Ich glaube, es ist bei solchen Diskussionen, wie diesen hier, wichtig, sich begrifflich klar auszudrücken. Denn ich sehe aus deinen Worten noch nicht, was das Ganze jetzt mit Zölibat zu tun hat (Petrus war immerhin verheiratet).Travis hat geschrieben:Wir können mit 1Petrus 2,1-10 also festhalten, dass alle Christen Priester sind. Immerhin.
Ich denke, man kann die folgenden Unterscheidungen treffen:
- Priester im jüdisch-alttestamentlichen Sinn konnten sowieso nur aus dem Stamm Levi kommen, waren immer Männer und hatten als einzige Zugang zum Heiligtum Gottes.
Hier ist aus dem Kontext des 1. Petrus zu erkennen, dass es Petrus um den letzten Punkt ging. Jeder Christ hat Zugang zu Gott und seinem Heiligtum, egal ob Mann oder Frau (die vor Gott geistlich gleichgestellt sind). in diesem Sinn haben alle Christen diese Möglichkeit, die in der Vergangenheit nur Priestern überlassen waren.
Aber eben nicht im Sinn der anderen Aufgaben des alttestamentlichen Priesterstandes. Das anzunehmen würde den Petrus Text überstrapazieren. Auch die Frage der Verheiratung ist damit nicht beantwortet (eher gegen das Zölibat, denn die jüdischen Priester waren in der Regel verheiratet).
- Priester im katholischen Sinn sind eher Gemeindeleiter oder Bischöfe. Dies waren auch im NT ausschließlich Männer. Allerdings waren sie auch in der Regel verheiratet. Nur Paulus war nicht verheiratet, was bei seiner Lebensweise auch nicht möglich war.
Ich sehe also nicht, wie uns die Diskussion über den Priesterstand bei der Frage zum Zölibat weiterhilft.
Die Frage, ob der Beruf des Priesters oder Gemeindevorstands auch Frauen offen stehen sollte, lässt sich auf Basis der geistlichen Gleichheit der Geschlechter vor Gott durchaus führen, in den patriarchalischen Gesellschaftsordnungen der damaligen Zeit war das aber schlicht nicht vorkommend.
Zölibat als Zwang für Gemeindevorsteher lässt sich biblisch nicht ableiten, wohl aber als Kennzeichen besonderer Ergebenheit und Hingabe in den Dienst für Jesus, was ja von katholischer Seite ausgiebig verwendet wird. Daraus hat sich gesellschaftlich und politisch der Zwang zum Zölibat entwickelt, was aber eine Besonderheit der Machtstrukturen der katholischen Kirche ist.
Wie man an anderen Kirchen sieht, seien es die orthodoxen Kirchen oder die -relativ junge - altkatholische Kirche, wäre die Abschaffung des Zölibats keinerlei geistliches Problem - lediglich ein Problem für die männlichen Seilschaften in der Machtstruktur der katholischen Kirche.