Beten-- nur eine fromme Übung?

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barbara
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#41 Re: Christen in Bedrängnis

Beitrag von barbara » Do 24. Okt 2013, 06:51

Zeus hat geschrieben: Ich dachte eher an Gebete wie diesen Teil des Vaterunsers: "Unser tägliches Brot gib uns heute."

Das ist eine Gebetszeile, deren Sinn mE vor allem darin besteht, als Mensch nicht gierig zu werden und zu bitten "gib mir heute schon einen Brotvorrat für den Rest meines Lebens."

Zu einer Zeit vor einigen Jahren, als ich Mitte Monat nicht immer wusste, wie ich Ende Monat die Miete bezahlten sollte, war das eine extrem hilfreiche Zeile, dass ich mir sagen konnte: JETZT hab ich was zu Essen im Kühlschrank, JETZT hab ich eine Wohnung, JETZT hab ich ein Bett, JETZT ist die Miete bezahlt... ich muss mir nicht heute schon Sorgen um morgen und übermorgen und überübermorgen machen. Ein Tag nach dem andern. Jeder Tag hat an seiner eigenen Plage genug zu tragen - es ist nicht sinnvoll, ihm noch die ganze Zukunft aufzubürden.

Sonderbar finde ich die Bitte davor:"Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden"
Kann irgenwo etwas gegen den Willen des Almächtigen geschehen? Muss er etwa gebeten werden, sich daran zu erinnern?

ja, die Persönlichkeit des Menschen kann sich sehr wohl gegen den Willen Gottes stellen; das tun Menschen auch mit schöner Regelmässigkeit; es ist noch nicht mal nötig, irgendwelche Extreme zu bemühen, es reicht zu gucken, wie der durchschnittliche Angestellte an seinem Arbeitsplatz behandelt wird, zum Beispiel.

Das ist dann eben die Erbsünde, dass ein Mensch sich irrtümlicherweise als "ich, mein Körper, mein Ego" identifiziert und nicht mit dem "ich, meine Seele, ich ein Aspekt Gottes".

Es ist immer wieder gut, sich selbst daran zu erinnern, dass man mehr ist als ein Klumpen Fleisch.

auch hier gilt wieder: ein Gebet hilft dem Menschen, sich daran zu erinnern, wer bin ich wirklich? was bin ich wirklich? - es geht nicht darum, etwas für Gott zu tun. Gott hat menschliche Hilfe nicht nötig.

gruss, barbara





Gruß
Zeus[/quote]

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Naqual
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#42 Re: Christen in Bedrängnis

Beitrag von Naqual » Do 24. Okt 2013, 09:29

Zeus hat geschrieben: Und wie ist es mit der Bitte:
"Unser tägliches Brot gib uns heute."
Wenn ich hier deine umgekehrte Exegese anwenden würde, käme Schwachfug dabei heraus.
Warum sollte ich hier die "umgekehrte Exegese" anwenden? Eine sinnlose Forderung aus meiner Sicht.
die "Umgekehrte Exegese" hatte ich angewandt auf Sachverhalte im Gebet, die passiv formuliert waren, also nicht als aktives Tun Gottes. Es ist nur ganz natürlich, dieses sprachliche Mittel hier anzuwenden. "Unser tägliches Brot gib uns heute" ist aber in Bezug auf Gott aktiv formuliert. Hat also mit der "umgekehrten Exegese" schlicht nichts zu tun.


Jetzt auch an dich die Frage, die eigentlich an die liebe Barbara gerichtet war: "Wozu das Betteln?"
Der sogenannte barmherzige, allwissende Allmächtige müsste doch wissen, was unsereiner und besonders die Hungernden auf der Welt brauchen.
Weiß er. Und Jesus beginnt diesen Abschnitt genau mit diesem Sachverhalt.
Beten hat mit Bewusstmachen zu tun, in dem wir es artikulieren. Beten ist nicht für Gott, sondern eine Hilfestellung für Mensch.

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Zeus
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#43 Re: Christen in Bedrängnis

Beitrag von Zeus » Do 24. Okt 2013, 13:20

Zeus hat geschrieben:Und wie ist es mit der Bitte:
"Unser tägliches Brot gib uns heute."
Wenn ich hier deine umgekehrte Exegese anwenden würde, käme Schwachfug dabei heraus.
Naqual hat geschrieben:Warum sollte ich hier die "umgekehrte Exegese" anwenden?
Weil du mit fadenscheiniger semantischer Begründung (Passiv :lol: ) das vorher auch getan hast:
Zur offensichtlichen Bitte an Gott
Dein Reich komme
hast du gesagt
Naqual hat geschrieben:Angesprochen ist der Beter selbst.
Fazit: Man exegiert einmal so und dann mal - ohne aus dem Text ersichtlichem Grund - so, bis es irgendwie passt.
Zeus hat geschrieben:Jetzt auch an dich die Frage[...] "Wozu das Betteln?" Der sogenannte barmherzige, allwissende Allmächtige müsste doch wissen, was unsereiner und besonders die Hungernden auf der Welt brauchen.
Naqual hat geschrieben:[...]Beten hat mit Bewusstmachen zu tun, in dem wir es artikulieren. Beten ist nicht für Gott, sondern eine Hilfestellung für Mensch.
Also doch nur ein geistiges Auto-Placebo...
Zuletzt geändert von Zeus am Do 24. Okt 2013, 13:49, insgesamt 1-mal geändert.
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#44 Re: Christen in Bedrängnis

Beitrag von Zeus » Do 24. Okt 2013, 13:32

Zeus hat geschrieben: Ich dachte eher an Gebete wie diesen Teil des Vaterunsers: "Unser tägliches Brot gib uns heute."
barbara hat geschrieben:Das ist eine Gebetszeile, deren Sinn mE vor allem darin besteht, als Mensch nicht gierig zu werden und zu bitten "gib mir heute schon einen Brotvorrat für den Rest meines Lebens."
Liebe Barbara, das dürfte wohl nur DEINE ureigene Interpretation sein. Ich bin mir sicher, dass der allergrößte Teil der hungrigen Menschheit die Sache anders sieht.

Gruß
Zeus
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#45 Re: Christen in Bedrängnis

Beitrag von barbara » Do 24. Okt 2013, 15:47

Zeus hat geschrieben: Liebe Barbara, das dürfte wohl nur DEINE ureigene Interpretation sein. Ich bin mir sicher, dass der allergrößte Teil der hungrigen Menschheit die Sache anders sieht.

natürlich ist das meine Interpretation. Wessen denn sonst?

Hungrige Menschen - also solche, die über längere Zeit ernsthaft zuwenig Nahrung haben - kenne ich nicht persönlich. Wie viele von denen kennst du und wie mit wie vielen von denen hast du dich über die Interpretation dieser Zeile unterhalten, dass du so sicher bist?

gruss, barbara

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#46 Re: Christen in Bedrängnis

Beitrag von Naqual » Do 24. Okt 2013, 16:14

Zeus hat geschrieben:Weil du mit fadenscheiniger semantischer Begründung (Passiv :lol: ) das vorher auch getan hast:
Zur offensichtlichen Bitte an Gott
Dein Reich komme
hast du gesagt
Naqual hat geschrieben:Angesprochen ist der Beter selbst.
Fazit: Man exegiert einmal so und dann mal - ohne aus dem Text ersichtlichem Grund - so, bis es irgendwie passt.
Nein. Der Teil des Gebets heißt "Dein Reich komme" nicht "Gott mach das Dein Reich komme". Also erklärt der Beter in diesem (m.E. sehr schönen Gebet), dass er will, dass Gottes Reich komme.
Die von Dir vorgetragene Ungereimtheit, dass man wohl kaum zu Gott beten könne, er möge sich darum kümmern, dass sein Reich überhaupt kommt, ist zwar in sich gesehen richtig, steht aber nicht im Text. Und wir diskutieren doch, was im Text steht und nicht was man hineinliest.

Nicht dem Text entnommen ergänze ich noch folgendes: Das Reich Gottes kommt nicht imperialistisch, sondern es wird von Menschen aus eigenem Willen "hergezogen". Und viele, die sich als Christen bezeichnen, wollen dies gar nicht. Kann ich verstehen. Wer dient schon gerne anderen oder kümmert sich um andere genauso intensiv wie um sich selbst? Umso schöner, wenn jemand betet "Dein Reich komme" und bereit ist hier zu werkeln.

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#47 Re: Christen in Bedrängnis

Beitrag von Zeus » Do 24. Okt 2013, 18:24

barbara hat geschrieben:Das ist eine Gebetszeile, deren Sinn mE vor allem darin besteht, als Mensch nicht gierig zu werden und zu bitten "gib mir heute schon einen Brotvorrat für den Rest meines Lebens."
Zeus hat geschrieben:Liebe Barbara, das dürfte wohl nur DEINE ureigene Interpretation sein. Ich bin mir sicher, dass der allergrößte Teil der hungrigen Menschheit die Sache anders sieht.
Das war meine euphemistische Andeutung, dass ich deine Interpretation als sehr weit hergeholt, wenn nicht gar absurd betrachte.
barbara hat geschrieben:Hungrige Menschen - also solche, die über längere Zeit ernsthaft zuwenig Nahrung haben - kenne ich nicht persönlich.
Ich aber.
barbara hat geschrieben:Wie viele von denen kennst du und wie mit wie vielen von denen hast du dich über die Interpretation dieser Zeile unterhalten, dass du so sicher bist?
Meinst du wirklich, man müsse sich mit hungernden Menschen persönlich unterhalten, um zu wissen was sie meinen, wenn sie beten "Unser tägliches Brot gib uns heute"?
Oder anders gesagt,
willst du im Ernst behaupten, dass am Hungertuch nagende Menschen (frei nach Barbara) beten: "Lieber Gott, lass mich bitte nicht gierig werden und bewahre mich davor, heute schon einen Brotvorrat für den Rest meines Lebens zu verlangen"? :roll:

Gruß
Zeus
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#48 Re: Christen in Bedrängnis

Beitrag von Zeus » Do 24. Okt 2013, 18:53

Lieber Naqual, zur offensichtlichen Bitte an Gott
Dein Reich komme
hast du gesagt
Naqual hat geschrieben:Angesprochen ist der Beter selbst.
Und ich dachte, der Betende richtete sich an Gott. :o
Naqual hat geschrieben:Nein. Der Teil des Gebets heißt "Dein Reich komme" nicht "Gott mach das Dein Reich komme". Also erklärt der Beter in diesem (m.E. sehr schönen Gebet), dass er will, dass Gottes Reich komme.
Die von Dir vorgetragene Ungereimtheit, dass man wohl kaum zu Gott beten könne, er möge sich darum kümmern, dass sein Reich überhaupt kommt, ist zwar in sich gesehen richtig, steht aber nicht im Text.
Steht zwar nicht im Text, ergibt sich aber logisch. Denn wer sonst als Gott... (muss ich alles wiederholen?)
Naqual hat geschrieben:Und wir diskutieren doch, was im Text steht und nicht was man hineinliest.
:thumbup: Das sollte sich so mancher Amateur-Exeget hier im Forum (hallo, lieber closs! ;) ) dick hinter die Ohren schreiben.
Zuletzt geändert von Zeus am Do 24. Okt 2013, 23:54, insgesamt 1-mal geändert.
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#49 Re: Christen in Bedrängnis

Beitrag von Salome23 » Do 24. Okt 2013, 21:35

Zeus hat geschrieben: Ich dachte eher an Gebete wie diesen Teil des Vaterunsers: "Unser tägliches Brot gib uns heute."
Nette "Melodie"-ansonsten denk ich, ist das "Vater unser" kein Gebet, sondern eher eine Anleitung (Formel zur Meditation) Lobpreis/Danksagung/ Fürbitte -oder gar eine Erfindung irgendwelcher Gottgläubigen


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#50 Re: Christen in Bedrängnis

Beitrag von Zeus » Do 24. Okt 2013, 23:14

Salome23 hat geschrieben:Nette "Melodie"-ansonsten denk ich, ist das "Vater unser" kein Gebet, sondern eher eine Anleitung (Formel zur Meditation) Lobpreis/Danksagung/ Fürbitte -oder gar eine Erfindung irgendwelcher Gottgläubigen


Schönes Bild! :)

Laut NT hat Jesus höchstselbst das Vaterunser den Juden empfohlen.
Math 6,5 Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Heuchler. Sie stellen sich beim Gebet gern in die Synagogen und an die Straßenecken, damit sie von den Leuten gesehen werden. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten. 6 Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten. 7 Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen. 8 Macht es nicht wie sie; denn euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet. 9 So sollt ihr beten: Unser Vater im Himmel, dein Name werde geheiligt,1 10 dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf der Erde...

Gruß
Zeus
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