Pluto hat geschrieben:Wie kann ein solcher Gott die Sonne anhalten (
Jos. 10,13)?
Dieses Wunder hat es in der Tat in sich. Das ist nicht alltäglich. Dass die Sonne buchstäblich zum Stillstand gebracht wurde, ergibt aufgrund der Tatsache, dass die Erde um die Sonne kreist keinen Sinn. Zumal es schon seltsam ist, wenn Sonne und Mond
"ungefähr einen ganzen Tag lang" regungslos am Himmel stehen und nur das Buch Josua von so einem außergewöhnlichen Tag berichtet, aber sonst kein Volk dies zur Notiz nahm (s.
Jos 1:12-14). Dergleichen gab es nicht mal bei Moses, obgleich Moses laut
Num 27:10 nur einen Teil seiner Würde oder Hoheit auf Josua legte. Die Schilderung in
Dtn 34:9-12 erinnert an Szenen aus dem NT, in denen der Heilige Geist wirkt. Ich denke, dass Josua durch Moses Heiligen Geist empfing und dieser ihm einen Teil der Hoheit des Mose verlieh. Doch Moses blieb als Prophet unerreicht, vor allen, weil Moses mit direkt JHWH sprach, aber auch wegen der vielen Wunder. Doch übertraf denn das Wunder in Jos 10:13 nicht alle anderen Wunder, die zuvor von Gott durch Moses gewirkt wurden? Ich denke, dies hängt von der Interpretation ab.
Da es die Erde ist, die um die Sonne kreist, wäre bei allgewaltiger Macht eine Möglichkeit, Erde und Mond zu stoppen. Dies wäre allerdings ein extrem unverhältnismäßiger Aufwand mit globalen Auswirkungen, nur damit Josua in Kanaan gegen die Amoriter siegreich wäre. Dergleichen hätte die Völker der Erde, welcher von den lokalen Kämpfen in Kanaan nichts wissen konnten, sicher sehr verwirrt. Zumal ein plötzliches Stoppen der Erde unvorstellbare, globale Katastrophen zur Folge hätte, die Gott ebenfalls verhindern müsste, indem er jedes Staubkorn festhält - die Amoriter eingeschlossen. Sehr unglaubwürdig!
Mir ist aufgefallen, dass lokale, geographische Bezüge, wie
Gibeon und das
Tal Ajjalon, genannt werden, in dessen Nähe die Schlacht Josuas gegen die fünf Amoriterkönige wohl stattfand.
Ich denke, dass es sich um eine lokale Angelegenheit handelte, die nur Kanaan betraf.
Die Geschichte lässt sich auch symbolisch deuten, in dem Sinne, dass der Wandel vom polytheistischen Kanaan zum monoteistischen Israel ein Triumph
ha ʼElohÃms, des [wahren] Gottes, ist. Verehrten die Polytheisten Sonne, Mond und Sterne noch als Götter, wurden sie im Judentum als sächliche Teile der himmlischen Schöpfung gedeutet, welche der Macht des Schöpfers unterstanden. JHWH ist der allgewaltige Allherrscher.
Aber da wir hier die Allmacht diskutieren wollen, lass uns davon ausgehen, dass Gott tatsächlich ein Wunder wirkte.
Wie oben ausgeführt, wurden Sonne und Mond als
Leuchten (hebr.
maʼṓr) bezeichnet. Hiob vermochte Gottes Frage in
Hiob 38,24 nicht zu beantworten, doch Gott beherrscht das Licht.
Gottes Heiliger Geist war mit Josua und Josua betete zu Gott, damit die Dunkelheit ihm nicht zum Verhängnis wurde. Wenn wir mal die historisch-kritische Betrachtung außen vor lassen (da wir hier ja ein Wunder annehmen wollen), dann könnte Gottes Geist ähnlich einem Gravitationsfeld, oder noch einfacher, ähnlich einer Optik, den Weg des Lichtes verändert haben, um in Kanaan einen lokalen Effekt zu verursachen. Zwar wären Sonne und Mond nicht buchstäblich angehalten wurde, doch dies macht ohnehin keinen Sinn. Josua konnte dies ja nicht wissen und Gott erhörte sein Gebet ohne das Wunder zu erklären. Es ist ja Josuas Formulierung und seine Schilderung.
Ist es logisch möglich, dass Gottes Heiliger Geist über Kanaan "schwebt" und den Weg des Lichts durch ein Wunder so verändert, dass Josua im Tageslicht gegen die Amoriter bestehen kann? Warum nicht, wenn Gott der Allherrscher ist?
In diesem Zusammenhang möchte ich an Jan Bauke Rueggs Erörterung über "die Allmacht Gottes" erinnern.
Zitat aus
Jan Bauke Ruegg - Die Allmacht Gottes:
Die Entwicklung vom hebräischen pl ', das ursprünglich Ereignisse und Dinge bezeichnet, die für den Menschen (physisch) zu schwer und darum »wunderbar«, überwiegend aber für die Schilderung eines konkreten Rettungshandelns Gottes (Jahwes) ... lateinischen impossibile ist — gesamthafl gesehen und geurteilt — ein großangelegter
Abstraktionsprozeß, in dem die ursprüngliche Situationsbezogenheit des hebräischen Verbs völlig verlorengeht.
Gott hat mehr als genug Macht, um Gebete zu erhören und durch Wunder konkretes Rettungshandeln zu bewirken. Er kann
Creatio ex nihilo ein Licht in der Finsternis erstrahlen lassen, sei es der "Urknall" oder Jesus Christus. Er kann die Naturgesetze beherrschen und Wunderbares tun. Der Glaube an die Auferstehung geht über das natürlich Fassbare hinaus. Doch all dies ist meiner Meinung nach im Einklang mit den fundamentalen Gesetzen der Logik, auch wenn es übernatürlich ist.
Pluto hat geschrieben:Die Frage reduziert sich darauf, ob Gott die von ihm erschaffenen Naturgesetze beliebig außer Kraft setzen kann, um seine Wunder zu vollbringen. Bejaht man dies, dann schaffen wir aus Gott einen willkürlichen Herrscher. Abgesehen davon, dass dies ein allzu vermenschlichtes Bild ist, wollen die Meisten sich nicht mit einem Gottesbild der Willkür identifizieren.
Wunder wie die Brotvermehrung und die Auferstehung beschreiben allerdings eine Macht, die über den Naturgesetzen steht. Hälst Du es denn für falsch, dass ich zwischen den fundementalen Gesetzen der Logik und den Naturgesetzen unterscheide?