18 an. Hier stellt sich die „Paulus“-Figur der Gemeinde in Rom vor. Es wäre vollkommener Blödsinn, wenn er dann nicht sofort etwas sagen würde, was explizit die römische Situation angehen würde.
Die Aussage der EKD verdreht den Sinn komplett, kommt von der anderen Richtung und behauptet, dass jeder der homosexuelle Praxis ausübt, eine Strafe auf sich zieht (natürlich Tod, aber das hatten wir ja schon).
Auf diese Weise kommt man natürlich ganz leicht zu 42.000 christlichen Konfessionen…
Insgesamt kann ich da nur ein Ringen im Verdrehen der Zusammenhänge erkennen – ist dir die EKD-Scheinheiligkeit nicht augefallen? Immerhin habe ich dir ja bereits erklärt, dass die Zuordnung des Begriffes „Homosexualität“ zu den Aussagen des antiken Textes auf die Absicht des Deuters schliessen läst.