@Halman
Danke für die ausführlichen Beiträge.
Ich werde versuchen, deine Aussagen für mich (im Sinne des Themas) zu sortieren
Halman hat geschrieben:Am einfachsten ist es für uns vermutlich uns eine Vorstellung von Dingen zu machen, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können. Doch Gott ist offenkundig unsichtbar. Daher ist er schwerlich greifbar, so schwerlich, dass er nicht Gegenstand unserer Naturwissenschaften sein kann.
Für ein Wahrnehmungssystem kann der Begriff „Gott“ nur mit dem verbunden werden, was vorliegt.
Wenn kein Zugang besteht und kein Inhalt geliefert wird, dann können nur die vermuteten Rahmenzusammenhänge mit dem Wort „Gott“ verbunden werden.
Daran ändert sich auch nichts, wenn man dieses „schwer greifbar“ mit dem Begriff „Geist“ irgendwie „bildhaft“ verdeutlichen möchte.
Bei mir kommt noch der Umstand hinzu, dass ich mir sehr sicher bin, „was“ ich bin.
Mit anderen Worten:
Der Begriff „Geist“ ist für mich ein Entwurfsversuch aus einer Zeit, in der man nicht einschätzen konnte, was „das Mentale“ sein soll.
Da ich aber davon ausgehe (meiner Meinung nach sogar davon ausgehen muss), dass „das Mentale/Bewusstsein“ nur ein Effekt im aktiven Gehirn ist (also ohne eigentliche Existenz und ohne Eigenleben), muss ich auch den Begriff „Geist“ als inhaltsleer betrachten und genauso fragen: „was soll Geist sein?“
Vor diesem Hintergrund versuche ich religiöse Aussagen einzuordnen.
Halman hat geschrieben:In den Grundsprachen der Bibel wird Gott weniger abstrakt beschrieben….
Ich fasse das mal etwas zusammen und versuche es zu analysieren (alles aus meiner Sicht):
Laut Bibel ist „Gott“…
…allherrschend, gewaltig
…Schöpfer des Universums
…Retter
…gerecht, gerade
…allwissend (unerschöpfliche Weisheit)
…Licht (im Sinne von Wahrheit - vermutlich dem eigentlich vorhandenen Zusammenhang?)
…die Liebe (bzw. dies ist eine Art Eigenschaft von „Gott“)
…denkend
…liebend
…ohne Anfang und ohne Ende
…Wundervollbringer (wobei das aber nicht länger stattfinden soll)
…Jesus als Persönlichkeit, Ethik, Liebe und Rechtschaffenheit
Diese Aufzählung verstehe ich als Rahmenvermutungen oder Zusammenhangsvermutungen. Die Liste ist vermutlich noch viel länger, aber ich denke, man füllt dadurch den Begriff „Gott“ nur scheinbar auf.
Im Grunde ist man mit jedem dieser Zusammenhänge genauso weit wie vorher.
Es ist keine Substanz vorhanden, um die obigen Vermutungen zu prüfen (auch wenn es nur eine rudimentäre Prüfung in Form des Aufbaus einer Vorstellung sein soll).
Ein anderer Versuch Inhalt aufzubauen ist es, Zusammenhänge aufzuzählen, die nicht dazugehören sollen.
…nicht aus einer uns bekannten materiellen Substanz
…existiert in einer uns unbekannten Weise
Auch das ist mit Vorsicht zu geniessen, weil es genauso Schein-Zusammenhänge ohne Füllung sind.
Folgende Aussagen würde ich als Versuche betrachten „Gott“ direkt zu erfassen:
…Ich werde sein, der Ich sein werde.
…Geist/Heiliger Geist (Paulus unterscheidet zwischen „geistigem Leib und körperlichem Leib“)
...ein zum menschlichen Geist verschiedener Geist (also Geist im nicht biologischen Sinne)
Ich persönlich bin auch mit diesen Begriffen immer noch am Anfang, also bei der Ausgangsfrage.
Es geht aber hier um das, was die Bibel aussagt und das Wort „Geist“ als Erklärungsversuch scheint mir dem Verständnis der damaligen Zeit am ehesten zu entsprechen.
Ich vermute, dass sich um diesen Begriff, sehr viele Legenden und Mythen gebildet haben.
Zusammenhänge wurden „gefunden“, die heute im Grunde nur als grobe Vermutungen angesehen werden können. Mangels alternativer Lösungen wurden sie aber damals als „die Wahrheit“ betrachtet.
Wahrheit ohne Inhalt?
Der biblische Hintergrund der Religion setzt wohl sehr stark darauf, dass sich Menschen, ohne Hinterfragen und ohne konkrete Analyse, auf die vermuteten Zusammenhänge einlassen.
Halman hat geschrieben:Diese biblischen Verweise mögen Deine präzise Frage nicht beantworten, aber offenbar sind Geister oder geistige Leiber imstande zu Denken und zu fühlen.
Ich habe das Gefühl, dass du beim Schreiben dieser Aussage, selbst gemerkt hast, wie „dünn“ bzw. wie wenig Konkretes vorhanden ist.
Was „Geister“ und „geistige Leiber“ sein sollen, weiss ich schlicht weg nicht.
Das mit dem „Offenbar“ würde ich so formulieren:
„offenbar vermuteten die Schreiber der Bibel, dass die vermuteten Geister imstande sind zu denken und fühlen“.
Halman hat geschrieben:Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass ich vor langer Zeit einmal den Heiligen Geist während eines Gebetes gespürt hatte. Leider verfüge ich nicht über die Ausdruckskraft der Bibelschreiber und vermag diese Erfahrung nicht in Worte zu gießen.
Das Nicht-Ausdrücken-Können von Bewusstseinsinhalten ist im Grunde der Normalzustand. Aus meiner Sicht basiert das Bewusstsein auf „phänomenalen Inhalten“/Vorstellungen die auf das „Denken ohne Sprache“ zurückgehen bzw. das „Denken ohne Sprache“ sind.
Wir wissen bei allen Phänomenen/Vorstellungen, wie wir sie verwenden müssen (für was sie stehen sollen, was sie bedeuten), aber wir haben keine Ahnung, was sie sind und wie sie zustande komme (Farben, Töne, „Ich“ usw).
Das Auftreten von Gefühlen/Stimmungen ist nicht schlecht, aber die Konfrontation mit der Ursache (und zwar aus vielen Blickwinkeln) wäre für ein Wahrnehmungssystem entscheidend, um eine gute Vorstellung aufzubauen.
Das ist ein Grundprinzip von Wahrnehmungssystemen:
Je mehr Blickwinkel, desto besser ist die Qualität der Vorstellung.
Bei wenig Blickwinkeln (oder sogar gar keinem) ist die Vorstellung nahe an der reinen Fantasie (da muss man sich nicht dafür entschuldigen, denn es ist lediglich unsere Funktionsweise).
Bzgl. „Gott“, sowie den Aussagen aus der Bibel, stellen sich deshalb Fragen:
Wie optimal ist es, dass Wahrnehmungssysteme mit einem Begriff umgehen sollen, von dem sie sich keine Vorstellung machen können/dürfen?
Wieso beachtet „Gott“, bei all den vermuteten Handlungsfähigkeiten, den Umstand nicht, wie Menschen funktionieren?
Da die Bibel nicht von diesen Zusammenhängen ausgeht, vermute ich, dass diesbezüglich keine „Begründungen“ in den Texten zu finden sind.