Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

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Pluto
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#351 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Pluto » Mo 16. Feb 2015, 23:00

Halman hat geschrieben:In meinem Eröffnungs-Posting hatte ich mich keineswegs auf die [aboslute] Allmacht beschränkt. Ferner hatte ich die Macht des biblischen Gottes thematisiert. Dieser Thread beschränkt sich also keinesweg auf ein Wort, dies wäre für ein so Thema auch zu eng gefasst. Dann würde es genügen, die semantische Bedeutung von [absolute] Allmacht und Omnipotenz herauszuarbeiten und damit die Frage, ob dies Paradox ist, mit Ja zu beantworten. So einfach hatte ich dieses Thema aber nicht gedacht.
Nun... Die Frage, ob Allmacht alle möglichen Paradoxien heraufbeschwört, muss man mit einem JA beantworten. Das zeigen schon die Bemühungen berühmter Theologen, die Allmacht soweit einzugrenzen, um die Paradoxien zum verschwinden bringen.

Die Frage reduziert sich darauf, ob Gott die von ihm erschaffenen Naturgesetze beliebig außer Kraft setzen kann, um seine Wunder zu vollbringen. Bejaht man dies, dann schaffen wir aus Gott einen willkürlichen Herrscher. Abgesehen davon, dass dies ein allzu vermenschlichtes Bild ist, wollen die Meisten sich nicht mit einem Gottesbild der Willkür identifizieren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Halman
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#352 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Halman » Di 17. Feb 2015, 00:21

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Das macht nichts, denn Henrik Hansemann kennt die Begriffe "abdingbare -" und "essentielle Allmacht".
Die essentielle Allmacht von der Hansemann schreibt, ist ebenfalls suspekt.
Sie besagt, dass Gott der Logik der Welt untersteht. Wenn das so wäre, koäme es zu Widersprüchen mit der Bibel. Wie kann ein Gott der der Logik untersteht, Licht ohne Sterne schaffen (Gen. 1,3), einen brennenden Dornbusch schaffen, der nicht abbrennt (Ex. 3,2-3) oder einen Stab in eine Schlange verwandeln (Ex. 7,10)? Wie kann ein solcher Gott die Sonne anhalten (Jos. 10,13)?

Allgemein gesagt, kann Gott mit "essentieller Allmacht" keine Wunder vollbringen, weil er damit Logik und Naturgesetze außer Kraft setzten müsste.
Dem widerspreche ich. Es ist logisch möglich, dass Gottes [All]Macht über den Naturgesetzen steht, ohne im Widerspruch zu den fundamentalen Gesetzen der Logik zu stehen. Jehwáh zevaʼṓth (יְהוָה צְבָאוֹת) - Él Schaddáj (אל שדי), ist »der Gott, der mehr als genug ist« und verfügt somit über mehr als genug Macht, um all diese Wunder zu vollbringen.

Schauen wir uns die angeführten Wunder im einzelnen an:
Pluto hat geschrieben:Wie kann ein Gott der der Logik untersteht, Licht ohne Sterne schaffen (Gen. 1,3),
Hier stellt sich die Frage, wie dieser Satz und der Kontext (1. Schöpfungsbericht) zu verstehen sind. Dazu gibt es unterschiedliche Deutungen. Folgende sind mir geläufig:

α) Das Licht der Sonne schien diffus durch die Wolkendecke der Urerde und wurde als Lichtquelle erst am "vierten Tag" sichtbar. JZ vertreten diese Interpretation.
Es sei angemerkt, dass im "vierten Tag" bezüglich der Leuchten (maʼṓr), Sonne, Mond und Sterne, nicht von ברא (bará, erschaffen) die Rede ist, sondern von wajjá'aß, abgeleitet von ‛aßáh (o. asah). Bará (o. barah, s. Ex 1:1, 21, 27; 2:3) schließt die Fähigkeit Creatio ex nihilo ein. Dies ist bei ‛aßáh (s. Ex 1:16, 26) nach meinen sehr bescheidenen Wissen nicht der Fall.

β) Die [Schöpfungs]Tage sind als Strophen eines Liedes aufzufassen, welche in theologischer Annordung und nicht in chronologischer Reihenfolge einzelne Themen (Licht und Finsternis, Wasser und Erde, himmlische Lichtquellen und das Füllen der "Räume" mit Leben (Prof. Hans Küng) abhandeln, beginnend mit dem, was Gott am Fernsten ist, dem tohû wāvohû (תהו־ובהו) und abschließend mit dem Menschen im "Schattenbild" oder "Abbild" (Hebr.: bezalménu).

γ) Der Auspruch »Es werde Licht!"« ist eine Umschreibung des Anfangs des Universums und könnte den Urknall inkl. der unmittelbar darauf folgenden Zeit beschreiben, in der das Universum strahlungsdominiert war.

δ) Gen 1:3 wurde von Paulus ferner symbolisch ausgedeutet und zwar in 2Kor 4:6.
6 Denn Gott, der gesagt hat: "Aus Finsternis wird Licht leuchten!", er ist es, der in unseren Herzen aufgeleuchtet ist zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi.
(Bitte vergleiche Jesaja 9:1. und Johannes 1:5.)

Bei all dem sollte m. E. die biblische Symbolsprache berücksichtig werden.

Welcher dieser Interpretationen verstößt denn gegen die fundamentalen Gesetze der Logik?

Pluto hat geschrieben:einen brennenden Dornbusch schaffen, der nicht abbrennt (Ex. 3,2-3)
Warum sollte ein Engel (himmlischer Geist) denn nicht als "Feuer" in einem Dornbusch erscheinen können?

Pluto hat geschrieben:oder einen Stab in eine Schlange verwandeln (Ex. 7,10)?
Laut der Bibel vermochten sogar die Weisen und Zauberkundigen dieses Wunder zu vollbringen (s. Ex 7:11).

In der Buber-Rosenzweig-Übersetzung (1929) wird die Begebenheit so geschildert:
Zitat aus Ex 7,10-12:
10 Mosche kam und Aharon zu Pharao, sie taten so, wie ER geboten hatte, Aharon warf seinen Stecken hin vor Pharao und vor seine Diener, und er wurde zur Otter. 11 Auch Pharao berief die Weisen und die Zauberer, und auch sie, die Magier Ägyptens, taten so mit ihren Geheimkünsten, 12 sie warfen jedermann seinen Stecken, und die wurden zu Ottern. Doch Aharons Stecken verschlang ihre Stecken.
Diese Wunder sind gem. den Naturgesetzen natürlich unerklärlich (es sei denn, es waren irgendwelche Zaubertricks). Aber wo liegt hier ein Verstoß gegen die Gesetze der Logik vor. Dass eine Stock von einem mächtigen Geist in eine Schlange verwandelt wird, ist logisch doch zulässig.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#353 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Halman » Di 17. Feb 2015, 00:32

Pluto hat geschrieben:Wie kann ein solcher Gott die Sonne anhalten (Jos. 10,13)?
Dieses Wunder hat es in der Tat in sich. Das ist nicht alltäglich. Dass die Sonne buchstäblich zum Stillstand gebracht wurde, ergibt aufgrund der Tatsache, dass die Erde um die Sonne kreist keinen Sinn. Zumal es schon seltsam ist, wenn Sonne und Mond "ungefähr einen ganzen Tag lang" regungslos am Himmel stehen und nur das Buch Josua von so einem außergewöhnlichen Tag berichtet, aber sonst kein Volk dies zur Notiz nahm (s. Jos 1:12-14). Dergleichen gab es nicht mal bei Moses, obgleich Moses laut Num 27:10 nur einen Teil seiner Würde oder Hoheit auf Josua legte. Die Schilderung in Dtn 34:9-12 erinnert an Szenen aus dem NT, in denen der Heilige Geist wirkt. Ich denke, dass Josua durch Moses Heiligen Geist empfing und dieser ihm einen Teil der Hoheit des Mose verlieh. Doch Moses blieb als Prophet unerreicht, vor allen, weil Moses mit direkt JHWH sprach, aber auch wegen der vielen Wunder. Doch übertraf denn das Wunder in Jos 10:13 nicht alle anderen Wunder, die zuvor von Gott durch Moses gewirkt wurden? Ich denke, dies hängt von der Interpretation ab.
Da es die Erde ist, die um die Sonne kreist, wäre bei allgewaltiger Macht eine Möglichkeit, Erde und Mond zu stoppen. Dies wäre allerdings ein extrem unverhältnismäßiger Aufwand mit globalen Auswirkungen, nur damit Josua in Kanaan gegen die Amoriter siegreich wäre. Dergleichen hätte die Völker der Erde, welcher von den lokalen Kämpfen in Kanaan nichts wissen konnten, sicher sehr verwirrt. Zumal ein plötzliches Stoppen der Erde unvorstellbare, globale Katastrophen zur Folge hätte, die Gott ebenfalls verhindern müsste, indem er jedes Staubkorn festhält - die Amoriter eingeschlossen. Sehr unglaubwürdig!

Mir ist aufgefallen, dass lokale, geographische Bezüge, wie Gibeon und das Tal Ajjalon, genannt werden, in dessen Nähe die Schlacht Josuas gegen die fünf Amoriterkönige wohl stattfand.
Ich denke, dass es sich um eine lokale Angelegenheit handelte, die nur Kanaan betraf.

Die Geschichte lässt sich auch symbolisch deuten, in dem Sinne, dass der Wandel vom polytheistischen Kanaan zum monoteistischen Israel ein Triumph ha ʼElohíms, des [wahren] Gottes, ist. Verehrten die Polytheisten Sonne, Mond und Sterne noch als Götter, wurden sie im Judentum als sächliche Teile der himmlischen Schöpfung gedeutet, welche der Macht des Schöpfers unterstanden. JHWH ist der allgewaltige Allherrscher.
Aber da wir hier die Allmacht diskutieren wollen, lass uns davon ausgehen, dass Gott tatsächlich ein Wunder wirkte.

Wie oben ausgeführt, wurden Sonne und Mond als Leuchten (hebr. maʼṓr) bezeichnet. Hiob vermochte Gottes Frage in Hiob 38,24 nicht zu beantworten, doch Gott beherrscht das Licht.
Gottes Heiliger Geist war mit Josua und Josua betete zu Gott, damit die Dunkelheit ihm nicht zum Verhängnis wurde. Wenn wir mal die historisch-kritische Betrachtung außen vor lassen (da wir hier ja ein Wunder annehmen wollen), dann könnte Gottes Geist ähnlich einem Gravitationsfeld, oder noch einfacher, ähnlich einer Optik, den Weg des Lichtes verändert haben, um in Kanaan einen lokalen Effekt zu verursachen. Zwar wären Sonne und Mond nicht buchstäblich angehalten wurde, doch dies macht ohnehin keinen Sinn. Josua konnte dies ja nicht wissen und Gott erhörte sein Gebet ohne das Wunder zu erklären. Es ist ja Josuas Formulierung und seine Schilderung.
Ist es logisch möglich, dass Gottes Heiliger Geist über Kanaan "schwebt" und den Weg des Lichts durch ein Wunder so verändert, dass Josua im Tageslicht gegen die Amoriter bestehen kann? Warum nicht, wenn Gott der Allherrscher ist?

In diesem Zusammenhang möchte ich an Jan Bauke Rueggs Erörterung über "die Allmacht Gottes" erinnern.
Zitat aus Jan Bauke Ruegg - Die Allmacht Gottes:
Die Entwicklung vom hebräischen pl ', das ursprünglich Ereignisse und Dinge bezeichnet, die für den Menschen (physisch) zu schwer und darum »wunderbar«, überwiegend aber für die Schilderung eines konkreten Rettungshandelns Gottes (Jahwes) ... lateinischen impossibile ist — gesamthafl gesehen und geurteilt — ein großangelegter
Abstraktionsprozeß, in dem die ursprüngliche Situationsbezogenheit des hebräischen Verbs völlig verlorengeht.
Gott hat mehr als genug Macht, um Gebete zu erhören und durch Wunder konkretes Rettungshandeln zu bewirken. Er kann Creatio ex nihilo ein Licht in der Finsternis erstrahlen lassen, sei es der "Urknall" oder Jesus Christus. Er kann die Naturgesetze beherrschen und Wunderbares tun. Der Glaube an die Auferstehung geht über das natürlich Fassbare hinaus. Doch all dies ist meiner Meinung nach im Einklang mit den fundamentalen Gesetzen der Logik, auch wenn es übernatürlich ist.

Pluto hat geschrieben:Die Frage reduziert sich darauf, ob Gott die von ihm erschaffenen Naturgesetze beliebig außer Kraft setzen kann, um seine Wunder zu vollbringen. Bejaht man dies, dann schaffen wir aus Gott einen willkürlichen Herrscher. Abgesehen davon, dass dies ein allzu vermenschlichtes Bild ist, wollen die Meisten sich nicht mit einem Gottesbild der Willkür identifizieren.
Wunder wie die Brotvermehrung und die Auferstehung beschreiben allerdings eine Macht, die über den Naturgesetzen steht. Hälst Du es denn für falsch, dass ich zwischen den fundementalen Gesetzen der Logik und den Naturgesetzen unterscheide?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Samantha

#354 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Samantha » Di 17. Feb 2015, 08:10

Wer die Naturgesetze geschaffen hat, schuf auch die Logik, die innerhalb aller bestehenden Dinge funktioniert. Gottes Logik muss man allerdings als übergeordnet ansehen, während wir nur einen Teil sehen und verstehen. Als Vergleich nehme ich mal die heutigen Fortschritte in der Technik, die von Menschen Jahrhunderte vorher als Wunder oder unmöglich eingestuft worden wären.

Wenn scheinbar die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden, werden vermutlich andere Kräfte wirken, die über den Naturgesetzen stehen und somit nichts durcheinander bringen. Ein Gott, der dazu nicht imstande ist, kann auch nichts erschaffen, weil seine Macht ja begrenzt wäre.

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#355 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Di 17. Feb 2015, 09:57

Samantha hat geschrieben:Wenn scheinbar die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden, werden vermutlich andere Kräfte wirken, die über den Naturgesetzen stehen und somit nichts durcheinander bringen.
Das glaube ich auch.

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Münek
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#356 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Münek » Di 17. Feb 2015, 11:01

Samantha hat geschrieben:
Wenn scheinbar die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden, werden vermutlich andere Kräfte wirken, die über den Naturgesetzen stehen und somit nichts durcheinander bringen.

Genau: "scheinbar"... (= als Tatsache erscheinend, aber in Wirklichkeit nicht gegeben).:lol:

Samantha

#357 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Samantha » Di 17. Feb 2015, 11:10

Münek hat geschrieben:
Samantha hat geschrieben: Wenn scheinbar die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden, werden vermutlich andere Kräfte wirken, die über den Naturgesetzen stehen und somit nichts durcheinander bringen.
Genau: "scheinbar"... (= als Tatsache erscheinend, aber in Wirklichkeit nicht gegeben).:lol:
Ein "Gott" schafft die Naturgesetze - er steht über ihnen. Oder einfach mal für dumme Münekies: Gott ist das Naturgesetz! :mrgreen:

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#358 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Münek » Di 17. Feb 2015, 11:57

Samantha hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:
Samantha hat geschrieben: Wenn scheinbar die Naturgesetze außer Kraft gesetzt werden, werden vermutlich andere Kräfte wirken, die über den Naturgesetzen stehen und somit nichts durcheinander bringen.
Genau: "scheinbar"... (= als Tatsache erscheinend, aber in Wirklichkeit nicht gegeben).:lol:
Ein "Gott" schafft die Naturgesetze - er steht über ihnen. Oder einfach mal für dumme Münekies: Gott ist das Naturgesetz! :mrgreen:

Bitte nicht persönlich werden. Ich bin Sternbild Jungfrau und sensibel.

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#359 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von closs » Di 17. Feb 2015, 11:59

Münek hat geschrieben: Ich bin Sternbild Jungfrau und sensibel.
Wie wär's mit einem Date, Baby? 8-)

Samantha

#360 Re: Allmacht und Omnipotenz - Paradox?

Beitrag von Samantha » Di 17. Feb 2015, 12:03

Münek hat geschrieben:Ich bin Sternbild Jungfrau und sensibel.
Macht nichts., aber das erklärt einiges. Übrigens, ich bin Widder, also leg Dich nicht mit mir an. Sternbilder sind natürlich Quatsch, aber manche brauchen diese Illusionen, wich ich hier sehe. :mrgreen:

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