Theodizee

Rund um Bibel und Glaube
closs
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#411 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Do 22. Sep 2016, 13:52

Münek hat geschrieben:Mit Sicherheit ist sie ein "Schwergewicht" innerhalb der Theologie.
Als Disziplin, die aus methodischen Gründen so interpretieren muss, als gäbe es Gott NICHT, ist die HKM KEIN SChwergewicht INNERHALB der Theologie. - Das ist so, als würde jemand über Autos sprechen unter der Voraussetzung, dass es keine Straßen gibt.

Ska'ara hat geschrieben:Nehmen wir mal die Wissenschaft als Beispiel. Was schon bekannt ist, gilt als wahr, und was noch erforscht werden muss, wird oft angezweifelt, bis es Beweise gibt. Dies ist bei Gott möglicherweise genauso. Diese Belege für einen Gott müssen aber anders bewertet werden, da wir zu wenig wissen, aber dennoch kann Wissen entstehen.
Dies ist bei Gott insofern genauso, als dass der Punkt kommt, an dem jeder "erkennt, wie er erkannt ist" (1.Kor. 13,12) - aber das ist halt nicht in der "Weltzeit", also nicht da, wo Wissenschaft stattfindet.

Weiterhin besteht das Missverständnis, wissenschaftliches Wissen sei Garant für die Wiedergabe dessen, "was der Fall", also was de facto Wirklichkeit ist. - Beides deckt sich sicherlich oft, aber beileibe nicht immer. - Anton hat (als Wissenschaftler) dazu deutliche Wore gesagt (Thomas genauso).

Mit anderen:
Wissenschaft ist eine Disziplin, die das, was sie fragt, im Sinne der Frage intersubjektiv beantworten kann - "Wissen" ist somit Folge eines methodischen Vorgehens INNERHALB des jeweiligen methodischen Rahmen. - Die methodischen Voraus-Setzungen muss man genauso glauben wie der Christ an der Existenz Gottes glaubt - das ist prinzipiell dasselbe.

closs
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#412 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Do 22. Sep 2016, 14:12

Magdalena hat geschrieben:Mit dem Verstand kann man Gott nicht erkennen, sondern nur mit dem Herzen.
Ska'ara hat geschrieben:Hm ... hab ich nun zu wenig Verstand, den Geist zu erfassen oder zu wenig Herz, weil Geist mir wichtig ist?
Liebe Magdalena, ich bin mit Dir einig, differenziere aber insofern, dass man Gott mit dem Verstand/der Vernunft verstehen kann - aber man kann ihn damit nicht ERLEBEN - insofern würde ich "verstehen" und "erleben" in diesem Kontext unterscheiden. "Erkennen" im Sinne vom hebräischen "jada" kann nach meinem Verständnis in beiden Fällen verwendet werden.

Liebe(r?) Ska'ara, mach Dir keine Sorgen - wer sucht, findet. - Kann halt dauern.

Eigentlich liegt das Problem in unserer zeitgemäßen Definition von "Vernunft"/"Aufklärung", dernach der Mensch Maßstab für Gott ist: "Erkenne ich es methodisch, gibt es Gott - wenn nicht, ist Gott erfunden", präsentiert man. - Kaum jemand scheint heute drauf zu kommen, dass "Vernunft"/"Aufklärung" genau das Gegenteil ist: Zu begreifen, dass der Mensch NICHT Maßstab ist.

So war übrigens die "Früh-Aufklärung" gemeint - als reines Denken ÜBER dem empirischen Denken/also ÜBER der Wissenschaft - das ist damals mit "Aufklärung" gemeint. - Heute gibt es diese Ebene anscheinend gar nicht mehr - man hat sich dem Materialismus verschrieben.

Zu Ende gedacht: Unsere heutige Zeit ist streng genommen weder "vernünftig" noch "aufgeklärt". - Insofern braucht man sich als Christ nicht ständig zu ducken, wenn das Wort "Vernunft"/"Aufklärung" kommt. - "Auf-Klärung" hat etwas mit "Licht" zu tun - wo soll's denn herkommen? - Allerdings gibt es auch falsches Licht.

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Münek
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#413 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Do 22. Sep 2016, 15:08

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mit Sicherheit ist sie ein "Schwergewicht" innerhalb der Theologie.
Als Disziplin, die aus methodischen Gründen so interpretieren muss, als gäbe es Gott NICHT, ist die HKM KEIN SChwergewicht INNERHALB der Theologie.
Das scheint der Ex-Papst Ratzinger völlig anders zu sehen. Für ihn "ist und bleibt die historisch-kritische Methode - gerade vom inneren Wesen der Theologie und des Glaubens her - eine UNVERZICHTBARE DIMENSION der exegetischen Arbeit." :o

"Denn für den biblischen Glauben ist es wesentlich, dass er sich auf wirklich historisches Geschehen bezieht ... Wenn also Geschichte , Faktizität in diesem Sinn, wesentlich zum christlichen Glauben gehört, dann muss er sich der historischen Methode aussetzen. Der Glaube selbst verlangt es."

(Quelle: Ratzinger "Jesus von Nazareth", Bd. 1, S. 14)

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#414 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Do 22. Sep 2016, 15:11

Münek hat geschrieben:Das scheint der Ex-Papst Ratzinger völlig anders zu sehen.
Nee - Deine Zitate sind ganz in meinem Sinn. - Eine (geistig nicht interpretierende !!) HKM ist ihm eine unverzichtbare Hilfe. Sehe ich genauso.

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#415 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Do 22. Sep 2016, 15:29

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Das scheint der Ex-Papst Ratzinger völlig anders zu sehen.
Nee - Deine Zitate sind ganz in meinem Sinn. - Eine (geistig nicht interpretierende !!) HKM ist ihm eine unverzichtbare Hilfe. Sehe ich genauso.
Ratzinger sprach nicht von "unverzichtbarer HILFE", sondern von "unverzichtbarer DIMENSION". Das ist ein ganz anderes Kaliber.

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#416 Re: Theodizee

Beitrag von sven23 » Do 22. Sep 2016, 16:01

Münek hat geschrieben:
closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Mit Sicherheit ist sie ein "Schwergewicht" innerhalb der Theologie.
Als Disziplin, die aus methodischen Gründen so interpretieren muss, als gäbe es Gott NICHT, ist die HKM KEIN SChwergewicht INNERHALB der Theologie.
Das scheint der Ex-Papst Ratzinger völlig anders zu sehen. Für ihn "ist und bleibt die historisch-kritische Methode - gerade vom inneren Wesen der Theologie und des Glaubens her - eine UNVERZICHTBARE DIMENSION der exegetischen Arbeit." :o

"Denn für den biblischen Glauben ist es wesentlich, dass er sich auf wirklich historisches Geschehen bezieht ... Wenn also Geschichte , Faktizität in diesem Sinn, wesentlich zum christlichen Glauben gehört, dann muss er sich der historischen Methode aussetzen. Der Glaube selbst verlangt es."

(Quelle: Ratzinger "Jesus von Nazareth", Bd. 1, S. 14)

Und genau da liegt das Problem bei Ratzinger und Co.
Sie lobhudeln zwar die historisch-kritische Methode, aber von ihren Ergebnissen wollen sie nichts wissen. Da herrscht dann überwiegend Vogel-Strauß Politik. Ich finde keine andere Bezeichnung für dieses Verhalten als Unredlichkeit, sorry.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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#417 Re: Theodizee

Beitrag von closs » Do 22. Sep 2016, 16:15

Münek hat geschrieben:Ratzinger sprach nicht von "unverzichtbarer HILFE", sondern von "unverzichtbarer DIMENSION". Das ist ein ganz anderes Kaliber.
Ja - eine andere Dimension, die in die Theologie hineinwirkt.

sven23 hat geschrieben:Sie lobhudeln zwar die historisch-kritische Methode, aber von ihren Ergebnissen wollen sie nichts wissen.
Sagst Du immer wieder - nochmals: Solange die Ergebnisse reine Sachergebnisse sind und keine Bewertungen, wollen sie sehr wohl etwas davon wissen.

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#418 Re: Theodizee

Beitrag von Pluto » Do 22. Sep 2016, 17:55

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie lobhudeln zwar die historisch-kritische Methode, aber von ihren Ergebnissen wollen sie nichts wissen.
Sagst Du immer wieder - nochmals: Solange die Ergebnisse reine Sachergebnisse sind und keine Bewertungen, wollen sie sehr wohl etwas davon wissen.
...und welche Schlussfolgerungen ziehen sie daraus?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#419 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Do 22. Sep 2016, 18:32

closs hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:Ratzinger sprach nicht von "unverzichtbarer HILFE", sondern von "unverzichtbarer DIMENSION". Das ist ein ganz anderes Kaliber.
Ja - eine andere Dimension, die in die Theologie hineinwirkt.
Hört sich schwer "spirituell-jenseitig" an. Bist Du auf dem esoterischen Trip? Kurt, pass`auf Dich auf. :)

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#420 Re: Theodizee

Beitrag von Münek » Do 22. Sep 2016, 18:48

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Sie lobhudeln zwar die historisch-kritische Methode, aber von ihren Ergebnissen wollen sie nichts wissen.
Sagst Du immer wieder - nochmals: Solange die Ergebnisse reine Sachergebnisse sind und keine Bewertungen, wollen sie sehr wohl etwas davon wissen.
Auf Ratzinger trifft dies auf keinen Fall zu. Um das zu erkennen, braucht man nur sein Jesusbuch zu lesen. Sein Ignorieren wichtiger historisch-kritischer Forschungsergebnisse (z.B. Stichwort: Johannesevangelium) ist zu Recht von vielen Theologen kritisiert worden.

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