Der Wandel im Glaubensverständnis, der durch die Parusieverzögerung hervorgerufen wurde, hat sich wohl allmählich vollzogen und ist nicht als ein abrupter Bruch vorstellbar.
Das ist doch mit der ganzen Bibel so. Auch das AT ist nach und nach gewachsen - nicht nur im Umfang sondern auch in seinen theologischen Aussagen. Da spielte vieles mit rein - historische und spirituelle Erfahrungen die man zwischenzeitlich machte. Da wurde dauernd und von vielen am Schrifttum gearbeitet, verbessert und redigiert bis endlich die uns bekannten Formen der Bibel entstanden sind.
In ähnlicher Weise sind auch unsere Volksmärchen gewachsen. Da kam immer mal was dazu. Was gut war und geistige Wahrheiten transportierte wurde mündlich weitergegeben, was sich nicht "bewahrheitete" wurde beim Erzählen weggelassen oder vergessen. Darin liegt auch die Stärke und die Tiefe von Märchen und heiligen Schriften begründet. Solche Texte konnten nicht von Einzelpersonen mal so erzählt oder niedergeschrieben werden, in der Hoffnung dass sie durch Jahrhunderte bestand haben werden. Durch den Buchdruck hat sich die Situation natürlich geändert.